Protocol of the Session on October 25, 2019

Wir müssen hier wirklich handeln. Sonst werden auch die Demonstrationen vor Ort nicht aufhören, da bin ich mir sehr sicher.

Ich möchte mich noch einmal bei denen bedanken, die schon seit Jahrzehnten in Mienenbüttel dafür streiten, dass das Labor dichtgemacht wird, namentlich bei Sabine Brauer für „Lobby pro Tier“,

aber auch bei der „Soko Tierschutz“, die diese Vergehen aufgedeckt hat.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Danke vielmals, Frau Staudte. - Es spricht jetzt für die CDU-Fraktion Herr Christoph Eilers.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Wochen bekamen wir wieder entsetzliche Bilder zu sehen - Bilder, bei denen man sich schämt, bei denen man den Tränen nahe ist. Diesmal stammten die schrecklichen Bilder aus einem Tierversuchslabor im Landkreis Harburg.

(Vizepräsidentin Meta Janssen-Kucz übernimmt den Vorsitz)

Jeder mitfühlende Mensch kann sich nur über den Umgang und die Haltung der Versuchstiere empören. Kalt und ohne jegliches Mitgefühl werden die Tiere den Versuchen zugeführt.

Tierversuche sind in Deutschland streng geregelt und unterliegen einem strengen Genehmigungsverfahren. Auch die Versuche in Harburg waren wohl genehmigt, und man hat sich, zumindest auf dem Papier, an die Regeln gehalten. Die Staatsanwaltschaft - Frau Staudte erwähnte es - ermittelt.

Unabhängig von den vermeintlichen Verstößen zeigen uns die Bilder die grausame Seite von Tierversuchen. Das im 3R-Prinzip geforderte Refinement, bei dem es darum geht, das Wohlergehen der Versuchstiere zu verbessern, steht nur auf dem Papier. In der Praxis ist der Tierversuch immer schrecklich.

Der Antrag der Grünen nennt Fakten, die wir alle nicht ignorieren können und dürfen: ca. 2,8 Millionen Tierversuche in Deutschland, EU-Vertragsverletzungsverfahren, mangelnde Umsetzung der EUTierversuchsrichtlinie. Diesen Handlungsbedarf haben wir. Deshalb ist es gut, dass wir uns im Landwirtschaftsausschuss noch intensiver mit der Thematik beschäftigen.

Ich persönlich kann nicht abschätzen, ob ein Tierversuch überhaupt notwendig ist. Auch die Unterrichtung zu den Vorfällen in Harburg hat deutlich gemacht, dass diese Einschätzung für den Laien

unmöglich ist und nur einige wenige Experten sie überhaupt vornehmen können.

Was hilft uns weiter? Ein komplettes Verbot von Tierversuchen? Aber verschieben wir das Problem dann nicht nur in andere Länder? Sind es mehr Kontrollen? Aber können wir diese überhaupt leisten, haben wir das Personal und das Geld? Was können die Alternativmethoden leisten? Wo bestehen hier Grenzen? Wie kann ein besserer internationaler und nicht nur europäischer Austausch von Forschungsergebnissen zu einer Reduzierung von Tierversuchen führen?

In der nächsten Woche steht der Antrag der AfD auf der Tagesordnung des Landwirtschaftsausschusses. Bei der Erörterung von Verfahrensfragen ist jetzt schon festzuhalten, dass für beide Anträge eine umfängliche Anhörung im Landwirtschaftsausschuss notwendig wird.

Wir haben uns in Niedersachsen ein hohes Maß an Tierschutz in allen Bereichen auf die Fahne geschrieben. Unsere Gesetze und Vorschriften leisten dies in vielen Teilen. Leider müssen wir regelmäßig Verstöße und Gesetzesbrüche feststellen. Aus verschiedensten Beweggründen setzen sich Menschen über das bestehende Recht hinweg. Ob höhere Strafen oder eine, wie im Antrag gefordert, Gewinnabschöpfung helfen werden, diese Vorgehen abzustellen, bezweifele ich und glaube, dass dies nur der Abschreckung dient. Aber wenn diese Abschreckung zu einer Reduzierung führt, dann müssen wir darüber reden und einen gangbaren Weg finden.

Von Niedersachsen muss das Signal nach Berlin gehen, dass wir auf die angekündigten Veränderungen zur Verbesserung des Tierschutzes bei Tierversuchen warten. Bei anderen Vertragsverletzungsverfahren und drohenden Strafzahlungen wird in Berlin schneller Druck gemacht.

Wir wollen unserer Verpflichtung gegenüber dem Tierschutz in Niedersachsen nachkommen und unseren Beitrag dazu leisten. Die CDU-Fraktion freut sich nicht über die Notwendigkeit der Anträge, aber auf eine konstruktive Beratung im Ausschuss.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Eilers. - Für die FDPFraktion hat sich der Abgeordnete Hermann Grupe zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Grupe!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich kann mich namens meiner Fraktion den Äußerungen von Frau Staudte und Christoph Eilers nur vorbehaltlos anschließen. Es ist furchtbar, wenn man solche Bilder sehen muss.

Leider haben wir schon in verschiedenen Bereichen der Tierhaltung, ob Nutztiere oder Versuchstiere, so etwas zur Kenntnis nehmen müssen. Es ist in der Tat erschütternd - das haben Sie auch festgestellt -, dass solche Dinge immer wieder durch private Organisationen aufgedeckt werden. Wir müssen offensichtlich auf allen Gebieten sehr viel dafür tun, durch unabhängige Kontrollen der zuständigen Behörden sicherzustellen, dass ordentlich und anständig mit unseren Mitgeschöpfen umgegangen wird. Das ist unser Anspruch, das ist der Anspruch der gesamten Gesellschaft. Den müssen wir durchsetzen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Frau Staudte hat nun diesen speziellen Fall, der leider auffällig geworden ist, angesprochen und gefordert, der Betrieb müsse geschlossen werden. Herr Eilers hat sich ähnlich geäußert. Ich kann das nicht beurteilen. Es ist korrekt, dass sich die zuständigen Behörden darum kümmern, nämlich die Staatsanwaltschaft. Wir leben in einem Rechtsstaat. Diese Vorgänge müssen vorbehaltlos aufgeklärt werden. Darauf müssen wir achten.

Einen weiteren Punkt, den Sie angesprochen haben, halte ich auch für sehr wichtig, nämlich dass Ergebnisse von Tierversuchen öffentlich zugänglich sein müssen. Es kann nicht sein, dass im Auftrag unterschiedlicher Auftraggeber ein und dieselbe Sache untersucht wird und dafür Tiere leiden und sterben müssen. Da müssen ganz andere Kriterien als in anderen Bereichen unserer Wirtschaft gelten. Wie gesagt, wir haben es hier mit unseren Mitgeschöpfen zu tun. Deshalb müssen wir sehr ernsthaft über Regeln nachdenken, die solche Tierversuche auf ein Minimum reduzieren.

Wir haben im letzten Plenum ja schon über dieses Thema diskutiert und sind uns sicherlich einig, dass man auf Tierversuche nicht vollständig verzichten kann. Man kann auch nicht darauf verzichten, Mittel am Ende von Menschen testen zu lassen. Aber wir wollen Tierversuche, bei denen Tiere leiden müssen, auf ein Minimum reduzieren. Das 3R-Prinzip muss wirklich angewandt werden.

Dass 2,8 Millionen Tiere für Tierversuche eingesetzt wurden, erscheint mir erschreckend viel. Wir haben allen Anlass, alles zu unternehmen, damit die Tierversuche auf das wirklich notwendige Mindestmaß reduziert werden und nicht unnötig Tierleid in Kauf genommen wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Für die SPDFraktion hat sich die Abgeordnete Karin Logemann zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Bilder aus dem Tierversuchslabor in Mienenbüttel, Landkreis Harburg, sind nur schwer zu verkraften - das eint uns alle traurigerweise. Fürsorge für die Tiere, an denen Mittel getestet werden, sieht für mich definitiv anders aus.

Dass es überhaupt möglich ist, Tierversuche unter solchen Umständen durchzuführen, zeigt uns, wie wichtig ein Nachsteuern im Rahmen der Gesetzgebung ist. Das ist hier auch schon mehrfach gesagt worden. Es kann nicht sein, dass in Deutschland Tierversuche durchgeführt werden, die in anderen Ländern nicht zulässig sind. Unter anderem Nordkorea, Spanien und die Schweiz werden im Video der „Soko Tierschutz“ als Herkunftsländer von Auftraggebern benannt.

Die Bilder aus dem Labor bestätigen auch das Vertragsverletzungsverfahren, das die EU in Sachen Tierversuche 2018 gegen Deutschland eingeleitet hat. Bemängelt werden darin Defizite in Bezug auf Inspektion, Sachkunde des Personals, Anwesenheit von Tierärzten und Vorgaben zum Betäuben und Töten von Versuchstieren. Wieder haben wir es mit einem Kontrollversagen zu tun.

Unabhängige Tierschutzbeauftragte, die jedes Labor haben muss, das Tierversuche durchführt, dürfen nicht nur auf dem Papier und bei Kontrollen existieren. Sie müssen ihre Arbeit machen können, ohne Angst vor Repressalien seitens des Arbeitgebers zu haben. Es darf außerdem nicht sein, dass staatliche Stellen Tierversuche genehmigen lassen müssen, private Unternehmen diese aber nur anzeigen müssen.

Julika Fitzi von der Fachstelle Tierversuche beim Schweizer Tierschutz sagte z. B. im Schweizer Fernsehen zu Versuchen von Inthera Bioscience in Deutschland:

„Es ist günstiger, und die Bewilligung ist einfacher. Der Test muss angezeigt werden bei der Behörde, und wenn keine Rückmeldung kommt, dann kann das Labor starten.“

In Bereichen, in denen Tierversuche noch nicht durch Alternativen ersetzt werden können, muss es Aufgabe und Pflicht aller Beteiligten sein, dafür zu sorgen, dass die Tiere nicht unnötig leiden. Das ist der wissenschaftliche Konsens, der auch in der Realität angewandt werden muss - sowohl von staatlichen und akademischen Stellen als auch von privaten Unternehmen. Ebenso darf es nicht lukrativer sein, an Tieren zu forschen, wenn es Alternativen dazu gibt. Anträge für Tierversuche müssen genauer auf ihren Inhalt geprüft werden; es darf nicht nur die korrekte Antragstellung geprüft werden.

So wie es aussieht - Frau Staudte hat es bereits erwähnt -, hat sich in dem vorliegenden Fall nach jüngsten Kontrollen der Behörden der Verdacht auf Verstöße gegen das Tierschutzgesetz sowie gegen die Tierschutz-Versuchstierverordnung bewahrheitet. Betrachten wir die allgemeinen verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen, eröffnet sich für die zuständige Behörde an dieser Stelle ein sogenannter Ermessensspielraum für einen Widerruf der Erlaubnis. Das ist zumindest die Auffassung der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht - auch die haben Sie bereits zitiert.

Die Juristische Gesellschaft sagt:

„Angesichts der aufgedeckten Verstöße hat die zuständige Behörde - der Landkreis Harburg - die Möglichkeit des Widerrufes der Erlaubnis des Versuchslabors. Unseres Erachtens liegt angesichts der nun auch behördlich erkannten schweren Verstöße gegen die TierSchVersV und gegen strafrechtliche Vorschriften eine Ermessensreduzierung auf Null vor, sodass einzig rechtmäßiges Mittel der Widerruf der Betriebserlaubnis ist.“

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich erwarte, dass im Sinne des Tierschutzes mit Hochdruck geprüft wird, ob die Erlaubnis zu widerrufen ist und das Labor geschlossen werden kann.

Ach ja, da war ja noch was: Wie ist eigentlich der aktuelle Stand beim Vertragsverletzungsverfahren der EU? - Deutschland hat bislang keinen Entwurf oder Zeitplan präsentiert. Das sollte uns zu denken geben.

Ich danke Bündnis 90/Die Grünen herzlich für die Antragstellung und habe vernommen, dass im Ausschuss eine zielführende Beratung stattfinden wird.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Logemann. - Für die AfDFraktion hat sich die Abgeordnete Dana Guth zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im September-Plenum wurde ein Antrag der AfD beraten, der zum Ziel hatte, Tierversuche weitestgehend zu verbieten. Hören wir uns kurz die Reaktionen der anderen Parteien an - vor den Bildern aus Mienenbüttel!

Die SPD: Es wurde schon so viel getan. Außerdem steht es im Koalitionsvertrag. - Nur, liebe Frau Logemann, es wurde nicht umgesetzt. Ansonsten würde es kein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland geben. Davon haben Sie beim letzten Mal kein Wort gesagt.