Aus unserer Sicht ist in dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf kritisch zu bewerten, dass viele Auswahlentscheidungen, die vorgenommen werden und die dann im Gesetz stehen sollen, von den Spielhallenbetreibern zumindest zu einem Teil
gar nicht beeinflussbar sind. Wenn ich eine Spielhalle habe und ein paar Meter weiter eine Schule ist, dann kann ich meinen Betrieb ja nicht darauf anpassen und mich darauf einstellen. Das sind Auswahlentscheidungen, auf die der Spielhallenbetreiber keinen Einfluss hat. Aus meiner Sicht wäre deswegen die Zertifizierung ein besserer Weg, um hier auch einen Qualitätsfortschritt bei den Spielhallen zu haben.
Die Zertifizierung bietet nämlich die Chance, Qualitätsstandards zu definieren, noch stärker in die Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Spielhallen einzusteigen und eben auch Suchtprävention zu definieren und umzusetzen. Das alles wäre möglich. In der Anhörung ist uns ja auch vom TÜV gesagt worden, wie das in anderen Bundesländern funktioniert. Das ist aber, wie gesagt, aufgrund der zeitlichen Verzögerung, die wir hier in Niedersachsen erlebt haben, leider nicht mehr darstellbar.
auch wenn wir hier sagen - der Weg ist ja auch durch den Glücksspielstaatsvertrag schon vorgezeichnet -, dass wir deutschlandweit eine Lösung brauchen, die dann auch spielformenübergreifend ist.
Zum Schluss noch einen Gedanken zur aktuellen Corona-Krise, den auch der Kollege Fredermann schon hier vorgetragen hat. Die Corona-Krise macht, glaube ich, insbesondere in diesem Feld deutlich, was das Schwierige an der momentanen Regulierung ist. Reguläre Angebote müssen geschlossen werden. Nicht reguläre Angebote werben jetzt aktiv um Kunden, die eben diese regulären Angebote nicht mehr wahrnehmen können. Dadurch findet eine Abwanderung in nicht regulierte Märkte statt. Und das ist nicht gut.
cherzahlen durchsetzen können, sollten auch Spielhallen alsbald wieder geöffnet werden. Das wäre auf jeden Fall sinnvoll. Ansonsten werden wir aus den genannten Gründen den Gesetzentwurf ablehnen.
Vielen Dank, Herr Kollege. Wir waren sehr großzügig bei Ihrem letzten Gedanken. Da entscheidet die Tagesform.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Aber der war wichtig! - Susanne Menge [GRÜ- NE]: Und ich als nächste Rednerin profitiere jetzt von der Großzügigkeit von Herrn Busemann!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Grascha, wenn meine Kinder einen natürlichen Spieltrieb gehabt haben, dann habe ich das unterstützt, und dann fand ich das gut. In dem Moment, wo sie Geld investiert hätten, um ihr Glück zu vermehren, hätte ich das äußerst bedenklich gefunden und wäre sehr weit entfernt gewesen, das „natürlichen Spieltrieb“ zu nennen.
In unserem Wirtschaftssystem entspringen integre Geschäftsideen - und deshalb bin ich eher auf der wirtschaftsethischen Ebene - idealerweise dem Bedürfnis, eine Angebotslücke zu füllen oder in Konkurrenz zu bestehenden Produkten oder Dienstleistungen zu treten. Die Risiken und die Möglichkeiten sind verschiedenen gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Faktoren unterworfen. Der Staat hat die Möglichkeiten dafür geschaffen, dass auf dem Markt Regeln einzuhalten sind. Ich kann z. B. ein Produkt beanstanden. Ich kann es eventuell auch reparieren lassen.
Andere Geschäftsideen florieren allerdings ebenfalls, und sie funktionieren leider deshalb, weil der Mensch auch schwach ist, verführbar oder sich gerne dort abholen lässt, wo er einfach das Risiko ausleben kann. Das Produkt ist bunt schillernd und verspricht im Spiel die Chance auf Glück, mit der Illusion, den Geldeinsatz vermehren zu können. Man darf das auch Abzocke nennen.
Das Spiel mit dem Geld ist tatsächlich die Herausforderung, dem Unglück und den eigenen Schwächen zu begegnen und ihnen eine Grenze zu setzen, also etwas zu tun, was man doch eigentlich gar nicht will und die meisten auch gar nicht können, was die Anzahl der Spielsüchtigen unter den Spielenden untermauert. Die Protokolle über die Anhörung sowie die Sitzung im Wirtschaftsausschuss machen deutlich, wie sehr wir uns als legislative Kräfte darauf eingelassen haben, dem Glücksspielmarkt, an dem auch der Staat beteiligt ist, eine echte wirtschaftliche Bedeutung zu geben und damit dessen Suchtpotenzial und soziale Folgen dem Wirtschaftszweig unterzuordnen.
So argumentiert das Wirtschaftsministerium im Wirtschaftsausschuss in der Diskussion um den Gesetzentwurf u. a. mit Artikel 12 des Grundgesetzes, der auch die Liberalen in dieser Diskussion trägt. Artikel 12 besagt, dass wir in Deutschland unseren Beruf frei wählen und ausüben können, in diesem Fall den Beruf des Glücksspielbetreibers. Nach Kants Ethik: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde!“, würden sich folgende Fragen ergeben:
Nehmen wir an, meine Handlungsmaxime laute, dass ich frei bin, den Beruf des Glücksspielbetreibers zu wählen. Muss ich dann nicht auch alle anderen Berufssparten zulassen, deren Geschäft z. B. die Gefahr von Abhängigkeit beinhaltet? Was z. B. ist dann mit dem Beruf eines Cannabis-CaféBetreibers? Der darf z. B. seinen Beruf nicht frei wählen, weil dieser Staat hier ein suchtgefährdendes Potenzial sieht.
Interessant sind die Äußerungen der kommunalen Spitzenverbände zu diesem Thema. Diese stellen gegenüber dem Gesetzentwurf der vorherigen Regierungsmehrheit übrigens einen Unterschied fest in Bezug auf klare Regeln, die den Kommunen helfen würden. Das heißt, unter Rot-Grün sind klare Regeln formuliert worden, von denen Sie in diesem Gesetzentwurf offenbar abgewichen sind, denn die Kommunen befürchten Rechtsstreitigkeiten, weil ihnen die Hände gebunden seien, den
Es gibt in meiner Heimatstadt folgende Auffälligkeiten: Überall dort, wo citynahe Ladenlokale schließen oder straßennahe Erdgeschosswohnungen frei werden, entstehen Spielhallen und Wettbüros. Sie halten sich an keine Gestaltungssatzung, sie verändern ihre Architektur zu einem fensterlosen Geschäft, und die Außenfassade ist eine einzige dauerblinkende Werbefront.
Zu unserer Ablehnung dieses Gesetzes passen deshalb recht gut drei Kommentare von Zuhörerinnen und Zuhörern des NDR:
„Eigentlich braucht kein Mensch Spielhallen, schon gar nicht solche mit Automaten, in denen bewusst kein Tageslicht ist, damit die Menschen nicht merken, welche Tageszeit ist.“
„Letztlich machen die Betreiber auch nicht das Geld mit Leuten, die mal ein Spielchen machen, sondern mit Spielsüchtigen, die dort nahezu all ihr Geld lassen oder oft auch mehr.“
Und der dritte: „So etwas braucht man nicht, und das ist auch nicht mit Arbeitsplätzen, die es dort gibt, zu rechtfertigen. Aber leider betreibt Herr Gauselmann extrem erfolgreichen Lobbyismus.“
(Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter desinfizieren das Redepult und den Platz der Schriftführerinnen und Schriftführer)
Aus dem Plenum liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass die Landesregierung jetzt das Wort nehmen kann. Herr Dr. Althusmann, ich erteile Ihnen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Corona-Zeiten befassen wir uns wieder einmal mit einem Vorhaben ganz herkömmlicher Gesetzgebung.
Um gleich einmal mit einer Frage aufzuräumen, die die Abgeordnete Menge von den Grünen gerade aufgeworfen hat: Sehr verehrte Frau Abgeordnete, es geht bei diesem Gesetzentwurf nicht um die Frage, ob es überhaupt Glücksspiel in Deutschland geben darf. Es geht vielmehr darum, wie wir es kanalisieren, wie wir es richtig regeln. Ich weiß nicht, was die etwa 6 000 Mitarbeiter der Glücksspielbranche, die es in Niedersachsen im weitesten Sinne gibt, am Ende zu Ihren Aussagen sagen werden, wenn sie wissen, dass Ihnen dieser Bereich eigentlich völlig egal ist. Ich kann mir auch in etwa vorstellen, wie die Bewertung einer solchen Aussage tatsächlich erfolgt.
Dass die Vorgängerregierung in diesem Bereich nur klare Regeln erlassen hätte, kann ich nicht ganz nachvollziehen, weil nun bekanntlich das Oberverwaltungsgericht am 4. September 2017 die Auswahlentscheidung, nämlich das Losverfahren, das hier im Landtag häufig Grund für eine Auseinandersetzung war, schlechterdings für rechtswidrig erklärt hat und es von daher keine gesetzliche Grundlage mehr für die Genehmigung, für die Mindestabstandsregelung und für Mehrfachkomplexverbote gab.
Ich gebe zu, der Glücksspielstaatsvertrag von 2012 war in seinen Auswirkungen sicherlich nicht immer der durchdachteste, und wir können das, was jetzt mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag auf den Weg gebracht wird, in einigen Punkten sicherlich sinnvoller und vernünftiger regeln. Ich bin mir dessen bewusst, dass wir - der Abgeordnete Bode wird sich gut daran erinnern können - in dieser Zeit auch mit der Staatskanzlei heftig gerungen haben. Ich habe dort auch eine Position vertreten, die nicht immer nur zur Freude aller war. Aber das sei mal dahingestellt.
- Nein, man muss in einer Koalition, Herr Abgeordneter Meyer, am Ende immer einen vernünftigen Kompromiss erzielen.