Sehr geehrte Damen und Herren, eines muss hier ganz klar sein: Es geht nicht um die Frage der Sicherheit in den Stadien - das ist die Aufgabe der Vereine, und das soll auch so bleiben -, sondern es geht um die Sicherheit während der Fahrt und auf dem Fußweg in die Sportstätten.
Grundsätzlich kann man die Diskussion um die Übertragung der Kosten auf die Vereine erst einmal verstehen. Schließlich hört man sehr regelmäßig von horrenden Summen, die beim Fußball für Personen im Raum stehen. Von diesem subjektiven Eindruck des massiven Geldes sollte man sich bei dieser Sachfrage aber nicht täuschen lassen. Objektiv betrachtet zahlen jeder Fußballspieler, jeder Verein und die DFL Steuern in Deutschland. Sie sind kein kostenloser Nutznießer von Sicherheit und Ordnung. Diese Personen und Institutionen haben wie alle anderen auch ein Recht auf Sicherheit und gesicherte Veranstaltungen.
Sehr geehrte Damen und Herren, zu berücksichtigen ist auch: Fangewaltbereitschaft tritt nicht ausschließlich in der ersten und zweiten Liga auf. Auch in der dritten und vierten Liga sind solche Risikospiele nicht abwegig; Herr Schünemann hat das gerade schon erwähnt. Vereine, die in diesen Ligen spielen, wären nicht in der Lage, die Kosten für Polizeieinsätze zu übernehmen. Würden wir diese Vereine zu Kostenträgern machen, würden wir ganz klar den Sport gefährden. Das wäre den Menschen in Niedersachsen definitiv nicht zu ver
mitteln. So ehrlich muss man sich auch machen, wenn man auf Sonntagsreden populistisch die Kostenübernahme fordert.
Eine weitere Frage, welche die Befürworter und Befürworterinnen der Kostenübernahme auch einmal beantworten müssten, ist: Wo zieht man bei Großveranstaltungen die Grenze, wenn sich ein Risiko abzeichnet?
Sollten die Kosten für die sichere Durchführung von Konzerten und Sportwettkämpfen auf die Veranstalter übertragen werden? Wie viel würde dann eine Eintrittskarte kosten? Und würde sich der Steuerzahler dann nicht fragen, welche Gegenleistung er überhaupt noch für seine Steuern bekommt? Man kann das gedanklich auch noch weiterführen: Wenn Veranstalter von Demonstrationen und Parteitagen für die Sicherheit im öffentlichen Raum finanziell aufkommen müssten, wären Mitbestimmung und politische Bildung ganz klar gefährdet.
Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, im Zusammenhang mit dieser Debatte ist auch anzuführen: Viel wichtiger als populistische Scheindebatten über Kostenübernahmen ist die Gewaltprävention. Damit könnte man schließlich auch die Einsatzstunden der Polizistinnen und Polizisten reduzieren. Im Sinne der Gewaltprävention investiert das Land bereits gutes Geld in Fanprojekte. In Niedersachsen gibt es bereits fünf Fanprojekte; auch das wurde gerade schon genannt. Diese Projekte dienen dazu, sozialpädagogische und sozialpräventive Fanarbeit zu leisten, damit die Gewalt bei Fußballspielen nicht zur Routine wird, sondern eher die Ausnahme bedeutet. Des Weiteren unterstützt die Landesregierung die Kommunikation zwischen Vereinen, Polizei, Fanprojekten und anderen Beteiligten. Das alles sind wichtige Bausteine, die dazu dienen, gewaltbereite Gruppierungen einzuschränken und deren Bildung, wenn möglich, sogar ganz zu unterbinden.
Fußball kann als Breitensport zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen und die Freizeitgestaltung ausfüllen. Als diese Chance müssen wir den Fußball und viele weitere Sportarten begreifen. Die Koalitionsfraktionen werden ihren Teil dazu beitragen, dass Fußball die nötigen Rah
menbedingungen erhält, um diese gesellschaftlichen Funktionen weiterhin ausfüllen zu können. Dazu gehört, die Sicherheit bei Risikospielen zu gewährleisten - und das, ohne die Kosten dafür an die Vereine weiterzureichen.
Vielen Dank, Frau Kollegin. Ich denke, ich darf Ihnen im Namen des gesamten Hauses zu Ihrer ersten Rede gratulieren. Vielen Dank.
Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Schünemann, ich möchte mich zunächst einmal für Ihr klares Bekenntnis dazu bedanken, dass Polizeieinsätze auch weiterhin von der öffentlichen Hand getragen werden sollten. In der Vergangenheit habe ich dazu auch schon einmal andere Töne gehört, zuletzt auch in der Ausschusssitzung.
An dieser Stelle möchte ich Reinhard Grindel zitieren, dem ich zumindest in dieser Frage zu 100 % zustimme. Dass ich das mal sagen würde, hätte ich übrigens nicht gedacht.
„Der Fußball ist nicht Störer. Störer sind Gewalttäter, die die Plattform des Fußballs ausnutzen. Der Kampf gegen Gewalt darf nicht privatisiert und kommerzialisiert werden, sondern ist Aufgabe der Polizei“.
Verehrter Herr Kollege Meyer, diese Kosten zu übernehmen, ist eben nicht Aufgabe der Vereine. Die Vereine können sich im Bereich der Gewaltprävention einbringen. Natürlich, auch das ist ihre Aufgabe. Da müssen die Liga und die Vereine aus meiner Sicht auch mehr tun als bisher.
Herr Hess-Grunewald von Werder Bremen geht davon aus, dass Werder pro Saison mit etwa 1 Million Euro zusätzlich belastet wird. Das, sehr geehrter Herr Kollege Ahrends, ist aus meiner Sicht dann doch zu hinterfragen: Wo fängt es an, wo ist die Grenze, und wo hört es auf?
Die Kollegin Kreiser hat mit ihrer Analyse völlig recht. Wenn die Kosten auf die DFL umgelegt werden und die DFL sie an Werder Bremen weitergibt, hätten im Umkehrschluss die Fans des Hamburger SV einen Anreiz, in Bremen möglichst viel Bambule zu machen, damit Werder finanziell möglichst stark belastet wird. Das wäre doch pervers, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Eine solche Logik dürfen wir nicht in den Fußball tragen. Damit würden wir nicht zu einer Verbesserung der Situation, sondern möglicherweise zu einer Verschärfung der Situation beitragen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist aus unserer Sicht nicht der richtige Weg.
Ich möchte Ihnen an dieser Stelle ein gutes Interview empfehlen, das der Deutschlandfunk mit dem Kriminologen Thomas Feltes geführt hat - ja, es gibt nicht nur den einen Kriminologen, es gibt auch noch andere -, in dem dieser sehr gut herausgearbeitet hat, dass Gewalt ein gesellschaftliches Problem, das auch gesellschaftlich angegangen werden muss, ist - und eben kein Problem des Fußballs.
Trotzdem müssen wir die Prävention im Fußball stärken. Das hat der Kollege Schünemann aus meiner Sicht sehr richtig dargestellt. Wir Freie Demokraten haben schon in der letzten Legislaturpe
riode und auch wieder in dieser Periode einen Antrag in den Landtag eingebracht, in dem es darum geht, die Fanprojekte, die wir derzeit an fünf Standorten haben, finanziell besser auszustatten. Das Land ist da ja noch nicht in die Maximalförderung gegangen, und zumindest nach den Ausführungen von Frau Wucherpfennig im Ausschuss ist das bisher auch nicht geplant.
Deswegen rufe ich hier noch einmal die Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU auf: Gehen Sie dort in die Maximalförderung! Jeder Euro, der in Prävention gesteckt wird, ist nachher Gold wert und spart uns richtig Geld. Deswegen müssen wir die Fanprojekte gut ausstatten. Das gilt für die fünf, die schon in Osnabrück, Braunschweig, Hannover, Wolfsburg und Meppen am Start sind. Das gilt aber auch für das, was jetzt in Oldenburg an den Start gehen soll. Das sollten wir unterstützen.
Ich möchte Sie auch herzlich dazu einladen: Reden Sie bitte nicht nur über den Fandialog, sondern führen Sie ihn durch! Sehr geehrter Herr Minister Pistorius, Sie haben ja schon an verschiedenen Stellen angekündigt, dass Sie in den Fandialog gehen wollen. Es sollte Kongresse geben. Dann sollte der Kongress verschoben werden. Bisher ist dort aber nichts passiert. Auf unsere Nachfrage hin, wann dieser Fandialog tatsächlich stattfinden soll, ist gesagt worden: Es soll jetzt dezentrale Veranstaltungen geben. - Aber auch die sind noch nicht terminiert.
Ich bitte Sie: Führen Sie diese regionalen Veranstaltungen durch! Gehen Sie zu den Vereinen, und reden Sie mit den Fans - aber nicht nur mit denen, die Ihnen genehm sind, sondern auch mit denen, die möglicherweise - das sage ich in Anführungszeichen - diejenigen sind, die Probleme bereiten! Ich glaube, dass am Ende nur dieser Dialog dazu führen kann, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir eine Verbesserung der Situation bekommen und dass auch die Fans selber begreifen, dass sie diejenigen, die Störer und gewaltbereit sind, aus dem Kreis der Fans ausgrenzen müssen. Denn sonst wird es am Ende auf die Fans zurückfallen.
In diesem Sinne vielen Dank für die Debatte. Wir als Freie Demokraten werden dieses Thema in diesem Haus weiter aktiv vorantreiben.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Nächster Redner ist nun Herr Kollege Onay, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte, Herr Onay!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Urteil hat ja tatsächlich für intensive Diskussionen und auch für sehr viel Zuspruch gesorgt. Ganz nach der Logik „Wer viel hat, soll auch viel zahlen“ dachten, glaube ich, viele, dass es mit der DFL den Richtigen getroffen hat. Sie machte allein im letzten Jahr 4 Milliarden Euro Umsatz. Das ist natürlich eine Summe, die für viele verlockend klingt.
Wir haben im Innenausschuss in der letzten Legislaturperiode das Problem der Fangewalt - dabei ging es um die Derbys Hannover gegen Braunschweig - intensiv verfolgt. Das Gericht hat in seinem Urteil ja genau in dieser Richtung argumentiert. Der genannte Umsatz der DFL könne nur deshalb realisiert werden, weil die Sicherheit durch die Polizei gewährleistet werde.
Das klingt erst einmal juristisch verlockend, ist meines Erachtens aber sehr schwierig. Wir kennen rechtlich zwar die Zweckveranlasser-Situation: Wenn im Rahmen einer Zweckveranlassung ein solcher Polizeieinsatz durchgeführt wird, könnten danach durchaus Kosten getragen werden. Dass man das aber alleine der DFL zurechnet, halte ich, gemessen am Beispiel von Hannover, schon für sehr schwierig. Dabei muss man nur an die Situation am Hannoveraner Hauptbahnhof an jedem Samstagmorgen denken. Da reisen Fans von Ost nach West durch. Hannover ist ja immer sozusagen der Umsteigeplatz für viele Fans. Das ist dann zwar eher ein Thema für die Bundespolizei, dennoch macht es sichtbar, welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen, um unterschiedliche rivalisierende Fangruppen auseinanderzuhalten, und welche Kosten dabei entstehen.