Protocol of the Session on January 29, 2020

Tagesordnungspunkt 8: Abschließende Beratung: Fake-Shops bekämpfen und nationales IT-Gütesiegel etablieren - digitale Sicherheitslücken schließen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/4488 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - Drs. 18/5044

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung und erteile zunächst der Kollegin Glosemeyer, SPD-Fraktion, das Wort. Bitte sehr, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema unseres Entschließungsantrages „Fake-Shops bekämpfen und nationales IT-Gütesiegel etablieren - digitale Sicherheitslücken schließen“ ist brandaktuell. Bisher sind noch keine Verbesserungen eingetreten. Dies verdeutlicht die mediale Berichterstattung seit Weihnachten.

Mit diesem Antrag wollen wir falschen OnlineVersandhändlern den Kampf ansagen und den wirtschaftlichen Verbraucherschutz in Niedersachsen stärken. Weihnachten liegt erst einige Wochen zurück. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher suchten online nach preiswerten Geschenken für ihre Liebsten und landeten sicherlich auch auf einem Fake-Shop. Dort animieren kleine Preise zu einem Kauf, doch das gewünschte Smartphone oder die Sneakers, das Designerkleid usw. treffen nie bei Kundinnen und Kunden ein. Da diese FakeShops immer professioneller werden, kann jeder ihrer Betrugsmasche zum Opfer fallen.

Sie und ich sind von dieser Gefahr nicht ausgenommen. Der ARD-„Kriminalreport“ deckte auf, dass bereits 4,4 Millionen Deutsche durch Fake

Shops betrogen worden sind. Dass es auch aufgeklärte Verbraucher treffen kann, zeigte der Fall eines jungen Mannes aus Peine, den der NDR veröffentlichte. Er achtete eigentlich auf alles, was die Polizei empfiehlt: Es sah alles seriös aus, erklärte er, nachdem er eine Kaffeemaschine kaufen wollte und um rund 650 Euro geprellt worden war. „10 % Neukundenrabatt“ war für ihn interessant geworden: durch eine seriös wirkende Internetadresse mit deutscher Domain, also mit einem „de“ am Ende; das Geld wurde an ein deutsches Bankkonto gesendet; ein ordentliches Impressum. Gleichwohl tappte der Mann in die Falle. Daran erkennt man, dass Verbraucher besser aufgeklärt werden müssen, und zwar möglichst schon im Jugendlichenalter.

Deshalb ist es nötig, die digitalen Bildungsangebote auszubauen. Wachter Digital Partners, eine renommierte Digitalberatungsagentur, hat ermittelt, dass mehr als 16 000 deutsche Domains von Fake-Shops missbraucht werden. Auch das haben Sie sicherlich in den Medien schon zur Kenntnis nehmen müssen. Sie nisten sich auf den Internetseiten von bankrotten Firmen oder auf Seiten ein, die früher von Parteien genutzt wurden. Zum Beispiel wird auf der Homepage der FDP Mölln mit Markenturnschuhen und bei der Zwickauer Grünen-Fraktion mit rosa Babyschühchen geworben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, die falschen Versandhändler sind schwer zu enttarnen. Hinzu kommt, dass vergleichsweise günstige Preise die Zweifel in den Hintergrund rücken lassen. Will man einen Online-Shop auf Seriosität hin überprüfen, kann sich das aufwendig gestalten und in die Länge ziehen. Rund 70 % aller OnlineKäufer kennen das „Trusted Shops“-Gütesiegel, mit dem vertrauenswürdige Online-Versandhändler ausgezeichnet werden. Wer ein Gütesiegel im Internet entdeckt, sollte jedoch auf keinen Fall die Vorsicht über Bord werfen, sondern es überprüfen. Die Kriminellen, die hinter dem Fake-Shop stecken, stehlen dieses Siegel oder die Daten seriöser Händler für ihre Zwecke.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Internet darf nicht zu einem Tummelplatz für Verbrecher werden! Um die Ermittlungsarbeit so effizient wie möglich zu gestalten, müssen der interne und externe Informationsaustausch der Institutionen ausgebaut werden sowie eine intensive Vernetzung zwischen Verbraucherschutzzentralen und Ermittlungsbehörden stattfinden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf Bundesebene geht es im Kampf gegen Fake-Shops schon voran. Der Bundesinnenminister plant ein freiwilliges ITSicherheitskennzeichen, wobei erst geprüft werden muss, ob das ausreichend ist. Die Verbraucherschutzministerinnen der Länder, z. B. von Niedersachsen, unsere Ministerin voran, haben sich für öffentliche Listen bekannter Fake-Shops starkgemacht. Es ist eine zentrale Ansprechstelle bei den Ermittlungsbehörden geplant, an die sich Geschädigte ebenso wie an die Verbraucherzentrale Bundesverband wenden können, um gezielt gegen Fake-Shops vorzugehen.

Der Entwurf des IT-Sicherheitsgesetzes 2.0 des Bundesinnenministeriums sieht vor, die Kompetenzen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik zu erweitern. Im Hause findet im Moment eine Abstimmung statt.

Darüber hinaus bitten wir die Landesregierung, sich auf bundespolitischer Ebene dafür einzusetzen, dass Bildungsangebote für digitale Aufklärung ausgebaut und erweitert werden, dass die bereits existierenden Gütesiegel durch ein Verfahren ergänzt werden, mit welchem alle Verbraucherinnen und Verbraucher die Rechtmäßigkeit des Siegels leichter prüfen können, und geprüft wird, inwieweit eine verstärkte Verpflichtung zur Bereitstellung von Updates durch die Hersteller softwaregeschützter IT-Produkte umgesetzt werden kann.

Das Internet, liebe Kolleginnen und Kollegen, kennt keine Grenzen. Deshalb sollte auf europäischer Ebene geprüft werden, langfristig verpflichtende Zertifizierungen einzuführen. Bislang gibt es nur Regelungen, die freiwillig sind. Eines ist doch klar: Wenn wir in Europa alle an einem Strang ziehen, kann die Sicherheit im Online-Kauf erheblich verbessert werden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Glosemeyer. - Für die FDP-Fraktion hat nun die Kollegin Sylvia Bruns das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie waren mit Ihrem Gesetzentwurf etwas schneller als der Bund; denn dessen Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge ist letzten Freitag herausgekommen.

Ich kann mich kurz fassen. Die Ausführungen von Frau Glosemeyer teilen wir genau bis zu den Nrn. 1 bis 3.

Ich habe aber letztes Mal schon deutlich gemacht, dass wir mit dem Sonderkündigungsrecht, das Sie einführen müssen, Probleme haben. Sie möchten ein Sonderkündigungsrecht, wenn in dem Wohnbereich im Zuge eines signifikanten Netzinfrastrukturausbaus eine deutlich bessere Netzabdeckung bzw. Übertragungsgeschwindigkeit realisiert werden kann. Das finden wir nicht zustimmungsfähig. Ich würde Ihnen die beiden Gründe dafür gerne nennen.

Erstens ist es für uns fraglich, ob die Ausgestaltung genügend Rechtssicherheit für die anbietenden Firmen gibt. Wir wollen doch den Netzausbau fördern! Wie ist das jedoch vor dem Hintergrund, wenn die Kunden nach dem Ausbau ihre Altverträge mit einem Sonderkündigungsrecht kündigen können? Aus unserer Perspektive könnte das den Netzausbau verlangsamen.

Zweitens haben wir ein Problem mit dem Sonderkündigungsrecht, weil es sich natürlich auch auf andere Geschäftsbereiche ausdehnen könnte. Ich habe beim letzten Mal das Beispiel mit dem VW angeführt: Was mache ich denn, wenn ich mir einen VW kaufe und drei Monate später das neue Modell herauskommt? Kann ich dann auch sagen, dass das Modell veraltet ist, und einen Umtausch verlangen? - Es ist das Drama mit vielen elektronischen Geräten und anderen Dingen: Ich muss mich irgendwann entscheiden, ob ich sie kaufe, also etwa, ob ich mir das Handymodell 8 oder 9 kaufe. Irgendwann bin ich entweder zu langsam oder zu schnell.

Aus diesen Gründen werden wir uns bei der Abstimmung über Ihren Antrag enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Bruns. - Nun hat für die CDU-Fraktion die Kollegin Veronika Koch das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bruns, ich bin etwas irritiert, ob Sie zu dem richtigen Antrag gesprochen haben.

(Unruhe)

Entschuldigung, Frau Kollegin, warten Sie bitte noch einen Augenblick! Gerade weil Sie Frau Bruns angesprochen haben, soll sie auch die Möglichkeit haben, Ihnen zuzuhören.

Bitte schön!

Ich glaube, Sie haben gerade zu dem falschen Thema gesprochen. Wenn ich richtig informiert bin, geht es um Fake-Shops.

(Sylvia Bruns [FDP]: Das stimmt! - Björn Försterling [FDP]: Aber die Re- de war gut, oder? - Wiard Siebels [SPD]: Die Rede war ganz gut! - Hei- terkeit)

- Vielleicht war das eine Fake-Rede.

Ich bin ziemlich sicher, wir haben es alle schon einmal getan. Wir haben gewiss alle schon einmal eine Bestellung im Internet aufgegeben. Es ist komfortabel, schnell von zu Hause oder am Schreibtisch im Büro erledigt, und die Ware wird zudem im günstigsten Fall direkt an die Haustür geliefert.

Grundsätzlich möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir als CDU natürlich für Regionalität stehen. Wir werben ausdrücklich dafür, dass die Menschen ihre Einkäufe vor Ort tätigen.

(Unruhe)

Frau Kollegin, Entschuldigung, warten Sie bitte einen Augenblick! Es ist extrem unruhig. - Alles klar. Vielen Dank.

Verbinden Sie Ihre Einkäufe mit einem Bummel durch Ihre Städte und lassen Sie Ihr Geld in der Region! Sie werden feststellen, die Serviceleistungen unseres heimischen Handels sind besser als ihr Ruf, und der Kunde ist eben doch König.

Aber wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass sich die Gesellschaft geändert hat und dass Kaufverträge immer häufiger per Internet abgewickelt werden. Hier kommt es zunehmend zu Betrügereien. Dies belegen die entsprechenden Statistiken.

Die Zahlen beunruhigen auch. Daher sehen wir ausdrücklich Handlungsbedarf.

Meine Damen und Herren, ich will es gar nicht wegreden: Natürlich gibt es immer auch einen gewissen Anteil von Usern, die die gebotene Sorgfalt nicht beachten und etwas blauäugig agieren. Mancherlei Lockangebote schreien förmlich danach, dass es sich dabei um sogenannte FakeAngebote handelt. Dennoch setzt der gesunde Menschenverstand aus, und es werden trotzdem Käufe abgeschlossen. Vermutlich ist es der Reiz, zu sehen, ob man vielleicht doch ein Schnäppchen gemacht hat.

Wir müssen einfach feststellen, dass es immer schwieriger wird, die seriösen von den unseriösen Internetseiten zu unterscheiden; denn die sogenannten Fake-Shops werden immer professioneller und authentischer nachgebildet. Mit dem Klick in dem gefälschten Internetshop ist damit die kriminelle Handlung der Betrüger noch nicht zu Ende. Danach geht es häufig erst so richtig los; denn sie gelangen an persönliche Daten, mit denen darüber hinaus Missbrauch getrieben wird.

Meine Damen und Herren, wir als CDU-Fraktion sind der Meinung: Das Internet ist und darf kein rechtsfreier Raum sein.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Anrecht darauf, frei von Angst vor Verbrechen an der digitalen Gesellschaft teilhaben zu dürfen. Auch die Unterrichtung und die anschließende Beratung im Ausschuss haben uns überzeugt und darin bestätigt, dass die Maßnahmen, die Inhalt unseres Entschließungsantrages sind, diesem Schutz dienen.

Internetuser müssen noch mehr über die Nutzung und die Gefahren des Netzes aufgeklärt werden. Hierfür dienen zusätzliche Bildungsangebote, die wir auf bundespolitischer Ebene fordern, damit es erst gar nicht zu den Betrugsfällen kommt. Die Internetuser müssen ein geschulteres Auge dafür bekommen, welche Art von Fallen es im Netz gibt und welche Konsequenzen es haben kann, wenn man einem Betrüger auf den Leim geht.

Die Kompetenzen der Sicherheitsbehörden müssen erweitert werden; auch das hat die Unterrichtung bestätigt. Es muss einfach unser Ziel sein, die Informationsflüsse zwischen den einzelnen Behörden und Institutionen zu verbessern und vor allem auch die Arbeitsprozesse bei den Ermittlungsbe

hörden und den Verbraucherzentralen der Länder zu vernetzen. Hierfür müssen wir die Sicherheitsbehörden stärken und sie insgesamt handlungsfähiger machen.

Erarbeitet haben wir ferner, dass die Einrichtung einer zentralen Ansprechstelle zielführend ist. An diese können sich die Verbraucherzentralen in Deutschland wenden, und so kann gemeinsam gezielt gegen Fake-Shops vorgegangen werden. Die Verbraucherzentralen sind zum Thema Internetbetrug bereits gut unterwegs. Eine nationale Ansprechstelle wird dazu beitragen, dass Geschädigte noch effektiver gegen Fake-Shops vorgehen können.

Über die bereits bestehenden Gütesiegel haben wir gesprochen. Natürlich ist dies schwierig; denn Fake-Shops werden sich davon nicht abhalten lassen, auch Gütesiegel zu fälschen. Daher müssen Verfahren entwickelt werden, um wiederum die Rechtmäßigkeit bestehender Gütesiegel überprüfen zu können. Insofern brauchen wir ergänzende Verfahren für die bereits existierenden Gütesiegel. Die Veröffentlichung einer Fake-Shop-Liste im Internet ist hierbei ein Schritt, der aber nicht wirklich praxisnah ist. Wir müssen noch einen Schritt weitergehen, und zwar mit einem nationalen Gütesiegel, mit einem eindeutigen Symbol, das die Seriosität und Echtheit des Shops belegt.