Protocol of the Session on January 25, 2018

Das Start-up-Barometer von Ernst & Young stammt aus Januar 2018, wenn ich es richtig weiß. Im bundesweiten Vergleich sind wir da eher unterdurchschnittlich, um es vorsichtig zu sagen. Der Studie nach haben im Jahr 2017 nur zehn Unternehmen aus Niedersachsen und Bremen Risikokapital erhalten, so wie ich es dargestellt habe. Das bedeutet plus fünf, was die Plätze betrifft, zum Barometer Juli 2017.

Allerdings gibt es ein paar Anmerkungen zu dieser Studie von Ernst & Young: Aus Niedersachsen konnten darin nur acht Investitionen und vier aus dem Jahr 2016 dokumentieren werden. In Niedersachsen wurde 2017 laut Ernst & Young insgesamt in 24 Start-ups investiert. Obwohl Niedersachsen bei dieser Studie schlecht abschneidet, fällt auf, dass sich im Vergleich zum letzten Jahr bzw. zum letzten Barometer eine deutliche Steigerung ergeben hat. Das darf man mit Blick auf diese Studie sagen.

Bei Ernst & Young darf man noch, wenn wir die Studie bewerten, erwähnen, dass es entscheidend auf die Form der Datenerhebung ankommt. Das Start-up-Barometer basiert auf Pressemitteilungen der Start-ups oder der Investoren. Der Datenmonitor von Ernst & Young basiert auf Presseberichterstattungen und verschiedenen Venture Capital Databases, die es im Internet gibt. Es handelt sich bei der Studie von Ernst & Young nach meiner Kenntnis, auch wenn ich das Unternehmen sehr schätze, nicht um eine repräsentative Studie, die eine maßgebliche Grundlage für eine politische Bewertung darstellt.

Im Barometer selbst wird im Übrigen darauf verwiesen - ich hatte fast geahnt, dass diese Frage kommt -, dass die Publikation lediglich - ich zitiere -: als allgemeine unverbindliche Information gedacht ist und nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder fachkundige Beratung oder Auskunft dienen kann.

Dies vorausgeschickt, um ihre Frage, was wir regionalbezogen tun wollen, zu beantworten: Es fällt ja schon auf, dass wir bestimmte Voraussetzungen haben, sehr regional zu denken und sehr regional die Start-up-Szene zu befördern. Genau deshalb sind die acht Start-up-Zentren, die wir jetzt haben, in unterschiedlichen Bereichen aktiv. Wir haben eine besondere Kompetenz im Bereich der Produktion, des Automobilbaus im Raum Braunschweig–Hannover–Wolfsburg, in diesem Dreieck.

Wir sind mit den beiden Zentren hier in Hannover digital ausgerichtet - VentureVilla und Smart City Hub. Diese konzentrieren sich im Wesentlichen auf Digitallösungen.

Wir haben im Bereich der anderen sieben Start-upZentren eine ganz andere Ausrichtung. Es geht dort um den Bereich Gesundheit und um den Bereich Versicherung. Ich glaube, im Norden - da bin ich mir jetzt aber nicht ganz sicher, das gucke ich gleich noch nach - geht es um den Schwerpunktbereich Versicherungen. Es wird auch um den Bereich digitale Lösungen und Start-up-Initiativen im Bereich Agrar gehen sowie um die Bereiche der chemischen Industrie und Gesundheit. Das habe ich, glaube ich, vorhin schon einmal erwähnt. Und das alles regionalisiert.

Wir haben Stärken in den acht verschiedenen Regionen. Wenn ich Niedersachsen in acht Regionen einteile, sind unsere Start-up-Zentren genau darauf konzentriert, die Stärke der jeweiligen Regionen aufzugreifen und daraus dann Start-upStrategien, die jeweils regional angepasst sind, zu entwickeln. Ob das durchträgt, kann ich im Moment noch nicht sagen. Sie sind ja gerade erst an den Start gegangen. Ich würde Sie bitten, vielleicht in einem Jahr oder in zwei Jahren, wenn wir die ersten Start-up-Unternehmen daraus gegründet haben, noch einmal nachzufragen. Ich bin aber sehr optimistisch, wenn ich mir alleine „NSeed“ ansehe. 40 neue Anträge innerhalb kürzester Zeit, innerhalb weniger Wochen liegen uns für die 4 Millionen Euro, die wir dort zur Verfügung stellen, vor. Insofern bin ich sehr optimistisch. Genau das brauchen wir eigentlich, nämlich etwas Optimismus und die Möglichkeit, den Unternehmern eine Chance zu geben.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Kauroff, SPD-Fraktion. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, welche Rolle spielt bei den Start-up-Zentren die Zusammenarbeit mit Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen?

Danke. - Herr Minister, bitte sehr!

(Dragos Pancescu [GRÜNE]: Welcher Minister?)

- Die Landesregierung entscheidet selber, welcher Minister antwortet.

Ich schlage vor, dass Minister Thümler, der auch Abgeordneter ist, das noch ergänzt, wenn er möchte.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das ent- scheidet er selber?)

- Das entscheidet er immer selber.

Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass ich die Frage der Verknüpfung von Wirtschaft und Wissenschaft schon ein wenig ausführlicher dargestellt habe. Es gibt gerade hier in der Region Hannover/Garbsen eine Ausgründung. In Braunschweig haben sich zahlreiche außeruniversitäre Institute ausgegründet. Das OFFIS in Oldenburg, ein An- Institut der Universität Oldenburg, hat sich ausgegründet und viele innovative Ideen für die Bereiche Gesundheit, Logistik, Verkehr entwickelt, um nur wenige Bereiche zu nennen.

Ich bin dem Minister Thümler sehr dankbar, dass er selber jetzt in seinem Haus eine Stabsstelle Digitalisierung einrichtet, um diese Prozesse der Digitalisierung mit Blick auf den Forschungsbereich und auch mit Blick auf den Kulturbereich, aber insbesondere mit Blick auf die Universitäten und Fachhochschulen, so zusammenzuführen, dass sie wirklich am Ende einen Mehrwert für die Wirtschaft haben. Es geht nicht um die Freiheit von Forschung und Lehre, sondern die Frage wird lauten, ob die klügsten innovativen Ideen aus dem Bereich der Forschung am Ende auch in praktische Ergebnisse umgesetzt werden können, sodass diese am Ende einen Mehrwert bieten. Dabei kommt natürlich den Denkzentren Niedersachsens - und das sind unsere Universitäten - für die Zukunft besondere Bedeutung zu.

Nehmen Sie einmal die Universität Hildesheim. Als diese ankündigte, einen Studiengang Big Data - ich meine, jetzt heißt er Data Analytics - einzurichten, sollte eruiert werden, wie viele Leute sich auf diesen Studiengang bewerben würden. Ich meine, es waren nur 30 oder 40 Studienplätze vorgesehen - der Wissenschaftsminister möge mich korrigieren. Innerhalb von wenigen Wochen gab es auf diesen Studiengang über hundert Bewerbungen. Von daher wird sich in den nächsten Jahren auch

Universität verändern. Neben der Frage, ob es einen digitalen Campus gibt, werden sich die universitären Angebote entwickeln. Aus diesen universitären Angeboten, der Veränderung der Universitätslandschaft, werden wiederum neue Unternehmen entstehen. Und genau diesen Prozess, diese Inkubatorfunktion der Universitäten brauchen wir. Genau das ist es, was wir wollen, und deshalb kommt der Frage der Zusammenarbeit zwischen universitärer Forschung und Mittelstandsorientierung, Wirtschaftspolitik in Niedersachsen eine große Bedeutung zu.

Habe ich etwas vergessen?

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Herr Minister Thümler signalisiert Zustimmung und möchte, wie ich das interpretiere, nicht reden,. Deswegen kommen wir zur nächsten Zusatzfrage, und zwar von Frau Dr. Liebetruth, SPD-Fraktion. Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Frage an die Landesregierung ist: Brauchen wir auch mehr Start-up-Kultur in etablierten Unternehmen?

Danke schön. - Herr Minister.

Auch diese Frage kann ich eindeutig mit Ja beantworten. Die etablierten Unternehmen - ob es nun VW, die maritime Wirtschaft, die chemische Industrie sind - und unsere Universitätskliniken und Universitäten können in den nächsten Jahren bei der Entwicklung neuer Lösungen der Zukunft, gerade mit Blick auf den großen Bereich der neuen Technologien und Digitalisierung, letztendlich im Wesentlichen auf die innovativen kleinen Start-upUnternehmen setzen und sie sich für den Bereich der Medizin oder aber auch für die Umsetzung von neuen Produktionsprozessen, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen zunutze machen.

All diese Fragen werden uns maßgeblich fordern. Von daher werden sich die etablierten Unternehmen letztendlich diesen zu stellen haben.

Aus zahlreichen Untersuchungen der letzten beiden Jahren im Besonderen wissen wir, dass es eine sehr grundsätzliche Bereitschaft auch des Mittelstandes in Niedersachsen gibt, sich dem Thema Digitalisierung zu stellen - allerdings mit sehr unterschiedlicher Intensität. Manche nehmen es als eine große Herausforderung wahr und wollen etwas tun. Das ist so ähnlich wie beim Thema des demografischen Wandels. Da haben wir in den letzten Jahren erlebt, dass sich in Niedersachsen ganze Enquetekommissionen - bis hin zur Gründung eine Demografieagentur - damit beschäftigt hatten. Wir haben gesehen, dass unsere Gesellschaft älter wird.

In Wahrheit stellt die Frage der Digitalisierung die gesellschaftspolitische Herausforderung des 21. Jahrhunderts dar. Ich will nicht immer von disruptiv und Revolution sprechen, aber die Kernfrage lautet am Ende, ob es der Gesellschaft auch in Niedersachsen gelingt, die Chancen so zu nutzen, dass sie einen Mehrwert für die Bevölkerung darstellen.

Und noch einmal: Es gibt viele, gerade auch ältere Menschen in unserer Gesellschaft, die etwas sorgenvoll auf diese neuen Entwicklungen schauen, obwohl sie am Ende - gerade im Bereich der Medizin bzw. des medizinischen Fortschritts - davon erheblich profitieren werden. Die Kinder, die heute geboren werden, werden, glaube ich, im Durchschnitt - das trifft gerade auf die Mädchen zu - 102 Jahre alt.

(Zuruf von den GRÜNEN: Abwarten!)

Das hat mit dem erheblichen Informations- und Wissensfortschritt im Gesundheits- und Wissenschaftsbereich zu tun. Auch dort sind letztendlich Treiber neue Technologien und das Zusammenführen von Wissen, was zu neuen Methoden bei der Bekämpfung von Krankheiten oder Verhinderung von Krankheiten - auch das gehört dazu - führt.

Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Arends, SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Danke schön, Herr Minister Althusmann. Meine Frage zielt auf der Finanzierung von Start-ups. Dabei kann es ja nicht ausschließlich um eine Finanzierung oder Förderung vonseiten des Landes gehen. Daher frage ich: Wie sieht die Landesregierung die Verqui

ckung zwischen öffentlichem und privatem Risikokapital?

Danke schön. - Herr Minister Althusmann, bitte sehr!

In Deutschland haben wir eine klare Verteilung von privatem und öffentlichem Kapital. Ich glaube, etwa 47 % sind Privatkapitalgeber, und nur 25 % sind öffentliche Kapitalgeber. Der Rest verteilt sich auf andere. Da kommt es auf die gute Mischung an.

Landesseitig werden wir mit Blick auf unsere Startup-Unternehmen für kleine und mittelständische Unternehmen den sogenannten Digitalbonus, der einen finanziellen Anreiz darstellen soll, auf den Weg bringen. Das ist also quasi eine öffentliche Förderung. Damit sollen die notwendigen Digitalisierungsprozesse beschleunigt werden. Letztendlich geht es um die Frage des Fördergegenstandes, die Frage der Fördervoraussetzungen, die Förderform und das Förderbudget. All das soll im Übrigen mit dem Masterplan Digitalisierung bis Mitte 2018 näher spezifiziert sein. Dieser Digitalbonus für kleine und mittelständische Unternehmen wird, was die Förderrichtlinie betrifft, mit Blick auf die europäische Beihilferechtsregelung entsprechend untersucht und bis Mitte des Jahres vorgelegt werden.

Wir werden auch prüfen, ob wir im Bereich der Digitalisierung von Dienstleistungs- und Betriebsprozessen sowie bei der Förderung von Beratungsleistungen den entsprechenden Unternehmen mit öffentlicher Finanzierung unter die Arme greifen können. Voraussichtlich wird von öffentlicher Seite eine zusätzliche Förderung gegeben werden. Dabei geht es um die Frage der Fort- und Weiterbildung. Wir wollen damit schneller Fachpersonal im Bereich der Digitalisierung qualifizieren. Insofern werden wir hier Prioritätensetzungen vornehmen.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Minister. - Das Wort zu einer Zusatzfrage hat jetzt Herr Kollege Schulz-Hendel für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung: Welche eigenen konkreten Erkundungen und Gespräche hat die rot-schwarze Landesregierung bislang mit welchen konkreten Ergebnissen in der Start-up-Szene geführt? Die Betonung liegt auf „eigene“. Ich stelle die Frage jetzt so konkret, weil der Präsident sehr streng ist. Mehr will ich dazu auch gar nicht sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. - Man kann in so einer Sitzung eine Menge lernen, Herr Kollege. Das ist so. - Herr Minister, Sie haben das Wort.

Konkrete Frage, konkrete Antwort: Alle Start-upZentren wurden von uns vorher konkret befragt. Wir haben die Förderkulisse und das Ziel mit ihnen besprochen. Es wurden für die einzelnen Bereiche folgende Branchenschwerpunkte festgelegt: im Bereich Hildesheim die Versicherungswirtschaft, im Bereich Braunschweig Mobilität, im Bereich Göttingen Lebenswissenschaften und Medizintechnik, im Bereich Hannover VentureVilla Softwaretechnologie und Onlinedienstleistungen sowie Hafven Smart City, im Bereich Lüneburg IT und Medienbranche, im Bereich Oldenburg Energie und Klimaschutz sowie Gesundheitswissenschaft sowie im Bereich Osnabrück Agrar- und Ernährungswirtschaft.

Die Frage der Ausrichtung wurde vorher durch eigene Recherche und eigene Absprachen auch mit den Start-up-Zentren entsprechend begleitet.

Ich kann Ihnen sagen, dass wir gerade mit Blick auf Smart City Hub und Hafven Hannover sehr intensive Gespräche mit den dortigen Geschäftsführungen über die Inhalte bzw. über die Frage geführt haben, was daraus für Unternehmen entstehen sollen.

(Vizepräsidentin Petra Emmerich- Kopatsch übernimmt den Vorsitz)

Darüber hinaus gibt es ein weiteres Gremium. Das können Sie auf der Seite „Start-up.Niedersachsen“ nachlesen. Der Beirat bzw. die dort aufgeführten Beiratsmitglieder sind die Berater der Landesregierung und machen Vorschläge für besonders innovative Ansätze im Bereich der Start-up-Initiativen.