Protocol of the Session on May 12, 2020

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Genthe.

(Zwei Mitarbeiter der Landtagsverwal- tung desinfizieren das Redepult)

Für die SPD-Fraktion kann sich der Abgeordnete Ulf Prange auf den Weg machen. Bitte schön, Herr Prange!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will an das anknüpfen, was Kollege Dr. Genthe eben abschließend gesagt hat: die Wertschätzung gegenüber der Justiz. Ich glaube, die haben wir mit den letzten Haushalten und dem, was wir insbesondere über die politische Liste an Stellen auf den Weg gebracht haben, sehr deutlich gezeigt. Man kann immer mehr machen; das ist völlig richtig. Aber eine solche Anstrengung hat es in der Vergangenheit wohl so nicht gegeben, als Sie in Regierungsverantwortung waren. Deswegen glaube ich, dass wir an der Stelle gut aufgestellt sind.

(Zustimmung bei der SPD)

Aber heute geht es um etwas anderes, nämlich um den Gesetzentwurf. Das ist ein sehr guter Gesetzentwurf. Er stärkt die Mitbestimmungsrechte im richterlichen Bereich. Diese Forderung, auch für den richterlichen Bereich nachvollziehen, was wir schon in der letzten Legislaturperiode im Personalvertretungsrecht geregelt haben, unterstützen wir als SPD sehr ausdrücklich. Wir sind auch sehr zufrieden, dass das so umgesetzt wird. Mehr Mitbestimmung in diesem Bereich ist gut.

Wir haben aber auch noch andere Regelungen getroffen. Es wurde auf das Sabbatical eingegangen. Das attraktiviert den öffentlichen Dienst. Wir haben die Anregung aus der Anhörung berücksichtigt und sind da bei der Altersgrenze auf 62 Jahre hochgegangen.

Ich will noch das Interessenbekundungsverfahren ansprechen, das jetzt neu in dem Gesetz ist. Das schafft Transparenz im Vorfeld von Beförderungsentscheidungen und sorgt damit auch für mehr Akzeptanz von Beförderungsentscheidungen.

Wir bringen also viele gute Dinge auf den Weg.

Die Debatte kreist ja dann doch mehr um das andere Thema, um den einen Paragrafen, der die Neutralität zum Gegenstand hat.

Aber ich will noch auf den Kollegen Limburg eingehen, der ja wirklich in einer Nacht-und-Nebel

Aktion in der letzten Rechtsausschusssitzung noch einen Änderungsantrag eingereicht hat. Das ist eine Forderung - damit haben Sie recht -, die in der Anhörung von dem Verband kam. Wir haben ja zum Teil auch Schöffenvertretungen in der Fachgerichtsbarkeit.

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Mit dieser Forderung - das haben wir durchaus zugesagt - werden wir uns weiter beschäftigen.

Wir haben aber auch deutlich gemacht - Sie haben es eben auch noch einmal bestätigt -, dass dieses Gesetz nun wirklich schon einen langen Weg hinter sich hat, Stichwort „Sachliche Diskontinuität in der letzten Legislaturperiode“. Dann wollen wir jetzt hier auch zum Abschluss kommen; denn das sind wir den Richterinnen und Richtern schuldig, die darauf warten, dass diese Mitbestimmungsregeln in Kraft treten.

Wir haben auch das Thema der Neutralität in dem Gesetz. Regelungsinhalt - um auch das noch einmal klar zu sagen - ist ja, dass Richterinnen und Richter sowie Staatsanwälte nur, wenn sie im Bereich von Amtshandlungen gegenüber justizfremden dritten Personen tätig werden, keine religiösen, weltanschaulichen oder politischen Symbole tragen dürfen. Das ist auch richtig. Die Neutralität der Justiz hat nicht ohne Grund Verfassungsrang. Die Überzeugungskraft richterlicher Entscheidungen und damit letztlich auch die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege beruhen ganz entscheidend auf dem gesellschaftlichen Vertrauen in die Justiz. Es sollte bereits im Ansatz der Eindruck vermieden werden, dass Richterinnen und Richter nicht unparteiisch sind. Das Tragen von religiösen oder anderen Symbolen kann zu einem Akzeptanzverlust in der Öffentlichkeit führen. Ich glaube, dem sollten wir alle gerade in diesen Zeiten entschieden entgegenwirken.

Wir bewegen uns da auch völlig auf dem Boden unserer Rechtsordnung. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu einer ähnlichen Regelung in Hessen, die von einer Rechtsreferendarin beklagt wurde, ist angesprochen worden. Dort ist ausdrücklich entschieden worden, dass das Verbot, Symbole zu tragen, in die Glaubens- und Religionsfreiheit des einzelnen Amtsträgers eingreift. Das ist meiner Auffassung nach offenkundig. Aber nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts kommen zur Rechtfertigung des Eingriffs die staatliche Pflicht zur religiösen und weltanschaulichen Neutralität, die negative Glau

bensfreiheit der anderen Prozessbeteiligten und der Grundsatz der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege in Betracht.

Dass wir in der Justiz eine besondere Situation haben, hat Christian Calderone gerade beschrieben. Auch das Bundesverfassungsgericht nimmt ja Bezug auf die Robenpflicht, und zwar nicht nur auf die Robenpflicht, sondern auch auf die strenge prozessuale Regelung, die wir im richterlichen Bereich haben. Das ist doch noch etwas anderes als beispielsweise in der Schule oder in anderen Behörden. Das wird ausdrücklich klargestellt. Man spricht ja von der unausweichlichen Situation. Man kann sich einem gerichtlichen Verfahren unter den Bedingungen, wie sie unsere Prozessordnung vorsieht, nicht entziehen.

Ich will abschließend noch auf das Kreuz eingehen. Auch ich habe einen zu betreuenden Wahlkreis. In Cloppenburg liegt das andere Gericht. Das macht mich aber nicht befangen, sondern ich habe immer gesagt, dass ich es grundsätzlich für schwierig halte, wenn Verhandlungen unter dem Kreuz oder unter anderen Symbolen stattfinden.

Wir haben seit den 70er-Jahren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das die negative Glaubensfreiheit heranzieht: Wenn ein Prozessbeteiligter sie nicht möchte, sind diese Symbole zu entfernen. Für die Gerichte in Cloppenburg und Vechta kann ich aus anwaltlicher Erfahrung bestätigen, dass das da auch so erfolgt. Das ist eine praktikable Regelung.

An diesen beiden Standorten haben wir diese besondere Historie des Kreuzkampfes, bei dem es nicht nur um die Kreuze ging. Die Kreuze waren der Anlass für den Widerstand gegen das Naziregime. Es ging auch darum, dass die Kirche Rassekunde und andere Dinge der Nationalsozialisten angeprangert hat. Das hat zu Inhaftierungen und auch zum Verbringen von Menschen, die an diesen Protesten teilgenommen haben, in Konzentrationslagern geführt.

Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, wenn man an diesen beiden Standorten eine Ausnahme macht.

Etwas anderes ist - das haben, lieber Helge Limburg, wir beide im Ausschuss schon mehrfach diskutiert -, dass wir gar keine gesetzliche Grundlage für das Abhängen der Kreuze brauchen, weil das Abhängen der Kreuze kein Grundrechtseingriff ist. Es ist einfach eine Maßnahme der Gerichtsverwaltung. Das Entfernen der Kreuze hätte auch

eine grüne Ministerin anweisen können. Das ist aus guten Gründen nicht geschehen.

Die Frage, die uns hier umtreibt, betrifft den Eingriff in die Glaubensfreiheit des Amtsträgers, dem wir das Tragen von Symbolen religiöser Art verbieten wollen. Dafür brauchen wir eine gesetzliche Grundlage, die wir mit der Bestimmung, die wir heute mit diesem Gesetz beschließen wollen, haben werden. Dann haben wir Rechtssicherheit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Prange. Sie bekommen gleich noch die Gelegenheit.

(Zwei Mitarbeiter der Landtagsverwal- tung gehen zum Redepult)

- Warten Sie eben! Sie brauchen das Redepult nicht zu desinfizieren, weil es eine Kurzintervention auf den Wortbeitrag des Kollegen Prange geben wird, die der Kollege Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom Seitenmikrofon aus vornehmen wird. Dann kann der Kollege Prange wieder nach vorne gehen. So kriegen wir das hier etwas zügiger geregelt.

Frau Präsidentin, vielen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Prange, ich habe mich dann doch noch einmal zu Wort gemeldet, weil Sie mir, wie schon vorhin so latent der Kollege Calderone, quasi unterstellt haben, ich sei vehement dafür, die Kreuze abzuhängen, und mich gefragt haben, warum wir es in der vergangenen Legislatur nicht gemacht hätten.

Ich möchte darauf hinweisen, dass diese Forderung nicht aus unseren Reihen kam. Vielmehr hat in einer der ersten Sitzungen des Rechtsausschusses die Frau Ministerin erklärt, dass sie natürlich alle Religionen gleich behandeln werde und dass sie, wenn sie ein gesetzliches Verbot für das Tragen von Symbolen ausspreche, sie auch Lösungen finden werde, um die Kreuze zu entfernen.

Das war die Aussage Ihrer Justizministerin. Sie ist es bis heute die Antwort schuldig geblieben, warum sie von dieser Aussage abgewichen ist, und hat hierzu bisher keine Erklärung geliefert.

Ich habe das Thema nicht aufgemacht. Es war diese Koalition, Herr Prange, die völlig ohne Not das Thema der religiösen Symbole auf die Ebene

des Landtags und der Gesetze gehoben hat. Ich weise nur darauf hin: Wenn Sie sich dazu entscheiden, das hier zu thematisieren, dann müssen Sie alle Religionen gleichbehandeln und können nicht sagen: Die christlichen Symbole bleiben hängen und werden nur im Einzelfall abgehangen und die anderen werden generell verboten.

Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Und von dem Redepult in der Mitte wird Ihnen Herr Kollege Prange auf Ihre Kurzintervention antworten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Lieber Kollege Limburg, das Thema haben wir in der Tat schon öfter diskutiert. Ich dachte, dass ich es eben schon deutlich gemacht habe. Man muss zwischen dem Amtsträger und dem religiösen bzw. dem weltanschaulichen Symbol auf der einen Seite und dem Kreuz im Sitzungssaal auf der anderen Seite differenzieren, weil es rechtlich andere Dinge sind.

Wir haben diesen Grundrechtseingriff, den wir rechtssicher mit dieser gesetzlichen Regelung, die wir heute beschließen werden, abbilden werden. Dies tun wir übrigens auch im Einklang mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Daher können wir das, was wir wollen, Stärkung des Vertrauens in den Rechtsstaat, absichern, der unserer Auffassung nach durch Symbole beschädigt werden könnte. Das sind ja nicht nur religiöse, ich kann mir auch politische Symbole im Gerichtssaal vorstellen, die zu Irritationen und Akzeptanzverlust führen könnten.

Die andere Frage ist die Frage der Gerichtsverwaltung. Dieser Ausnahmetatbestand, den wir in Cloppenburg und Vechta haben, ist aufgrund der historischen Begebenheiten gerechtfertigt. Das ist zumindest die Auffassung der Koalitionsfraktionen, die wir entwickelt haben. Ich will gar nicht sagen, dass es am Anfang feststand. Ich habe meine grundsätzliche Haltung immer noch gegenüber Verhandlungen, die unter dem Kreuz stattfinden, aber ich finde, in diesem Ausnahmefall kann und muss man das anders bewerten.

Mit der Regelung, dass die Kreuze abgehängt werden, wenn Prozessbeteiligte das verlangen, ist eine Lösung gefunden worden, die angemessen ist und niemanden diskriminiert. Für Amtsträger gilt ja,

gleich welcher Religion oder Weltanschauung, das Gleiche.

Es sind zwei unterschiedliche Sachverhalte, die Sie da miteinander verbinden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank. - Jetzt können Sie die Arbeits- und Rednerplätze reinigen.

(Zwei Mitarbeiter der Landtagsverwal- tung desinfizieren das Redepult und das Saalmikrofon)