Protocol of the Session on September 13, 2019

Meine Damen und Herren, die Wälder sind ausgezeichnete Klimaschützer. Die ganze Welt - nicht nur wir in Niedersachsen und in Deutschland - diskutiert über den Klimawandel. Deswegen gibt es zu einer Erneuerung unserer Wälder nicht die geringste Alternative. Durch Photosynthese, Biomassezuwachs, Humifizierung und Akkumulation von stabilen Humusvorräten in den Mineralböden speichern die Wälder und Waldböden große Mengen an CO2. Sie sind deswegen unverzichtbar, wenn wir die CO2-Problematik in den Griff bekommen wollen.

Deswegen müssen wir sehr kurzfristig Antworten auf die Fragen finden, die uns die Privatwaldbesitzer stellen und die wir in den Landesforsten zu lösen haben.

Meine Damen und Herren, spätestens seit der Studie der ETH Zürich sollte jedem klar geworden

sein, welche unersetzliche Funktion die Wälder in dieser Frage haben.

Nun wollen wir ja - das hoffe ich jedenfalls - sachlich an die Thematik herangehen. Herr Kollege Wirtz, Sie meinen, jetzt habe die FDP den Wald für sich entdeckt, und sie wolle damit lediglich Aufmerksamkeit für sich erregen: Ich weise das von mir. Wir sehen das als eine sehr ernste Aufgabe an. Wenn Sie aber durch die Lande ziehen und ein Bundestagsabgeordneter von Ihnen bei Fachtagungen erklärt, man müsse die Bundeswehr einsetzen, um die Wälder zu beräumen, dann habe ich keine Lust, noch weiter mit Ihnen über Alarmismus oder Populismus zu reden.

Den haben Sie ganz allein für sich gepachtet. Solche Äußerungen brauchen wir hier überhaupt nicht.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Im Gegensatz dazu möchte ich mich - auch wenn wir uns sicherlich nicht in allen Detailfragen einig sind - sehr für den nachdenklichen Beitrag von Frau Staudte bedanken, die, wenn ich es richtig verstanden habe, nicht für sich in Anspruch genommen hat, zu bestimmen und zu sagen, wie wir das jetzt alles genau zu machen haben. Denn wir wissen gar nicht, wie sich das entwickelt. Wir brauchen die Experten. Wir müssen uns als Politik zurücknehmen, wir müssen die Aufgabe in die Bevölkerung hinein transportieren, damit jedem klar wird, welche Aufgabe hier vor uns steht.

Eine kleine Differenz haben wir sicherlich, Frau Staudte: Ich finde, man sollte auch nichts ausschließen. Ich habe von den heimischen Baumarten gesprochen. Für sie ist es klar. Aber die Douglasie ist auch seit über 100 Jahren bei uns heimisch. Man sollte sie mit einbeziehen. Sie ist kein Allheilmittel, aber sie gilt als sehr robust und widerstandsfähig und kann auf bestimmten Standorten mit Sicherheit eine Hilfe sein. Wir müssen durchaus auf Wirtschaftlichkeit achten, wenn wir diese Herkulesaufgabe auch in finanzieller Hinsicht stemmen wollen.

Des Weiteren müssen wir darüber diskutieren - wir sind dafür -, dass wir leistungsfähige Wirtschaftswälder erhalten und neu aufbauen, leistungsfähig in Bezug auf die Erträge, aber leistungsfähig auch in ökologischer Hinsicht, in Bezug auf die Klimabilanz, auf die Stabilität usw. Deswegen brauchen wir ein breites Spektrum.

Über die Kalkung haben wir eben schon sprechen können. Seit dem Jahr 2014 wurde in den Landeswäldern nicht mehr gekalkt. Das muss unbedingt und sehr kurzfristig grundlegend geändert werden, da die Wurzeln auf versauerten Böden von vornherein stark geschädigt werden. Die Kalkung ist eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Wiederaufforstung.

Ich will aber, da wir weltweit über den Klimawandel sprechen - das haben wir in diesem Haus schon andiskutiert -, auch sagen: Wir müssen uns um die weltweiten Zusammenhänge kümmern. Wenn in Brasilien - ich will es einmal so sagen - Nutzungskonflikte bestehen - das muss man den Kollegen dort ja auch zugestehen - und die Weltgemeinschaft der Meinung ist, dass der Wald für das Klima so wichtig ist, wie er es ist, dann müssen wir in der Entwicklungshilfepolitik, bei internationalen Verträgen darüber reden, dass sich die Weltgemeinschaft beteiligt. Hier können wir die Lunge der Welt nicht ersetzen. Die Leistungsfähigkeit der Wälder in den Tropen und Subtropen ist um ein Mehrfaches höher als in unseren Breitengraden oder nördlich davon. Auch das müssen wir mit einbeziehen. Wir müssen unsere Hausaufgaben vor Ort machen, gar keine Frage, und das vorbildlich, aber wir müssen auch im weltweiten Zusammenhang denken, damit wir das Klima bestmöglich schützen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Für die CDUFraktion hat nun Herr Kollege Dammann-Tamke das Wort.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Bevor ich zu meiner eigentlichen Rede komme, sage ich zu Frau Staudte und auch in Richtung der AfD: Hier wird immer wieder davon gesprochen, dass Niedersachsen lediglich 1,5 Millionen Euro zur Verfügung stelle.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Ursprüng- lich!)

Zur Klarstellung: In Niedersachsen fließen 14,169 Millionen Euro in diesem Jahr in den Bereich der Forstwirtschaft.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Zusätz- lich!)

- Die zusätzlichen Mittel - Ihr Zwischenruf ist ja berechtigt, Frau Kollegin Staudte - werden durch unseren Antrag, aufgrund der Politischen Liste im Rahmen der Haushaltsplanberatungen 2019, zur Verfügung gestellt. Das haben die regierungstragenden Fraktionen auf den Weg gebracht. Bei den Oppositionsfraktionen: geschlossen Fehlanzeige! - Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis: Wir haben das Thema schon erkannt, da haben Sie noch auf Bäumen geschlafen.

(Beifall bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Was ist denn das für ein Niveau? Wollen Sie ernst genommen werden oder Krawall machen? Das ist ja lächerlich!)

Herr Dammann-Tamke, achten Sie bitte auf Ihre Wortwahl!

Ich will jetzt zum eigentlichen Thema kommen. Denn ich glaube, der Konsens ist bei diesem Thema größer, als wir alle annehmen.

Es liegen zwei Entschließungsanträge, von der FDP und von der Grünen, vor. Ich kann heute schon seitens der regierungstragenden Fraktionen ankündigen, dass wir relativ kurzfristig einen eigenen Entschließungsantrag vorlegen werden.

(Anja Piel [GRÜNE]: Wenn Sie es auch einmal tun und nicht immer nur ankündigen würden! - Miriam Staudte [GRÜNE]: Auf den Antrag warten wir seit einem Jahr! - Gegenruf von der CDU: Das stimmt doch gar nicht! - Unruhe)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit! Herr Dammann-Tamke hat jetzt das Wort. Sie haben alle Redezeit und die Möglichkeit, hier vorn vom Rednerpult aus Ihre Meinung kundzutun.

Jetzt fahren Sie bitte fort!

Meine Damen und Herren, in der überwältigenden Fläche bestehen die niedersächsischen Wälder aus Wirtschaftswäldern. Der Wirtschaftswald und die Stabilisierung des Ökosystems Wald sind keine Gegensätze, sondern bedingen sich gegenseitig.

(Vizepräsident Bernd Busemann über- nimmt den Vorsitz)

Der Waldbesitz in Niedersachsen ist kleinstrukturiert und mehrheitlich, zu knapp 60 %, in den Händen von Privatwaldbesitzern oder Genossenschaften. 45 % der Waldfläche sind in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse der Größenklasse bis 20 ha und davon ist wiederum die Hälfte der Größenklasse bis 5 ha zuzuordnen. Der Wald in Niedersachsen ist also in den Händen vieler Familien, die über Generationen hinweg ihrer Verantwortung für diesen Wald gerecht geworden sind, mit ihrem eigenen Kapital gewirtschaftet und ganz nebenbei und parallel dazu all die Gemeinwohlleistungen für unsere Gesellschaft zur Verfügung gestellt haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Schauen wir auf die Ausgangssituation, so besteht Konsens hier im Haus: Unsere Wälder sind derzeit schwer geschädigt. Einige sprechen vom Waldsterben 2.0. Auch habe ich in diesem Haus weitgehend Konsens darüber vernommen, dass die Waldbesitzer auf Hilfe hoffen dürfen.

Kommen wir zu den Zielen, von denen ich auch glaube, dass trotz des hitzigen Beginns meiner Rede weitgehend Konsens besteht, Frau Kollegin Staudte.

Wir haben und wir brauchen stabile, klimabeständige Wälder. Wir brauchen Wälder, die das Potenzial der CO2-Senke möglichst ausschöpfen. Wir brauchen Wälder, die Gemeinwohlleistungen erbringen, beispielsweise Naherholung oder Trinkwasserneubildung. Wir brauchen Wälder, welche Fauna und Flora erhalten und ein stabiles Ökosystem Wald darstellen. Wir brauchen Wälder, die dem Wirtschaftsbeitrag im Cluster Holz in der Größenordnung von 15 Milliarden Euro jährlich allein für das Land Niedersachsen gerecht werden. Und wir brauchen Wälder, die dem Nachhaltigkeitsprinzip unterliegen.

Ich glaube, was diese Ziele betrifft, haben wir sehr schnell Konsens in diesem Haus. - Soweit, so gut. Die Gewichtung der einzelnen Ziele untereinander bzw. gegeneinander führt erfahrungsgemäß dazu,

dass wir den breiten politischen Konsens am Ende des Tages doch nicht erzielen.

Seitens der CDU-Fraktion möchte ich ein paar Ziele vorgeben, die für uns wichtig sind und für die wir uns in der Debatte und in dem weiteren Beratungsverfahren einsetzen werden.

Erstens. Der Zukunftswald in Niedersachsen ist ein Mischwald, und er ist primär und in der überwältigenden Fläche ein Wirtschaftswald.

Zweitens. Wir müssen das Spektrum der Baumarten öffnen. Angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel darf es keine Scheuklappen in Bezug auf neue Baumarten geben.

Drittens. Wir brauchen eine Saatgutoffensive. Unsere Baumschulen müssen zukünftig eng kooperieren. „Wir müssten aufforsten“, ist leicht gesagt. Aber derzeit bestehen in unseren Baumschulen überhaupt nicht die Kapazitäten, um das entsprechende Saatgut schnell zur Verfügung zu stellen.

Viertens. Wir brauchen zumindest in der mittelfristigen Betrachtung deutlich mehr Personal. Ich spreche von ausgebildeten Forstwirten, von Waldarbeitern, Auszubildenden, und natürlich spreche ich auch von Förstern. Denn unser Personalbestand im Bereich der Forstwirtschaft in Niedersachsen ist nicht darauf ausgerichtet, diese enormen Herausforderungen, denen wir uns derzeit gegenübersehen, abzuarbeiten. Wir brauchen mehr Personal.

Fünftens. Wir brauchen eine politische Offensive für den Baustoff Holz. Die Vorzüge des Baustoffs Holz sind insbesondere in klimapolitischer Hinsicht einzigartig und unschlagbar.

Sechstens. Wir brauchen eine auf Jahre angelegte finanzielle Unterstützung unserer Waldbesitzer, eine politische Diskussion dahingehend, dass die vielfältigen Gemeinwohlleistungen unserer Waldbesitzer zukünftig eventuell doch auch über den Rückfluss aus CO2-Zertifikaten belohnt werden. Denn der Wald ist das Instrument schlechthin, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen.

Siebtens. Wir benötigen ein vereinfachtes, unbürokratisches Antragsverfahren. Ich habe von den Förstern gerade jüngst vernommen: Staatliche Mittel zu bekommen, ist das eine, aber sie an den betroffenen Waldbesitzer zu bringen, ist eine Herausforderung. Das ist insbesondere eine Herausforderung, weil wir, wie ich eingangs schon gesagt habe, einen kleinstrukturierten Waldbesitz haben.

Es geht um 1,4 oder 1,8 ha. Diese Waldbesitzer geben sich nicht mit Bürokratie ab.

Da muss im Zweifel der Förster die Anträge machen. Unsere Förster sind aber keine Verwaltungskräfte, die irgendwelche Papiere ausfüllen, sondern sie sollen ihrer Ausbildung entsprechend im Wald arbeiten.

Achtens und auch ganz wichtig: Wir brauchen eine weitere Stärkung unserer Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt.

(Glocke des Präsidenten)

Sie ist im nordwestdeutschen Raum einzigartig. Sie hat eine bundesweit hohe Reputation und Anerkennung. Das ist ein Juwel und ganz, ganz wichtig in der Frage des Umgangs mit dem Klimawandel.