Auch hier die Frage an die Grünen: Stehen Sie eigentlich immer hinter den Netzausbauplänen? Herr Wenzel, Sie erinnern sich sicherlich daran, dass ich Sie damals oft zum Netzausbau in Niedersachsen befragt habe.
Wer Windkraftanlagen abstellt, weil keine Netze oder Speichermöglichkeiten zur Verfügung stehen, der muss sich auch nicht über mangelnde Akzeptanz wundern. Warum soll ich als Bürgerin bzw. Bürger für Windkraft sein, wenn die Anlagen ohnehin stillstehen?
Wer immer nur von Artenschutz spricht und überall Biotope sieht und damit den Windkraftausbau auch über den Klageweg stoppt, der kann sich nicht hier
hinstellen und nach mehr Windkraftanlagen rufen. Wenn es um die Menschen geht, dann plädieren Sie hier für entsprechende Abstandsregelungen. Wenn es aber um den Bereich Artenschutz, Biotope und Naturschutz geht, dann hört man von Ihnen hier gar nichts. Hier müssten Sie endlich mal klären, was Sie eigentlich genau wollen, wenn es um diese Fragestellung geht.
Wir haben heute Morgen darüber gesprochen. Frau Piel, Sie haben Ihres zu dieser Debatte zum Thema Enercon-Arbeitsplätze beigetragen. Sie haben heute Morgen von „Ross und Reiter" gesprochen. Heute Nachmittag könnten Sie bei dem Thema Naturschutz, Abstand zu Biotopen, Artenschutz usw. für Ihre Fraktion die von Ihnen so viel geliebten „Ross und Reiter" benennen.
Aktuell können wir dazu in der neuen energie lesen, dass die Landesregierung in Hessen - mit Grünen-Beteiligung - erkannt hat, dass das Problem mit den Genehmigungen im Wesentlichen an Problemen mit dem Natur- und Artenschutz liegt und dass wir vom Individuenschutz wegkommen müssen. Die Behörden stehen aber bislang vor der Schwierigkeit, dass sie nicht genau wissen, wie sie Genehmigungen rechtssicher machen sollen. - Hier sind wir wieder beim Thema Naturschutz, Artenschutz, Biotope etc.
Des Weiteren muss sich der Bund fragen lassen - das ist auch bei meinem Vorredner Volker Senftleben angeklungen -, ob die Bundeswehr immer richtig handelt, wenn sie mit ihren Regelungen zur Flugsicherung den Ausbau stoppt. Der Bund will den Klimaschutz und damit mehr Windkraftanlagen bauen, aber die eigene Bundeswehr stoppt den Ausbau im Namen der Flugsicherung.
Politik hat zu schauen, wo die Akzeptanz erhöht werden kann. Der Ausbau der Windkraft an Land gelingt nur mit den Menschen zusammen, wie ich eingangs erwähnt habe. Ein Baustein ist sicherlich die noch bessere monetäre Beteiligung der Standortkommunen an der Windkrafterzeugung. Nichts ist der Akzeptanz abträglicher, als wenn die Gewinne an anderer Stelle verbucht werden, die Menschen vor Ort sich aber als diejenigen sehen, die die Lasten zu tragen haben. So wird es nichts mit der Energiewende.
Zusammengefasst: Es geht um das Zieldreieck: CO2-freie Stromerzeugung und damit Klimaschutz, Erhalt von Arbeitsplätzen in Niedersachsen und hier ganz konkret in Ostfriesland und die nötige Akzeptanz zum Ausbau der Windkraftanlagen.
Die Energiewende und damit auch der Erhalt der Arbeitsplätze - das korrespondiert ja miteinander - gelingen nur mit den Menschen in Niedersachsen und nicht gegen sie.
Vielen Dank, Herr Kollege Miesner. - Jetzt ist die AfD-Fraktion dran. Abgeordneter Stefan Wirtz, ich erteile Ihnen das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Byl, das ist ein undankbarer Zeitpunkt, um den Antrag zu beraten; Sie wollten ihn ja gerne heute Morgen mit in der Debatte haben. Wir wissen, wer ihn nicht dabei haben wollte, wer sich ein bisschen an der Debatte beteiligt hat.
Das war allerdings auch nicht völlig unbegründet; denn Ihr Antrag ist zweitklassig. Wir sind in der ersten Beratung; über die Einzelheiten werden wir uns sicherlich im Ausschuss unterhalten, in den wir den Antrag überweisen werden.
Ein Teil des Titels Ihres Antrags ist: „Windbranche muss eine Zukunft in Niedersachsen haben“. - Nein! Wenn die Windenergie nicht geeignet ist, wenn die Windenergiebranche ohne Subventionen nicht nachhaltig ist und nicht überleben kann - und wir müssen diese Branche seit mindestens 20 Jahren subventionieren -, dann wird sie sich nicht durchsetzen. Dann muss die Windkraft weg; dann müssen die Anlagen wieder abgebaut werden. Dann müssen wir diesen Irrweg beenden und eine Alternative in der Stromversorgung finden.
Schon jetzt haben über 100 Stromversorger, Stromanbieter angekündigt, ab 2020 die Preise zu erhöhen. Durch diese Preiserhöhung werden wir vielleicht endgültig Europameister bei den Strompreisen. Noch liegen die Dänen ganz knapp vor uns; ich weiß nicht, ob die die Preise auch erhöhen werden. Dann hätten wir mit die höchsten Strompreise in Europa und wahrscheinlich auch in der Welt.
Die EEG-Umlage muss weg. Das ist kein frommer Wunsch, sondern das ist Fakt. Und die damit verbundene Erleichterung müssen die Leute spüren.
(Anja Piel [GRÜNE]: In Ihrem Kopf ist das Fakt! Das macht es noch lange nicht zum Fakt! - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Unterirdisch!)
Wenn Sie den Mittelstand fördern wollen, wenn Sie in diesem Land überhaupt eine Akzeptanz von den Leuten haben wollen, dann müssen Sie eine Finanzierung für alternative oder erneuerbare Energien finden, die auch tragfähig ist. Dann dürfen Sie die Leute nicht abmelden, bevor überhaupt eine stabile Versorgung da ist.
Aber welche Forderungen hören wir denn? „Windkraftanlagen auch in Privatwäldern“ war in diesen Tagen ein Vorschlag; die CDU will das Klagerecht für Umweltverbände einschränken. Herr Lies, unser Umweltminister, hat sich noch im August 2018 auf Nachfrage geweigert, eine konkrete Zahl zu nennen. Zur Einhaltung der TA Lärm hat er vorgeschlagen, den Abstand zu vergrößern - von welchem Abstand er auch immer spricht - oder die Anlagen nachts abzuschalten. Nun hat er sich wieder geweigert, die 1 000-m-Abstandsregel fest anzuerkennen. Auch dazu müssen wir ihn wahrscheinlich noch mal fragen: Wie wollen Sie die TA Lärm einhalten? Ist dann die intelligente Lösung, die Anlagen nachts abzuschalten oder doch auf größeren Abstand zu gehen? - Das werden wir bestimmt irgendwann mal konkret von ihm hören - aber vermutlich nicht heute.
Von den Grünen haben wir zum Thema Artenschutz auch noch nichts gehört - ist wohl doch nicht so wichtig. Wenn man meint, ein höheres Ziel zu verfolgen, dann geht man buchstäblich auch über Leichen. Wir haben nun schon genug Verluste durch die bestehenden Windkraftanlagen im Tierreich: bei Insekten, bei Vögeln, bei Fledermäusen usw. Für Sie ist das anscheinend nicht das Wichtigste.
Ich greife nicht alle Forderungen Ihres Antrags auf, aber zur Forderung unter Nr. 2: Nein! Die DFS macht keine pauschalen Abstandregelungen im
Umfeld von Drehfunkfeuern. Sie prüft das im Einzelfall. Das haben Sie falsch dargestellt; das ist nicht so. Die Flugsicherung in unserem Standard bleibt Vorbild. Sie reden ja immer so gerne vom Vorbild: Das bleibt auch international Vorbild. Wir werden unsere Standards nicht absenken, damit irgendwelche Rotoren, irgendwelche Windkraftanlagen aufgebaut werden können.
(Anja Piel [GRÜNE]: Das ist nicht Ihr persönlicher Standard; das ist der Standard der Flugsicherung!)
Mit einer Vereinfachung der Genehmigung erzeugen Sie Panik und bauen Druck auf - letztendlich werden Bürger von den Verfahren ausgeschlossen; ihre Beteiligung wird reduziert. Sie nehmen einfach nicht zur Kenntnis, dass massenhaft Bürgerinitiativen gegen neue Windkraftanlagen gebildet werden und sich entsprechend aufstellen, und zwar mehr, als jemals gegen Atomkraftwerke, gegen Kernkraftwerke aktiv waren.
Wenn Sie das nicht wahrnehmen, dann werden Sie letztendlich diejenigen sein, die am wenigsten akzeptiert werden, und zwar von den Bürgern. Dann haben Sie das Akzeptanzproblem.
Aber es ist ja nur ein Antrag, und ich denke, er kommt nicht weit. Wir haben schon von den arbeitsmarktrechtlichen Möglichkeiten gehört. Ein bisschen irritiert mich dieser Slogan seit heute Morgen: Packen wir’s an! - Er hieß mal: Es gibt viel zu tun; packen wir’s an! - Ein Werbespruch der Firma Esso. Ich denke mal, da sind Sie auf dem richtigen Weg.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs feststellen, dass das Interesse des Herrn Ministerpräsidenten an der Frage der Zukunft der Windenergie dann aufhört, wenn es nicht mehr um seine Selbstdarstellung geht, sondern um eine parlamentarische Debatte.
Ich habe schon heute Morgen darauf hingewiesen, dass es nicht unser Ansatz ist, die Frage der Energiewende und des Klimaschutzes technologiespezifisch zu diskutieren, sondern uns geht es darum, einen Rahmen zu beschreiben - dies einmal vor die Klammer gezogen.
Wenn man sich mit dem Antrag der Grünen auseinandersetzt, stellt man fest, dass er der Komplexität des Themas und der Herausforderung, die mit Blick auf die Windenergiepolitik und den verfolgten Ausbau der Windenergie besteht, doch nicht gewachsen ist. Da wird pauschal gesagt, die 1 000-m-Regelung sei nicht der richtige Weg. Erklärt wird nicht, warum man diesen Weg in Brandenburg sehr wohl als richtig angesehen hat. Diese Regelung wird als Verhinderungsstrategie gegenüber der Windenergie gesehen. Gar nicht gesehen wird, dass das ein die Akzeptanz steigerndes Mittel sein kann, weil viele betroffene Bürgerinnen und Bürger sich oder ihr Eigentum beeinträchtigt sehen. Das ist für uns sehr wohl ein Wert, den es zu berücksichtigen gilt, und den sollte man nicht einfach so verdammen. Insofern sind diese Abstandsfragen sehr wohl sehr ernst zu nehmen. Es sollte nicht einfach nur dargestellt werden, dass dadurch die Windenergie per se behindert wird.
Das geht bei den anderen Forderungen so weiter: Über die Abstandsregelungen im Umfeld von Navigationsanlagen der Flugsicherung wird lapidar hinweggegangen; das sei alles nicht nötig, man könne darauf verzichten - als wenn die Expertise so ohne Weiteres da wäre. Ich halte es für einigermaßen fahrlässig und erstaunlich, wie man da vorgehen will.
Bemerkenswert ist aber vor allem, was nicht in dem Antrag steht - zum Artenschutz, zum Naturschutz. Bei diesen Fragestellungen würde man eigentlich vermuten, dass dafür bei den Grünen traditionell eine Sensibilität da ist. Das spielt aber keine Rolle mehr - der Immissionsschutz allenfalls mittelbar. Es heißt, die TA Lärm würde schon irgendwie reichen. Das reicht aber nach unserer Einschätzung nicht.
Wichtige Punkte werden also ausgeblendet. Das geht einher mit dem, was Herr Senftleben gesagt hat. Herr Senftleben hat gesagt: Wir müssen eine offene Abwägung verschiedener Interessen vornehmen. - Das hört sich erst mal gut an. Ich habe aber den Ministerpräsidenten im Ohr, der gesagt hat: Im Zweifel für die Windenergie. - Und er meint damit: Im Zweifel für den Ausbau der Windenergie. - Das ist aber alles andere als ein ergebnisoffenes
Herangehen. Da ist das Ergebnis festgelegt, und die Abwägungsentscheidungen sind schon vorgeprägt. In Ihrem Wortbeitrag haben Sie auch deutlich gemacht, dass es Ihnen darum geht, die Verfahren zu verschlanken, die übrigens auch Ausdruck von rechtsstaatlichen Überprüfungsmechanismen sind, um Beeinträchtigungen zu prüfen und abzuwägen. Die Intention ist klar: Es gibt keinen offenen Abwägungsprozess, sondern das Ergebnis steht schon fest. Das ist das Unredliche an der Debatte, wie Sie sie führen - so nehme ich das wahr -: Sie nehmen das Ergebnis vorweg.
Letzte Bemerkung, meine Damen und Herren, zu etwas, was sich im Antrag der Grünen auch gar nicht findet: nämlich zur Frage des Netzausbaus. Ich finde es einigermaßen absurd, darüber nachzudenken, die erneuerbaren Energien - auch onshore - weiter auszubauen, ohne die Frage des Netzausbaus beantworten zu können. Darin liegen aus unserer Sicht die größte Hürde und die größte Verantwortung des Landes: den Netzausbau tatsächlich voranzubringen. Solange dieses Problem nicht gelöst ist, wird man nur Windenergieanlagen oder andere Anlagen - zumindest in Teilen des Landes - bauen, die gar nicht in der Lage sind, den Strom entsprechend abzuführen.
Allerletzte Bemerkung, meine Damen und Herren: Die Debatte auch zum Antrag der Grünen - so habe ich auch den Wortbeitrag von Herrn Senftleben wahrgenommen - wird ungefähr auf dem gleichen Abstraktionsniveau geführt, auf dem wir vor mindestens einem Jahr debattiert haben, als wir zum ersten Mal über die Krise bei Enercon gesprochen haben. Das sind in den Ohren der Windenergiebranche wahrscheinlich wohlklingende
Versprechungen, denen aber erfahrungsgemäß keine Taten folgen. Sie sind genauso blank wir vor einem Jahr. Das Ganze ist völlig unkonkret und insofern auch nicht wirklich ernst zu nehmen.
Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Aus dem Plenum liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Aber die Landesregierung möchte das Wort nehmen. Herr Minister Lies, ich erteile Ihnen das Wort.
Themen, die wir in den letzten Wochen im Zusammenhang mit der Frage, wie es eigentlich mit der Windenergie weitergeht, sehr intensiv diskutiert haben, auch in diesem Tagesordnungspunkt wiederfinden.