Ein sehr sichtbares Beispiel ist der Kleine Waffenschein. Eine Bundestagsanfrage der Fraktion der Grünen hat ergeben, dass Ende 2017 insgesamt knapp 560 000 Kleine Waffenscheine beantragt und ausgegeben wurden. Im Januar 2016 waren es hingegen gerade einmal 300 000. Da ist innerhalb von zwei Jahren ein Plus von insgesamt knapp 85 %. Da kann man wirklich von einer regelrechten Aufrüstung aufgrund von Panik sprechen.
Aber auch in der Politik ist diese Panik teilweise zu beobachten, nämlich bei der Großen Koalition in
Sehr geehrter Innenminister Boris Pistorius und liebe Genossinnen und Genossen von der SPD, auch wenn ich die Zusammenarbeit der letzten Jahre ausdrücklich gelobt habe, muss ich doch leider mit Entsetzen feststellen, dass man sich von dieser Politik nun mehr und mehr verabschiedet und der Angstmacherei der Union auf den Leim geht.
Das Kapitel zur Innenpolitik des Koalitionsvertrags liest sich wie eine Beruhigungspille gegen eben diese Phantomschmerzen. In Ihrem Koalitionsvertrag formulieren Sie, dass das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen erhöht werden soll.
Das hat dann aber leider nichts mehr mit effektiver Kriminalitätsbekämpfung zu tun, lieber Sebastian Lechner, sondern nur noch mit Aktionismus. Sicherheitspolitik - egal, welcher Couleur - darf die Menschen nicht verunsichern, darf den Menschen keine Angst machen, sondern muss aufklärend und effektiv sein. Man verabschiedet sich hier von dieser Politik der Verhältnismäßigkeit zugunsten einer Law-and-Order-Politik. Vom Staatstrojaner über Videokameras zur Massenüberwachung bis hin zu Trinkverboten im öffentlichen Raum und zu ausufernder Präventivhaft ist auf der GroKoWunschliste alles vertreten.
Auch der Nachtragshaushalt steht in genau dieser Tradition des Höher, Schneller und Weiter - das ist das Motto! -, aber ohne nachhaltige Analyse der Aufgaben, die die Polizei in unserem Land hat.
Aber aus der Studie lassen sich auch einige, wie ich meine, gute Befunde herausziehen, z. B. zu sexualisierter Gewalt und wie die Opfer damit umgehen. Die #MeToo-Debatte und die in ihrem Zuge aufkommenden nachträglichen Anzeigen von sexualisierter Gewalt und Übergriffen haben gerade hierbei gezeigt und deutlich gemacht, dass es noch viele Rahmenbedingungen gibt, die das Anzeigen solcher Taten für Opfer massiv erschweren, die häufig in ihrem engsten Umfeld von Gewalt betroffen sind.
Aber auch die terroristische Bedrohung in unserem Land hat natürlich Faktoren, denen insbesondere mit Prävention und Aufklärung begegnet werden muss.
Im Bereich der Jugend- und Kinderkriminalität ist es zu einer Zunahme gekommen. In diesem Zusammenhang habe ich mich über die Pressemitteilung von Sebastian Lechner gewundert; denn es geht nicht nur um den Jugendbereich, sondern vor allem um den Kinderbereich. Das betrifft also Täter, die jünger als 14 Jahre sind. Bei ihnen gab es ein Plus von knapp 21 %.
Mit Blick auf diese Jugendlichen geht es gerade auch darum, eine Antwort auf die Probleme und Fragen zu finden, die sich aus der Kinderarmut in unserem Land ergeben; denn an der Stelle sind sehr deutliche Zusammenhänge zu erkennen.
Vielen Dank, Herr Kollege Onay. - Jetzt hat das Wort der Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte für die Freien Demokraten zunächst einmal vorwegschicken, dass wir uns sehr darüber freuen, dass die Zahl der Straftaten zurückgegangen ist und wir eine höhere Aufklärungsquote in Niedersachsen haben. Das alles ist der guten Arbeit der Polizistinnen und Polizisten in Niedersachsen geschuldet, bei denen ich mich sehr, sehr herzlich bedanke. Sie haben das trotz einer anerkannt hohen - sehr hohen! - Arbeitsbelastung, die dringend zu senken wäre, geschafft. Also ein ganz herzlicher Dank an die Kolleginnen und Kollegen von der Polizei für ihre Arbeit!
Gleichwohl wurde gestern auch festgestellt, dass sich die Menschen in Niedersachsen trotz möglicherweise beruhigender Zahlen unsicherer fühlen als in der Vergangenheit; die Dunkelfeldstudie ist schon angesprochen worden. Wir müssen uns
Ich glaube, dass das nicht monokausal mit Flüchtlingskrise, mehr Zuwanderung, Integrationsthemen und Ähnlichem begründet werden kann. Möglicherweise ist das ein Faktor. Ich glaube, für die meisten Menschen sind Erfahrungen im Alltag ein viel, viel größerer Effektbringer, was diese Unsicherheit angeht, als diese Themen. Da bestehen nämlich die Fragen: Wie lange dauert es eigentlich, wenn bei mir eingebrochen wurde, bis die Polizei vor Ort ist, um den Einbruch aufzunehmen? Was passiert in der Folge? Erhalte ich Rückmeldungen? Gibt es Ermittlungserfolge?
Das sind Themen, mit denen die Menschen in ihrem Alltag konfrontiert werden. Sie fragen: Funktioniert das alles so? Warum dauert das so lange? Warum gibt es an dieser Stelle eine so niedrige Aufklärungsquote, beispielsweise bei den Wohnungseinbrüchen? Deren Zahl ist zwar zurückgegangen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, aber in den vergangenen Jahren ist ihre Zahl im Vergleich zu anderen Bundesländern überproportional gestiegen,
und nun sinkt sie unterproportional. Das heißt, die Wohnungseinbruchskriminalität bewegt sich auch heute noch auf einem deutlich höheren Stand als vor zehn Jahren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen weiter aktiv dagegen vorgehen und das zu einem Schwerpunkt der polizeilichen Arbeit in Niedersachsen machen.
Es gibt ein weiteres Thema, das der Kollege Stefan Birkner schon heute Morgen in der Aussprache zur Regierungserklärung angesprochen hat. Dabei geht es um die Tatsache, dass die Rezepte der Landesregierung zur Prävention in Bezug auf Islamismus ganz offensichtlich nicht greifen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es muss uns doch alarmieren, wenn innerhalb von einem Jahr die Zahl der Islamisten in Niedersachsen von 680 auf 850, also um 25 %, steigt. Die Landesregierung muss hierauf ein stärkeres Augenmerk richten und dafür sorgen, dass sie Einrichtungen, von denen wir wissen, dass dort möglicherweise Islamisten herangezogen bzw. angeworben und indoktriniert werden, engmaschiger untersucht werden. Wir müssen auch gegen Vereine aktiv
vorgehen, von denen wir wissen, dass sie wahrscheinlich nicht auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen. Hier passiert bisher zu wenig.
Sorge machen uns auch die Angriffe gegen Polizeibeamte, aber auch gegen Rettungskräfte. Ich glaube, dass wir auf der einen Seite gemeinsam einen gesellschaftlichen Diskurs in Bezug auf die Frage führen müssen: Wie steht es eigentlich um den Respekt gegenüber Autoritätspersonen? Und woher kommt es, dass dieser Respekt verlorengegangen ist? Ich glaube, dass wir da sehr früh - möglicherweise schon bei der Erziehung im Kindergarten und in der Schule - anfangen müssen.
Auf der anderen Seite müssen wir aus der Sicht der Freien Demokraten aber auch dafür sorgen, dass die Polizei bestmöglich ausgestattet wird. Da reicht es eben nicht, dass der Minister Ankündigungen auf den Weg bringt und schöne Zeitungsartikel produziert, sondern die Verbesserungen müssen auch tatsächlich bei den Kolleginnen und Kollegen in den Streifenwagen ankommen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Ich möchte abschließend - nicht in direktem Zusammenhang mit der PKS - einen Satz zu der Causa Binias sagen, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Ich muss schon sagen, dass ich sehr erstaunt darüber bin, dass seine Versetzung in den Ruhestand auf diese Weise vollzogen worden ist. Ich glaube, Herr Binias hatte das Vertrauen aller Fraktionen in diesem Hause. Er hat eine gute Arbeit gemacht. Dass Herr Binias jetzt ohne Begründung einfach so in den Ruhestand versetzt wird, sehr geehrter Herr Minister Pistorius, ist wirklich klärungsbedürftig. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie, wenn Sie hier gleich ans Mikrofon treten, in dieser Sache Aufklärung betreiben. Denn sonst bleiben all die Gerüchte, die heute schon diskutiert werden, im Raume stehen. Machen Sie dem ein Ende, und machen Sie deutlich, warum Herr Binias in den Ruhestand versetzt wurde.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch für die CDU ist das Bild, das die vorliegende Polizeiliche Kriminalstatistik zeichnet, erfreulich: Wir haben eine geringere Kriminalitätsbelastung, und die Aufklärungsquoten steigen. Insofern möchte ich auch von unserer Seite aus vor allem den Polizisten, die vor Ort jeden Tag dafür eintreten, hier Verbesserungen zu erlangen, die sich für unsere Bürger einsetzen und versuchen, sie zu schützen, und sich dieser Arbeit mit viel Engagement widmen, ein ganz herzliches Dankeschön sagen.
Bedenklich ist allerdings, dass die Statistik auch ausweist, dass wir insbesondere bei den Straftaten gegen Polizeibeamte einen signifikanten Anstieg haben. Es werden so viele Straftaten gegen Polizisten verübt, wie schon seit Langem nicht mehr. Das ist für mich auch darauf zurückzuführen, dass wir in der Vergangenheit auch hier in diesem Hohen Hause - insbesondere die Grünen waren daran beteiligt - viele Debatten geführt haben, in denen wir uns darüber ausgetauscht haben, wie wir unsere Bürger vor ungerechtfertigten Eingriffen der Polizei schützen können. Manchmal gab es sehr auswüchsige Debatten und auch komische Resultate wie z. B. die Beschwerdestelle. Wir haben aber - das zeigen die Zahlen - viel zu wenig darüber diskutiert, wie wir eigentlich unsere Polizisten vor Angriffen von Bürgern schützen können, damit diese im Alltag sicher durchs Leben gehen können. In dieser Hinsicht haben wir viel zu wenig getan.
Die frohe Botschaft an die Polizei im Lande ist: Mit dem Koalitionswechsel ist damit Schluss. Wir werden die Arbeit der Polizisten sicherer machen. Wir werden Body-Cams einsetzen und auch die Rechtsgrundlage dafür schaffen. Wir werden die Rechtsgrundlagen für die tägliche Polizeiarbeit verbessern, insbesondere auch im Hinblick auf das Thema „häusliche Gewalt“. Und wir werden die Ausrüstung der Polizei verbessern. Das ist unsere Pflicht als Politiker. Wir müssen unseren Polizisten vor Ort den Rücken stärken.
Erfreulich sind auch die Rückgänge bei der Zahl der Wohnungseinbrüche. Das hat aus unserer Sicht auch damit zu tun, dass insbesondere Instrumente wie die Kontrollstellen in den letzten Jahren wieder verstärkt eingesetzt wurden. Ich kann den Innenminister nur ermutigen, diese Instrumente in Zukunft stärker zu nutzen. Mit dem neuen Koalitionspartner sind die Fesseln, die Ihnen der alte Koalitionspartner auferlegt hat, weg. Wir sollten die Einbruchskriminalität mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln effektiv bekämpfen.
Natürlich wollen wir auch dafür sorgen, dass sich das Sicherheitsgefühl der Menschen verbessert. Es ist schon ein bedenklicher Tatbestand, dass die Zahl der Straftaten sinkt, die Menschen aber eher ein Unsicherheitsgefühl haben. Deswegen ist es richtig und gut, dass die Koalition mehr Polizisten einstellen und auf die Straße schicken möchte. Es ist richtig und gut, dass unsere Justizministerin insbesondere die Einrichtung von Schwerpunktdezernaten auch im Einbruchskriminalitätsbereich forciert. Denn, liebe Frau Piel, die beste Möglichkeit, der AfD etwas zu entgegnen, ist eine konsequente Sicherheitspolitik, mit der wir klarmachen, wo wir stehen, und mit der wir das Sicherheitsgefühl der Bürger im Lande stärken.