Wir sollten also hier die Aktuelle Stunde ganzheitlich schließen und sagen: Es ist nicht so schlimm, wie Sie es gerne in grüner Farbe malen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Auch nach dem gestrigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig besteht für uns in Niedersachsen kein Grund zur Panik, geschweige denn für Fahrverbote. Was die Luft in unseren Städten angeht, zeigt der Trend bei den Belastungen mit Stickoxid eindeutig nach unten, und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist gut so.
Bei Stickoxiden, das war vorhin schon das Thema, gibt es in Europa einen Grenzwert von 40 µg/m3. Bei einem Blick, liebe Kollegin Piel, über den Atlantik in die USA werden Sie feststellen, dass der Grenzwert dort bei 100 µg liegt, und der Wert für die Belastung am Arbeitsplatz ist mit 950 µg deutlich höher als die 40 µg, die in unseren Städten gelten.
In Niedersachsen wird dieser Grenzwert bislang vor allem in Hannover, Oldenburg und Osnabrück überschritten. Doch bevor man deshalb in Panik verfällt, macht es sehr viel Sinn, sich den Trend dieser Belastung anzusehen. In Hannover hatten wir in den Jahren 2010 bis 2016 Werte zwischen 52 und 60 µg, aktuell lagen wir im Januar bei 50. In Oldenburg lag der Wert in den Jahren 2010 bis 2016 zwischen 49 und 54 µg, im Januar 2018 bei 44. Und in Osnabrück lagen die Werte in den Jahren 2010 bis 2016 bei 47 bis 63 µg, im Januar 2018 lag dieser Wert bei 42.
Alles, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist kein Grund zur Panik; denn mit dem kontinuierlichen Austausch der Fahrzeugflotte in den kommenden Jahren werden diese Werte noch weiter nach unten gehen. Ein mit Benzin betriebener Pkw der Euro-3-Norm hatte in der Vergangenheit einen Stickoxidemissionsgrenzwert von 0,15 g/km, aktuelle Fahrzeuge liegen bei nur noch bei 0,06 g/km.
Ein Diesel-Pkw lag früher bei 0,5; er liegt heute unterhalb von 0,1. Hier liegt das eigentliche Problem; denn wenn die Fahrzeuge, die unsere Bürger in den letzten Jahren in gutem Glauben an den Umweltvorteil gekauft haben, die versprochenen Grenzwerte einhalten würden, dann würden wir heute Morgen garantiert nicht über dieses Thema sprechen. Dann lägen wir auch in Hannover, Oldenburg und Osnabrück garantiert schon heute unter dem Grenzwert von 40 µg/m3.
liefert worden. Das kann man als Unternehmen aussitzen, oder man kann den Kunden Lösungen anbieten, wie die versprochenen Schadstoffwerte kurzfristig gesenkt werden können. Aussitzen ist nicht die Lösung des Problems. Vielleicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, wäre es aus heutiger Sicht besser gewesen, die Abwrackprämie, die 2009 gezahlt worden ist, an eine Verringerung des Schadstoffausstoßes zu knüpfen.
Trotzdem halte ich eine Diskussion über Fahrverbote in den Städten Niedersachsens für falsch. Wollen wir ernsthaft den Besitzern von Dieselfahrzeugen die Einfahrt in unsere Städte verbieten, weil an einzelnen Hotspots in diesen Städten Werte gemessen werden, die aktuell nur 10 % oder 20 % über dem Grenzwert liegen? Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, wäre vor allem bei der bestehenden positiven Prognose in höchstem Maße unverhältnismäßig.
Was passiert eigentlich, wenn eines Tages die Grenzwerte eingehalten werden? Werden dann nach dem Jo-Jo-Prinzip Dieselfahrzeuge wieder zugelassen, immer so, wie es nach den aktuellen Werten passt? Das macht keinen Sinn; denn Fahrverbote für Dieselfahrzeuge treffen nicht den Radfahrer, der morgens mit dem Fahrrad oder dem Pedelec von seiner Loft-Wohnung in Hannover in die Innenstadt zur Arbeit fährt, oder den SUVFahrer mit Zweitwagen. Fahrverbote würden unsere Mittelständler, unsere Pendler, die Selbstständigen und die Geringverdiener treffen. Und das können wir nicht zulassen!
Diese Menschen, die jeden Morgen früh aufstehen, um aus dem Umland von Hannover, Oldenburg oder Osnabrück einzupendeln, tun das nicht, weil sie es anders könnten, sondern sie tun das, weil es keinen vernünftigen öffentlichen Personennahverkehr gibt. Wenn man Realist ist, dann weiß man, dass es in Niedersachsen nicht möglich sein wird, den Personennahverkehr mit dem vorhandenen Geld so auszubauen, dass die Pendler deswegen auf diese Fahrzeuge umsteigen könnten. Sie brauchen das Auto. Der Handwerker kann doch auch nicht mit seinem ganzen Werkzeug morgens in einen Bus einsteigen, damit er in der Innenstadt etwas reparieren kann. Das wird nicht funktionieren. Deswegen bin ich klar gegen Fahrverbote.
Wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen über Lösungen nachdenken, die abseits von Fahrverboten kurzfristig messbare Ergebnisse bringen.
Wir begrüßen es deshalb sehr, dass der Umweltminister in den kommenden Wochen mit den betroffenen Kommunen sprechen wird. Es gibt auch in Niedersachsen findige Tüftler, die heute schon mit wenig Aufwand für eine Verbesserung der Luft an Hotspots sorgen können.
Die Unternehmen haben die rechtliche Verpflichtung, die festgelegten Grenzwerte einzuhalten, und die moralische Verpflichtung, im Rahmen ihrer Tätigkeit dafür zu sorgen, dass neue Autos mit immer geringeren Werten gebaut werden. Wir Politiker können Programme auflegen, damit der Verkehr besser fließt, Autos die Parkhäuser in den Städten schneller erreichen und die Infrastruktur für Elektromobilität gefördert wird. Die Bürger können wir motivieren, Autos zu kaufen, die auch im tatsächlichen Betrieb auf der Straße weniger Schadstoffe ausstoßen. Motivieren heißt aber nicht verbieten. Das lehnen wir ab.
Vielen Dank, Herr Kollege Bäumer. - Jetzt ist die Landesregierung dran. Herr Umweltminister Lies, bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst eines auf die Anmerkung von Herrn Bode zurückspiegeln. Es gibt eine ganz klare gemeinsame Haltung dieser Landesregierung. Ich verstehe auch die Aufregung gar nicht. Ich glaube, es wird deutlich, dass an einem so elementaren Punkt, der wirklich Zehntausende von Menschen betrifft, das Wirtschaftsministerium und das Umweltministerium - beide! - mit allen Möglichkeiten ein Ziel verfolgen, nämlich Fahrverbote in unserem Land zu verhindern. Das ist die gemeinsame Auffassung der Landesregierung, und die vertreten wir auch gemeinsam, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Über die Frage von Presse müssten Sie sich noch mal genauer informieren, so war es nämlich überhaupt nicht. Auch das haben wir gemeinsam gemacht. Nacheinander haben wir sozusagen die Haltung aus wirtschaftspolitischer und umweltpolitischer Sicht dargestellt.
- Ja, zusammen sprechen und dann getrennt verstehen, ist noch schwierig. Daran arbeiten wir noch ein bisschen.
Meine Damen und Herren, das Gerichtsurteil liegt vor. Ich will noch mal betonen, was darin steht. Es beschreibt nämlich, dass Fahrverbote nur dann möglich werden, wenn sie die einzige Möglichkeit und verhältnismäßig wären.
Was noch in der Bewertung des Urteils fehlt, ist tatsächlich, ob diese Verhältnismäßigkeit nicht auch ein Stück weit die Überschreitung der Grenzwerte berücksichtigen muss. Ist es also ein Unterschied, ob ich wie in Stuttgart über 70 µg/m3 und in Hannover 48 µg/m3 oder in den anderen Städten sogar noch weniger habe? Ist die Verhältnismäßigkeit dann nicht eine andere? - So, glaube ich, muss man die Debatte auch betrachten. Das werden wir erst genau entscheiden können, wenn wir das Urteil komplett gesichtet haben. Das ist auch für uns ein ganz entscheidender Punkt.
Die Fortschreibung der Luftreinhaltepläne sieht eben vor, dass man diese Maßnahme berücksichtigen muss. Da sind wir genau an dem Punkt. Das ist eben nicht mehr so wie in der Vergangenheit. Ich will noch mal sagen, mir fehlt jede Vorstellung, dass da ein Schild steht: Einfahrverbote für Diesel mit weniger als Euro 4 oder Euro 5. - Dann fehlt mir auch die Vorstellung, wie das überhaupt nachprüfbar sein sollte. Deswegen gibt es die klare Haltung dieser Landesregierung: Wir wollen die bestmögliche Luftqualität, aber wir wollen keine Fahrverbote. - Das ist die klare Linie und Haltung, meine Damen und Herren.
Wie ist die Situation? - Ich glaube, das ist wichtig, weil sie die Tendenz zeigt. Das Lufthygienische Überwachungssystem Niedersachsen hat wieder eine Bewertung durchgeführt und gemessen. Wir haben es gerade schon gehört. In den 14 Verkehrsstationen der genannten Städte sind die Emissionen im Durchschnitt um 3,7 µg/m3 zurück
gegangen. Das ist übrigens deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt, der bei 2 µg/m3 liegt. Das führt eben dazu, dass wir an ganz vielen Stellen den Grenzwert schon entweder unterschritten haben oder uns dem Wert nähern. Wir haben die Zahlen gehört: Hannover 48 µg/m3, Hildesheim 42 µg/m3, Oldenburg 49 µg/m3, Osnabrück 46 µg/m3. Das gilt an wenigen Stellen, die besonders belastet sind.
Meine Damen und Herren, das ist nicht nur eine Frage der Emission an der Stelle. Das ist auch die Frage der Bebauung an der Stelle. Sie führt dazu, dass diese besonderen Emissionen genau an diesen Hotspots stattfinden.
Es ist nicht nur die Frage der Verkehrsmenge, sondern auch der Bebauung. Deswegen bedeutet Verkehrsumleitung eben nicht, dass die Emission an einer Stelle um 10 µg/m3 bis 12 µg/m3 abnimmt, und an anderer Stelle habe ich die 12 µg/m3 wieder, sondern es kann deutlich weniger sein, weil dort eine ganz andere Situation mit ganz anderer Bebauung und einer ganz anderen Durchlüftung ist. Deswegen ist es ein bisschen komplexer, als es einige darstellen wollen.
Deswegen bin ich auch davon überzeugt, dass es uns gelingt, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, mit denen wir Fahrverbote über intelligente Verkehrslenkung und Verkehrssteuerung und natürlich auch über die anderen Maßnahmen, die wir genannt haben, verhindern können.
Wenn sich der Trend fortsetzt, zeigt das doch, meine Damen und Herren, dass wir 2019 dann nur noch in Hannover, Oldenburg und Osnabrück an einzelnen Straßenabschnitten und wieder in geringerem Maß die Grenzwerte überschreiten. Das müssen wir in den Blick nehmen. Das ist die Tendenz, sodass wir in Fortsetzung der Tendenz sagen können, dass wir 2020 oder 2021 nirgends mehr eine Grenzwertüberschreitung haben.
Ob das hilft, Klagen von Verbänden vor Gericht durchzustehen und Fahrverbote zu vermeiden, ist sicherlich noch eine andere Frage. Aber wir müssen in der Kommunikation darüber deutlich sein.
Eines lehne ich konsequent ab. Wir stellen kein Schild vor die Stadt und sagen nicht: Du darfst hier nicht rein. - Das ist die billigste Lösung. Die nachhaltigste Lösung ist, wenn wir uns wirklich Konzepte moderner Mobilität und eines modernen ÖPNV überlegen und diese klug miteinander kombinieren. Dann haben wir nämlich eine wirklich nachhaltige Lösung. Dann haben wir am Ende nicht nur
ein Schild und Verbote, sondern wir haben etwas für die Qualität der Mobilität in unserem Land getan. Das muss die Aufgabe von Politik sein, meine Damen und Herren. Daran sollten wir intensiv und hart arbeiten.
Das hat etwas mit Elektrifizierung des Verkehrs, mit modernem ÖPNV und mit der Ausweitung des ÖPNV zu tun. Wir haben den Vorschlag gehört: Wir machen den ÖPNV kostenlos. - Ich will mit großer Distanz sagen: Ob kostenloser ÖPNV auf Dauer die Lösung ist, ist eine Frage. Die entscheidende Frage wird die Qualität des ÖPNV sein. Ich will doch nicht die ersten 10 km mit dem Auto fahren und die letzten 2 km mit dem Bus. Ich brauche eine Gesamtanbindung des ÖPNV in Niedersachsen. Das sind die Aufgabe und die Botschaft, die wir sehr ernst nehmen, meine Damen und Herren.
Wir haben mit den bisherigen Maßnahmen - das haben wir an den Zahlen gesehen - eine Menge erreicht. Es sind vor allen Dingen Softwarenachrüstungen, die gewirkt haben. Wir haben das dargestellt. Sie sind auch messbar und setzen sich real fort. Trotzdem will ich sagen, es geht in der Diskussion immer um das Thema der Hardwarenachrüstung. Ich will offen sagen, das ist natürlich kein Allheilmittel. Natürlich kann man nicht sagen, damit haben wir alles gelöst. Es ist ein Beitrag, den man leisten könnte.