Protocol of the Session on December 16, 2019

Die Dauer der Gewährung des Übergangsgeldes ist bereits angesprochen worden. Dabei orientiert sich Niedersachsen am Bund, liegt damit aber deutlich unter einigen Nachbarbundesländern - Schleswig-Holstein, Brandenburg und andere; Sie wissen das -, wo immerhin für 24 Monate eine Anzeigepflicht gilt.

Wir schlagen gemeinsam mit LobbyControl,

Transparency International und anderen Expertinnen und Experten sogar 36 Monate vor. Warum?

Zum einen erreicht nach der von Ihnen vorgeschlagenen Regelung die Anzeigepflicht für eine mögliche Nebentätigkeit - es geht nur um eine Anzeigepflicht; es geht nicht um ein absolutes Verbot; es geht nur um die Frage, ob man überhaupt anzeigen muss - bei Ihrem Vorschlag nicht einmal die längste denkbare Dauer des Übergangsgeldes, das Ministerinnen und Minister bekommen können. Diese beträgt, wie Sie wissen, bis zu 24 Monate. Das heißt, es kann sein, dass jemand noch Übergangsgeld vom Land bekommt, aber schon von der Pflicht befreit ist, eine Nebentätigkeit anzumelden. Wir finden, das ist ein eklatanter Wertungswiderspruch und nicht angemessen. Deswegen fordern wir eine längere Frist.

Nun könnte man einwenden: Wenn ihr 36 Monate fordert, dann müsstet ihr auch die Gewährung des Übergangsgeldes verlängern. Das ist aber nicht der Kernpunkt. Die 36 Monate sind, wie ich schon gesagt habe, keine absolute Ausschlussfrist, sondern es geht nur darum, dass überhaupt eine Prüfung stattfindet.

Natürlich ist es so: Je länger die Tätigkeit in der Landesregierung zurückliegt, desto unwahrscheinlicher ist es, dass ein Interessenkonflikt tatsächlich

anzunehmen ist. Aber wenn er angenommen wird, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss es auch die Möglichkeit einer Untersagung für länger als 18 Monate geben. Es ist bedauerlich, dass die Große Koalition hier nur zu Trippelschritten und einem Minimalkonsens in der Lage ist.

Zum anderen haben wir im Rechtsausschuss die Frage diskutiert, ob die Gründe für eine Entscheidung - unabhängig davon, ob die Tätigkeit genehmigt wird oder nicht - veröffentlicht werden sollen. Die Große Koalition hat dazu ausdrücklich gesagt: Nein, sie sollen nicht veröffentlicht werden. - Näher begründet haben Sie Ihre Entscheidung dann leider nicht.

Wir finden das schon sehr problematisch, weil es dem Gesetzesziel - auch Ihrem eigenen Gesetzesziel - zuwiderläuft. Sie wollen mit diesem Gesetz das Vertrauen in die Landesregierung und die Integrität der Landesregierung stärken. Das aber erreichen Sie doch nur, wenn eine solche Entscheidung - egal, wie sie ausfällt - mit Gründen veröffentlicht wird, damit die Öffentlichkeit sich ein Bild davon machen kann, was abgewogen worden ist, was für die Tätigkeit und was dagegen sprach und wie man zu welcher Entscheidung gekommen ist. So, wie Sie es hier tun, eröffnen Sie doch Spekulationen Tür und Tor und erreichen schlimmstenfalls das Gegenteil dessen, was Sie eigentlich beabsichtigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schließlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es sehr bedauerlich, dass Sie unserem Vorschlag, zu überlegen, wie man auch im Abgeordnetengesetz zu verbesserten Regelungen kommen kann, überhaupt nicht nähergetreten sind. Wir sagen nicht, dass der Vorschlag, den wir jetzt gemacht haben, der einzig Richtige ist. Darüber hätten wir sicherlich debattieren können. Aber Ihre völlige Weigerung, hierüber ins Gespräch zu kommen, finden wir schon sehr, sehr bedauerlich.

Wir können dem Gesetzentwurf so jedenfalls nicht zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Limburg. - Es folgt für die SPD-Fraktion die Kollegin Wiebke Osigus. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab, Herr Kollege Limburg: Wir weisen zurück, dass wir hier in irgendeiner Form arrogant reagiert haben. Ich denke, das tut hier auch nichts weiter zur Sache.

(Lachen bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Wenn das nicht ar- rogant war, dann wäre ich mal auf Ih- re Definition von Arroganz gespannt!)

Um es vorwegzunehmen: Die Einführung einer 18monatigen gesetzlichen - - -

(Unruhe)

- Hören Sie mir doch mal ganz kurz zu, bitte!

(Zustimmung bei der SPD)

Die Einführung einer 18-monatigen gesetzlichen Karenzzeit ist gut und richtig. Wir vermeiden Interessenkonflikte und schützen vor ungerechtfertigter Kritik.

Wir haben hierbei in der Tat Maß und Mitte gefunden. Es geht nicht um Symbolpolitik, es geht um einen Abkühlungseffekt zwischen der Tätigkeit als Mitglied der Landesregierung und einer anschließenden Tätigkeit in der freien Wirtschaft. Sie nimmt die Brisanz, die ein übergangsloser Wechsel haben kann, und vermeidet den Anschein, dass jemand jahrelang vorgebaut hat. Und ja: Die Dauer von 18 Monaten ist ausreichend.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich sehe es der Opposition nach, dass sie den Regierungsentwurf nicht ausdrücklich loben kann. Natürlich ist aus Ihrer Sicht die Frist zu kurz, der Inhalt zu dünn, die Regelung insgesamt nicht scharf genug. Das verstehen wir. Wir schützen allerdings berechtigterweise den Verfassungsrang von Grundrechten. Pauschales Misstrauen, öffentlichkeitswirksame Skandalisierung sind hier aus meiner Sicht völlig fehl am Platz.

Meine Damen und Herren, hier wird eine Anzeigepflicht geschaffen, die zu einer vorübergehenden Untersagung führen kann. Dieses „kann“ ist wichtig. Wir reden nämlich von einem Berufsverbot. Vorübergehend: ja, mit Ausgleichszahlungen: ja, aber mit dem Nachteil, dass der lockende Arbeitsplatz ausgeschlagen werden muss. Anderthalb Jahre Verzögerung sind hier ein entscheidender Nachteil. Richtigerweise wird diese Entscheidung zum Schutz des Einzelnen ohne Begründung veröffentlicht. Wir vergesetzlichen hier und heute eine Moral, meine Damen und Herren.

Für die SPD-Fraktion kann ich deutlich sagen: Unsere Politik reagiert hier auf die Lebenswirklichkeit. Unsere Politik begegnet Befürchtungen, schafft Ausgleich und wird Erwartungen gerecht. Wir begrüßen die gesetzliche Karenzzeit ausdrücklich.

Meine Damen und Herren, man kann sich fragen, ob die gesetzliche Einführung notwendig ist, gab es doch bisher eine freiwillige Selbstverpflichtung.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Hat nicht funktioniert!)

Im Kern geht es um die Vorbeugung von vermeintlicher Korruption, Vorteilsannahme und letztendlich von Befürchtungen. Es kann und darf grundsätzlich niemandem schaden, durch gute Arbeit aufzufallen. Eine pauschale Missbrauchsvermutung darf es in diesem Zusammenhang nicht geben. Dem berechtigten Interesse an Sicherheit kommen wir gerne nach.

Wir schaffen hiermit Stabilität, Integrität und Vertrauen, sodass wir als SPD-Fraktion diesem Vorhaben aus Überzeugung zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Osigus. - Schließlich noch die Fraktion der FDP: Kollege Dr. Birkner. Bitte sehr!

(Unruhe)

- Ich darf um Ruhe bitten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die FDP-Fraktion kann ich erklären, dass wir dieses Gesetz unterstützen. Auch wir begrüßen eine Karenzzeit von 18 Monaten und sind der Auffassung, dass die Abwägung, die im Gesetzentwurf mit Blick auf das gewählte Verfahren zum Ausdruck kommt - wie wird am Ende die tatsächliche Dauer bestimmt, die sowohl die Interessen eines Amtsinhabers berücksichtigt als auch zum Ziel hat, dass das Amt und die Funktion des Amtsinhaber nicht durch sein individuelles Verhalten beschädigt werden? -, am Ende ordnungsgemäß stattfinden kann und dafür ein entsprechender Rahmen gesetzt ist.

Ich möchte aber noch auf Folgendes zurückkommen: Die Kollegin Osigus hat eben angedeutet, dass es bisher sozusagen auch keinen Bedarf für eine Regelung gegeben habe. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass dieser Verhaltenskodex mit Blick auf den Umgang mit einem so verantwortungsvollen Amt in der Regierung von Stephan Weil offensichtlich nicht selbstverständlich war; denn am Ende war der Fall von Olaf Lies Ausgangspunkt für diese Debatte, und er hat dazu geführt, dass sogar die Landesregierung gesagt hat: So geht es offensichtlich nicht. Ein uns selbst bindender Verhaltenskodex reicht nicht aus. - Dabei wäre ein sich selbst bindender Verhaltenskodex einer gesetzlichen Regelung eigentlich immer vorzuziehen, weil er eine gewisse Stärke und Souveränität einer Regierung zeigt. Diese Souveränität und Stärke war in dem Fall aber nicht da.

(Wiard Siebels [SPD]: Weil er nicht gewechselt hat!)

Das Verhalten von Olaf Lies wird damit im Nachhinein in ein Licht gerückt, dass man sagt: Das war falsch. Wir hätten uns eigentlich eher gewünscht, eine Karenzzeit einzuhalten. - Am Ende ist er ja nicht gegangen.

(Wiard Siebels [SPD]: Ja, eben!)

Das ist ja klar. Er sitzt da ja noch.

(Wiard Siebels [SPD]: Immer noch!)

Aber diese ganzen Umstände haben dazu geführt, dass man eine gesetzliche Regelung gefordert hat, um nicht noch einmal in eine solche Situation zu kommen. Das war der Grund.

Insofern begrüßen wir, dass die Landesregierung aus diesen Entwicklungen lernt. Wir unterstützen den Gesetzentwurf.

Ich will nur darauf hinweisen, dass ein Verhaltenskodex, den sich die Ministerinnen und Minister untereinander geben, der solche Verhaltensweisen festlegt, noch besser gewesen wäre. Das wäre schön und ausreichend. Diesen gibt es aber offensichtlich nicht. Nichtsdestotrotz unterstützen wir diesen Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Herr Dr. Birkner. - Jetzt möchte für die Landesregierung Herr Ministerpräsident Weil das Wort nehmen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein Wort zur Präsenz, nämlich zu meiner eigenen. Lieber Kollege Limburg, nicht nur bin ich, wie Sie nachträglich mit Recht festgestellt haben, die ganze Zeit über körperlich, aber auch intellektuell Teilnehmer bei dieser Debatte gewesen,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Entgegen Ihrer eigenen Ankündigung!)

sondern ich habe gerade auch deswegen bis jetzt keinerlei Kontakt mit den Medien gehabt. Ich habe mir heute also wirklich Mühe gegeben, auch den strengen Augen des Kollegen Limburg, was mein Verhalten angeht, gerecht zu werden. Ich bin aber ein bisschen frustriert, dass das wieder nicht geklappt hat.