Protocol of the Session on February 27, 2020

Eine pauschale 1 000-m-Abstandsregelung für ganz Niedersachsen wäre tatsächlich ein riesengroßes Problem für die Windenergie, die sowieso schon in einer Riesennotlage steckt. 1 000 m pauschal über die ganze Landesfläche oder - wie einige wollen - sogar für ganz Deutschland - das würde den Großteil unserer Potenzialflächen - auch in Niedersachsen - nicht mehr nutzbar machen, und das in einer Zeit, in der der Windenergieausbau doch schon praktisch zum Erliegen gekommen ist, in einer Zeit, in der wir einen Nettorückbau für die nächsten Jahre erwarten müssen, falls wir nicht endlich Regelungen für Repowering und auch für den Umgang mit den Altanlagen, die jetzt aus der Förderung fallen, finden.

Genau da liegen unsere Probleme. Der Windkraftausbau wurde eigentlich schon gestoppt. Deswegen sind Landes- und Bundesregierung genau jetzt gefragt, hier Lösungen zu bieten, anstatt - wie die CDU das gerne in den letzten Wochen gemacht hat - über eine völlig unsinnige 1 000-mMindestabstandsregelung zu reden. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Bitte schön!)

Pauschalabstände für Niedersachsen sind falsch, egal ob sie von der AfD-Fraktion oder von der CDU-Fraktion gefordert werden. Um das hier noch einmal ganz klar zu sagen: Bei der Windkraft ist es nicht einfach so, dass wir irgendwo Windenergie

anlagen hinbauen, wo irgendein Investor oder irgendeine Bürgerenergiegenossenschaft sie haben möchte. Vielmehr gibt es auch schon jetzt in unserem Land ganz klare Regelungen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Lärm, Schatten und der optischen Wirkung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die sind eben nicht pauschal. Die sind nicht für jede Anlage gleich. Das macht auch Sinn. Denn die Anlagen haben unterschiedliche Höhen,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

es sind unterschiedliche Modelle, und es gibt auch ganz unterschiedliche örtliche Gegebenheiten. Deswegen macht es Sinn, weiterhin daran festzuhalten und genau zu gucken, wie die Umstände sind.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Genau!)

Noch einmal, um es ganz klar festzustellen, weil es in der Debatte sehr oft falsch dargestellt wird: Es gibt keinen wissenschaftlich feststellbaren Zusammenhang zwischen der Akzeptanz vor Ort und dem Abstand der Anlage. Es ist nicht so, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung umso größer ist, je weiter weg die Anlage ist. Es gibt sehr starke Zustimmungswerte zur Energiewende und auch zur Windenergie gerade von den Menschen, die direkt an Windparks wohnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Anzahl der Menschen, die sich an solch einer Anlage stören und die dann vor Ärger Kopfschmerzen, Herzrasen usw. verspüren, lässt sich verringern, aber nicht mit einem Pauschalabstand, sondern mit einer guten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am Planungsvorhaben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb kann ich Sie nur auffordern: Hören Sie endlich auf, gegen die Windenergie zu hetzen! Wind und Solar sind saubere, klimafreundliche Energien.

(Zuruf von der AfD: Und die Bäume? Was ist mit den Bäumen?)

Es ist ein krasses Fortschrittssymbol, das den Mittelstand stärkt, das Arbeitsplätze schafft, das unsere Abhängigkeit von Regimen wie in SaudiArabien verringert, das unsere Energiewirtschaft demokratisiert und dabei das Klima und unsere

Lebensgrundlagen rettet. Das gehört mit aller Kraft unterstützt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Genau dafür müssen wir den Windenergieausbau wieder in Schwung bringen. Wir haben einen Antrag dazu vorgelegt, wie wir uns das vorstellen. Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der AfD, sind dabei keine Hilfe. Seien Sie doch einfach ehrlich zu den Bürgerinnen und Bürgern und fragen sie, ob sie lieber den Windpark in ihrer Nähe haben möchten, die Braunkohlegrube oder das Atomkraftwerk. Viel Spaß bei dieser Debatte! Die wäre ehrlich.

Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Byl. - Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Martin Bäumer zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Bäumer!

(Beifall bei der CDU - Unruhe)

- Ich bitte um Ruhe, auch in der AfD-Fraktion um etwas Ruhe, damit wir Herrn Bäumer zuhören können.

Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns das Kind mal beim Namen nennen. Vordergründig geht es bei diesem Antrag der Alternative - die keine Alternative ist - um Mindestabstände. Vordergründig geht es auch um Windkraft im Wald, aber eigentlich geht es Ihnen doch

(Klaus Wichmann [AfD]: Um Flüchtlinge?)

darum, die Energiewende zu beenden.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Denn das, was Sie hier vorgeschlagen haben, pauschale Abstände zu der Wohnbevölkerung, und dass Sie den Wald nicht tangieren wollen, führt am Ende dazu, dass der Ausbau der Windenergie scheitern muss und dass wir eine zentrale Säule der Energiewende kaputt machen.

Ihnen wird klar sein: Das werden wir nicht mitmachen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Stefan Wirtz [AfD]: Was wollen Sie denn?)

Momentan stehen wir vor der Situation, dass viele Anlagen nach 20 Jahren aus der EEG-Förderung fallen. Es ist ein gewaltiges Repowering erforderlich. Diese Anlagen brauchen Perspektiven. Wir haben einen gewaltigen Strombedarf, den wir decken müssen. Darauf finde ich in Ihrem Antrag aber überhaupt keine Antwort.

Die CDU-Landtagsfraktion hat sich Gedanken gemacht, wie wir die Energiewende weiter erfolgreich begleiten können. Deswegen haben wir vor einigen Wochen ein Papier vorgelegt, das hier in Teilen schon zitiert worden ist.

(Zuruf von der AfD: Ja, 1 000 m!)

Ich will Ihnen zu dem Papier ein paar aus meiner Sicht wesentliche Inhalte nennen. Es geht um die Abstände. Natürlich braucht es angesichts der Tatsache, dass die Anlagen immer höher werden, größere Abstände. Aber diese Abstände müssen im örtlichen Interesse geregelt werden. Vor Ort ist man in der Lage, zu sagen, wie weit der Abstand sein muss. Das kann davon abhängen, ob vor der Anlage, vor einem Windpark, ein Wald ist, ob vor der Anlage Berge sind, ob man freie Sicht darauf hat. Das kann vor Ort entschieden werden. Pauschale Abstände lehnt auch die CDU ab.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir wollen mit der Flugsicherheit reden, weil die Flugsicherheit momentan ganz viele Windparks in Niedersachsen verhindert. Die Abstände sind viel zu groß, viel größer als im europäischen Maßstab.

Wir wollen Genehmigungsverfahren beschleunigen. In meiner Gemeinde haben wir vor acht Jahren entschieden: Wir wollen Windkraft ausbauen. - Jetzt werden die Anlagen gebaut. Acht Jahre hat es gedauert. Das ist doch viel zu lange!

Wir wollen Anreize für Kommunen. Die Gewerbesteuer alleine reicht nicht aus. Jede Kommune muss die Chance haben, von einer Windkraftanlage zu profitieren. Wer sich bewusst für erneuerbare Energien entscheidet, der muss am Ende des Tages auch mehr haben als der, der erneuerbare Energien ablehnt.

Natürlich haben wir uns auch mit der Frage beschäftigt: Was ist mit Windkraft im Wald? Dieser Landtag hat vor vielen Jahren entschieden, dass Windkraftanlagen nicht im Wald gebaut werden sollten. Die Zeit ist mittlerweile aber weiter fortgeschritten. Wir brauchen Windkraftanlagen im Wald. In anderen Bundesländern - in Bayern, in Hessen, in Rheinland-Pfalz, in Baden-Württemberg - stehen mittlerweile über 1 000 Windkraftanlagen im Wald, und da ist die Welt, liebe Kollegen von der Alternative, die keine ist, auch noch nicht untergegangen. Die leben ganz gut weiter.

Gerade die zitierten Bayern, lieber Kollege von der AfD, haben vor dem Hintergrund, dass sie große Abstände zur Bevölkerung regeln, erkannt: Wenn wir so große Abstände einzuhalten haben, dann müssen wir auch den Wald nutzen. Anders kann man die Energiewende, die Ausbauziele nicht erreichen. - Deswegen ist es klug, darüber zu reden.

Natürlich wollen wir nicht in Naturparks. Wir wollen nicht in Naturschutzgebiete. Wir wollen maximal 10 % der Waldfläche Niedersachsens nutzen. 70 % sind per se geschützt.

(Zurufe von der AfD)

Das ist eine gute Perspektive; der Kollege Senftleben hat es vorhin genannt.

Auf den Flächen, die von Windwurf betroffen sind, kann man wunderbar Windkraftanlagen aufstellen. So kann man den Waldbauern helfen, damit sie in den nächsten Jahren Erlöse haben. Ohne Wald und ohne die Möglichkeit, Holz zu ernten, haben sie keine Erträge und werden auch in den nächsten 80 Jahren nichts bekommen. Momentan sollen sie auch noch die Setzlinge in den Boden bringen. Auch dazu liefern Sie keine vernünftige Antwort.

Vor dem Hintergrund, dass der Abstand zur Bevölkerung vielleicht ein bisschen größer werden muss, dass wir aber trotzdem Windkraft haben wollen, haben wir den Abstand zur Natur verringert. Das ist die logische Konsequenz. Das ist kein Hexenwerk. Wenn man vernünftig nachdenkt, kommt man darauf.

(Beifall bei der CDU)

Nachdenken scheint mir bei dieser Alternative, die keine ist, aber nicht zum Hauptkern zu gehören. Ich habe mir mal, obwohl das ein bisschen Quälerei war, Ihr Grundsatzprogramm auf Bundesebene angeschaut. Es ist ja nicht so, dass wir hier pauschal Politik gegen die AfD machen.

(Lachen bei der AfD)