Protocol of the Session on October 8, 2020

Bisher wird die Energiewende von fast allen Akteuren - auch von der Politik; das haben wir heute hier wieder gehört; auch wir machen diesen Fehler - ausschließlich als Stromwende verstanden.

Ich vermute, dies ist auf das EEG zurückzuführen. EEG ist zwar die Abkürzung für „ErneuerbareEnergien-Gesetz“. Aber das EEG regelt nur die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen ins Stromnetz. Es soll die bevorzugte Einspeisung garantieren; es soll ein festes Entgelt für die Erzeuger generieren. Es hat also nichts mit allen erneuerbaren Energien zu tun.

Hierin liegt, glaube ich, der Kardinalfehler. Wir müssen begreifen, dass wir nicht nur erneuerbaren Strom brauchen, sondern alle fossilen Sekundärenergieträger durch erneuerbare ersetzen müssen. Und nicht nur diese: Auch die sogenannten nicht energetischen Nutzungen müssen mit Erneuerbaren dargestellt werden.

Sicher können wir in vielen Anwendungen, die bisher von fossilen Sekundärenergieträgern abgedeckt wurden, mit Strom arbeiten. Das bedeutet aber nicht - auch wenn es die Stromwirtschaft gerne so postuliert -, dass wir nur Strom transportieren können: Wenn wir mehr Strom generieren, muss er auch weitergeleitet werden.

Die Gaswirtschaft wurde im Vertrag zum ersten Kernenergieausstieg zur Beute und Manövriermasse der Stromwirtschaft. Es wurde eine komplett elektrische Welt - wovor ich warne - ausgerufen.

Für die Stahlindustrie gab es nur zwei Möglichkeiten, ihren gewaltigen CO2-Fußabdruck zu verkleinern: entweder Koks aus pyrolysierter Biomasse zu nutzen oder einen völlig neuen Prozess mit erneuerbarem Wasserstoff aufzubauen. Der erste Pfad war nicht erfolgversprechend und viel zu teu

er. Auch der zweite Pfad ist teuer, aber er kommt eben viel besser an.

Statt nach einem Windenergieausbau mehr Strom zu transportieren, sollten wir Wasserstoff von den großen Windparks transportieren. Die Verluste sind kaum größer, aber die Transportkosten um den Faktor 10 günstiger als in der elektrischen Variante, und die Kapazitäten für Transporte in den Süden sind vorhanden und deutlich größer.

Ja, dann müssen Erdgasleitungen in Mischgasleitungen umgewidmet werden. Eine solche nehmen wir aber auch schon bei unseren Erdgeräten vor. Das ist machbar. Und die vorhandenen Gasleitungen sind auch ein Energiespeicher.

Vielleicht sollten wir nachwachsende Kohlestoffträger und Biomasse nicht mit viel Energieaufwand kompostieren, sondern Sekundärenergieträger zu Wasserstoff machen.

Welch ein Umdenken, wenn man überlegt, wie wir heute über Wasserstoff reden! Aber unser Energiewirtschaftsgesetz redet mit keiner Silbe von Wasserstoff. Es ist Ihr Auftrag, das weiterzugeben und auch keine Bundesratsinitiative zu scheuen, um das ändern. Denn wenn wir mehr Wasserstoff generieren wollen, müssen wir ihn auch ableiten.

Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kortlang. - Den Reigen in der Aussprache schließt Kollegin Byl, Bündnis 90/Die Grünen, ab. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ehrlich gesagt: Beim Thema Windkraft drehen wir uns doch wirklich langsam ziemlich im Kreis. Immer wieder stehen hier SPD und CDU oder die Landesregierung und erzählen uns, wie schlimm der drohende Zusammenbruch der Windenergiebranche ist. Und ja, das stimmt.

Sie erzählen uns, dass die böse Bundesregierung, die übrigens aus CDU und SPD besteht

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ach ja, richtig!)

- ja, das vergessen einige hier anscheinend -, endlich einmal etwas Gutes für die Erneuerbaren machen sollte.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Wiard Siebels [SPD])

- Endlich einmal mehr. Das, was seitens der Bundesregierung gerade passiert, reicht definitiv nicht. Es ist weiterhin Politik zur Verhinderung der Erneuerbaren. Darin sind wir uns hoffentlich einig.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wiard Sie- bels [SPD]: Nein!)

Aber obwohl wir dieses Thema hier immer und immer wieder diskutieren und uns dabei im Kreis drehen, ändert sich offensichtlich nichts.

(Wiard Siebels [SPD]: Doch!)

Die Bundesregierung hört ja nicht auf Sie, obwohl wir hier eine GroKo haben und auf Bundesebene eine GroKo haben. Es hilft nichts, sie hört nicht auf Sie. Sie macht weiter Verhinderungspolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir diskutieren gerade über die EEG-Novelle. Es gibt so viele Möglichkeiten, es gibt so viele Chancen. Sie liegen alle auf dem Tisch. Und trotzdem entscheidet sich die Bundesregierung dafür, weiterhin etwas gegen die Windkraft zu machen, und dagegen, die Windkraft endlich zu entfesseln.

Ich muss hier klar sagen: Wir können hier gerne über die Bundesebene diskutieren. Wir sind ja ganz bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass es so nicht weitergeht. Aber nutzen Sie doch bitte auch die Möglichkeiten des Landes! Denn hier sind Sie in der Regierung.

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Meyer [GRÜNE]: Im Bund auch!)

- Ja, im Bund auch. Das stimmt. Das ist ja das Dramatische.

Was könnte man hier machen?

Sie haben vom Windenergieerlass gesprochen. In Ihrem Entwurf fehlen aber konkrete Flächenziele für die Landkreise. Die wären wichtig, damit wir endlich mit dem Ausbau vorankommen, damit sich alle Landkreise beteiligen und sich niemand wegducken kann.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf)

- Nein, der Minister hat es nicht erklärt. Er hat erklärt, warum er das nicht macht.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Genau!)

Das ist genau der Punkt: Das war nicht stichhaltig. Sie können sich da nur einfach nicht mit der CDU

einigen. Das liegt doch auf der Hand. Deswegen hören wir hier wieder einmal sehr viele schöne, blumige Reden. Das hilft aber leider nicht.

(Zurufe von Christian Meyer [GRÜNE] und Wiard Siebels [SPD])

Sie müssten die Genehmigungsbehörden unterstützen. Ja, viele Verfahren landen vor Gericht - aber auch weil die Behörden oftmals unterbesetzt sind und Fehler passieren. Deswegen müssen sie fachlich und personell gestärkt werden, auch mithilfe des Landes.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein weiteres Thema, bei dem wir uns die ganze Zeit im Kreis drehen - ich kann es fast nicht mehr hören; ich möchte dieses Thema hier endlich, endlich abschließen können -, ist ein verbindliches Landesklimagesetz, und zwar mit konkreten Flächenzielen für das Land Niedersachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da reden wir uns seit Ewigkeiten den Mund fusselig. Sie regieren seit drei Jahren. Seit drei Jahren reden wir hier über das Klimagesetz, und es gibt immer noch keines.

(Jörg Hillmer [CDU]: Meinen Sie das Gesetz, das Sie nicht fertiggekriegt haben? - Gegenruf von Christian Meyer [GRÜNE]: Unseres liegt seit drei Jahren vor!)

- Ja. Wir haben einen eigenen, grünen Gesetzentwurf vorgelegt. Der liegt im Ausschuss. Ich bin gespannt. Wir können ihn gerne sofort verabschieden. Setzen wir ihn im November auf die Tagesordnung!

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben davon gesprochen, dass die 1,4 % mittlerweile zu wenig sind und dass wir sie erhöhen müssen. Ja! Bei den 2,1 % der Fläche dieses Landes für die Windkraft bin ich bei Ihnen. Aber 2030 ist doch viel zu spät! Das wissen Sie doch selber, wenn Sie ehrlich sind, lieber Olaf Lies.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Artenmonitoring wäre etwas, was das Land machen könnte. Es würde die Konflikte entschärfen, wenn wir wenigstens wüssten, welche Arten wo zu finden sind.

Im Auricher Appell erklären Sie völlig zu Recht die entscheidende Rolle der Windkraft. Sie erklären auch völlig zu Recht, dass uns ein ziemlich dramatischer Nettorückgang droht. Aber dann nutzen Sie endlich Ihre Möglichkeiten! Werden Sie den Herausforderungen gerecht!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir reden hier ganz oft über das Thema Wasserstoff. Aber Ihnen allen muss doch klar sein: Wenn wir mehr Wasserstoff nutzen wollen, müssen wir die erneuerbaren Energien noch viel stärker ausbauen. Das heißt, die Ziele müssen eigentlich noch gesteigert werden.