Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Feiertage dienen der gemeinsamen Erholung. Sie dienen dazu, eine Auszeit zu nehmen. Sie dienen der geistigen, seelischen und körperlichen Erbauung und Erquickung. Insofern sind Feiertage ein unabdingbarer und wichtiger Bestandteil unseres Jahresrhythmus. Darum möchte ich hier zu Beginn erklären: Wir als Grüne finden es ausdrücklich richtig, dass es einen zusätzlichen Feiertag für die Menschen in Niedersachsen geben soll.
Der Herr Ministerpräsident hat sich - Herr Dr. Birkner hat das ausgeführt - sehr früh de facto auf den Reformationstag festgelegt - auch wenn dann nachgeschoben wurde, eigentlich sei das Ergebnis, dass es der Reformationstag werden soll, offen.
Dann gab es öffentlichen Widerspruch: von den jüdischen Gemeinden, von der katholischen Kirche, aber auch von anderen Verbänden und Personen, nicht nur aus dem religiösen Bereich, sondern auch aus dem politischen und gewerkschaftlichen Bereich.
Daraufhin hat der Ministerpräsident nicht etwa öffentlich erklärt: Okay, das war vielleicht der falsche Einstieg in die Debatte, wir starten alles noch einmal von vorne und machen eine wirklich ergebnisoffene Debatte! - Vielmehr hat er - man hat fast den Eindruck: trotzig - gesagt: Ich bin aber weiterhin für den Reformationstag. Punkt! Basta! - Herr Ministerpräsident, so kann man eine einigungsstiftende Debatte in der Tat nicht beginnen und führen! Das ist der Sache überhaupt nicht angemessen.
Auch wenn ich persönlich als evangelischer Christ dem Reformationstag viel abgewinnen kann, müssen wir - Sie, Herr Ministerpräsident, ich und wir alle - doch einsehen: Darum geht es hier nicht. Wir stehen hier nicht als Privatpersonen in der Debatte, sondern als gewählte Amts- und Mandatsträger. Wir sind aufgefordert, einen Feiertag zu finden, hinter dem sich möglichst viele Menschen in Niedersachsen versammeln können. Unabhängig von persönlichen Auffassungen müssen wir doch in der Tat erkennen: Das ist offenkundig nicht der Reformationstag.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben in Niedersachsen eine Vielzahl an Religionen und Weltanschauungen. Es gibt christliche Menschen verschiedenster Konfessionen - auch Orthodoxe übrigens; das wird in der Debatte oft vergessen. Es gibt aber auch Atheisten, Humanisten und noch weitere. Angesichts dieser Vielfalt im Jahr 2018 erscheint doch auf den ersten Blick klar, dass es kaum einen religiösen Feiertag geben wird, hinter dem sich die Bevölkerung in großer Breite versammeln kann. Aus unserer Sicht sollte
Herr Wichmann, Ihre Ausführungen enthielten sehr viel Richtiges. Ihre Ansicht, dass die Bedeutung des Reformationstages über rein Religiöses hinausgeht, teile ich ausdrücklich. Aber der Reformationstag kann eben nicht von seiner religiösen Bedeutung getrennt werden, und er wird in der Öffentlichkeit auch nicht getrennt davon wahrgenommen. Insofern kann er großes einigungsstiftendes Potenzial offensichtlich nicht entfalten.
Die Jusos Niedersachsen haben sich öffentlich für den Tag der Befreiung als Feiertag ausgesprochen. Auch das ist sicherlich eine gute und diskussionswürdige Alternative. Jedenfalls haben die Jusos klargemacht, dass es ein weltlicher Feiertag sein soll. Herr Ministerpräsident Weil, Sie sollten häufiger - nicht nur in dieser Frage - auf Ihre Jugendorganisation hören. Da kommen sehr viele gute Ideen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist schon angesprochen worden: Aus Arbeitgeberkreisen kam jetzt die Idee, dass man den Feiertag für die Arbeitgeberseite erträglicher machen könnte, indem man festlegt, dass er unentgeltlich sein soll.
Ein unbezahlter Feiertag - oder ein Feiertag, der immer auf einen Sonntag fällt - ist aber kein richtiger Feiertag. Ein Feiertag ist ein Feiertag, ist ein Feiertag und muss auch ein Feiertag bleiben. Darum ist diese Idee von der Arbeitgeberseite aus unserer Sicht völlig abwegig. Sie sollte in der Tat nicht weiterverfolgt werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lassen Sie uns diese Diskussion nicht endlos lange, sondern zielorientiert, ergebnisorientiert führen! Aber wir müssen sie in der Tat offen - ergebnisoffen und vor allem öffentlich - führen und nicht in irgendwelchen Geheimkammern der Staatskanzlei in der Lüerstraße.
Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Für die Landesregierung hat nun Herr Innenminister Pistorius das Wort. Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Einführung eines neuen Feiertages in Niedersachsen wird derzeit in den Medien, aber auch in der Bevölkerung intensiv diskutiert. In dieser breit angelegten Debatte gibt es eine große Mehrheit - das ist deutlich geworden - für die Einführung eines zusätzlichen Feiertages.
Es gibt aber auch jene, die eine Einführung kategorisch ablehnen. Dazu gehören vor allem die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft und der FDP. Meine Bitte an die FDP ist, das einfach so zu sagen und nicht Verfahrensargumente vorzuschützen, um an der Diskussion herumzumäkeln.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Sie haben nicht zugehört, Herr Minister! - Chris- tian Grascha [FDP]: Es ist halt ein bisschen differenzierter!)
Man kann auch einfach den Standpunkt vertreten, dass man keinen zusätzlichen Feiertag will. Das ist völlig legitim.
Alternativ könnte man natürlich auch den 29. Februar vorschlagen. Das ist aber wahrscheinlich auch nicht wirklich zielführend.
An dieser Stelle möchte ich - ganz entgegen meiner sonstigen Art - noch einmal die rote Laterne Niedersachsens in dieser Frage hervorheben. Wir liegen mit 9 gesetzlichen Feiertagen im Jahr ganz am Ende der Feiertagstabelle, wenn ich das einmal so sagen darf. Angeführt wird diese von Bayern mit ganzen 14 Feiertagen, gefolgt von BadenWürttemberg mit immerhin 12 Feiertagen im Jahr. Beide Länder sind wirtschaftlich erfolgreich. Von daher kann auch unsere niedersächsische Wirtschaft ohne Weiteres einen weiteren Feiertag vertragen, um die Lebensverhältnisse zwischen den Ländern ein klein wenig anzugleichen und ein Stück weit gerechter zu machen.
Erstens muss man sich fragen, ob es nicht Sinn macht, gemeinsam mit den anderen norddeutschen Bundesländern einen Feiertag zu finden. Ich glaube, dafür spricht viel. Ob es am Ende gelingt, wird man sehen. Aber das ist mit Sicherheit ein Kriterium.
Zweitens geht es um die Frage, ob es eher ein kirchlicher oder ein weltlicher Anlass sein soll, um den sich dieser Feiertag ranken soll. Die Bandbreite der Vorschläge ist groß. Sie reicht vom Tag der Verabschiedung des Grundgesetzes - für den sicherlich viel spricht - über den Weltfriedenstag und die Feier des Sommeranfangs - wie in anderen Ländern - bis hin zu dem gerade erwähnten Vorschlag der Jusos. In einer Tageszeitung habe ich heute Morgen gelesen, auch der Tag des Westfälischen Friedens sei in der Diskussion. Es gibt also viele Tage, die in der Debatte eine Rolle spielen. Für manche Feiertagsideen gibt es bessere Argumente, für andere schlechtere.
Bei den kirchlichen Feiertagen sticht in der Diskussion eindeutig - das ist deutlich geworden - der Reformationstag hervor. Er ist derjenige, der aktuell am meisten diskutiert wird - übrigens nicht, wie gerne kolportiert wird, in geheimdiplomatischen Sitzungen. Niemand ist mit gemieteten Leihwagen vor die Staatskanzlei gefahren und hat Termine geleugnet oder verschleiert. Es war ein ganz offener Gesprächsaustausch, den wir fortsetzen werden. Ich würde an dieser Stelle zu etwas mehr Gelassenheit raten und nicht unterstellen, hier finde Geheimdiplomatie statt.
Ergebnisoffene Diskussions- und Konsultationsprozesse, meine Damen und Herren, haben nun einmal die Eigenart, dass sie ergebnisoffen geführt werden und mit vielen Kontroversen und Abwägungen verbunden sind. Wenn das anders wäre, wäre es Basta-Politik, und die kann in einer solchen Frage nicht zum Tragen kommen, meine Damen und Herren.
Genau dieser ergebnisoffene Prozess läuft gerade. Die vielfältigen Diskussionsbeiträge sehe ich als sehr konstruktiv an, soweit sie von einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung getragen werden und nicht einzelne Bevölkerungsgruppen ausgrenzen oder herabwürdigen. Wenn dabei auch Meinungen geäußert werden, die sich fundamental gegenüberstehen, dann ist das nach meinem Dafürhalten trotzdem keineswegs „verkorkst“, wie es im Titel dieser Aktuellen Stunde heißt, sondern
Ausdruck einer lebendigen Diskussion. Diese Debatte ist eben nicht „verkorkst“, sondern gelebte Demokratie.
Aus diesem Grund kann und wird die Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Entscheidung treffen oder hier heute verkünden. Schließlich ist der Entscheidungsprozess noch immer in vollem Gange.
Meine Damen und Herren, ich werde mich jetzt im Übrigen der Bewertung einzelner Feiertagsvorschläge enthalten, will aber noch einmal sehr deutlich machen: Ergebnisoffen ist ergebnisoffen, und dem ist nichts hinzuzufügen.
Vielen Dank, Herr Minister Pistorius. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass die Debatte zur Aktuellen Stunde der FDP beendet ist.
c) „Todesrichter“ Shahroudi - Welche Unterstützung gewährte ihm die Landesregierung? - Antrag der Fraktion der AfD - Drs. 18/202
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Lobenswert war besonders die gute Koordinierung zwischen Regierung und Polizei.“ - Nein, meine Damen und Herren, dieses Zitat entstammt nicht etwa einer Verlautbarung über eine erfolgreich abgehaltene Katastrophenschutzübung. Nein, dies ist der über die Nachrichtenagentur ISNA wiedergegebene O-Ton eines wahrlich besonderen Staatsgastes, nämlich des ehemaligen iranischen Justizchefs Mahmud Haschemi Shahroudi, der sich Anfang Januar in der hannoverschen neurochirurgischen Klinik INI medizinisch behandeln ließ.
So weit, so gut, will man meinen. Dieser ehemalige höchste Repräsentant der iranischen Justiz hat jedoch im Zuge seiner Tätigkeit als Richter vielfach elementare Grundsätze der Menschlichkeit grob verletzt, indem er u. a. Urteile zur Hinrichtung von
Jugendlichen und Minderjährigen absegnete, darunter ein Skandalurteil wie im Falle eines 16-jährigen Mädchens, das brutalst vergewaltigt worden war und zur Belohnung von diesem Mann zum Tode verurteilt und an einem Kran aufgehängt wurde.
Meine Damen und Herren, Shahroudi war in seiner Zeit als Justizchef im Iran von 1999 bis 2009 für die Hinrichtung von mehr als 2 000 Menschen verantwortlich. Da Zensurmaßnahmen der iranischen Regierung die Berichterstattung über Hinrichtungen aber einschränken, dürfte die Dunkelziffer weitaus höher liegen, vor allem in Bezug auf minderjährige Opfer der iranischen Justiz.
Nun reist dieser besagte Scherge aus dem Iran unbehelligt in die Bundesrepublik Deutschland ein und lässt sich unter den Augen einer scheinbar untätigen niedersächsischen Justiz in einem Krankenhaus in Hannover ungestört medizinisch behandeln. Ich frage mich: Warum wurde diesem Mann, der menschenverachtende Todesurteile vollstrecken lässt, überhaupt die Einreise in unser Land gestattet? - Meine Damen und Herren, das ist bereits ein Skandal sondergleichen. Das ist eine Verhöhnung der Opfer und eine Verhöhnung rechtsstaatlicher Prinzipien.
Aber der Skandal zieht noch weitere Kreise. Ich kehre noch einmal zu dem eingangs erwähnten Zitat zurück. Ich wiederhole Shahroudis - man könnte sagen - Danksagung auch an Sie, Herr Minister Pistorius: „Lobenswert war besonders die gute Koordinierung zwischen Regierung und Polizei.“ Offensichtlich hat die Landesregierung keine Kosten und Mühen gescheut, um diesem „Staatsgast“ den Aufenthalt so angenehm und störungsfrei wie möglich zu gestalten - und das, obwohl den Behörden mehrere Anzeigen gegen Shahroudi, u. a. wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, vorlagen.
Der gesamte Aufenthalt Shahroudis, der weder Diplomatenstatus hat noch Mitglied einer Regierung ist, liegt fast völlig im Dunkeln. Hier konnte sich mithilfe niedersächsischer und Bundesbehörden ein Schwerverbrecher ungestört aufhalten, behandeln lassen und in aller Seelenruhe wieder ausreisen, während man amtlicherseits wohl noch Zuständigkeiten hin und her schob, Strafanzeigen sortierte, einordnete und von einer Dienststelle zur anderen weiterleitete.