Jetzt kommen wir zum Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 18/6147. Auch hier gilt: Federführend soll der Haushaltsausschuss sein, und mitberatend sollen der Sozialausschuss und der Wirtschaftsausschuss sein. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen.
Damit sind beide Anträge einstimmig in die Ausschüsse überwiesen. Wie ich wahrgenommen habe, werden diese Ausschüsse zeitnah tagen.
Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, werden wir einen Wechsel im Präsidium vornehmen. Ich bitte Sie, sich einen Moment zu gedulden.
Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise, wie üblich, darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.
Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.
Nun ein Hinweis zum Virenschutz - unter allen anderen Umständen würde man diese Hinweise sicherlich als Realsatire begreifen -: Sie sehen, dass hier vorne neben dem Redepult zwei Standmikrofone aufgestellt sind. Zum Ablauf: Die Rednerin oder der Redner der einbringenden Fraktion benutzt bitte das Redepult, zieht nach Ende des Wortbeitrags die Schaumstoffhüllen von den Mikrofonen und entsorgt sie dann unter dem Redepult in den dort stehenden Mülleimer. Anschließend werden die Mikrofone am Redepult durch den Saaldienst mit neuen Schaumstoffhüllen versehen. Das antwortende Regierungsmitglied hat dann das Redepult exklusiv für sich. Das spart Schaumstoff
hüllen und Zeit. Zusatzfragen werden bitte von einem der Standmikrofone aus gestellt. Stellt dieselbe Person mehrere Zusatzfragen, kann der Schaumstoffschutz daran bleiben. Ist ein Wechsel vorgesehen, zieht die letzte Rednerin oder der letzte Redner die Hülle ab, und es wird durch den Saaldienst eine neue Schaumstoffhülle aufgezogen.
a) Welche Maßnahmen plant die Landesregierung in der Coronakrise als Sofort-Unterstützung - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/6137
Zur Einbringung hat sich die Kollegin Meta Janssen-Kucz gemeldet, die dann auch gleich ihre fünf Zusatzfragen stellen möchte.
Das Coronavirus bzw. COVID-19 ist eine große Herausforderung für die gesamte Bevölkerung in Niedersachsen, Deutschland und Europa. Es ist eine sehr hohe Dynamik des COVID-19-auslösenden Virus zu beobachten. Die exponentielle Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 ist rasant, wenn auch regional sehr unterschiedlich. Die laborbestätigten SARS-CoV-2-Infektionen steigen täglich, und noch ist der Höhepunkt nicht erreicht. Bereits jetzt kann von einem exponentiellen Wachstum gesprochen werden. Je schneller die Fallzahlen nun steigen, desto größer ist die Gefahr, dass das Gesundheitssystem in eine akute Notlage gerät und die Situation nicht mehr bewältigen kann.
Deshalb sind die drastischen Maßnahmen, die auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene beschlossen wurden, notwendig und werden vorerst konsequent umgesetzt. Die verfügten bisherigen massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens sind zum Schutz und zur Eindämmung der hohen Ansteckungsgefahr absolut notwendig.
Nicht nur der ambulante und stationäre medizinische Bereich und die ambulante und stationäre Pflege stehen unter Druck, auch das soziale und wirtschaftliche Leben ist größtenteils zum Schutz
der Gesamtbevölkerung zum Erliegen gekommen. Die Schließung von sozialen und kulturellen Einrichtungen, Krippen, Kindertagesstätten, Schulen, weiteren Bildungseinrichtungen und vielen Anlaufstellen stellt das Land Niedersachsen und seine Bürgerinnen und Bürger vor täglich neue Herausforderungen. Dazu kommt, dass die Bürgerinnen und Bürger sich auch existenziell sorgen; denn es brechen gerade Lebensgrundlagen weg. Viele Menschen sind in Kurzarbeit und/oder von Arbeitslosigkeit und kleine und mittelständische Betriebe von der Insolvenz bedroht.
Damit wird deutlich, dass sämtliche Ressorts der Landesregierung gefordert sind, in ihren Bereichen schnell flankierende, unterstützende Maßnahmen auf den Weg zu bringen.
1. Mit welchen konkreten Maßnahmen plant die Landesregierung, die Pflegekräfte im ambulanten und stationären Bereich in der Coronakrise zu entlasten und vor Infektionen zu schützen?
2. Mit welchen unterstützenden Maßnahmen wird die Landesregierung Familien, Kinder und Jugendliche, Menschen mit sozialen, physischen und psychischen Einschränkungen, von der voraussichtlich deutlich steigenden häuslichen Gewalt Betroffene und Obdachlose schnell und effektiv unterstützen?
3. Welche Maßnahmen sind seitens der Landesregierung geplant, um den Bereich der Volkshochschulen, Erwachsenenbildungs- und Jugendbildungseinrichtungen, Museen, Theater und kulturelle Einrichtungen schnell und effektiv zu unterstützen?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Gern beantworten wir Ihre Fragen.
Lassen Sie mich eines vorausschicken: Die Entwicklung der Coronavirus-Infektionen stellt uns gemeinsam vor eine große Herausforderung. Bereits vor Beginn der Ausbreitung in Deutschland haben wir in Niedersachsen uns auf die Bewältigung der Krankheitsfälle eingestellt. Dazu gehört die Einrichtung eines Krisenstabs - zuvor „Koordinierung Corona“ genannt - und die Vorbereitung der gesundheitlichen Versorgungslandschaft.
Seit der dynamischen Ausbreitung in Deutschland haben wir zügig und angemessen reagiert und Maßnahmen zur Reduzierung der Kontakte zwischen möglicherweise infizierten Menschen erlassen. Die letzten Schritte waren die Allgemeinverfügung vom Montag, dem 23. März, mit der nochmals weitreichende Einschränkung des öffentlichen Lebens verbunden sind - das ist hier heute bereits sehr klar zum Ausdruck gekommen -, sowie die Allgemeinverfügung zur Arbeitszeit in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, die heute veröffentlicht wird.
Wir sprechen, beginnend mit der Regierungserklärung, bereits den ganzen heutigen Vormittag über die Coronavirus-Pandemie. Ich möchte aber dennoch betonen - und dies mit Dank verbinden -, dass ich den festen Eindruck habe, dass die Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen von allen Menschen in Niedersachsen und allen Fraktionen hier im Landtag gemeinsam getragen wird. Dafür meinen herzlichen Dank!
Mein besonderer Dank geht an all diejenigen, die derzeit unser öffentliches Leben ermöglichen, indem sie dessen zentrale Funktionen weiterhin bereitstellen - seien es die Wasser- und Energieversorgung, die Versorgung mit Lebensmitteln oder die Entsorgungsdienstleistungen. Ich danke der Feuerwehr, der Polizei und vor allem allen Beschäftigten im Gesundheitswesen, den Belegschaften in den Alten- und Pflegeheimen, allen Ärzten und Apothekenteams und allen weiteren Angehörigen des Gesundheitsbereichs. Es sind sehr viele Menschen, die dazu beitragen, diese Situation zu bewältigen. Auch dafür meinen ganz herzlichen Dank!
Zur ersten Frage: Sie hatten nach konkreten Maßnahmen der Landesregierung gefragt, die Pflegekräfte im ambulanten und stationären Bereich zu entlasten und vor Infektionen zu schützen.
Die Ausbreitung des Coronavirus bedeutet natürlich eine große Belastung für die Pflegekräfte in Niedersachsen. Ich bin tief beeindruckt von der Tatkraft und dem Verantwortungsbewusstsein der Menschen in Niedersachsen, die sich Tag für Tag in der Pflege engagieren und sich den bevorstehenden Herausforderungen stellen.
Die Niedersächsische Landesregierung sorgt dafür, dass Pflegekräfte in Niedersachsen die bestmögliche Unterstützung und Entlastung erfahren. Die Landesregierung hat insbesondere Folgendes organisiert:
Erstens. Für den Fall, dass in einer Einrichtung oder einem Dienst die Versorgung der Pflegebedürftigen nicht mehr aufrechterhalten werden kann, ist ein Acht-Punkte-Plan zur Sicherstellung der Versorgung in Absprache mit Pflegekassen und Kommunen erstellt worden. Die AOK hat eine landesweite Hotline für ambulante Pflegedienste und ambulant betreute Wohnformen eingerichtet. Für die Pflegeheime übernimmt die örtliche Heimaufsicht die Unterstützung beim Management der Pflege. Diese Hinweise für Pflegeheime und die Hinweise für ambulante Dienste sind bereits am 17. März versandt worden.
Zweitens. Am 10. und am 16. März hat die Niedersächsische Landesregierung mit fachaufsichtlichen Weisungen kontaktreduzierende Maßnahmen für Heime, für ältere und pflegebedürftige Menschen sowie für Menschen mit Behinderungen erlassen. Mit diesen Regeln schützen wir die Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch das Pflegepersonal, weil dadurch das Ansteckungsrisiko deutlich reduziert wird.
Drittens. Die zuständigen Heimaufsichtsbehörden wurden durch die Landesregierung mit Erlass vom 16. März dazu aufgefordert, die Regelprüfungen bis auf Weiteres auszusetzen. Das in den Einrichtungen tätige Personal wird somit entlastet.
Viertens. Darüber hinaus hat die Landesregierung darauf hingewiesen, dass von der Fachkraftquote abgewichen werden kann. Das heißt, die Einrichtungen dürfen zusätzliche Hilfskräfte zur Entlastung beschäftigen.
Fünftens. Ehemalige Fachkräfte und andere in der Pflege erfahrene Menschen sind bereit, in der akuten Notlage zu helfen, und bieten ihre Mithilfe an. Das ist ein großartiges Signal. Die Pflegekammer hat am 23. März eine Meldestelle eingerichtet, die entsprechende Meldungen von Freiwilligen entgegennimmt.
Sechstens. Die Pflegekräfte können die Notbetreuung in Schulen und Kindergärten in Anspruch nehmen. Hierzu möchte ich an alle Betroffenen appellieren, das auch zu tun. Wir brauchen Sie in den Krankenhäusern und in den Pflegeeinrichtungen!
Siebtens. Die Landesregierung hat für den Bereich der ambulanten und stationären Pflege eine Ausnahmeregelung bei den Arbeitszeiten erlassen. Das hatte ich eingangs bereits erwähnt. Abweichend vom Arbeitszeitgesetz kann in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen die zulässige Arbeitszeit auf maximal zwölf Stunden pro Tag verlängert werden. Diese Regelung ist zur Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung bei einer zunehmenden Anzahl von Schwerkranken unumgänglich. Wichtig ist dabei aber, dass die Pflegekräfte auch in dieser Situation bestmöglich geschützt werden. Die vor Überlastung schützenden Ruhepausen bleiben bestehen. Diese Anordnung ist befristet auf den 31. Mai 2020. Außerdem ist die wöchentliche Arbeitszeit auf 60 Stunden begrenzt.
Zur zweiten Frage: „Mit welchen unterstützenden Maßnahmen wird die Landesregierung Familien, Kinder und Jugendliche, Menschen mit sozialen, physischen und psychischen Einschränkungen, von der voraussichtlich deutlich steigenden häuslichen Gewalt Betroffene und Obdachlose schnell und effektiv unterstützen?“
Hierauf will ich wie folgt antworten: Die derzeitige Lage mit zahlreichen öffentlichen Einschränkungen und Herausforderungen auch für die Arbeitsorganisation der sozialen Dienste erschwert die Erbringung sozialer Dienstleistungen. Dennoch setzen wir alles daran, gerade jetzt die verwundbaren Gruppen in unserer Gesellschaft nicht alleine zu lassen und weiterhin gut zu schützen.
Die Kinder- und Jugendhilfe - damit will ich beginnen - muss weiterhin alle Minderjährigen schützen. Sind die Eltern nicht bereit oder in der Lage, Gefährdungen abzuwenden und/oder Hilfen des Jugendamtes anzunehmen, muss das Jugendamt die notwendigen Maßnahmen beim Familiengericht anregen und im Fall dringender Gefahr die Minderjährigen in Obhut nehmen.