als all die vielen kleinen Regierungsverlautbarungen der letzten Wochen. Wenn ich die von Ihnen veröffentlichten Zahlen über Neuinfektionen und Erkrankungen ernst nehme, dann habe ich außer einer Befürchtung, dass es wieder schlimmer werden könnte, keinen handfesten Grund, gerade den Tourismusbetrieben und der Gastronomie in Niedersachsen eine Öffnung nur wieder derart pauschal eingeschränkt zu gestatten. Dieser Furcht kann man u. a. - Sie erwähnten es schon - durch die Einhaltung von Hygienevorschriften und Abstandsregelungen begegnen.
Wir sollten an dieser Stelle eines ganz sicher nicht tun: wieder mit pauschalen Regelungen arbeiten, ohne die Modalitäten vor Ort zu beachten. Das ist unfair, und es verstärkt letztendlich nur den wirtschaftlichen Schaden. Wir sollten eines also ganz sicher nicht tun: ganze Branchen ohne echten Sachgrund faktisch weiter stilllegen. Das, meine Damen und Herren, wäre spätestens jetzt nicht mehr verantwortungsvoll.
Ich habe nur einen kleinen Zettel mit. Kein Problem! Aber hier stehen nur 4 Minuten, Herr Präsident.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zunächst einmal der CDU-Fraktion dankbar, dass sie diese Anfrage hier heute gestellt hat, damit man das eine oder andere Problem im Bereich der Rechtsverordnung zum Gastronomie- und Hotelleriebereich diskutieren und auch ausräumen kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ja richtig, dass die Landesregierung mit der neuen Rechtsverordnung und mit dem Plan, den sie aufgelegt hat, versucht, einen Ausgleich zwischen notwendigem Infektionsschutz und der Einschränkung von Grundrechten zu schaffen, und versucht, die entsprechenden Freiheiten, die auch wieder
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn der Plan und die grundsätzliche Bewertung gut und richtig sind, liegt die Crux tatsächlich im Detail. Wir haben gestern die Regierungserklärung und die Aussprache dazu gehabt, wo es sehr viel um die Frage ging: Verstehen die Menschen eigentlich, warum Regelungen getroffen werden? Und wie reagieren Menschen eigentlich, wenn sie Regeln einfach nicht mehr nachvollziehen können? Demonstrationen mit Verschwörungstheoretikern, Aluhut-Trägern und anderen haben natürlich auch in der Mitte der Gesellschaft einen Nährboden, wenn man Regeln schlicht und ergreifend nicht nachvollziehen und verstehen kann. Wir haben hier im Gastronomiebereich ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Minister Althusmann ist ja - und das muss man auch anerkennen - wenigstens so ehrlich, den Hintergrund der Regelung für die Sieben-TageBelegungspflicht und die Kappung der Auslastung der Hotels bei 50 % genau darzulegen. Er hat sowohl letzten Freitag im Ausschuss als auch hier in der Antwort auf die Frage der CDU erklärt, dass diese Regelung keinerlei Zusammenhang mit Infektionsschutz in dem jeweiligen Hotel oder in dem jeweiligen Restaurant hat. Im Ausschuss ist er sogar noch weiter gegangen. Er hat gesagt, dass er persönlich sogar den Hoteliers zutrauen würde, Infektionsschutz bei einer vollen Auslastung herzustellen, dass das für ihn durchaus bei den einzelnen Gegebenheiten denkbar und machbar ist.
Tatsächlich aber kommt diese Regelung zustande, weil - da kommt man in den Ausführungen nicht ganz auf des Pudels Kern, weil es eventuell einen Streit zwischen Sozialministerium und Wirt
schaftsministeriums gibt - seitens des Sozialministeriums die Reisetätigkeit zu touristischen Lokationen eingegrenzt werden soll. Dazu müssen Sie sich doch einmal folgende Frage stellen: Warum darf, wenn Sie wollen, dass an einem Strand in Ostfriesland nicht so viele Menschen sein sollen, gleichzeitig beispielsweise ein Hotel in Braunschweig nur zu 50 % geöffnet sein? Warum muss in Braunschweig eine Sieben-Tage-Frist zur Wiederbelegung eingeführt werden, damit in der Lüneburger Heide die Lokationen nicht so stark besucht werden? - Dazwischen besteht kein Zusammenhang. Das verstehen weder die Hoteliers noch die Gastronomen, noch deren Kunden. Wenn solche Regelungen erlassen werden, kommen Zwei
Herr Minister Althusmann, ich habe Sie im Ausschuss gefragt, welche anderen Alternativen Sie geprüft haben, um das Ziel, das Sie verfolgen, zu erreichen. Ich kann die Gründe, die Sie anführen, durchaus nachvollziehen. Es ist natürlich nicht sinnvoll, am Strand Arm in Arm entlangzulaufen, und ich verstehe auch, dass in einigen Örtlichkeiten ein Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Alles das kann ich nachvollziehen. Aber welche anderen Regelungen, die verhältnismäßiger sind und die einen weniger gravierenden Grundrechtseingriff in das Eigentum der Hoteliers und deren wirtschaftliche Freiheit darstellen, haben Sie sich denn angeschaut und geprüft?
Warum haben Sie sich denn nicht vorgestellt, dass man eventuell auch beispielsweise den Zutritt zum Strand auf eine Menschenmenge, die angemessen ist, begrenzen kann, z. B. nach Quadratmetern, wie Sie es in anderem Zusammenhang getan haben?
Warum haben Sie sich nicht überlegt, ob in Innenstädten, wenn es dort touristische Highlights gibt, eine Zutrittsbeschränkung vorgenommen werden kann oder alternative Schutzmaßnahmen - beispielsweise die Maskenpflicht auch im öffentlichen Raum - vorgeschrieben werden können? - Auf Fragen danach gab es keine einzige Antwort. Sie haben diese Dinge nämlich gar nicht geprüft. Sie sind den Weg des geringsten Widerstandes gegangen und haben für die Hotels einfach eine 50prozentige Kappungsgrenze und eine SiebenTage-Wiederbelegungsfrist eingeführt. Das war die Entscheidung der Landesregierung. Es war eine bewusste Entscheidung der Landesregierung. Aus unserer Sicht ist sie von dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach dem Grundgesetz nicht gedeckt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir brauchen Regelungen, die für den Regelungszweck geeignet sind, um Infektionsgeschehen eindämmen zu können, und sie müssen gut begründet und nachvollziehbar sein.
In den Diskussionen über die Sieben-Tage-Frist geraten Sie, wie man sieht, immer wieder in Schwierigkeiten, etwa im Hinblick darauf, dass mit der Sieben-Tage-Frist an An- und Abreisetagen - Inseln waren eben eines der Beispiele - genau das Gegenteil dessen ausgelöst wird, was bezweckt ist, nämlich dass sich die Besucherströme an diesen Tagen ballen.
Gerade für die Hotels in den Gegenden, in denen nicht so lange Urlaub gemacht wird, beispielsweise in der Lüneburger Heide, wo man sich nur zwei oder drei Tage aufhält, ist diese Regelung eine doppelte Strafe. Dort erfolgt nicht nur die 50prozentige Reduktion der Zimmerbelegung, sondern dadurch, dass die Gäste in der Regel nur zwei oder drei Übernachtungen buchen, steht das Hotel irgendwann komplett leer. Der Hotelbetreiber muss aber den gesamten Personalkörper einsetzen und ihn bezahlen. Das Personal kriegt dann auch kein Kurzarbeitergeld, denn es muss ja am Arbeitsplatz sein. Das heißt, dass Sie mit dieser Regelung die wirtschaftliche Grundlage für die Hotels ausgehebelt haben.
Für viele ist es also nur eine Scheinöffnungsmöglichkeit, vielleicht eine Marketingfrage, um Kunden zu binden - so haben Sie es, Herr Minister Althusmann, ja dargestellt -, aber es ist nicht das, was wir brauchen, damit wir wieder durchstarten können, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir brauchen andere Regelungen. Wir brauchen Regelungen, die praxisnah sind, die aber auch den Infektionsschutz in den Blick nehmen. Wir brauchen Regelungen, die vor Ort von den Gesundheitsämtern und Ordnungsämtern verstanden und geprüft werden.
Ich will Ihnen eine weitere Regelung nennen, die hier noch nicht so breit diskutiert worden ist. Das ist Ihre Vorgabe, dass eine Gastronomie nur öffnen darf, wenn sie überwiegend Speisen verkauft und nicht Getränke. Auch das ist eine Regelung, bei der sich jeder fragt, warum Sie hier nicht konsequent sind, wenn das so sinnvoll ist, weil vielleicht auch Alkohol ins Spiel kommt und der Abstand sinkt und man vielleicht schunkelt. Gastronomiebetrieben bzw. Gaststätten schreiben Sie das vor. Im Satz der davor aber erlauben Sie Biergärten, komplett zu öffnen. Ich war schon ein paar Mal im Biergarten. Aber dass da der Verzehr von Speisen überwiegt, ist mir persönlich noch nicht aufgefallen.
- Frau Modder, vielleicht ist das im Nordwesten des Landes so. Ich trinke im Biergarten gerne ein Bier. Das „Bier“ ist ja in dem Wort „Biergarten“ enthalten. Das heißt ja nicht „Schnitzelgarten“; obwohl es auch dort manchmal gute Schnitzel gibt. Aber Biergärten sind in der Regel nicht auf den Verzehr von Speisen ausgelegt, sondern auf den Verzehr von Getränken, in der Regel sogar von
Bier. Warum also darf der eine Betrieb - mit geradezu einer Ausschließlichkeit des Getränkekonsums - öffnen und der andere nicht?
Es geht ja sogar noch weiter, Herr Minister Althusmann. Sie haben sowohl in der Pressekonferenz mit den vier Ministern - - -
(Jens Nacke [CDU]: Herr Bode, das liegt am zweiten Wort! Es heißt „gar“! Herrgott! Das ist doch nicht so schwierig zu verstehen!)
- Herr Nacke, in den Biergarten, den Sie besuchen, möchte ich auch mal mitkommen! Ganz ehrlich, wenn man da sozusagen nur gares Fleisch bekommt, dann muss das eine ziemlich trostlose Veranstaltung sein. Ich glaube, ein Biergarten hat tatsächlich Bier.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist also so, dass wir bei der Frage nach der Verhältnismäßigkeit, aber auch nach dem Verständnis der Regelungen in die Situation kommen, dass die Regelungen vor Ort von der Exekutive nicht verstanden und auch nicht kontrolliert werden können. In der Pressekonferenz der Landesregierung, in der vier Minister ihre Einschätzung dargestellt haben, wer überhaupt was darf, hat Minister Althusmann gesagt, es komme auf die Genehmigung bzw. die Konzession an, und wenn Gaststätten eine Konzession für Speisen hätten, dürften sie öffnen, wenn sie aber keine für Speisen, sondern nur für Getränke hätten, dürften sie nicht öffnen.
Viele Gastwirte, die die Verordnung einhalten wollten, haben sich aufgemacht und auf Getränkeverkauf umgestellt. Jetzt aber kommen die Kontrolleure und schließen reihenweise die Gaststätten, nachdem Investitionen getätigt worden sind. Von daher stellt sich doch wirklich die Frage: Was haben Sie eigentlich bei den Gastwirten und deren Kunden ausgelöst? Sie haben Enttäuschungen ausgelöst, und niemand versteht, warum sie schließen müssen - weil Sie dafür nicht einmal einen sachlichen fachlichen Grund anführen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun komme ich zu der Frage, welche Erwartungen und Hoffnungen Sie wecken.
Ich habe die Aussagen der SPD in Pressemitteilungen etc. zur Förderung des Tourismus und zu Rettungsschirmen für den Tourismus vernommen. Ich habe auch vernommen, dass Minister Althusmann für die Landesregierung ebenfalls diese Wünsche und Forderungen stellt. Das einzige Problem daran ist: Es sind immer Forderungen, die sich an Dritte, nämlich an den Bund, richten.
Wir müssen schon erwarten, dass von diesen Forderungen irgendetwas umgesetzt und realisiert wird. Sonst erwarten alle, dass etwas kommt, und haben große Hoffnung, und es passiert tatsächlich nichts. Ich kann jedenfalls momentan nicht erkennen, dass auf Bundesebene diese Begeisterung geteilt und diesen Forderungen gefolgt wird. Deshalb wird es eine ganz große Aufgabe sein, hier ein Ergebnis zu präsentieren - auch denjenigen, die heute vor dem Landtag gestanden und protestiert haben. Die Menschen erwarten heute von uns und von der Landesregierung, dass nicht nur versprochen, sondern auch geliefert wird. Deshalb ist es meines Erachtens sehr wichtig und sinnvoll, dass wir hier geschlossen ein Signal geben.
Wir müssen dann aber auch klar sagen, was wir als Land tun können. Wir sollten uns dabei aber auch nicht heraushalten. Denn das Land, die Landesregierung, hat die Schließungsverordnung gemacht. Sie haben die Rechtsverordnung auf den Weg gebracht und die Schließungen und die Einzelmaßnahmen verordnet. Wir können uns im Hinblick darauf also nicht aus der Verantwortung stehlen.
Da ist es schon eine Frage, welche Kosten die Allgemeinheit tragen soll und welche Kosten der Einzelne tragen soll. Wir haben dazu einen Gesetzentwurf eingebracht. Wenn das Land einen Betrieb schließt und dessen geschäftliche Tätigkeit komplett unterbindet, dann kann es nicht sein, dass dieser Betrieb allein auf diesen Kosten sitzenbleibt, wenn er keine Infektionen auslöst, sondern Infektionsschutz sicherstellt. Dann muss dieser Betrieb dafür Schadensersatz bekommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was Minister Althusmann im Wirtschaftsausschuss dazu gesagt hat, ist zumindest etwas erstaunlich. Sie haben ja heute mit Artikel 34 - das ist richtig - die Rechtsgrundlage nachgeliefert. Artikel 44 betrifft die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Das ist bei diesem Thema vielleicht auch ein interessanter Punkt. Aber es ist Artikel 34. Es geht hier nämlich um Amtspflichtverletzungen, die Sie annehmen. Ich finde es schon bezeich
nend, dass Sie im Wirtschaftsausschuss die Möglichkeit von Schadensersatz auf Grundlage einer angenommenen Amtspflichtverletzung beim Erlass der Rechtsverordnung in Erwägung ziehen. Ich hätte eher erwartet, dass eine Landesregierung über ihre eigene Verordnung sagt, dass sie so bombensicher sei, dass damit gar nichts passieren kann. Sie sagen aber, dass sie erwarte, dass eine Rechtsverordnung wegen Amtspflichtverletzung zu Schadensersatzzahlungen führen könne. Von daher sind Sie sich Ihrer Sache tatsächlich nicht sehr sicher.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten aber nicht darauf warten, dass es hier eine Klagewelle nicht nur von jedem Gastronomen gibt, sondern, wie Sie heute dargelegt haben, auch noch von jedem einzelnen Kunden eines Hotels, der es nicht besuchen darf. Dadurch würden unsere Gerichte mit Klagen in einer Dimension überschüttet, wogegen die VW-Diesel-Klagewelle ein ganz kleiner Klacks wäre. Das kann nicht Ergebnis des politischen Handelns sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist so: Die Schritte zur Öffnung sind richtig und wichtig, weil wir ohne die Wertschöpfung und ohne das Geschäft kein Anfahren und keinen Wohlstandsgewinn erleben werden. Aber die Regelungen im Einzelnen, im Detail erfüllen nicht die Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit und Geeignetheit. Damit ist diese Rechtsverordnung in dieser Frage völlig falsch. Sie müssen dringend nacharbeiten; denn sonst werden Sie noch mehr Demonstrationen erleben, was ich mir nicht wünsche.
Ich wünsche mir eine klare, transparente, nachvollziehbare, verhältnismäßige und geeignete Regelung. Sie sollten in dieser Frage mehr auf das Parlament hören als auf die Beamten in der Verwaltung.