Protocol of the Session on October 7, 2020

3. Sind aus Sicht der Landesregierung mit dem Versprechen von Staatssekretär Ferlemann aus dem Jahr 2015 „kein Ypsilon mehr, keine Neubaustrecken“ auch Ausweich- und Umgehungsstrecken eingeschlossen?

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir danken auch, Herr Kollege. - Die Antwort für die Landesregierung gibt Herr Wirtschaftsminister Dr. Althusmann. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Frage, ob das Land uneingeschränkt zum Bahn Projekt Alpha-E steht, kann ich sehr kurz und knapp sagen: Ja. - Es geht hier um ein für den Schienenverkehr in Norddeutschland wichtiges Projekt. Zwischen Hannover, Hamburg und Bremen brauchen wir mehr Schienenkapazitäten für den Personenverkehr, aber sicherlich auch für den Güterverkehr.

Der Bundesverkehrswegeplan sah zunächst eine Hochgeschwindigkeitsstrecke von Hannover nach Hamburg und nach Bremen vor. Das Projekt hieß Y-Trasse, weil die Verbindung von Hannover nach Bremen und nach Hamburg symbolisch als Y darstellbar war. Das ist Rückblick. Denn der Bund und die Deutsche Bahn konnten dieses Projekt aus verschiedensten Gründen nicht umsetzen.

Um eine realisierbare Alternative zu entwickeln, die sowohl den Bedingungen des Bundes als auch

den Kriterien der Regionen, der Wirtschaft und der Verbände entspricht, wurde 2015 das Dialogforum Schiene Nord durchgeführt. Binnen eines Jahres wurde die Lösung Alpha-E erarbeitet. Der Bund hat dann diese Idee des Dialogforums Schiene Nord Alpha-E aufgenommen und zum Optimierten Alpha-E + Bremen weiterentwickelt. Dieses Projekt Optimiertes Alpha-E + Bremen ist nun Bestandteil des Bundesverkehrswegeplans; das ist wichtig. Es ist vom Bundestag als Teil des Bundesschienenwegeausbaugesetzes beschlossen worden. Damit sollten die Zeiten vorbei sein, in denen Schienenprojekte nur gedacht, aber nicht gebaut werden.

Die Umsetzung dieses Projektes hat aus meiner Sicht höchste Priorität. Daher gibt es keinen Anlass, nicht zum Bahnprojekt Alpha-E zu stehen.

Damit wäre dem Grunde nach die Frage Nr. 1 der Dringlichen Anfrage „Steht das Land weiter uneingeschränkt zum Alpha-E-Kompromiss des Dialogforums Schiene Nord aus dem Jahr 2015?“ beantwortet: Ja, die Niedersächsische Landesregierung steht weiterhin uneingeschränkt zu diesem gefunden Kompromiss.

Allerdings stellt sich in den mittlerweile knapp fünf Jahren seit dem Dialogforum Schiene Nord die Frage, wie der Bund und wie alle weiteren Beteiligten mit neuen Erkenntnissen und neuen Ansprüchen umgehen.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Reden Sie noch miteinander?)

- Darauf gehe ich gern auf Nachfrage ein.

Es gibt drei wesentliche Entwicklungen, die zu Fragen nach der weiteren Infrastrukturplanung des Bundes für sein Schienennetz führen.

Das ist erstens das Thema „Deutschlandtakt“ inklusive der Frage der Höchstgeschwindigkeiten der Personenzüge. Dieses Thema gehörte damals noch nicht zur Aufgabenstellung, als der Bund 2015 beim Dialogforum Schiene Nord in Celle seine Anforderungen an eine Alternative zur Y-Trasse benannte.

Ein zweiter Aspekt in der Diskussion um das Schienennetz der Zukunft ist immer auch der Nahverkehr auf der Schiene. Es stellt sich die Frage, wie wir der steigenden Nachfrage der Pendler aus dem Umland nach guten Angeboten im Schienenverkehr für die Fahrt nach Hamburg nachkommen können. Es wird immer wieder die Frage geäußert, ob das Projekt Alpha-E ausreichend Kapazitäten für den steigenden Personennahverkehr aufweist.

Zunächst wurden bei den Planungen für das Alpha-E-Projekt bereits Reserven für mehr Nahverkehr vorgesehen, damit im Nahverkehr nicht der Status quo 2015 das Maß bis 2030 bleibt. Wenn es also um weitere Steigerungen geht, dann beginnt das eigentliche Nadelöhr in Hamburg-Harburg in Richtung Hamburg Hauptbahnhof.

Die Schaffung von ausreichend Schienenkapazitäten für mehr Nahverkehr nach Hamburg ist vorrangig eine Aufgabe in und um Hamburg. Ich begrüße es daher sehr, dass im Nachgang zur Regionaluntersuchung der OECD das Thema „Bahnknoten Hamburg“ weiterhin im Fokus der Metropolregion Hamburg, der Deutschen Bahn und des Bundes steht.

Drittens. Eine weitere Entwicklung seit dem Dialogforum Schiene Nord ist das neue Ziel der Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030. Das hat sich die Bundesregierung 2018 in ihrer Koalitionsvereinbarung vorgenommen. Das ist ein wichtiges und ein zugegeben sehr ehrgeiziges Ziel. Das können wir nur erreichen, wenn wir schnell bauen und auch schnell planen. Das geht nur, wenn das Alpha-E jetzt endlich umgesetzt wird.

Deshalb zur Frage 2 - „Schließt das Land Neubaustrecken statt des Bahnausbaus zwischen Hamburg und Hannover aus?“ - folgende Antwort: Eine Neubaustrecke von Hamburg nach Hannover ist mit dem Projekt Alpha-E nicht vereinbar. Die Landesregierung möchte, dass im Sinne der Planungsbeschleunigung gebaut und nicht immer wieder neu geplant wird. Daher ist der Gedanke einer Neubaustrecke als Alternative zur Lösung Alpha-E inakzeptabel. Für die weitere Zukunft kann ich nicht ausschließen, dass der Schienenverkehr so viel Bedeutung gewinnt, dass ein Bedarf für weitere neue Schienenstränge in Deutschland insgesamt identifiziert wird.

Zu Frage 3 - „Sind aus Sicht der Landesregierung mit dem Versprechen von Staatssekretär Ferlemann aus dem Jahr 2015 ‚kein Ypsilon mehr, keine Neubaustrecken‘ auch Ausweich- und Umgehungsstrecken eingeschlossen?“ -: Diese Frage richtet sich natürlich eher an den Bund, an Herrn Staatssekretär Ferlemann.

Ich kann Ihnen für das Land mitteilen, dass die Projektbeschreibung für das Bedarfsplanprojekt „Optimiertes Alpha-E + Bremen“ die Teilmaßnahme „Ausbaustrecke Ashausen–Uelzen–Celle“ gegebenenfalls mit Ortsumfahrungen enthält. Insofern sind Ortsumfahrungen als Teil des Projektes definiert. Die Option für Ortsumfahrungen war ein

Entgegenkommen des Bundes, um das Ausbauprojekt Alpha-E auch dort zu ermöglichen, wo Ortsdurchfahrten schwierig sind. Ich gehe weiterhin davon aus, dass aus der Option für Ortsumfahrungen keine weiträumigen Neubaustrecken werden, sondern ortsnahe Umfahrungen, wo dies sinnvoll ist.

Meine Damen und Herren, es sollte also unser Ziel sein, das Vertrauen, das die Menschen in den Dialogprozess Schiene Nord und in den Bundesverkehrswegeplan des Bundes gesetzt haben, nicht zu verlieren. Am 20. November werde ich der Einladung des Projektbeirates Alpha-E folgen, um gemeinsam mit den Beteiligten die Frage zu klären, wie das Projekt Optimiertes Alpha-E + Bremen umgesetzt werden kann. Mein Ziel, unser Ziel als Landesregierung ist es, den Bahnverkehr in Niedersachsen deutlich zu optimieren. Wir brauchen jetzt Kapazitäten. Wir brauchen jetzt mehr Qualität im Schienenverkehr. Lassen Sie uns dafür gemeinsam gegenüber dem Bund eintreten!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Althusmann. - Es gibt Wünsche nach Zusatzfragen. Ich beginne mit Herrn Bley, CDU-Fraktion. Bitte sehr!

Herr Minister, wir haben mehrfach das Stichwort „Deutschlandtakt“ gehört. Dazu habe ich zwei Fragen.

Wir müssen die Infrastrukturanpassungen zwischen Hannover und Hamburg sowie Bremen vornehmen. Was ist da vorgesehen?

Meine zweite Frage schließe ich gleich an: Sollen die Infrastrukturmaßnahmen, die erforderlich sind, im Herbst veröffentlicht werden, oder wann werden sie veröffentlicht?

Danke, Herr Kollege. Sie haben selber gesagt, dass das zwei Fragen waren. - Herr Minister, bitte sehr!

Der Bund hat zum Deutschlandtakt noch keine Infrastrukturliste herausgegeben. Bislang gibt es nur ein erstes Fahrplangerüst, Herr Abgeordneter

Bley. Am 30. Juni wurde der dritte und finale Gutachterentwurf des Deutschlandtaktes präsentiert. Aus diesen Unterlagen geht hervor, dass die Fahrzeit zwischen Hamburg Hauptbahnhof und Hannover Hauptbahnhof künftig nur noch 59 Minuten betragen soll. Das sind etwa 15 bis 20 Minuten weniger, als der ICE heute für die direkte Fahrt von Hannover Hauptbahnhof bis Hamburg Hauptbahnhof üblicherweise braucht. Nach Angaben des BMVI soll dazu jedoch keine Neubaustrecke mit 300 km/h zwischen Hamburg und Hannover unterstellt sein.

Ebenfalls geht aus dem Gutachterfahrplan für den Deutschlandtakt hervor, dass zukünftig Hochgeschwindigkeitszüge von Hamburg ohne Halt in Hannover in Richtung Nordrhein-Westfalen - das ist quasi ein L; von Hamburg an Hannover vorbei in Richtung Nordrhein-Westfalen - fahren und hierfür eine neue Verbindungskurve westlich von Hannover nutzen sollen. Das sind die ersten Informationen, die wir dazu haben.

Sie stellten ferner die Frage, wann die Infrastrukturliste für den Deutschlandtakt veröffentlicht werden soll. Derzeit erfolgen die volkswirtschaftliche Betrachtung und Bewertung nach der üblichen Methodik des Bundesverkehrswegeplanes. Der gesamte Deutschlandtakt ist noch nicht komplett bewertet. Voraussichtlich wird die Bewertung im Winter 2020/21 abgeschlossen werden, und anschließend soll nach Auskunft des Bundesverkehrsministeriums die Infrastrukturliste für den Deutschlandtakt insgesamt veröffentlicht werden.

Jetzt frage ich, ob ich gleich am Redepult stehenbleiben soll, damit wir nicht ständig den Wechsel haben.

Ich habe nichts dagegen. Probieren wir es!

Wenn das die Beantwortung war, Herr Minister, geht es jetzt in der Redeliste weiter. Von Bündnis 90/Die Grünen kommt Herr Kollege Detlef Schulz-Hendel. Er hat sich zweimal zu einer Frage angemeldet. Ich habe nichts dagegen, wenn Sie beide Fragen in einem Auftritt platzieren. Bitte!

So lange dauert das nicht.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, Sie hatten von einer Entwicklung bezüglich des Deutschlandtakts gesprochen, die 2015 so noch

nicht absehbar war. Nun gibt es ja eine ViereggRössler- Studie, die - - -

Fragen Sie bitte!

Ja, aber ich muss doch erklären, was ich frage.

Wir verstehen das.

Die Vieregg-Rössler-Studie berücksichtigt die Vorgaben des Deutschlandtaktes und auch die Vorgaben für die Güterverkehrskapazitäten.

(Zuruf: Frage!)

Vor diesem Hintergrund, Herr Minister, ist meine erste Frage: Wie bewerten Sie diese Studie, und kann sie dazu beitragen, Herrn Staatssekretär Ferlemann von anderen Schritten abzuhalten?

Meine zweite Frage: Herr Minister, in der Ausgabe des Weser-Kurier vom 2. Oktober 2020 war zu lesen, dass Sie den Bestrebungen von Herrn Ferlemann eine klare Absage erteilen; das haben Sie ja eben gerade wiederholt. Aber was haben Sie, Herr Minister, oder hat die Landesregierung bisher konkret in Richtung Bundesregierung unternommen, um ihrer Vorstellung, dass Alpha-E nun unverzüglich umgesetzt wird, Nachdruck zu verleihen?

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der FDP)

Es stimmt: Das waren zwei Fragen.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Ich sollte doch zwei Fragen stellen!)