Protocol of the Session on November 19, 2019

Deswegen haben wir die Sportvereine im Sinne der Förderung des Ehrenamts völlig zu Recht aus dem Anwendungsbereich des Tariftreue- und Vergabegesetzes herausgenommen.

(Eva Viehoff [GRÜNE]: Das ist auch in Ordnung!)

Das hat allerdings zu einem Zeitproblem geführt. Da wir die Neuregelung zugunsten der Vereine zum 1. Januar 2020 in Kraft treten lassen wollten und das Thema Kontrolle in der Kürze der Zeit nicht mehr in den Gesetzentwurf aufnehmen konnten, haben wir es in einem gesonderten Entschließungsantrag aufgegriffen.

(Eva Viehoff [GRÜNE]: Da konntet ihr euch wohl nicht durchsetzen, was?)

Uns als SPD-Fraktion schwebt insofern das saarländische Modell vor. Im Saarland hat die dortige Große Koalition eine weitere Kontrollbehörde auf Landesebene geschaffen. Wir fordern in unserem Entschließungsantrag unter TOP 6 die von uns getragene Landesregierung auf, hier noch nachzubessern. Ferner fordern wir den Haushaltsgesetzgeber auf - also uns selbst; wir werden das bei den kommenden Haushaltsberatungen einbringen -, hier über eine weitere Personalverstärkung nachzudenken. Denn nur, wenn man genügend Personal hat, wird man wirksam und effektiv kontrollieren können.

Insofern haben wir diesen Entschließungsantrag als Unterstützung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit eingebracht. Wir brauchen - genau wie im Saarland - natürlich Prüfungen auf Landesebene, weil die Zollbeamten nicht alles prüfen können. Dass dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet sind, kann man leicht sehen. Da braucht man nur die Tageszeitung aufzuschlagen oder mit den Kollegen aus den Gewerkschaften zu reden. Dann sieht man, welch ein Schindluder auf den Baustellen getrieben wird. Die Kontrollen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit haben ergeben, dass selbst auf öffentlichen Baustellen wie denen der Osnabrücker Hochschulen die Löhne nicht zutreffend gezahlt werden.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich komme zum Schluss.

Vor dem Hintergrund bin ich froh, dass wir zum Thema Kontrollen einen sehr guten Entschließungsantrag in das Verfahren eingebracht haben. Das Tariftreuegesetz werden wir im Kern erhalten und gegen die Anwürfe der FDP verteidigen.

Glück auf!

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Henning. Sie haben sicherlich den Unmut an einigen Stellen des Hauses bemerkt. Ich möchte Sie auf zwei Dinge hinweisen: Erstens ist es hier nicht üblich, einzelne Gruppen gesondert zu begrüßen und anzusprechen. Zweitens haben Sie von der „SPD-Loge“ gesprochen. Wenn ich richtig informiert bin, ist das eine Loge, über die der Niedersächsische Landtag verfügt und in der Ihre Fraktion einige vorreservierte Plätze zur Verfügung hat.

(Zustimmung bei der CDU und bei der AfD)

Nun hat sich der Kollege Bode zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Henning, ich weiß nicht, ob Sie es nicht verstehen können oder ob Sie es einfach nicht verstehen wollen. Im Gesetzentwurf der FDP ist mitnichten der Mindestlohn gestrichen worden, sondern gestrichen worden ist die doppelte Dokumentationspflicht. Der Mindestlohn gilt in ganz Deutschland, egal ob er im Vergabegesetz des Landes Niedersachsen steht oder nicht.

Wir sagen mitnichten, dass Tarifverträge nicht mehr Bestandteil des Landesvergabegesetzes sein sollen. Aber gerade beim ÖPNV geht es darum, ob der ver.di-Tarifvertrag als der allein akzeptierte Tarifvertrag gelten soll, obwohl von ihm wesentlich weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer umfasst sind als von den Branchentarifverträgen des ÖPNV-Gewerbes, die nun auf einmal ausgeschlossen werden sollen.

Sogar SPD-geführte Kommunen klagen vor dem OLG Celle gegen das Land Niedersachsen und

sagen, es kann doch nicht angehen, dass auf einmal die Mehrheit eine Minderheit darstellen soll. Und Minister Althusmann schaut einfach nur stumm zu und sagt gar nichts mehr. Die Plakate „Lass uns nicht im Stich, Bernd!“, die vor zwei Monaten auf den Bussen zu lesen waren, haben nichts bewirkt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Christian Grascha [FDP]: So ist es leider!)

Herr Kollege Henning, es ist richtig, dass Schwarzarbeit und Verstöße gegen Recht, gegen Mindestlöhne und gegen Tarifverträge bekämpft werden müssen. Aber was ist die Botschaft, die Sie mit Ihrem Entschließungsantrag aussenden wollen? Sie wollen eine Behörde schaffen, die ausschließlich bei öffentlichen Auftraggebern kontrolliert. Aber ist ein Verstoß gegen Schwarzarbeitsverbot und Mindestlohnregelung bei einem privaten Auftraggeber geringer zu werten und weniger zu verfolgen? - Das kann doch nicht die Botschaft der SPD sein! Es muss darum gehen, insgesamt mehr Rechtsverstöße zu ahnden. Darum geht es und nicht um das, was Sie hier für öffentliche Aufträge vorhaben.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Herr Kollege Henning möchte antworten. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch einmal: Es ist wichtig, dass wir den Mindestlohn haben - die SPD hat ihn irgendwann einmal durchgesetzt -, und es wäre völlig falsch, wenn Sie heute aus dem Landtag das Signal aussenden würden, dass Sie den § 4, in dem es um die Mindestlöhne und das Arbeitnehmerentsendegesetz und damit um den Baumindestlohn geht, aus dem Landesvergabegesetz herausnehmen wollen. Dafür ist das Thema viel zu wichtig.

(Jörg Bode [FDP] und Christian Grascha [FDP]: Es hat aber null Wir- kung! - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wir wollen eine Doppelregelung abschaf- fen!)

Sie haben recht: Es gibt ihn auf Bundesebene. Aber Sie haben gerade selbst beklagt, dass zu wenig kontrolliert wird.

(Christian Grascha [FDP]: Es wird doch nicht deshalb mehr kontrolliert, weil es doppelt geregelt ist!)

Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit kann das nicht alles kontrollieren. Das muss eine Landesbehörde machen, und deswegen brauchen wir eine Landesregelung, in der der Mindestlohn noch einmal steht.

(Zuruf von Jörg Bode [FDP])

- Herr Bode, es wäre schön, wenn Sie zuhören würden.

In einem Punkt liegen Sie übrigens völlig falsch. Die §-5-Regelung im ÖPNV gibt es auf Bundesebene nicht, die gibt es nur im Landesvergaberecht.

Ein Weiteres: Dass wir den ver.di-Tarifvertrag als den allein selig machenden ansehen, hat einen Grund. Ver.di ist die einzige Organisation, die uns Zahlen vorgelegt hat, nach denen wir entscheiden können, dass ver.di eine Gewerkschaft ist, die vernünftige Tariflöhne vereinbart hat. Der GVN und die GÖD sind aus meiner Sicht keine Gewerkschaften, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die haben ja noch nicht einmal Zahlen. Begreifen Sie das doch endlich einmal! Die werden wir nicht anerkennen.

(Jörg Bode [FDP]: Hat das OLG Celle dann falsch Recht gesprochen?)

Ich richte noch einmal eine ganz klare Aufforderung an unser Wirtschaftsministerium: Der Beirat hat entschieden, dass GVN und GÖD keine Gewerkschaften sind, weil sie nicht einmal Zahlen vorlegen können. Erzählen Sie hier also doch nicht so einen Humbug!

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. Der Begriff „Humbug“ ist zumindest grenzwertig. Einen Ordnungsruf gibt es dafür nicht. Er wurde auch nicht besonders übel genommen, nicht wahr, Herr Kollege Bode? - Alles klar.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Jeder so, wie er kann! - Heiterkeit bei der FDP)

Es hat sich nun Herr Minister Dr. Althusmann für die Landesregierung zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der Streit, der gerade wieder in der Sache geführt wurde, zeigt einmal mehr, warum es so lange dauert, ein Tariftreue- und Vergabegesetz in einem Bundesland wie Niedersachsen zu ändern. Es gelingt letztlich nicht, alles unter einen Hut zu bringen. Wir beraten den Gesetzentwurf inzwischen seit fast zwei Jahren, und die FDP hat noch einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt.

Nichts ist so beständig wie der Wandel, hat Heraklit vor 2 500 Jahren einmal gesagt. Auch das Vergaberecht, Herr Abgeordneter Bode, unterliegt ständigen Veränderungen. Sie haben vorhin gemeint, dass die Fraktionen dem Wirtschaftsminister in den Rücken gefallen seien, weil sie den Schwellenwert von 25 000 Euro auf 20 000 Euro abgesenkt hätten. Ich will dazu deutlich erklären, dass ich mich zu keinem einzigen Zeitpunkt von den die Regierung tragenden Fraktionen verlassen gefühlt habe. Es ist das gute Recht des Gesetzgebers, einen Gesetzentwurf einer Landesregierung zu ändern.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Zweitens. Die Abgeordnete Eva Viehoff von den Grünen hat der Landesregierung und damit mir vorgeworfen, dass wir keine statistischen Daten über die Anzahl öffentlicher Aufträge vorlegen könnten. Dazu will ich darauf hinweisen, dass auch die rot-grüne Vorgängerlandesregierung zu keinem Zeitpunkt eine Komplettübersicht vorlegen konnte.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Wir hatten noch einen Koalitionspartner! Sie kennen das!)

Es schlicht unmöglich, eine solche Übersicht vorzulegen. Das wissen Sie. Auch Sie konnten es nicht.

Der Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Tariftreue- und Vergabegesetzes wurde in den vergangenen Wochen noch in einzelnen Punkten geändert. Die Schwerpunkte sind jedoch erhalten geblieben. Ich danke den Abgeordneten, die sich aktiv daran beteiligt haben. Am Ende geht es auch um die Umsetzung der Koalitionsvereinbarung mit dem wichtigen Ziel des Bürokratieabbaus. Und hier

möchte ich dem Abgeordneten Bode widersprechen: Der Gesetzentwurf vereinfacht vieles und verbessert die Umsetzung des Vergaberechts in Niedersachsen. So finden mit Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2020 die Vorschriften der Unterschwellenvergabeordnung sowie die aktuelle Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A - kurz: VOB/A - Anwendung. Damit sind die Vergaberegeln, über deren Umsetzung wir in den Ländern seit 2017 ringen, endlich bundesweit einheitlich und weitgehend deckungsgleich. Das ist ein entscheidender Fortschritt. Insbesondere die in der Unterschwellenvergabeordnung als Grundsatz vorgesehene Nutzung elektronischer Mittel lässt erhebliche Einsparungen für die Wirtschaft und die Verwaltung erwarten. Hier werden wir also auch digitaler.

Die Anhebung des Eingangsschwellenwertes von 10 000 Euro auf 20 000 Euro führt ebenfalls zum Bürokratieabbau und entlastet die Kommunen. Darüber hinaus werden unterhalb der sogenannten EU-Schwellenwerte Zuwendungsempfänger aus dem Anwendungsbereich des Tariftreue- und Vergabegesetzes herausgenommen. Dies löst endlich ein sicherlich auch Ihnen bekanntes Problem. Zuwendungsempfängern ist heute nicht zweifelsfrei klar, welche Vorschriften sie bei der Vergabe von Aufträgen zu beachten haben: Gilt das Vergabegesetz oder der Zuwendungsbescheid oder gar beides gleichzeitig? Künftig ist unmissverständlich, dass ausschließlich die Regelungen des individuell gestaltbaren Zuwendungsbescheids Anwendung finden. Auch hier sorgen wir also eindeutig für Klarheit in Niedersachsen.

Und nicht zuletzt setzen wir das Ziel der Koalitionsvereinbarung um, einen bürokratiearmen Unterschwellenrechtsschutz zu ermöglichen. Durch die Einführung von Informations- und Wartepflichten unterhalb der EU-Schwellenwerte können die bestehenden Rechtsschutzverfahren zukünftig

effektiver genutzt werden.

Den zweiten Teil des Gesetzentwurfs möchte ich nicht ansprechen. Diesbezüglich möchte ich nur darauf verweisen, dass in diesem Fall die Anhebung des Investitionsvolumens angezeigt ist, quasi die Überschreitung des kurzfristigen Kassenkredits. Nach Jahrzehnten eines etwa gleich bleibenden Ansatzes kommen wir nun auf eine Grenze von rund 100 Millionen Euro. Wenn ich richtig informiert bin, hat Bayern 200 Millionen Euro. Baden-Württemberg, das bekanntlich einen grünen Ministerpräsidenten hat, hat 100 Millionen Euro mit Blick auf die Ermöglichung der entsprechenden