Protocol of the Session on June 30, 2020

(Zuruf von Jens Nacke [CDU])

Einen Teil Ihrer Reden widmen Sie den Kommunen. In schlechten Zeiten darf man mit Lob ja nicht sparen. Das funktionierende Gemeinwesen wird beschworen, und auch hier schüttet man das Füllhorn finanzieller Segnungen flächendeckend aus. Von Selbstreflexion keine Spur! Nun kommt Sie also, die Unterstützung der Kommunen im Breitbandausbau, im ÖPNV und in der Gesundheitsversorgung. Probleme, die seit Jahren und Jahrzehnten bekannt sind und diskutiert werden, wollen Sie nun mit Schulden aus einem Rettungspaket lösen.

Sie haben mit Ihrer Politik der vergangenen Wochen viele Krankenhäuser an den Rand des Ruins getrieben und wollen sie nun mit Steuergeldern retten, um die Gesundheitsversorgung in der Fläche zu erhalten. Herr Ministerpräsident, ist das die ganze Wahrheit? Werden diese Rettungspakete auch für Kliniken in privater Trägerschaft gelten? Wer hat zugelassen, dass unser Gesundheitswesen mehr und mehr privatisiert wurde? Und wer sorgt für die Gesundheitsversorgung in der Fläche, wenn gewinnorientierte Unternehmen Krankenhäuser schließen?

Deutlich schwammiger in Ihrer Aussage werden Sie dann bei den Vereinen, Kultureinrichtungen und Bildungsstätten: Warme Worte und der Hinweis, dass nicht alles so bleiben kann, wie es war. Übersetzt: Es tut uns leid, die meisten von euch sind Geschichte!

(Johanne Modder [SPD]: Was sind denn Ihre Antworten?)

Zusammenfassend bleibt folgendes Fazit: Sie sind nicht gewillt, von Ihrem eingeschlagenen Weg abzuweichen. Die Menschen werden mit Panik in Schach und mit geliehenem Geld ruhig gehalten.

(Johanne Modder [SPD]: Meine Güte!)

Die Realität, dass andere Bundesländer und auch andere europäische Länder längst den Kurs zur Normalität zurück eingeschlagen haben, erreicht Sie nicht.

„Weiter so!“ - ein politischer Grundsatz direkt aus Berlin. Das haben wir in den vergangenen Jahren öfter gehört. Im Grunde genommen könnten wir uns als Opposition jetzt einfach zurücklehnen und abwarten. Das tun wir aber nicht. Wir sind nicht bereit schweigend zuzusehen, wie Sie das, was Generationen in diesem Land aufgebaut und geschaffen haben, verschenken und zerstören.

Eines ist sicher: In wenigen Monaten werden Ihre Segnungen aufgebraucht und die Wirkung verpufft sein. Die von Herrn Drosten beschworene zweite Welle wird nicht kommen, weil es dafür eine erste hätte geben müssen.

(Lachen bei der CDU und bei den GRÜNEN)

In wenigen Monaten werden Millionen Menschen vor den Trümmern ihrer Existenz stehen.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Schauen Sie einmal auf andere Länder und da- rauf, was dort passiert! - Marcus Bos- se [SPD]: Sie vermischen hier Sa- chen, die nichts miteinander zu tun haben! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Ruhe, bitte!

Die Party- und Eventszene wird allerorten ihren Frust über die immer noch geschlossenen Nachtklubs zelebrieren. Und dann werden die Menschen in diesem Land nach Alternativen zur alternativlosen Politik suchen, die bis dahin den letzten Rest an Glaubwürdigkeit eingebüßt haben wird. Die Menschen werden nach einer Politik suchen, die Normalität statt Panik schafft,

(Wiard Siebels [SPD]: Keine Panik machen, dafür steht die AfD! Das glaube ich auch!)

nach einer Politik, für die Krisen die Ausnahme und nicht der Regelfall sind, und eine Politik, die sich nicht künstlich selbst Krisen erschafft. Flüchtlingskrise, Klimakrise, Corona-Krise, Rassismuskrise, Wirtschaftskrise - was kommt als Nächstes?

(Johanne Modder [SPD]: Wie wollen Sie denn die Wirtschaftsunternehmen unterstützen? Bevor Sie uns jetzt unterstellen, dass wir uns dar- über freuen: Nein, das tun wir keineswegs. Auch wir und unsere Kinder werden das ausbaden müs- sen, was Sie hier auf den Weg bringen. Wir fordern Sie heute abermals auf, die Situation zu entschär- fen, bevor der Schaden irreversibel wird. Noch in diesem Plenum werden wir den Antrag meiner Fraktion behandeln, den Menschen in Nie- dersachsen wieder ein normales Leben zu ermög- lichen. Sie haben die Gelegenheit, dem Antrag zuzustimmen. Natürlich werden Sie das nicht tun. (Johanne Modder [SPD]: Was ist denn Ihre Antwort auf die Wirtschafts- krise?)

Wir werden trotzdem nicht aufhören, uns für Niedersachsen einzusetzen; denn die Menschen brauchen eine Alternative.

Ein letztes Wort an Sie, Frau Modder. - Eigentlich schade, dass die Scheiben in der ersten Reihe nicht auch hoch sind.

(Johanne Modder [SPD]: Das finde ich auch!)

Politik sollte in der Lage sein, auf geänderte Sachverhalte zu reagieren. Dazu gehören auch die Fähigkeit und die Bereitschaft, sich selbst und das, was man tut, zu überprüfen und zu hinterfragen. Das können Sie aber nicht.

(Johanne Modder [SPD]: Sagen Sie doch einmal, was Sie wegen der Wirt- schaftskrise machen würden! - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Was ma- chen Sie denn? - Christian Meyer [GRÜNE]: Sie leben doch in der Ver- gangenheit!)

Einen Moment, bitte! Ich bitte darum, dass die Rednerin nicht gestört wird. - Weiter geht‘s!

(Johanne Modder [SPD]: Sie hat mich ja direkt angesprochen!)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Das haben Sie uns vorhin auch.

Herr Wichmann hat sich vielleicht besonders geschützt, das mag sein. Aber er hat seine Maßnah

men eingestellt, weil er festgestellt hat, dass sie nicht mehr nötig sind.

(Lachen bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Sie können so etwas nicht. Sie können einen Kurs nicht korrigieren. Sie bauen jetzt, nachdem im Grunde genommen schon fast keine Infektionen im Lande mehr vorliegen, hier für 50 000 Euro Steuergeld Aquarien auf die Tische. Herzlichen Glückwunsch! Ich bin nur froh, dass die Linken nicht im Landtag sitzen, die sind fachlich so versiert im Entglasen, wer weiß, was hier passieren würde.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD - Johanne Modder [SPD]: Keine Ant- wort auf die Herausforderungen!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Guth.

Meine Damen und Herren, grundsätzlich gilt: Wer auch immer hier vorn redet, hat Anspruch auf Ruhe und darauf, dass aufmerksam zugehört wird.

In Ihre Richtung, Frau Guth, möchte ich mir den Hinweis erlauben, dass wir es hier als unparlamentarisch ansehen, wenn Parallelen zu totalitären Regimen gezogen werden und Gleichsetzungen damit stattfinden.

(Dana Guth [AfD]: Ich würde mich freu- en, wenn das immer gelten würde!)

- Das gilt immer. Sie haben die Bemerkung „DDR 2.0“ hier platziert. Ich möchte grundsätzlich darum bitten, dass so etwas unterbleibt. Ich gucke mir das Protokoll genau an und prüfe, ob das einen Ordnungsruf nach sich zieht. Wenn Sie sagen, Sie ließen das in Zukunft, dann ist es vielleicht auch gut. Aber wir gucken uns das an.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, jetzt folgt für Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Meyer. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Toepffer hat die Einbringung des Antrages zur Corona-App zwar vermisst, aber hat schon für seine Fraktion erklärt - was ich, bevor der Antrag überhaupt begründet und im Ausschuss behandelt worden ist, ziemlich ungewöhnlich fin

de -, dass er es in Bausch und Bogen ablehnt, dass wir uns hier über die Corona-App begrüßen - - - dass wir hier über sie befinden.

„Begrüßen“ ist überhaupt der Punkt: Ich finde es spannend; denn eigentlich wollten wir die Bundesregierung loben.

(Dirk Toepffer [CDU]: Das ist nicht ge- lungen!)

Ich zitiere aus dem Antrag:

„Es ist zu begrüßen, dass die App nach monatelangen Ankündigungen vonseiten der Bundesregierung nun endlich vorgelegt

wurde. Die Applikation kann nur bei einer möglichst großen Verbreitung und damit Anwendung in der Bevölkerung ihre Wirkung effektiv entfalten.“

Also, wenn sie Erfolg haben soll, müssen sie viele nutzen.

„Um die dafür nötige breite Akzeptanz zu sichern, sind höchste Datenschutz- und ITSicherheitsstandards, die Freiwilligkeit der Nutzung und die Möglichkeit der Nutzung auf möglichst vielen Endgeräten grundsätzlich wichtige Voraussetzungen.“

Es ist schon spannend, dass die CDU sagt: Das brauchen wir nicht.

Sie haben zu Recht davon gesprochen, dass das Coronavirus ungleich verteilt ist. Es gibt besondere Risikogruppen, und dazu gehören ältere Menschen und Geringverdiener. Armut ist auch eines der Risiken für eine Corona-Erkrankung. Wir fordern in Nr. 6,

„dafür Sorge zu tragen, dass die App so weiterentwickelt wird, dass sie auch auf älteren Endgeräten funktioniert. Nutzerinnen und Nutzer einer zu alten Version eines Smartphones - häufig Seniorinnen und Senioren oder Menschen, die sich ein neueres Handy nicht leisten können und gegebenenfalls zu einer Risikogruppe gehören - werden vom Schutz durch die App faktisch ausgenommen.“