Protocol of the Session on July 2, 2020

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Kollegin Hanisch möchte antworten. Bitte sehr!

Lieber Kollege Schulz-Hendel, Ihr ÖPNV-Zukunftsplan steht noch aus. Den beraten wir gerade im Ausschuss. Trotzdem ist mir nicht klar, wie Sie durch den vorliegenden Antrag das Mobilitätsverhalten verändern wollen.

Wenn Sie Menschen Geld geben wollen, die sich ohnehin ÖPNV-Zeitkarten kaufen oder kaufen können und sich ohnehin E-Bikes kaufen möchten und können, dann erreichen Sie nicht, dass die Menschen, die sich das nicht leisten können, davon profitieren und ihr Mobilitätsverhalten ändern. Das ist dann ein Zuschuss für Menschen, die ihr Mobilitätsverhalten so weiterführen, wie sie das wollen.

(Beifall bei der SPD - Martin Bäumer [CDU]: Richtig!)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die CDU-Fraktion hat sich nun die Kollegin Gerda Hövel zu Wort gemeldet. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Abwrackprämie - dieser Antrag der Grünen verweist mehrmals auf die eindeutige Ablehnung der Grünen dieser konjunkturellen Maßnahme. Der Antrag versinnbildlicht dabei, wie sehr Sie in Corona-Zeiten der politischen Diskussion in diesem Lande hinterherhinken. Bei Einreichung des Antrags am 22. Juni 2020 lag das Konjunkturpaket der Bundesregierung schon seit Wochen auf dem Tisch. Darin ist nicht ein einziges Mal von einer Abwrackprämie für Autos die Rede. Entweder waren Sie nicht fleißig genug, um den Antrag zu aktualisieren, oder Sie haben das Konjunkturpaket immer noch nicht richtig durchgelesen. Es zeugt jedenfalls nicht von Professionalität, diese Debatte nun zeitversetzt in dieses Parlament tragen zu wollen.

Meine Damen und Herren, nicht nur Niedersachsen braucht einen Schub bei der Verkehrswende, sondern auch die niedersächsischen Grünen; sonst holen Sie den Rückstand in der politischen Debatte nicht so schnell auf.

(Beifall bei der CDU)

Doch nun zum Inhalt dieses Antrags, dem insbesondere mit Blick auf die Mobilitätsprämie eine gewisse Zerrissenheit innewohnt. Zum einen ist Mobilität nicht billig. Deshalb darf die Prämie auch nicht zu gering ausfallen. 800 Euro pro Person sind sicherlich ein öffentlichkeitswirksamer Betrag, der bei jedem gut ankommt.

Gleichzeitig scheinen die Worte von uns Unionspolitikern bei Ihnen Wirkung zu zeigen. Sie wollen mit haushaltspolitischer Verantwortung glänzen und deckeln deshalb den Betrag für Förderprogramme und Mobilitätsprämien auf 80 Millionen Euro.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Sie haben bei der Kurzintervention gar nicht zugehört!)

Doch diese Rechnung geht leider nicht auf, Herr Schulz-Hendel; denn wer einmal den Taschenrechner und Adam Riese bemüht, findet schnell heraus, dass das Geld nur für sehr wenige Niedersachsen reichen wird. Die Kollegin hat es gerade schon beschrieben. Selbst wenn jeder Bürger dieses Landes statt des Maximalbetrages von 800 Euro lediglich die Hälfte abrufen würde - sprich 400 Euro -, würden gerade einmal 200 000 Menschen von der Prämie profitieren. In Niedersachsen leben aber rund 8 Millionen Menschen.

Um das Mobilitätsverhalten möglichst vieler Niedersachsen zu ändern, bedarf es anderer Konzepte. Ihre Mobilitätsprämie bringt Niedersachsen bei der Verkehrswende nicht in Schwung.

Ihr Antrag verwundert auch in anderer Hinsicht; denn die Aufzählung der Maßnahmen, die mit der Mobilitätsprämie finanziert werden sollen, lässt Fragen nach der Gewichtung offen. Zwar haben Sie recht: Die Corona-Krise verändert die Mobilität von Menschen. Unter anderem greifen sie vermehrt auf das Auto zurück. Doch der eigentliche Gewinner dieser Krise ist die Fahrradbranche.

Obwohl den Fahrradhändlern das Frühjahrsgeschäft durch die Corona-bedingten Geschäftsschließungen verhagelt wurde, haben sie das wieder aufgeholt. Laut Statistischem Bundesamt hat die Radbranche im Vergleich zu anderen einen der stärksten Starts nach der Öffnung der Geschäfte hingelegt. Laut Umfragen von Branchenverbänden gehen 70 % der Fahrradwerkstätten und Händler in Deutschland davon aus, mindestens den Umsatz von 2019 zu erwirtschaften.

Viele von ihnen rechnen hingegen mit einem deutlichen Umsatzplus.

Auch das Bikesharing ist von einer gesteigerten Nachfrage erfasst worden. Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa ist dieser Trend zu spüren.

„Das Rad“ - so titelte vor einem Monat die Saarbrücker Zeitung - „ist das neue Klopapier“.

Meine Damen und Herren, nun muss man sich fragen, ob es wirtschaftspolitisch sinnvoll ist, eine exzellent laufende Branche mit Steuergeldern zu unterstützen; denn schon jetzt kommen Händler kaum mit dem Bedienen der Nachfrage hinterher. Die Hersteller haben richtig Druck und kommen mit der Produktion nicht nach, weil praktisch jeder Händler neue Räder braucht. Deutlicher geht es nicht. Viele Menschen steigen auch ohne eine Kaufprämie bereits jetzt auf das Fahrrad um.

Eine gute Fahrradpolitik geht deshalb anders. Es braucht keine Kaufprämie, sondern die richtige Infrastrukturpolitik. Wenn all die neuen und reparierten Räder auf Niedersachsens Straßen unterwegs sind, wird der Bedarf an gut ausgebauten Radwegenetzen deutlich steigen; denn nur dann werden die neu gewonnenen Radfahrer auch beim Rad bleiben und nicht auf das Auto umsteigen.

Eine gute Corona-Hilfe sind deshalb der Ausbau und das Instandsetzen von Radwegen. Da hat

diese Regierung weit mehr vorzuweisen als es unter grüner Regierungsbeteiligung der Fall war:

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das ist mitnichten der Fall!)

Wir haben den Betrag für den Neubau von Radwegen verdoppelt und die Unterstützung der Kommunen beim Thema Radwege deutlich erhöht. Das haben wir übrigens unabhängig von Corona getan.

Eine weitere Herausforderung ist die Mitnahme von Fahrrädern im Bahnverkehr. Auch diese Thematik, Herr Schulz-Hendel, ist bereits umfänglicher Bestandteil des gerade verabschiedeten Antrags von SPD und CDU und auch das Anliegen des vorgestellten Fahrradmobilitätskonzepts.

Eine Bemerkung am Rande: Fahrkarten für die Fahrradmitnahme im Zug sind schon jetzt auf lange Zeit ausgebucht.

Sie sehen, eine erfolgreiche Verkehrswende ist eine Langzeitaufgabe und eignet sich nicht als Spielball von fixen Ideen einer Partei, die in der Corona-Krise noch nach Orientierung sucht.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir werden bei den Beratungen im Ausschuss sehen, ob der Antrag noch den Kurs auf eine erfolgreiche Mobilitätspolitik für Niedersachsen setzen kann.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Zu einer Kurzintervention hat sich auf den letzten Drücker noch der Kollege Schulz-Hendel gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege!

Spät ist ja nicht zu spät. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Hövel, ich unterstelle Ihnen mal, dass Sie richtig rechnen können, bei diesem Antrag aber einfach aus Prinzip nicht richtig rechnen wollen oder das Prinzip des Antrags nicht verstanden haben. Ich habe ja gerade versucht, es auch Ihrer Kollegin zu erklären.

Aber wenn Sie den Antrag schon nutzen, um Ihre exorbitante Fahrradpolitik zu loben, dann muss ich Ihnen sehr deutlich sagen - das mache ich gleich an einem Beispiel fest -, dass Sie ein bisschen

Alibi-Fahrradpolitik betreiben und mehr auf der Bremse stehen als in die Pedale zu treten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sie reden z. B. von der vergünstigten Mitnahme von Fahrrädern im Regionalbahnverkehr. Was ist das denn für eine Fahrradpolitik, die man als zukunftsorientiert bezeichnen könnte? Wenn Sie wirklich eine gute Fahrradpolitik wollten, dann hätten Sie doch mit uns gemeinsam beschlossen, ein Konzept zu entwickeln, damit die kostenlose Mitnahme von Fahrrädern im gesamten Regionalbahnverkehr in Niedersachsen spätestens 2024 möglich wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hören Sie doch endlich auf, hier zu suggerieren, sie machten eine gute Fahrradpolitik. Sie befinden sich, was Fahrradpolitik angeht, immer noch halb im Winterschlaf, Frau Hövel.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz-Hendel. - Frau Kollegin Hövel, möchten Sie antworten? Ist eine Antwort gewünscht?

(Gerda Hövel [CDU] schüttelt den Kopf)

- Eine Antwort ist nicht gewünscht.

(Jens Nacke [CDU]: Ich überlege ge- rade, ob man beim Fahrrad auf der Bremse stehen kann! - Gegenruf von Helge Limburg [GRÜNE]: Ja, kann man! - Weitere Zurufe)

- Wir werden hier vorne erst mal reinigen. Bis dahin können Sie sich noch weiter unterhalten.

(Zurufe)

- Jetzt werden die Unterhaltungen im Plenum beendet, Herr Kollege Limburg, Herr Kollege Nacke. Wir machen jetzt noch ein bisschen in der Tagesordnung weiter, wenn Sie einverstanden sind.

Das Wort hat der Kollege Stefan Henze für die AfD-Fraktion. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Die Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen machen, wie immer, schon im ersten Absatz ihrer Entschließung deutlich, dass sie immer noch nicht dazugelernt haben und überdies

den in den Menschen angelegten Wunsch nach Individualität - das müssen Sie sich mal merken, das ist ein Begriff - und Freiheit weiter domestizieren wollen.