Meine Damen und Herren, die Große Koalition hat vermutlich gedacht, dass sie mit ihrem Reförmchen vom Oktober 2019 diese Angelegenheit möglichst noch vor den Kommunalwahlen vom Tisch bekommt. Das ist ganz sicher ein Trugschluss.
Sie sind unsozial, weil keinerlei Rücksicht auf die individuelle Leistungsfähigkeit eines jeden Betroffenen - ganz anders als beispielsweise bei den Steuern - genommen wird und - darüber haben wir in diesem Plenum schon sehr oft gesprochen - weil jetzt während der Corona-Zeit, in der viele Menschen von Kurzarbeit und Ähnlichem betroffen sind und Einnahmeverluste zu verzeichnen haben, auch viele Hausbesitzer nicht in der Lage sind, mal eben 10 000, 20 000, 30 000 Euro - ich habe sogar Fälle von 100 00 Euro gesehen - zu zahlen, ohne die Immobilie an sich zu gefährden.
Die Straßenausbaubeiträge bleiben weiterhin ungerecht, weil nämlich nur Anlieger kommunaler Straßen von diesen Beiträgen tatsächlich betroffen sind, Anlieger von Landes- und Bundesstraßen
Hinzu kommt, dass der jeweils Betroffene noch nicht einmal einen Einfluss darauf hat, was vor seiner Tür tatsächlich gebaut wird. Er hat also auch überhaupt keinen Einfluss darauf, wie teuer es am Ende wird.
Meine Damen und Herren, der jetzige Minister Althusmann hat am 11. Oktober 2017, also direkt vor der letzten Landtagswahl, im NDR-Radio versprochen, die Straßenausbaubeitragssatzungen abzuschaffen. Die Bürgerinitiativen in Niedersachsen und auch der Petent warten darauf immer noch.
Sie nehmen jetzt 8 Milliarden Euro für diesen Nachtragshaushalt in die Hand. 8 Milliarden Euro! Und da haben Sie keine 50 Millionen Euro, um die Bürger an dieser Stelle zu entlasten und um vor allen Dingen auch bei den Kommunen für eine Entlastung zu sorgen, damit sie ihre Wirtschaft vor Ort ankurbeln können und vernünftig bauen können?
Meine Damen und Herren, viele Bundesländer haben die Straßenausbaubeitragssatzungen bereits abgeschafft. Ich prophezeie Ihnen: Sie werden das nicht durchhalten. Sie werden sie am Ende ebenfalls abschaffen müssen.
Herzlichen Dank, Herr Dr. Genthe. - Zum selben Thema hat sich für die CDU-Fraktion der Kollege Lasse Weritz gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Genthe, was Sie gerade gemacht haben, war nicht in Ordnung. Sie haben den Eindruck vermittelt, dass die Menschen überhaupt kein Mitspracherecht hätten, welche Straße oder wie die Straße ausgebaut wird. Das haben sie sehr wohl, nämlich über ihre kommunalen Parlamente, wo die Ratsherren und Ratsdamen sitzen, um genau auch über diese Fragen zu entscheiden; denn dafür werden sie gewählt.
Sie haben im Übrigen auch die Möglichkeit, die Straßenausbaubeiträge vor Ort abzuschaffen. Ich weiß nicht, wie Sie das in Ihrer Kommune gehandhabt haben. Bei uns wurde darüber debattiert. Wir
haben uns aufgrund der Einnahmesituation für einen anderen Weg entschieden. Das Gesetz, das Sie zu Recht angesprochen haben und das die Große Koalition verabschiedet hat, gibt den Kommunen genau dafür mehrere Handlungsmöglichkeiten an die Hand, damit die Menschen vor Ort gut entscheiden können, was für ihre Kommune im Einzelfall das Richtige ist. Deswegen war dieser Weg klug, und deswegen werden wir den Weg weiter beschreiten.
Dass Sie jetzt den Corona-Nachtragshaushalt in einer Notsituation des Landes, in der Ihre Fraktion parallel darüber streitet, wie viel Geld wir zu viel ausgeben wollen, auch noch eine Mehrausgabe fordern, passt nun beim besten Willen nicht zusammen. Das ist absolut unseriös.
Vielen Dank, Herr Kollege Weritz. - Für die AfDFraktion hat sich der Kollege Stefan Wirtz zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich spreche zu einer anderen Petition, die wir hier strittig gestellt haben. Ich will nämlich über die Petition 01535/11/18 reden, die den Green New Deal auf EU-Ebene betrifft. Wir schlagen vor, diese Petition zukünftig als „Material“ zu verwenden.
Der Petent moniert, dass hier immer als zukunftsweisend oder als zukunftsfähig bezeichnete Technologien meistens maximal als Pilotanlagen oder Projekte oder Experimente bestehen, aber längst noch nicht serien- oder massenreif sind.
Auch haben die im Green New Deal und in anderen Vereinbarungen, z. B. im Pariser Abkommen, eingegangenen Verpflichtungen nach seiner Ansicht unverbindlich zu sein. Sie wissen, dass die USA aus dem Pariser Abkommen ausgestiegen sind, und zwar folgenlos für die USA. Das ist sicherlich möglich.
Der Petent äußert sich ebenfalls - und diese Kritik teilen wir - zu unverantwortlichen Aussagen, z. B. über die Dürre. Wir erleben heute wieder einen Tag der nassen Dürre. Auch Herr Meyer hat vor einigen Wochen im Ausschuss nach einem Gewitterwochenende von der Dürre gesprochen. Da haben viele gelacht, die an dieser Ausschusssitzung teilgenommen haben - parteiübergreifend.
(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Auch wenn es einmal gewittert, ist es in Summe immer noch zu trocken!)
Wir können also von dieser Petition einiges lernen. Es wäre schön, wenn die dort aufgeführten zwölf Fragen als Leitfaden zukünftig bei Entscheidungen dieser Landesregierung bzw. dieses Parlaments mitberücksichtigt werden könnten.
Zum einen geht es um die sprachliche Unschärfe, die hier auch gerne gepflegt wird, zwischen Europa und EU. Der Green New Deal ist als die CO2neutrale Gestaltung des ganzen Kontinents Europa angesetzt. Nun gehört ein großer Teil der Europäer nicht zur EU. Dann ist natürlich die Frage gerechtfertigt: Wie wollen Sie sie aus der EU heraus eigentlich zwingen, EU-Vereinbarungen einzuhalten, die für ganz Europa den Anspruch haben, aber bei Weitem nicht bindend sind?
Viel wichtiger ist allerdings - das hatte ich schon angerissen -, welche Technologie eigentlich funktioniert, was man in großem Maßstab einsetzen kann und was so skalierbar ist, dass Energien, die wir brauchen, tatsächlich verwendbar sind. Wir haben immer wieder das Beispiel der erneuerbaren Energien. Wie schaffen Sie es, damit komplette Sektoren oder mehr als die Stromerzeugung überhaupt abzudecken? Wie unendlich viel Strom meinen Sie, erzeugen zu können?
Das Thema Wasserstoff haben wir gestern schon recht ausführlich behandelt. Es hat etwas Philosophisches, dass Sie alle auf den flüchtigsten Stoff, den unsere Welt kennt, Ihre Zukunft aufbauen wollen und dass Sie bei unserer Energieversorgung darauf setzen wollen. Wasserstoff diffundiert durch alle Metalle, ist sehr schwer aufzubewahren bzw. zu lagern und gehört zu maximal 2 % in unser Gasnetz. Wir hatten das schon.
Der Petent moniert auch Folgendes: Wir wechseln - und das ist ein Paradigmenwechsel - vom Bedarfsstrommarkt, in dem wir das an Strom beziehen, was wir auch brauchen, zum Angebotsstrommarkt, in dem wir nur das an Strom bekommen, was gerade erzeugt wird.
Wenn Sie Ihre Energiewende so fortsetzen, kommt es zu Lastabwürfen. Das klingt ganz harmlos. Aber dann wird abgeschaltet - und über Smart Grids zukünftig auch in Privathaushalten.
Ist das die Zukunftstechnik? Sie haben gestern moniert, mit der AfD wäre man vielleicht nicht aus der Höhle herausgekommen. Aber mit Ihren Zukunftsvisionen kommt man ganz sicher in die Höh
len zurück. Das sollten Sie durch zukünftige Entscheidungen verhindern. Dabei ist Ihnen diese Petition eine große Hilfe.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich auf Folgendes hinweisen: Wir haben zehn strittig gestellte Eingaben und demzufolge zehn Themen, über die wir hier debattieren. Wenn Sie Ihre Wortmeldezettel rechtzeitig einreichen und darauf vermerken, worum es geht, kann man es inhaltlich ein bisschen zuordnen.
Wir machen jetzt mit dem Kollegen Limburg von Bündnis 90/Die Grünen zur Wegstreckenentschädigung für private Fahrräder weiter. Bitte schön, Herr Kollege!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat geht es in der Eingabe um die Anhebung der Wegstreckenentschädigung nach der Niedersächsischen Reisekostenverordnung.
Nach der gegenwärtigen Rechtslage bekommen Sie, vereinfacht gesagt, für einen auf einer Dienstfahrt gefahrenen Kilometer, den Sie mit dem Fahrrad zurücklegen, 5 Cent Wegstreckenentschädigung und für einen mit dem Pkw zurückgelegten Kilometer in den meisten Fällen 20 Cent; wenn ein besonderes dienstliches Interesse an der Nutzung des Privat-Pkw besteht und die große Wegstreckenentschädigung greift, sind es sogar 30 Cent.
Denn die 5 Cent, die die Radfahrerinnen und Radfahrer in diesem Land dafür bekommen, decken mitnichten die Kosten für Verschleiß, Unterhalt, Reparatur, zusätzliche Fahrradkleidung etc. pp. ab. Das ist tatsächlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein und daher - Entschuldigung - ein Witz. Mit einer solchen Wegstreckenentschädigung fördert man die Nutzung des Radverkehrs jedenfalls nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Der Kollege Detlev Schulz-Hendel hat mit einigen weiteren meiner Fraktionskolleginnen und -kollegen einmal abgefragt: Von welchen Summen reden wir hier eigentlich? Wie viel Geld gibt das Land Niedersachsen denn für Dienstfahrten mit dem Fahrrad auf der einen Seite und mit dem Pkw auf der anderen Seite aus?
Im Jahr 2018 betrugen die Gesamtausgaben der Reisekostenvergütung für Fahrten mit dem Fahrrad 1,6 Millionen Euro. Im Jahr 2019 ist die Vergütung der Kosten fürs Fahrrad immerhin schon auf 2,1 Millionen Euro angestiegen. Im Vergleich dazu beliefen sich die Vergütungen, die für Fahrten mit dem Pkw gezahlt worden sind, 2018 auf 8,7 Millionen Euro und 2019 auf 8,44 Millionen Euro.
Auch an diesen Zahlen sieht man ganz deutlich, dass das Land überhaupt keine Anreize dafür setzt, dass die Landesbediensteten und die kommunalen Bediensteten da, wo es vor Ort geht, tatsächlich ihr Fahrrad nutzen. Vielmehr wird durch diese Reisekostenentschädigung der monetäre Anreiz gesetzt, selbst auf kurzen Strecken, selbst auf innerstädtischen Strecken doch, bitte schön, das Auto zu verwenden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie können nicht immer nur von der Förderung des Fahrradverkehrs reden. Sie können nicht immer nur von der erneuerten Mobilität sprechen. Vielmehr müssen Sie auch handeln. Hier ist ein ganz kleiner Teilbereich, in dem es in Ihrem eigenen Bereich möglich ist, zu handeln! Sie können die niedersächsische Reisekostenentschädigungsregelung anpassen.
Wir plädieren dafür, dass diese Eingabe der Landesregierung zumindest als „Material“ überwiesen wird - das war ja schon unser Kompromissangebot -, damit sie mit einbezogen wird. Tun Sie doch die Schritte, die Sie hier unmittelbar tun können, und fördern Sie den Radverkehr in Niedersachsen!