Herr Kollege Schulz-Hendel, wenn Sie so nett sein wollen, wieder Platz zu nehmen oder zumindest die Unterhaltung zu beenden!
- Das freut mich. Aber selbst wenn Sie es nicht gerne machen würden: Sie hätten es trotzdem so zu tun.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Corona-Pandemie ist eine Herausforderung für alle Gesellschaften weltweit. Die Auswirkungen betreffen jeden und ziehen sich durch alle Lebensbereiche wie Gesundheit, Wirtschaft, Bildung und Kultur.
Die Sorgen um den Bestand der kulturellen Einrichtungen und die dortigen Arbeitsplätze verstärken sich. Manche sind verzweifelt. Ich habe viele Nachrichten von Soloselbständigen und Beschäftigten erhalten. Trotz großer Kreativität sind die Probleme kaum lösbar.
Anträge für Hilfsprogramme sind nicht so einfach zu stellen, wie Fachleute das meinen. Maßnahmen erreichen manche Betroffene wegen der Vielfalt der Kultur nicht. Das zweite Herunterfahren der Aktivitäten verursacht Hilflosigkeit, Ohnmacht und Angst. Jetzt ist es wichtig, die Lasten der Krise gerecht zu verteilen.
Herr Kollege, Augenblick, bitte! - Herr Kollege Schulz-Hendel, Sie haben gerade eben gesagt, dass Sie meiner Aufforderung gerne folgen würden.
Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass Kultur in dieser Zeit nur eine Nebenrolle spiele. Vielmehr kann Kultur dazu beitragen, den Menschen Zuversicht zu geben, den Zusammenhalt zu verbessern, populistische, die Gesellschaft spaltende Bewegungen zu schwächen und die Demokratie zu stärken.
In der Kultur- und Kreativbranche arbeiten in Deutschland über 570 000 abhängig Beschäftigte und über 300 000 als Soloselbständige. Durch ihre Aktivitäten fördern sie den Tourismus, und sie sind ein bedeutender Standortfaktor für die Wirtschaft.
Nun liegt uns ein Antrag zur Entwicklung eines Kulturfördergesetzes vor. Ich möchte auf einzelne Punkte eingehen:
Die erste Forderung lässt sich aus der Verfassung ableiten. Leitlinien sind in den Zielvereinbarungen mit den Kulturträgern entwickelt worden. Bei den Haushaltsberatungen wird in jedem Jahr deutlich, dass es sich bei der Kulturpolitik um ein gemeinsames Anliegen von Landtag und Landesregierung handelt. An der Vereinfachung der Richtlinien wird schon gearbeitet. Die Evaluation der Programme und die Überprüfung auf ihre Wirksamkeit sind sicherlich sinnvoll und werden gemacht.
Wir sollten bei den Ausschussberatungen genau überlegen, ob solch ein Gesetz die Kultur in Niedersachsen nach vorne bringen kann. Dabei kön
nen wir die Erfahrungen aus anderen Bundesländern berücksichtigen. Ich meine, dass ein Gesetz, das die gesamte Kultur umfasst, besser ist als eine Aufspaltung in verschiedene Bereiche. Ob ein Fördergesetz der richtige Weg ist, um Kultur zu stärken, wird jedoch sehr unterschiedlich beurteilt.
Die gestern eingebrachten Anträge zu den Bibliotheken, Freilichtmuseen, Zoos und Tierparks regen uns an, die Verordnungen kritisch zu überprüfen. Aus meiner Sicht sollten dabei alle Museen einbezogen werden. Der Antrag von CDU und SPD fordert deshalb, dass sich die Landesregierung für eine Rückkehrperspektive einsetzen soll. Änderungen müssen aber die aktuellen InfiziertenZahlen berücksichtigen. Eine Öffnung darf in dieser Situation nur erlaubt werden, wenn Abstände eingehalten, Masken in entsprechenden Situationen getragen und Hygienevorschriften befolgt werden.
Vor allem bezieht sich der Antrag von CDU und SPD auf die konkreten Hilfsprogramme. Durch das Corona-Sonderprogramm für gemeinnützige Kultureinrichtungen und Kulturvereine wurde ein Beitrag zum Erhalt der kulturellen Infrastruktur in Niedersachsen geleistet. Der Landtag hat Mittel zur Kofinanzierung des Bundesprogramms „Neustart Kultur““ zur Verfügung gestellt. 10 Millionen Euro umfasst die Förderrichtlinie „Niedersachsen dreht auf“. Diese Maßnahmen sollen nun ergänzt werden.
Digitale Veranstaltungsformate sollen gefördert werden. Mittel für Projekte sollen zum jetzigen Zeitpunkt nicht zurückgezahlt werden. Programme sollen so angepasst werden, dass davon unter bestimmten Bedingungen auch kommerzielle Angebote in der Club-, Kneipen- und Festivalszene profitieren können. Unterstützungsmöglichkeiten für kommunale Kultureinrichtungen sollen geprüft werden. Das Bundesprogramm „Neustart Kultur“ soll einfacher, übersichtlicher und bürokratieärmer werden.
Durch die außerordentliche Wirtschaftshilfe sollen Soloselbständige entgangene Umsätze geltend machen können. Hier gibt es gute Ansätze auf Bundesebene, die wir unterstützen wollen. Ziel muss es sein, dass diese Hilfen überall bei den Soloselbständigen in der Kultur und in den kulturnahen Bereichen ankommen, und dass das Verfahren einfach und gerecht gestaltet wird.
Es handelt sich somit um ein Bündel von Maßnahmen. Mit diesem Antrag wird die Bedeutung der Kultur unterstrichen und das klare Signal aus
gesandt, dass der Landtag die Vielfalt der Kultur in Niedersachsen erhalten und auch in Zukunft fördern will. Der Kultur soll in dieser schwierigen Zeit eine Perspektive gegeben werden.
Vielen Dank, Herr Kollege Jasper. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich die Kollegin Eva Viehoff zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich mich nicht mehr über die Kulturförderung des Landes Niedersachsen aufregen, tue es jetzt aber doch.
Herr Jasper, wir können ja schon froh sein, dass dieser Antrag jetzt endlich vorliegt - in den Sie einen Großteil unserer Forderungen, die durch Einzelanträge seit April dem Landtag zur Beratung vorliegen, aufgenommen haben. Vielleicht gibt es nun ja auch endlich eine Entscheidung für all die Menschen, die seit März quasi unter einem Berufsverbot leiden. Dazu gehört der Hochzeitsfotograf und der Hochzeitsmusiker, dazu gehören Schauspielerinnen und Tänzerinnen - ich will sie nicht alle aufzählen. Sie alle sind ohne Bezüge.
Ich habe im letzten Plenum anhand von Zitaten von Betroffenen sehr deutlich gemacht, dass wir der Kultur hier in Niedersachsen eben keine Perspektive geben - nicht eine einzige!
Und die Lobhudelei auf Ihre Programme möchte ich auch nicht mehr hören. Sprechen Sie doch einmal mit den Aktiven! Ich habe das gestern getan und habe gehört, dass es sehr wohl Rückforderungen von Projektgeldern gibt, z. B. in Höhe von 17 000 Euro, und dass viele kleine ehrenamtlich geführte Vereine ihre Anträge gar nicht erst stellen, weil sie nicht wissen, wie sie es machen sollen, weil es für sie zu viel und zu bürokratisch ist und weil sie nicht wissen, ob sie am Ende nicht doch alles zurückzahlen müssen.
Der bunte Strauß von Bitten, die Sie in einer für die Kunst und die Kultur existenzbedrohenden Situation stellen, muss doch ein Strauß von Forderungen
Fazit: Wir brauchen für die Soforthilfen nicht noch mehr beschriebenes Papier, sondern wir brauchen diese Soforthilfen jetzt und sofort. Dazu muss Niedersachsen deutlich mehr tun, als Sie es bisher getan haben.
Wir müssen die Vielfalt der Kultur in Niedersachsen erhalten. Corona hat uns gezeigt, was das bedeutet.
Nach den Zahlen des Statistischen Bundesamts von 2018 liegt Niedersachsen bei der Kulturförderung auf einem Relegationsplatz. Das gehört sich nicht, zumal dann nicht, wenn ich sehe, dass Niedersachsen für die Kultur im Schnitt 73 Euro pro Einwohner ausgibt und Mecklenburg-Vorpommern, das ja nun nicht gerade zu den reichsten Bundesländern gehört, 100 Euro schafft.
Damit eine Situation wie die, in der wir uns jetzt befinden, nicht wieder passiert, ist es wichtig, die Kulturförderung gesetzlich zu regeln. Wir brauchen eine transparente, nachvollziehbare und vor allen Dingen unbürokratische Förderung.
Es wird immer so getan, als wenn die Mehrzahl der Kulturschaffenden - „weil sie nichts Anständiges gelernt hat“ - nur darauf aus wäre, das Land zu betrügen. Deshalb müssen seitenweise Anträge ausgefüllt werden, und das auch noch in Kurzarbeit, in der man doch eigentlich gar nicht arbeiten soll. All das müssen wir verhindern, und das können wir langfristig nur dadurch, dass wir ein Kulturfördergesetz auf den Weg bringen.
Das muss nicht morgen in Kraft treten, aber wir müssen uns auf den Weg machen. Und wir müssen Legislatur für Legislatur festlegen, wie viel wir für die Kultur ausgeben wollen.
Im Haushalt für das kommende Jahr ist zum Glück keine Kürzung vorgesehen. Aber die Antwort von Finanzminister Hilbers auf unsere Dringliche Anfrage beim letzten Sonderplenum habe ich so verstanden, dass er gesagt: „Bis hierhin und nicht weiter! Für die Kultur haben wir genug getan.“ - Das ist aber nicht so! Wenn wir uns darin einig sind, dass die Kultur sinnstiftend demokratieför
Sie fehlt uns, und sie wird uns noch mehr fehlen, wenn nach der Pandemie in den Kommunen die freiwilligen Leistungen gestrichen werden. Das wird nämlich das Erste sein, was wegfällt.
Ich habe gerade in einer Videokonferenz gehört, dass viele Spielstätten, dass viele Solokünstler keine Chance mehr sehen. Wir werden am Ende dieser Pandemie vielleicht kein Kulturfördergesetz mehr brauchen, weil wir dann in Niedersachsen keine Kultur mehr haben.
Lassen Sie uns nicht immer wieder nur von der Systemrelevanz und der Wichtigkeit der Kultur sprechen, sondern lassen Sie uns aktuell zur Unterstützung der Kultur handeln! Machen wir uns auf, ein Kulturfördergesetz für Niedersachsen auf den Weg zu bringen!