Protocol of the Session on November 19, 2019

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon ein kurzer Blick in meinen Kalender der letzten Wochen zeigt die ganz besondere kulturelle Vielfalt in Niedersachsen: Tag der Tracht in Bad Iburg; Improtheater des Landesverbandes Theaterpädagogik mit Schülerinnen und Betreuungskräften im Alten- und Pflegeheim St. Josef; „Think

Tank“ der niedersächsischen Kunstschulen in Wolfenbüttel; „Keine Wahl ist keine Wahl“, ein hervorragendes Theaterstück zu 100 Jahren Frauenwahlrecht der Ländlichen Akademie Krummhörn - um nur einige Termine zu nennen.

Überall hier schafft Kultur Räume für zivilgesellschaftliche Aushandlungsprozesse und ist nicht zuletzt deshalb eine enge Verbündete für unsere Demokratie und den Rechtsstaat.

(Zustimmung bei der SPD)

Es ist die Kultur, die uns dazu bringt, zu reflektieren und uns selbstkritisch zu hinterfragen. Wir brauchen die Kultur und müssen sie wertschätzen.

Was wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen, ist ein flächendeckendes, vielfältiges kulturelles Netz in Stadt und Land.

(Beifall bei der SPD)

Denn wo wir uns Kultur nicht mehr leisten wollen, wird den Rattenfängern Vorschub geleistet. Oder wie eine Binsenweisheit sagt: Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.

(Zuruf von der CDU: Karl Kraus!)

- Es ist strittig, ob das Karl Kraus war oder nicht. Deshalb habe ich ihn nicht genannt.

In aller gebotenen Kürze will ich nun auf ein paar der konkreten Maßnahmen unseres Antrags eingehen.

Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU haben wir festgelegt, dass, um eine umfassende kulturelle Teilhabe für die Bevölkerung erreichen zu können, die Kultureinrichtungen Unterstützung des Landes beim Mammutthema Digitalisierung bekommen sollen. Wir verstehen dabei die Beispielmaßnahmen nicht als abschließend, sondern als Anstoß.

Wir fordern die Landesregierung auf, auf eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen hinzuwirken. Die Tarifautonomie immer im Hinterkopf behaltend, muss dort etwas getan werden, wo das Land etwas tun kann.

Künstlerisch tätige Menschen arbeiten wie im Schichtdienst für unterdurchschnittlich wenig Geld und mit sehr hohem Leistungsdruck. Lassen Sie uns, wie im Nachbarland Hessen, in den Austausch darüber gehen, was wir in diesem Bereich tun können!

In diesem Antrag schon enthalten sind unser Anliegen nach Verstetigung der Mittel für die kommunalen Theater und Orchester sowie die unbedingte Einhaltung der anteiligen Übernahme der Tariferhöhungen.

(Beifall bei der SPD)

Das muss an dieser Stelle die Basis für eine langfristige finanzielle Perspektive sein.

Gleichzeitig wollen wir eine Ausweitung der Spielstätten- und Konzeptionsförderung für die freien und Amateurtheater sowie die Jugendkulturarbeit und Theaterpädagogik. Den Standortfaktor Kultur stärkt die Koalition mit dieser Forderung enorm. Selbiges gilt für die Soziokultur. Die Freiräume, die durch sie geschaffen werden, wollen wir weiterentwickeln und weiter fördern.

Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Sebastian Lechner [CDU])

Vielen Dank, Frau Kollegin Naber. - Für die Fraktion der FDP hat sich nun die Kollegin Schütz gemeldet. Bitte schön!

Danke. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag „Vielfalt des kulturellen Lebens in Niedersachsen fördern“ listet eine Menge guter und richtiger Vorhaben auf. Dagegen ist so weit nichts zu sagen. Das Allermeiste deckt sich auch voll mit unserer Meinung. Ich picke einmal etwas heraus.

Investitionsmittel für kleine und mittlere Kultureinrichtungen sind dringend notwendig. - Auf unsere schriftliche Anfrage neulich nach einem der beiden laufenden Programme wurde uns gerade eine neunfache Überzeichnung zurückgemeldet. Man sieht: Der Bedarf ist riesig.

Die Landschaften zu stärken, das ist ebenfalls eine gute Idee. Hier ist Kompetenz versammelt und ist die Vernetzung kultureller Angebote ideal möglich, was in der Regel einen echten Mehrwert bietet.

Ob allerdings angesichts des vorliegenden Haushaltsplanentwurfs die kommunalen Theater mit der Formulierung, sie seien angemessen zu fördern, zufrieden sind, wage ich noch zu bezweifeln.

In dem Antrag fehlt uns allerdings ein Bekenntnis zu den Landesmuseen und Staatstheatern. Wenn man über kulturelle Vielfalt in Niedersachsen spricht, gehören sie in unseren Augen definitiv in einen solch breit aufgestellten Antrag. Denen tränen vielleicht die Augen, wenn sie den Antrag lesen und auf den eigenen Kontostand blicken, der zurzeit praktisch „Haushaltssperre“ bedeutet, oder falls sie gerade die Reste heruntergefallener Decken zusammenkehren, weil die Sanierung der Gebäude überfällig ist.

Was uns noch fehlt: Zum großen und drängenden Thema Depots und Magazine fehlt eine Aussage, und die Wahrnehmbarkeit und Öffnung der Einrichtungen, gerade auch mit digitalen Mitteln, kommen nicht wirklich vor. Nur auf den Denkmalatlas und die Bibliotheksentwicklung zu verweisen, ist uns etwas zu kurz gesprungen.

Die kulturellen Einrichtungen brauchen noch viel mehr Unterstützung bei der Erstellung sinnvoller Konzepte zur Digitalisierung. Ich meine nicht nur die digitale Erfassung von Beständen, sondern vor allem auch die Öffnung und die Erschließung neuer Nutzergruppen durch Digitalisierung. Soll hier jede Einrichtung das Rad allein neu erfinden?

Jetzt darf man gespannt sein, wie sich diese lange Liste guter und nachvollziehbarer Positionen im Haushalt wiederfindet. Da muss ja auf der politischen Liste noch viel Kultur geplant sein, um nach diesem Aufschlag nicht für Enttäuschung zu sorgen.

Auch wenn uns noch etwas fehlt, gehen die Intentionen des Antrags aber eindeutig in die richtige Richtung. Deshalb wird die FDP-Fraktion auch gerne zustimmen.

Danke.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schütz. - Für die AfDFraktion hat nun der Kollege Rykena das Wort. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Entschließungsantrag „Vielfalt des kulturellen Lebens in Niedersachsen fördern“ liegt heute wieder auf dem Tisch. „Kunst und Kultur prägen unsere Heimat“, heißt es darin eingangs. Das ist allerdings richtig.

Das Gemeinschaftsgefühl in den Städten und Gemeinden wollen Sie stärken. Ich bitte Sie: Fangen Sie damit endlich an! Derzeit nämlich erkennen wir eine sich immer weiter spaltende Gesellschaft, der das Gefühl für Heimat zunehmend abhandenkommt.

Der Antrag enthält dann im Folgenden 14 gut gemeinte Punkte. Die Fragen, die sich der AfD stellen, sind u. a. diese: Warum gibt es Entschließungsanträge entgegen dem eigenen Haushaltsentwurf? Wenn Sie die Digitalisierung im Bibliothekswesen stärken wollen, warum schwächen Sie diese dann im Haushalt auf anderen Ebenen? Wenn Sie Verfahren zur Kulturförderung einfacher gestalten wollen, warum bürokratisieren Sie diese dann erst bis zum Gehtnichtmehr? Wenn Sie die Kooperation von Kultureinrichtungen verbessern wollen, warum haben Sie damit nicht längst angefangen? Wenn Sie Musikförderung wollen, warum unterfinanzieren Sie diese? - Und so geht das immer weiter. Ohnehin: Warum machen Sie zu alldem keine konkreten Vorschläge in sachlichen Anträgen, sondern bleiben in Ihrer Entschließung so vage?

Trotzdem wird die AfD-Fraktion Ihrem Antrag zustimmen, weil wir für Kultur sind. Wir stellen aber Ihren taktischen Missbrauch in dieser Sache ausdrücklich fest; denn Sie lenken in blumigen Worten von dem weit weniger blumigen Inhalt des Haushaltsplanentwurfs ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke, Herr Kollege Rykena. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun das Wort die Kollegin Eva Viehoff. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag „Vielfalt des kulturellen Lebens in Niedersachsen fördern“ ist ein Aufschlag. Aber Kultur braucht Transparenz, Struktur und Verlässlichkeit.

Ich will in meiner Rede heute gar nicht auf die Finanzen eingehen; denn das machen wir im Dezember. Dass in Bezug auf diese Fragen Handlungsbedarf besteht, erkennen wir alle an. Dass dieser Handlungsbedarf schon länger besteht, auch das müssen wir anerkennen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da ist es natürlich super, dass wir jetzt, zu relativ später Stunde, noch diese Entschließung zu verabschieden haben.

Aber so einfach ist das nicht. Warum? - Können Sie mit folgenden Zahlen oder Ziffern etwas anfangen? - 773 bis 813. Ich habe sie hier. Das ist der Kulturteil des Koalitionsvertrags von SPD und CDU. Er beginnt in Zeile 774 nach der Überschrift mit „Kunst und Kultur prägen unsere Heimat Niedersachsen“. Der Antrag beginnt mit: „Kunst und Kultur prägen unsere Heimat.“ Das Wort „Niedersachsen“ haben Sie unter den Tisch fallen lassen. Also: Was steht tatsächlich in diesem Entschließungsantrag? - Letztendlich - täglich grüßt das Murmeltier - steht da, ehrlich gesagt, nur das, was Sie vor zwei Jahren in Ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben.

Trotz einer ausführlichen Anhörung müssen wir konstatieren: Es kreißte der Berg und gebar eine Maus.

Mit einigen weiter unkonkret bleibenden Ergänzungen und einer neuen Sortierung finden sich die Zeilen 775 bis 813 in dem vorliegenden Antrag alle wieder. Da stehen auch die Staatstheater nicht drin. Deshalb konnten sie auch nicht in den Antrag kommen.

(Unruhe)

Frau Kollegin, Entschuldigung! - Das ist ja nun der letzte Punkt. Die Unruhe wird merklich größer. Aber vielleicht gelingt es, der Rednerin auch noch die letzten Minuten zuzuhören. Ich will die Glocke auch nicht übermäßig strapazieren.