Protocol of the Session on February 26, 2020

Lassen Sie mich ein paar Beispiele nennen, die im Zusammenhang mit Bürokratie bedacht werden müssen:

Erstens. Handwerksbetriebe brauchen Freiräume, in denen sie nicht ad hoc auf gesetzliche Änderungen reagieren müssen.

Zweitens. Gesetze dürfen nicht für Rechtsanwälte oder Steuerberater geschrieben werden. Sie sollen die zwar auch beachten und nutzen, aber nicht nur für diesen Bereich.

Drittens. Entlastung bedeutet auch, Vorschriften konsequent und ersatzlos zu streichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Antrag wird gefordert, dass mit den Vertretern des niedersächsischen Handwerks eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden soll. Es ist zu klären, ob das erforderlich ist. Sie sollte allerdings nicht losgelöst und parallel zu anderen Gremien handeln. Im Rahmen der Clearingstelle „Bürokratieabbau“ könnte sich eine solche Arbeitsgruppe beispielhaft und übergeordnet zu Ansätzen einer verständlichen Sprache abstimmen und austauschen.

Ich kann abschließend sagen, dass es ein guter Antrag ist, der wichtige Punkte beinhaltet. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bley. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Detlev Schulz-Hendel, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wieder einmal sprechen wir in diesem Landtag über

Bürokratieabbau. Das scheint mir auch bitter nötig zu sein, weil die Landesregierung ja Bürokratieabbau durch Bürokratieaufbau versteht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Aber, liebe FDP, auch wenn wir uns über diesen Antrag freuen, können wir ihm, wie Sie sich vorstellen können, nicht pauschal zustimmen.

Ich möchte das an einigen Forderungen sehr deutlich machen, z. B. wenn es um die Dokumentationspflichten beim Mindestlohn geht. Die Durchsetzung des Mindestlohns war eine wichtige und richtige Sache. Wir müssen in der Praxis aber leider immer noch feststellen, dass es neben den vielen rechtschaffenen Betrieben auch Betriebe gibt, die versuchen, den Mindestlohn zu umgehen.

Gleiches gilt für die Frage der Führerscheinkontrollpflicht. Da möchte ich Ihnen ausdrücklich widersprechen. Wir sehen eine halbjährliche Kontrolle als angemessen und zumutbar an.

Es gibt natürlich Punkte, bei denen wir Grüne aufgeschlossener sind. Ich gucke mir z. B. die KfWAnträge an. Es ist sachlogisch, dass von den Betrieben keine Angaben gefordert werden, die sie gar nicht erbringen können. Auch bei den Meldefristen im Energierecht scheint mir eine Harmonisierung der unterschiedlichen Regelungen angebracht zu sein.

Wie Sie merken, liegt der Teufel oft im Detail. Man muss sich ganz genau anschauen, was sinnvolle Vorgaben sind. Hierzu wäre es aus meiner Sicht wichtig, dass der Fachausschuss zunächst breit angelegt Stellungnahmen von der Zivilgesellschaft, den Gewerkschaften und der Wirtschaft zum Themenkomplex Bürokratiebau einholt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ebenso sollten wir im Ausschuss eine Unterrichtung der Stabsstelle „Bürokratieabbau“ erhalten, wobei sich mir die Frage stellt, ob die Stabsstelle, die erst Anfang 2019 geschaffen wurde, überhaupt noch eine Funktion im Wirtschaftsministerium hat. Seitdem bekannt geworden ist, dass die Landesregierung eine externe Clearingstelle bei der Industrie- und Handelskammer ansiedeln und üppig finanzieren will, fragt man sich, was in der Stabsstelle im Ministerium falsch läuft.

Minister Althusmann, die Clearingstelle bei der IHK ist doch ein ganz klarer Ausdruck des Misstrauens den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber. Es drängt sich vielmehr der Verdacht

von staatlich finanziertem Lobbyismus auf. Denn bis 2024 will die Landesregierung für die Clearingstelle sage und schreibe 2,7 Millionen Euro Steuergeld ausgeben.

Es ist einfach dreist vom Wirtschaftsminister, zu behaupten, dass die externe Clearingstelle eine unabhängige Beratung der Landesregierung sicherstellen soll. Ich bitte, das nicht falsch zu verstehen, liebe Industrie- und Handelskammer. Meine Kritik richtet sich ausschließlich an die Landesregierung. Der IHK muss man ja schon Respekt zollen, dass sie es geschafft hat, sich einen solchen exklusiven Zugang zur Politik der Landesregierung zu sichern.

Wir brauchen aber eine unabhängige und neutrale Beratung durch eine Interessenvertretung. Es will mir nicht in den Kopf: Wie soll das bitte gehen? - Hier zeigt sich, dass die Landesregierung beim Thema Bürokratieabbau keinen eigenen Gestaltungswillen hat. Deswegen begrüße ich den Antrag, damit wir das Thema Bürokratieabbau im Ausschuss noch einmal sehr ausführlich beraten können.

Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schulz-Hendel. - Der Abgeordneten Jörg Bode, FDP-Fraktion, hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schulz-Hendel, natürlich werden nicht alle Forderungen in Reinkultur von jedem getragen. Das geht ja auch gar nicht.

Weil Sie gerade den Mindestlohn und seine Dokumentationspflichten angesprochen haben: So wie diese Forderung vom Handwerk aufgeschrieben worden ist, geht sie aus unserer Sicht gar nicht weit genug. Deshalb: Lesen Sie nicht nur die Überschrift, sondern auch die Details!

Es geht darum, dass man gerade bei Minijobbern die Arbeitszeitdokumentation schlicht und ergreifend vereinfacht, indem die Arbeitszeit des Tages aufgeschrieben wird und nicht alle An- und Abgänge, und dass man die Arbeitsverträge, in denen die Arbeitszeit, also die Uhrzeiten „von… bis…“, und der Stundenlohn geregelt sind, als Grundlage nimmt und nicht weiter dokumentieren muss.

Das Handwerk hat schon sehr konkret den Versuch unternommen, eine für weite Teile der Gesellschaft konsensfähige Lösung hinzukriegen. Das begrüße ich sehr. Dann würde auch ich von einigen unserer Maximalforderungen zurücktreten. Es wäre schön, wenn wir die mit einer großen Anhörung im Ausschuss konsensfähig machen könnten. Dann würde vielleicht auch die Landesregierung leichter zu einer gemeinsamen Beschlusslage finden.

Mein Eindruck ist eher, dass man sich über die Art und Weise des Bürokratieabbaus streitet wie die Kesselflicker, sodass man gar nicht vorankommt. Denn warum ist die Landesregierung für einen Antrag, den wir im November eingereicht haben, bis Ostern nicht sprechfähig, um uns ihre Position mitzuteilen? - Ich glaube, man streitet sich mehr mit sich, als dass man über die Sache diskutiert. Das sollte man ändern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP - Detlev Schulz- Hendel [GRÜNE]: Wir werden dem Minister gerne helfen!)

Vielen Dank. - Herr Schulz-Hendel, möchten Sie erwidern?

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Nein!)

- Gut.

Bevor wir jetzt mit weiteren Wortmeldungen fortfahren, Folgendes zur Information, damit Sie sich darauf einstellen können: Die Parlamentarischen Geschäftsführer sind übereingekommen, dass wir vor der Mittagspause noch den Tagesordnungspunkt 20 behandeln.

Jetzt fahren wir in der Debatte fort. Für die AfDFraktion hat der Abgeordnete Stefan Henze das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bürokratieabbau ist wichtig und da, wo er sinnvoll ist, immer zu begrüßen. Dafür steht die AfD. Das hat meine Fraktion hier im Parlament schon mehrfach vorgetragen. Insoweit begrüßen wir die von der FDP-Fraktion vorgelegte Initiative dem Grunde nach.

Die FDP ruft mit ihrem Antrag den Landtag direkt und unverblümt dazu auf, sich 1 : 1 mit den Gedanken und Plänen der Handwerker zu solidarisie

ren, ohne zu hinterfragen, welche Auswirkungen auf andere Berufsgruppen das nach sich zieht.

Zu nennen ist hier z. B. das Schleifen der Dokumentationspflicht beim Mindestlohn. Den letzten Satz von Punkt 12 haben Sie uns gerade vorenthalten, Herr Bode, nämlich: „Davon abgesehen sollten nur gewerbliche Arbeitnehmer von dieser Regelung erfasst werden.“ Das halten wir eindeutig für falsch.

Im Umsatzsteuerbereich werden wir den Punkt zu innergemeinschaftlichen Lieferungen, z. B. im Gebrauchtwagenhandel, nicht so lösen können, wie es dort vorgeschlagen ist.

Bei der Führerscheinkontrollpflicht - scheinbar hat das der Kollege Schulz-Hendel auch so gesehen wie ich - sehen wir gar keinen Spielraum. Das sollte so bleiben, wie es ist.

Es ist schon auffällig, dass Sie Ihre Expertise offensichtlich gänzlich ausgelagert haben. Auch Ihr kürzlich vorgelegter Antrag „One in, two out“ stammt ja eigentlich nicht originär von Ihnen, liebe FDP.

Am Rande, aber mit aller Deutlichkeit, liebe Handwerkervertreter: Ihre und die Arbeit der anderen Branchenorganisationen ist als Teil des außerparlamentarischen Checks-and-Balances-Systems

wichtig und auch von uns anerkannt.

Liebe Vertreter der Landesregierung, die Initiative der FDP müsste Sie eigentlich maßlos ärgern; denn Sie verfügen über eine zu Beginn der Legislaturperiode noch einmal um ungefähr 100 Stellen aufgeblühte Ministerialverwaltung und einen Stab „Bürokratieabbau“. Bei so viel Input müsste doch eigentlich genug eigener Output erzeugt werden, der für Bürokratieabbau sorgt. Die FDP traut Ihnen da offenbar nichts zu und beruft sich lieber gleich auf die Handwerkerhinweise. Die werden schon wissen warum; denn man hat ja in Teilen schon mal mit Ihnen zusammen regiert.

(Jörg Bode [FDP] lacht)

Vielleicht hilft deshalb ein Blick von außen; denn wo sonst als in den Parlamenten unserer Republik hat die überbordende Bürokratie ihren Ausgangspunkt, ergänzt um den EU-Bürokratismus aus dem geliebten Brüssel? Die Parlamente schieben die Bürokratieimpulse dann direkt in die Exekutive. Natürlich hat dann auch die Judikative sie über das Maß belastende Verwaltungsaufgaben zu erledigen.

Da es der AfD-Fraktion aber um Inhalte geht, werden wir uns die Vorschläge des ZDH in den Ausschussberatungen genau ansehen und entscheiden, welche Aspekte unterstützenswert sind. Ich fand es schon sehr interessant, dass hier zumindest von mehreren Fraktionen die gleichen Punkte als „na ja, die müssen wir noch mal bewerten“ angesprochen wurden.