Protocol of the Session on February 28, 2018

Die Ausbildung einer Infektion hängt von vielen Faktoren ab, z. B. von der Dosis der aufgenommenen Erreger, von der Art, wie die Erreger aufgenommen werden, aber auch von der Abwehrlage der betroffenen Person.

Es finden auf der Basis der bestehenden rechtlichen Badegewässerregelungen eine Minimierung - Risikoprofil - und eine Überwachung auf Darmbakterien - E. coli und Enterokokken - statt. Gegebenenfalls würde bei erhöhten Messwerten ein Badeverbot ausgesprochen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um antibiotikasensible oder antibiotikaresistente Erreger handelt, da sie sich im Hinblick auf die Infektionsgefährdung nicht unterscheiden.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Ja! Aber die Heilung ist unterschiedlich!)

Alle Untersuchungsergebnisse sowie weitere Beschreibungen zu jeder Badestelle werden auf der Seite www.badegewaesseratlas.niedersachsen.de veröffentlicht.

Meine Damen und Herren, abschließend will ich noch einmal deutlich betonen, wie wichtig ein vernünftiger Umgang mit Antibiotika bei der Behandlung von Krankheiten bei Mensch und Tier ist, um Resistenzen zu begrenzen. Darüber hinaus müssen wir mehr über die Wirkung resistenter Keime in der Umwelt wissen und Schlüsse daraus ziehen, ob und wie wir die Verbreitung resistenter Keime vermindern oder ganz vermeiden können.

Genau diesen Weg werden wir konsequent weiter gehen. Ich will noch einmal sagen: Ich glaube, es ist ein vernünftiger Weg, sofort entsprechende Untersuchungen und Messungen vorzubereiten, sie auszuwerten und am Ende den Forschungsberichten zu entnehmen, wie wir das Ganze einzuordnen haben. Selbstverständlich werden wir Sie unabhängig von der heutigen Fragestunde über den Fortgang der Dinge informieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Meine Damen und Herren, es liegen viele Wortmeldungen zu Zusatzfragen vor. Es beginnt Herr Christian Meyer, Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts von 15 000 Menschen, die an Krankenhauskeimen sterben, ist dies ein wichtiges Thema. Der Minister hat ja gesagt, dass in den Gewässern vor allem das Reserveantibiotikum Colistin gefunden wurde. Dieser Wirkstoff wurde hauptsächlich in der Tierhaltung eingesetzt. Ich frage die Landesregierung nach Ergebnissen von Untersuchungen des Landesamtes für Verbraucherschutz: Wie viel Prozent der Hühner- und Putenfleischproben in Niedersachsen sind mit gegen Colistin resistenten Keimen belastet?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Wer möchte für die Landesregierung antworten? - Die Landwirtschaftsministerin. Bitte sehr, Frau Otte-Kinast!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht generell zu Colistin - Herr Meyer ist durch die fünf Jahre im Amt inzwischen Fachmann; da ist sehr viel getan und auch durch Sie bewirkt worden -: Colistin ist für die Behandlung von Menschen und Tieren zugelassen. In der Vergangenheit wurde es aufgrund der starken Nebenwirkungen nicht mehr beim Menschen eingesetzt. Seine Bedeutung für die Humanmedizin liegt in der Behandlung schwerer Infektionen mit gramnegativen Keimen, die gegen die meisten üblicherweise eingesetzten Antibiotika einschließlich der Carbapeneme resistent sind. Colistin ist in der Tiermedizin zur Behandlung von Infektionen im MagenDarm-Trakt von Nutztieren zugelassen und dort auch von großer Bedeutung.

Aus Untersuchungen des Bundesinstituts für Risikobewertung ist bekannt, dass Colistin-Resistenz bei Darmbakterien von Nutztieren vorkommt. Wie relevant der Nachweis des Resistenzgens in Bezug auf die Gesundheit des Menschen ist, ist zurzeit nicht bekannt. Bis 2015 gingen die Wissenschaftler davon aus, dass es sich bei der ColistinResistenz um eine nicht übertragbare Resistenz handelt, die fest im Chromosom eines Bakteriums verankert ist.

Die aktuell diskutierte Colistin-Resistenz wird über das sogenannte MCR-Gen vermittelt. Dabei handelt es sich um ein Gen, das nicht auf dem Bakterienchromosom, sondern auf einem Plasmid gespeichert ist. Plasmide können zwischen Bakterien ausgetauscht werden, und Resistenzen können somit leichter übertragen werden.

Mittels einer vorgesehenen niedersächsischen epidemiologischen Studie, der sogenannten Colistin-Studie, soll abgeschätzt werden, wie sich die bei Mensch und Tier Ende 2015 entdeckte, MCRGen-vermittelte Colistin-Resistenz verbreitet hat und in welchem Ausmaß die Übertragung dieser Resistenzeigenschaft in der landwirtschaftlichen Tierhaltung Niedersachsens eine Rolle spielt. Ziel dieser Studie ist es, die Relevanz bestimmter Resistenzmerkmale von Bakterien in der Human- und Tierpopulation Niedersachsens bewerten zu können.

Sie hatten gezielt nach einem Prozentsatz des Colistins gefragt. Es gibt eine Gesamtzahl, aber keine Zahl für Colistin für sich allein; Colistin ist in dieser Zahl enthalten. Die konkrete Prozentzahl, nach der Sie gefragt hatten, gibt es nicht. Wir werden das recherchieren und für Sie nachreichen. Ja?

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Christian Meyer [GRÜNE]: Ich meine Keime auf Hühnerfleisch!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Zusatzfrage stellt Kollegin Staudte, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Eigentlich war nach den Keimen auf Hühnerfleisch gefragt worden, aber vielleicht können Sie auch das noch nachreichen.

Da der Umweltminister gesagt hat, es sei nicht in Landesverantwortung, Colistin in der Tierhaltung zu verbieten, sondern das müsse auf Bundesebene geschehen, ist meine Frage: Würden Sie der Forderung zustimmen, dass sich das Land beim Bund dafür einsetzen sollte, dass Colistin in der Tierhaltung verboten wird?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke schön.

(Minister Olaf Lies führt ein Gespräch - Jörg Bode [FDP]: Hallo? Hat da je- mand Zeit für uns?)

- Herr Bode, wir haben noch Zeit.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Es wäre ja nett, wenn - - -)

- Keine Panik! Alles wird gut, Herr Limburg.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Wir haben als Minderheit ja nicht so viele Rech- te! - Christian Meyer [GRÜNE]: Es dürfen auch zwei Landesregierungen antworten!)

- Man darf auch zuhören, Herr Kollege Meyer und Herr Kollege Limburg.

Herr Minister Lies, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt hier übrigens nur eine Landesregierung, und die steht ziemlich geschlossen, finde ich. Das einmal als Vorbemerkung.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Widerspruch bei den GRÜNEN, bei der FDP und bei der AfD)

Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass die Frage lautet: Gibt es Reserveantibiotika, die ausschließlich dem Menschen vorbehalten sein sollen? - Colistin ist ja schon im Umlauf. Es gibt schon Resistenzen gegen den Einsatz von Colistin. Die würden sich wahrscheinlich abbauen, wenn man Colistin für den Einsatz vorbehalten würde.

Ich glaube, es wird eine der Kernaufgaben der Untersuchung sein, festzustellen, welche Reserveantibiotika vorhanden sind. Die wurden in der Vergangenheit - wenn ich es richtig nachvollzogen habe - nicht eingesetzt, weil die Nebenwirkungen z. B. von Colistin sehr hoch waren. Also hat man versucht, beim Menschen möglichst nicht darauf zurückzugreifen. Weil man sie dort nicht gebraucht hat, hat man sie aber in der Tiermedizin eingesetzt und festgestellt, dass man angesichts der vorhandenen Resistenzen Colistin möglicherweise auch in der Humanmedizin brauchen wird. Das muss wirklich Teil der Aufarbeitung sein.

Mir wäre sehr lieb, wir würden die Untersuchung, die wir jetzt machen, abwarten, feststellen, wie weit die Resistenzen verbreitet sind, und daraus die Schlussfolgerung ziehen, wie ein Ansatz eigentlich aussehen könnte und ob es nicht auch Reserveantibiotika geben muss, die ausschließlich - genau das wäre die Kernfrage - der Humanmedizin vorbehalten sind. Das muss doch die Botschaft sein.

Ob das dann Colistin ist oder nicht, kann ich an dieser Stelle nicht beantworten. Aber es muss klar sein: Am Ende brauchen wir zur Sicherheit Reserveantibiotika, die ausschließlich für die Humanmedizin zur Verfügung stehen.

Danke schön, Herr Minister. - Es folgt für die Fraktion der AfD Herr Kollege Stephan Bothe. Bitte!

Danke, Herr Vorsitzender. - Entschuldigung, Herr Präsident! - Herr Minister Lies, Sie sprachen eben von belasteten Krankenhausabwässern. Meine

Frage ist: Kann sich die Landesregierung vorstellen, ein ähnliches Abwassersystem wie in den Niederlanden einzuführen, bei dem Krankenhausabwässer gesondert direkt vor Ort behandelt werden?

Danke schön. - Herr Minister Lies, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch das ist Teil der Untersuchung. Wir haben gesagt: Es gibt ungefähr 200 Messpunkte. Das sind nicht 200 verschiedene Orte in Niedersachsen, sondern das reduziert sich auf eine Größenordnung von vielleicht 70 Orten, wo wir an unterschiedlichen Stellen - also vor und nach einer Einleitung und natürlich auch ganz gezielt im Bereich von Krankenhäusern - diese Messungen vornehmen werden. Dann wird man überlegen müssen, welchen Handlungsbedarf es gibt.

Vordringlich besteht der Handlungsbedarf am Beginn der Kette. Es geht darum, den Einsatz so weit zu reduzieren, dass es gar nicht zu einer Einleitung kommt, was natürlich bei Krankenhäusern nur begrenzt möglich sein wird. Aber auch dazu habe ich gesagt, dass es gerade seitens der Ärzte eine Strategie gibt, um den Antibiotikaeinsatz ganz gezielt zu minimieren. Übrigens ist das nicht in allen Ländern dieser Welt so. In anderen Ländern der Welt ist der Einsatz viel, viel intensiver. Da sind wir in Deutschland schon - das muss man immer wieder sagen - auf einem sehr guten Weg. Nicht, dass an der Stelle ein falscher Eindruck entsteht!

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Und unse- re Antibiotika werden in Indien produ- ziert!)

Wir müssen also abwarten, welche Ergebnisse wir erhalten. Daraus ableitend, müssen wir natürlich auch sehen, ob es in anderen Ländern - ich kenne das Verfahren in den Niederlanden jetzt nicht; das wird man sich ansehen müssen - eine Methode gibt. Es wäre auf jeden Fall sinnvoll - auch darauf zielt ja die Frage -, dass man die Reduktion an der Quelle vornimmt und nicht sozusagen erst nach der Einleitung in die Kläranlage durch eine weitere Nachbehandlung. Es muss das Ziel sein, im frühen Stadium bei der Anwendung und im frühen Stadium bei der Einbringung z. B. in Gewässer einzugreifen. Aber ich bitte um Verständnis, dass wir die

ganzen Schritte der Erfassung und der Auswertung abwarten, bevor wir entsprechende Entscheidungen treffen können.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Es folgt der Kollege Hujahn, SPDFraktion. Sie können zum Saalmikrofon gehen oder nach vorn kommen, wie Sie möchten. Bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir haben viel darüber gehört, dass Colistin in der Tiermedizin eingesetzt wird. Mich würde interessieren, was der Nachweis von Colistin-resistenten Bakterien in den Proben, die vom NDR genommen worden sind und über die hier in der Öffentlichkeit diskutiert wird, in Bezug auf die Gefährlichkeit ganz konkret bedeutet.

Schönen Dank.

Danke. - Herr Minister Lies für die Landesregierung, bitte!