Protocol of the Session on October 24, 2019

Ich weiß, wie der Verfassungsschutz heute arbeitet. Er arbeitet sehr gut und sehr fachlich orientiert. Ich weiß allerdings auch - das macht mir Sorge, wenn ich daran denke; aber es ist ja noch nicht so weit, oder, besser gesagt, hoffentlich wird es nie dazu kommen -, wie der Verfassungsschutz arbeiten würde, wenn Sie das Sagen hätten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU - Klaus Wichmann [AfD]: Ich glaube, er würde noch besser arbei- ten!)

Meine Damen und Herren, häufig haben die Waffenbehörden, wenn es um die Erteilung solcher Erlaubnisse geht, nicht die erforderlichen Erkenntnisse, um aktiv zu werden. Auf meine Initiative hin hat sich Niedersachsen deshalb auch im Rahmen der IMK mit Nachdruck für die Einführung einer sogenannten Regelanfrage eingesetzt. Die Verfassungsschutzämter haben Informationen, die die Waffenbehörden bei der Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit von Rechtsextremen dringend brauchen.

Bereits Anfang 2018 haben wir eine entsprechende Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, die dort auch beschlossen wurde. Der Bundestag, meine Damen und Herren, hat diese Initiative wegen der ablehnenden Haltung der CDU/CSUBundestagsfraktion leider viel zu lange nicht aufgegriffen. Das muss man leider dazusagen.

Beim Sondertreffen der Innenminister und

-senatoren am vergangenen Freitag hat dann der Bundesinnenminister zu meiner großen Freude mitgeteilt, dass er davon ausgeht, dass die Union das jetzt in den Gesetzesberatungen zum Waffenrecht im Bundestag einbringen wird. Ich bin sehr froh darüber, aber ich sage auch: Warum muss das so lange dauern, meine Damen und Herren?

Es ist gut, dass jetzt endlich Bewegung in die Sache kommt. Der dringende Handlungsbedarf wird jetzt endlich auch bei der Unionsfraktion in Berlin

erkannt. Das begrüße ich sehr. Denn wir müssen aus den Informationen, die wir über Extremisten erhalten, dann auch die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Sofern es rechtlich irgend möglich ist, müssen Personen, die das Grundgesetz und seine Werte ablehnen, die Waffen entzogen werden, und sie dürfen gar nicht erst welche bekommen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der Bundestag und der Bund müssen deshalb dringend prüfen, wie zeitgemäß die aktuellen Regelungen noch sind und ob die hohen Hürden, die das Waffenrecht hier stellt, gesenkt werden müssen. Man muss auch darüber nachdenken, ob auch Bestandteile, die zu Waffen zusammengesetzt werden können, unter eine solche Erlaubnis gestellt werden müssen oder aus dem freien Handel gehen müssen. Darüber wird man diskutieren müssen, weil völlig richtig ist: Die Herstellung und Verwendung von Waffen haben sich geändert.

Das gilt für die Frage der Waffenerlaubnis und erst recht für die Frage, ob jemand Mitglied in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung ist. Hierzu gibt es bereits einen entsprechenden IMK-Beschluss. Den gilt es jetzt auch beim Waffenrecht umzusetzen. Wir dürfen nicht zuschauen, wenn Hass und Gewalt sich bahnbrechen.

Meine Damen und Herren, fast genau auf den Tag vor 50 Jahren wurde Willy Brandt, ein glühender Verfechter der Demokratie, zum Bundeskanzler gewählt - ein Mann mit klaren Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit. Willy Brandt hat einmal gesagt: „Wer Unrecht lange geschehen lässt, bahnt dem nächsten den Weg.“ Das, meine Damen und Herren, gilt bis heute. Es ist die Aufgabe von uns allen, Politik, Sicherheitsbehörden und Zivilgesellschaft, Rechtsextremismus und Hass entschlossen entgegenzutreten. Der Rechtsstaat ist wehrhaft, und das muss er jeden Tag gegenüber seinen Feinden unmissverständlich deutlich machen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Zu Punkt 20 c liegen uns jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Stunde für diesen Tagungsabschnitt beendet.

Wir kommen somit zu dem

Tagesordnungspunkt 21: Dringliche Anfragen

Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus.

Ich weise, wie üblich, besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.

Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Wir beginnen mit dem Punkt

a) Studierende in Niedersachsen, zeltet ihr noch, oder wohnt ihr schon? - Wie will die Landesregierung mehr studentischen Wohnraum schaffen? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/4897

Zur Einbringung hat sich die Kollegin Eva Viehoff gemeldet.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Hochschulstädte sind stark nachgefragte Wohnorte. Zusammen mit den Rekordzahlen neuer Studierender stellt das für viele Hochschulstädte große Herausforderungen dar. Nicht nur München, Stuttgart, Frankfurt, Köln oder Hamburg melden Knappheit an bezahlbarem Wohnraum und Wartelisten für Zimmer in Studierendenwohnheimen, sondern auch Niedersachsen. Die Mieten steigen dabei nicht nur in Metropolen, sondern auch flächendeckend. Auf den angespannten Wohnungsmärkten konkurrieren Studierende oft mit anderen einkommensschwachen Haushalten. In Hochschulstädten werden auf dem freien Markt für kleine Wohnungen inzwischen im bundesweiten Durchschnitt über 400 Euro gezahlt - und damit deutlich mehr als die 325 Euro, die im BAföG pauschal für das Wohnen gewährt werden. Den Studierenden bleibt somit immer weniger Geld zum Leben.

Verschärfend kommt ein Allzeittief bei den Wohnheimplätzen hinzu. So stehen in Niedersachsen für 9,41 % der Studierenden Wohnheimplätze zur Verfügung - die preisgünstigste Wohnform nach dem Elternhaus. Seit 2005 hat die Zahl der Studierenden in Deutschland um 45 % zugenommen, die Zahl der öffentlich geförderten Wohnheimplätze stieg hingegen nur um rund 8,5 %. Die Vertretungen der Studierenden machen seit Jahren auf die Notwendigkeit von mehr bezahlbarem Wohnraum für Studentinnen und Studenten aufmerksam. „Bezahlbarer Wohnraum in Hochschulnähe ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein gutes und erfolgreiches Studium“, schrieb die LandesAstenKonferenz Niedersachsen am 21. Dezember 2018 in einem offenen Brief an Minister Thümler und das Ministerium für Wissenschaft und Kultur.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. In wie vielen niedersächsischen Hochschulstädten gibt es Notschlafstellen für Studierende?

2. Hält die Landesregierung die geplante Finanzhilfevereinbarung, die den bisherigen Mittelansatz von insgesamt 16,3 Millionen Euro jährlich für die Studierendenwerke bis einschließlich 2022 garantieren soll, für ausreichend?

3. Wie häufig hat Minister Thümler seit seinem Amtsantritt mit der LandesAstenKonferenz Niedersachsen gesprochen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Landesregierung hat sich der Wissenschaftsminister, Herr Thümler, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Anstieg der Studierendenzahlen in Niedersachsen ist in erster Linie ein Beweis für die Attraktivität des Studienstandortes Niedersachsen. Gleichwohl ist der Landesregierung die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt sehr bewusst. Die aktuelle Situation wurde dabei nicht in erster Linie durch die steigenden Studierendenzahlen ausgelöst, sondern durch einen insgesamt steigenden Bedarf an Wohnraum in allen deutschen Ballungszentren. Dabei konkurrieren Studierende mit anderen Bevölkerungsgruppen.

Daher haben wir bereits Maßnahmen ergriffen, um mehr bezahlbaren Wohnraum für Studierende zu schaffen. Nach 3,5 Millionen Euro in 2017 haben wir 2018 im Etat des Wissenschaftsministeriums zusätzlich 8 Millionen Euro zur gezielten Schaffung von zusätzlichen Wohnheimplätzen bereitgestellt. Damit konnte für 509 neue Wohnheimplätze eine Zuschussförderung für die Studentenwerke zur Verfügung gestellt werden. Viele dieser Wohnheimplätze befinden sich derzeit noch im Bau.

Darüber hinaus stehen den Studentenwerken auf Antrag zwischenzeitlich auch Mittel des Wohnraumförderfonds für die Errichtung zusätzlicher Wohnplätze zur Verfügung. Im aktuellen Wohnraumförderprogramm des Landes ist die Förderung von Wohnheimplätzen für Studierende daraus ausdrücklich vorgesehen. Das Niedersächsische Wohnraumfördergesetz wird ebenfalls entsprechend angepasst. Allein im Jahre 2018 hat die NBank, die den Wohnraumförderfonds verwaltet, rund 38,3 Millionen Euro an zinslosen Darlehen für Wohnraum für Studierende an die Studentenwerke bewilligt; bis Oktober 2019 waren es weitere 18,273 Millionen Euro. Zudem hat der Landtag auf Vorschlag der Landesregierung noch vor der Sommerpause entschieden, dass aus einem Haushaltsüberschuss des Jahres 2018 die Summe von 400 Millionen Euro für die zusätzliche Wohnraumförderung bereitzustellen ist.

Zu den Fragen im Einzelnen:

Zu Frage 1: Mit Ausnahme des Studentenwerks Osnabrück bieten alle niedersächsischen Studentenwerke zu Beginn des Wintersemesters vorübergehende Schlafplätze für Studierende an - das Studentenwerk Göttingen 20 Doppelzimmer in einem Hotel, 5 Euro pro Nacht ohne Frühstück; das Studentenwerk Hannover 25 Schlafplätze im Schwesternhaus Hannover, einem studentisch selbstverwalteten Wohnhaus, ebenfalls 5 Euro pro Nacht; das Studentenwerk Oldenburg zehn

Schlafplätze im Gemeinschaftsraum eines Wohnhauses sowie drei Gästezimmer; das Studentenwerk OstNiedersachsen sechs Schlafplätze in Braunschweig.

Diese Angebote werden jedoch unterschiedlich nachgefragt. Während das Angebot des Studentenwerks Göttingen seit 2015 je Wintersemester von 57 bis 78 Personen genutzt worden ist, wurde ein weiteres Angebot des Studentenwerks Hannover von zehn Schlafplätzen mangels Nachfrage eingestellt. Die Angebote der anderen Studentenwerke werden deren Angaben zufolge sporadisch

genutzt. Es handelt sich folglich allein um vorübergehende Hilfestellungen.

Zu Frage 2: In diesem Monat hat das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit den niedersächsischen Studentenwerken eine Finanzhilfevereinbarung für die Jahre 2019 bis 2022 abgeschlossen. Darin wird den Studentenwerken die Höhe der bisherigen jährlichen Finanzhilfe von 16,3 Millionen Euro bis einschließlich 2022 garantiert. Das gibt den Studentenwerken die nötige Planungssicherheit.

Die Finanzhilfe des Landes an die Studentenwerke ist keine Bedarfsfinanzierung, sondern eine staatliche Grundfinanzierung neben anderen Einnahmequellen der nach kaufmännischen Grundsätzen wirtschaftenden Studentenwerke. Mit einem durchschnittlichen Anteil von rund 11 % an den Einnahmen der Studentenwerke liegt Niedersachsens Finanzhilfe deutlich über dem Bundesdurchschnitt der Landeszuschüsse von 9,1 %. Ferner erstattet das Land den Studentenwerken ihre Aufwendungen für die Förderungsverwaltung; Stichwort BAföG. 2018 waren das rund 10,5 Millionen Euro.

Zu Frage 3: Auf den direkten Austausch mit den Studierenden habe ich persönlich sehr viel Wert gelegt. Beispielsweise habe ich im Rahmen der Antrittsbesuche an den niedersächsischen Hochschulen immer darum gebeten, den direkten Dialog mit Studierenden und auch ASten-Vertretern zu führen. Diese Gespräche werden gelegentlich auch in Ortsterminen, wenn sich das jetzt ergibt, weiter fortgesetzt. Zum Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern der Studierendenschaften habe ich auch eine Vertretung der LandesAstenKonferenz eingeladen. Dieses Gespräch fand am 30. Mai 2018 auf meine Einladung im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur statt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage für Bündnis 90/Die Grünen stellt die Kollegin Eva Viehoff.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Welche weiteren Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um die Wohnraumsituation der Studie

renden in den Hochschul- und Universitätsstädten Niedersachsens zu verbessern?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Thümler antwortet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Viehoff, wie ich gerade angedeutet habe, sind wir uns in Abstimmung mit dem Umweltministerium, das für den Baubereich zuständig ist, einig geworden, dass studentisches Wohnen nicht isoliert betrachtet werden soll, weil eine Entlastung am Wohnmarkt nur dann entsteht, wenn man sozialen Wohnungsbau insgesamt wieder stärker betont. Insofern ist studentisches Wohnen im Grunde genommen auch unter sozialem Wohnungsbau zu verorten. Deswegen haben wir auch die Maßnahme umgesetzt, dass aus dem Wohnraumförderfonds Mittel zur Verfügung gestellt werden, die den Studentenwerken als zinslose Darlehen gewährt werden. Sie werden sehr gut nachgefragt; ich habe die Zahlen gerade vorgetragen.

Darüber hinaus ist der Wohnungsmarkt leider so, wie er ist. Sie können hier in der Stadt Hannover, aber auch an anderen Orten durchaus sehen, dass es viele Menschen gibt, die verzweifelt Wohnraum zu bezahlbaren Preisen suchen. Bei uns ist das zusätzliche Problem, dass die Studentenwohnheime möglichst in der Nähe des Campus sein sollen. Das lässt sich nicht immer realisieren. Erstens stehen schon Gebäude da, zweitens sind manche Flächen nicht bebaubar, und drittens sind natürlich die Preise gerade in einer Innenstadtlage deutlich überteuert. Deswegen muss man in Zukunft auch darüber nachdenken, weiter von den Einrichtungen wegzugehen. Das wird wieder andere Fragen nach sich ziehen.

Aber zunächst einmal ist es wichtig, dass wir eine gute Versorgung haben. Da wir es im Wohnraumförderfonds zusammenfassen, müssen wir hier keine Trennung vornehmen. Damit ist studentisches Wohnen kein sozusagen negativer Mitbewerber auf dem Wohnungsmarkt. Mit der Zusammenfassung im Wohnraumförderfonds wollen wir positive Synergieeffekte fördern.