Protocol of the Session on September 13, 2019

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Fragestunde für diesen Tagesordnungsabschnitt beendet.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 40 und 41 vereinbarungsgemäß zusammen auf

Tagesordnungspunkt 40: Erste Beratung: Niedersachsens Wälder für die Zukunft wappnen! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/4492

Tagesordnungspunkt 41: Erste Beratung: Wald im Klimastress: Naturnahen Waldumbau beschleunigen, Dialog über die Zukunft des Waldes fördern - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/4481

Zur Einbringung erteile ich Frau Kollegin Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte, Frau Kollegin!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können nahtlos an die Debatte und Fragestunde gerade eben anschließen.

Mich hat gerade etwas gewundert, dass sehr häufig die Worte Trockenheit, Sturm usw. fielen. Wir müssen aber doch die Wahrheit aussprechen, dass der Klimawandel in den norddeutschen Wäldern angekommen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Seien wir realistisch: Es wird nicht bei diesen ein, zwei Jahren bleiben. Wir werden immer wieder mit solchen Situationen konfrontiert sein. Es wird darauf hinauslaufen, dass wir in Zukunft nicht mehr darüber debattieren, wie man mit dem Wald Geld verdienen kann, sondern wie man ihn überhaupt noch erhalten kann.

Wir sind natürlich etwas skeptisch, wenn wir hören, dass nicht gerade viel Geld - nur 1,5 Millionen Euro - bereitgestellt worden ist.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: 14 Millionen Euro, Frau Kollegin!)

Auch der Verweis auf die Bundesmittel macht uns etwas nervös. Denn bei den Dürrehilfen für die Landwirtschaft hat der Einsatz dieser Landesregierung schon einmal überhaupt nicht geklappt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da hatte Niedersachsen die größten Schäden, pro Betrieb wurde dann aber am wenigsten ausgezahlt.

Man konnte schon zu Ostern ahnen, welchen Verlauf dieses Jahr nehmen wird. Viele Bäume schlugen nicht mehr aus. Bei den Birken fiel das zuerst auf. Aber es hat sich fortgesetzt.

Wir als Grünen-Fraktion haben die letzten Monate dazu genutzt, um mit vielen Förstern, Waldbesitzern und anderen Naturschützern in den Dialog zu kommen. Wir haben in vielen unterschiedlichen Regionen Niedersachsens den Wald besucht.

Am eindrücklichsten fand ich - neben den Schäden im Wald, neben den vertrockneten Bäumen - die Niedergeschlagenheit der Försterinnen und Förster.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ja!)

Wir haben von der Forstgewerkschaft gehört, dass besonders viele ältere Förster sich in diesem Jahr dazu entschlossen haben, die Frühverrentung zu beantragen. Das ist erschreckend.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ja!)

Es ist nachvollziehbar, dass Menschen, die sich ihr ganzes Berufsleben für den Wald eingesetzt haben, es nicht ertragen können, zuzusehen, wie ihr Wald stirbt.

Der Begriff „Waldsterben“ bringt zum Ausdruck, dass es hier nicht um Kahlschläge geht, nicht - wie gestern beim Thema Brasilien - um Brandrodung, sondern dass es sich um einen Prozess handelt. Im Moment können wir nicht mehr tun als zusehen.

Keiner kann schon sagen, wie wir reagieren müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch kein Wissenschaftler kann sagen, welches Klima wir hier in 30 Jahren haben werden.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ja!)

Denn es gibt unterschiedliche Szenarien, je nachdem, wie die Menschheit sich verhält: Werden wir noch die Kurve kriegen? Werden wir die Klimaerwärmung bei etwa 2 °C halten können? Oder wird es stärkere Schäden geben? Oder potenzieren sich die Entwicklungen gar, und es geht irgendwann nur noch um das blanke Überleben?

Weil wir nicht sagen können, welches Szenario Realität wird, können wir heute auch noch nicht hundertprozentig sagen, welche waldbaulichen Entscheidungen getroffen werden müssen, welche Baumarten sich durchsetzen. Es ist eben nicht so wie in der Landwirtschaft, wo man jedes Jahr neu entscheiden kann, was man anbaut - abgesehen vom Obstbau, in dem die Planungszeiträume auch länger sind.

Wir sollen heute Entscheidungen fällen, wie der Wald in 30, 40 oder 70 Jahren aussehen soll. Das ist ausgesprochen schwierig. Deswegen finde ich es richtig, dass wir beides haben: auf der einen Seite Naturdynamikflächen, die Kernzone des Nationalparks z. B., wo wir jetzt beobachten können, wie die Natur selber reagiert, und auf der anderen Seite den Wirtschaftswald, wo man durchaus auch Versuche mit anderen Baumarten wird anstellen müssen.

Wir möchten aber betonen: Es geht hier nicht darum, jetzt überall die nicht heimische Douglasie, mit der man in den letzten Jahren viel Geld verdient hat, anzubauen. Wir müssen unseren Blick etwas weiten und gucken, wo in Europa es vielleicht heimische Baumarten in anderen Variationen gibt - vielleicht mit etwas wachsigeren, dickeren Blättern, mit schwächerer Verdunstung -, die hier angebaut werden können, z. B. die Esskastanie aus Frankreich.

Aber es wird nicht die eine Lösung geben. Wir müssen zu einer Risikostreuung kommen, weil wir eben nicht wissen, welches Szenario Realität wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eines wissen wir aber auf jeden Fall: Wir brauchen einen radikalen Klimaschutz, wenn wir unseren Wald überhaupt in der jetzigen Form erhalten wol

len. Es kann auch sein, dass wir in den naturbelassenen Flächen, in den Wildnisflächen, feststellen werden: Da wachsen trotzdem dieselben Baumarten, aber die Bäume werden nicht mehr so wahnsinnig hoch, weil dazu die Feuchtigkeit im Wald nicht mehr ausreicht. - Womöglich müssen wir uns von unserem Bild des Hochwaldes verabschieden. Das wäre natürlich eine dramatische Entwicklung.

Wir wissen, dass wir mehr Feuchtigkeit im Wald brauchen. Das betrifft auch das Thema „Bewässerung in der Landwirtschaft“.

(Glocke der Präsidentin)

Wenn der Wald von landwirtschaftlichen Flächen umgeben ist, hat es natürlich Auswirkungen auf den Wald, wenn dort der Grundwasserspiegel durch zu starke Beregnung sinkt.

Wir brauchen mehr Humusaufbau im Wald. Auch das Thema „Entwässerungsgräben im Wald“ müssen wir ganz schnell angehen.

Sie müssen zum Schluss kommen, Frau Kollegin.

Danke. - Der Wald braucht mehr Wasser und mehr Feuchtigkeit als bisher.

Wir haben im Antrag unterschiedlichste Punkte aufgeführt, die ich jetzt nicht mehr vortragen kann.

Ich hoffe auf eine intensive Beratung und auch auf eine Expertenanhörung. Es kann nicht sein, dass - wie beim Thema Waldbrand - nur noch um schriftliche Stellungnahmen gebeten wird. Wir müssen dieses Thema diskutieren. Denn nur gemeinsam können wir zu einem Erkenntnisgewinn kommen -

Letzter Satz!

- und die richtigen Entscheidungen treffen.

Ich danke Ihnen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Ebenfalls zur Einbringung erhält jetzt Herr Kollege Grupe, FDP-Fraktion, das Wort. Bitte, Herr Grupe!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nahtlos an das bereits Gesagte anschließen. Die Situation in unseren Wäldern ist absolut dramatisch. Wir müssen ganz neu denken, ohne vielleicht zu kritisieren, was Generationen vor uns getan haben, die, z. B. als der Harz nach dem Kriege völlig abgeholzt war, schnell Maßnahmen ergriffen haben. Aber wir müssen auf jeden Fall daraus lernen, wie es in Zukunft anders gemacht werden muss.

Wenn wir über heimische Baumarten, über angepasste Baumarten reden, stellt sich sofort die spannende Frage, welche Baumarten das sein sollen, ob man Bäume aus anderen Regionen braucht. Die Experten sagen uns: Nein, es geht im Wesentlichen um die Arten, die schon bei uns sind. Aber auch da gibt es gravierende Unterschiede: von welchen Standorten sie stammen, welche Sortierung da vorgenommen wird. Da kann man eben nicht einfach Fichten aus Skandinavien und Kiefern aus der Heide nehmen. Die Bäume müssen vielmehr an den Standort passen. Da liegt eine große Aufgabe vor uns: umzuforsten und nach heutigen ökologischen Erkenntnissen wiederaufzuforsten.

Meine Damen und Herren, das ist leichter gesagt als getan. In den Privatgenossenschaften sind die Reserven regelrecht erschöpft. Wenn wir das Thema in den Landesforsten wirklich ernsthaft aufgreifen wollen - das müssen wir -, stehen sehr große Summen - Hunderte Millionen Euro - zur Debatte.

Meine Damen und Herren, die Wälder sind ausgezeichnete Klimaschützer. Die ganze Welt - nicht nur wir in Niedersachsen und in Deutschland - diskutiert über den Klimawandel. Deswegen gibt es zu einer Erneuerung unserer Wälder nicht die geringste Alternative. Durch Photosynthese, Biomassezuwachs, Humifizierung und Akkumulation von stabilen Humusvorräten in den Mineralböden speichern die Wälder und Waldböden große Mengen an CO2. Sie sind deswegen unverzichtbar, wenn wir die CO2-Problematik in den Griff bekommen wollen.