Protocol of the Session on September 11, 2019

Meine Damen, meine Herren, eine strategisch kluge Haushaltspolitik bedarf auch - neben der politischen Prioritätensetzung, neben der Verarbeitung von Handlungsbedarfen, neben dem Stopp von Schulden und der Tilgung von Schulden -, dass man Zukunftsvorsorge betreibt. Das ist heute nur am Rande erwähnt worden.

Es wird ja immer wieder gesagt - Herr Birkner, das habe ich auch von Ihnen gehört -: Es ist ja so wahnsinnig viel Geld da!

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Stimmt!)

Ich habe auf die Handlungsbedarfe bereits hingewiesen. Wissen Sie, was wir gemacht haben? Wissen Sie, was diese Koalition aus CDU und SPD seit ihrem Regierungsantritt macht?

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Geld aus- geben!)

Wir verhalten uns wie ein vorsichtiger Kaufmann. Wir wissen, dass sich die herausragend gute konjunkturelle Lage nicht endlos fortsetzen wird. Was machen wir also?

Für die wichtigsten Zukunftsinvestitionen dieses Landes - für die Digitalisierung, für die Hochschulmedizin, für die Klimapolitik u. a. im Wirtschaftsförderfonds im Umweltbereich, für die Wohnraumförderung, für die Krankenhausinvestitionen - stellen wir Sondervermögen auf, und zwar aus den Steuermehreinnahmen in diesen guten Zeiten. Das ist unsere Rücklage für die Zeit, die jetzt mit schwierigerer konjunktureller Lage kommen wird - das ist mit Händen greifbar - und mit möglicherweise anderer steuerlicher Entwicklung, damit wir die wichtigsten Zukunftsinvestitionen außerhalb des Haushalts trotzdem gemeinsam stemmen können.

Dieser Landtag hat mit den vergangenen Haushaltsbeschlüssen seit 2017 und mit den jetzt anstehenden Haushaltsbeschlüssen insgesamt 2,75 Milliarden Euro in die Sondervermögen eingestellt, damit dieses Land nicht nur handlungsfähig bleibt, sondern die wichtigsten Zukunftsinvestitionen der nächsten Jahre unabhängig von der konjunkturellen Entwicklung stemmen kann.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen, meine Herren, sehr geehrter Herr Finanzminister, das ist eine herausragende Leistung, auf die wir gemeinsam stolz sind.

(Anja Piel [GRÜNE]: Oh meine Güte! Mehr Superlativ ist nicht drin?)

Letzter Punkt, Frau Piel, auch zu der Haushaltsrede, die Sie hier vorhin gehalten haben. Manfred Rommel hat einmal gesagt: Es ist das gute Recht der Opposition, zu fordern, was nicht möglich ist und wofür das Geld fehlt. - Aber ich finde, es ist auch das gute Recht der die Regierung tragenden Fraktionen und übrigens auch der Öffentlichkeit, dass Sie wenigstens ein bisschen versuchen, zu verheimlichen, dass die politischen Forderungen, die Sie hier im Landtag erheben, durch nichts, aber auch gar nichts gegenfinanziert sind.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen, meine Herren, Schuldentilgung in Milliardenhöhe, Maximalmodell für das Schülerticket, kostenfreie Schülerbeförderung im Sekundarbereich II, mehr Sonder- und Sozialpädagogen, mehr Lehrer für die Berufsschulen und die Schulen, mehr Erzieherinnen und Erzieher - das haben wir vorhin noch einmal gehört -, mehr Professoren, mehr Studienplätze, erhebliche Zusatzausgaben für Kultur, zusätzliche Ausgaben für die digitale Schwellenfreiheit, zusätzliche Ausgaben für die Pflege, Abschaffung und Kompensation der Straßenausbaubeiträge, diverse Mehrausgaben für Klimaschutz und Klimafolgenbewältigung - das alles haben Sie in den letzten Wochen und Monaten, zum Teil heute noch einmal, aufgerufen, ohne eine solide Finanzierung dafür vorzulegen. Ihre Potemkinschen Dörfer in Ihren Haushaltsvorschlägen brechen in dem Moment zusammen, in dem Moment, in dem Sie hier Entschließungsanträge vorlegen.

Herr Kollege Thiele, jetzt haben wir Sie 45 Sekunden überziehen lassen. Beenden Sie Ihre Rede jetzt einfach!

Daher freue ich mich auf die Haushaltsberatungen mit Ihnen, weil Sie dort offenlegen müssen, wie Sie das, was Sie hier seit Monaten fordern, wirklich finanzieren wollen.

Ich kann Ihnen versprechen, dass die CDUFraktion gemeinsam mit der SPD-Fraktion mit dem Ehrgeiz in diese Haushaltsberatungen gehen wird,

dass wir unser Land gemeinsam nach vorne bringen wollen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Grascha das Wort. 2:15 Minuten!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was ich von der Kollegin Heiligenstadt und von dem Kollegen Thiele hier gehört habe, ist aus meiner Sicht, was die Große Koalition betrifft, eher das Pfeifen im Walde.

Sie können doch nicht ernsthaft von uns Lob dafür erwarten, dass Sie in dieser Zeit keine neuen Schulden machen! Ich nenne die Zahlen noch einmal, Herr Kollege Thiele: In den letzten zehn Jahren haben die Steuereinnahmen um mehr als 10 Milliarden Euro zugenommen. Die Zinsausgaben haben sich halbiert. Im Jahr 2020 erhalten Sie eine halbe Milliarde Euro mehr aus dem Länderfinanzausgleich. In dieser Zeit keine neuen Schulden mehr zu machen - das ist wirklich keine Kunst, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)

Wir erleben in der Debatte, dass es zwischen CDU und SPD viele Streitigkeiten gibt. Das haben wir heute Morgen und auch schon gestern debattiert. Das Klimagesetz und die Schuldenbremse sind nur zwei Beispiele. Am Ende werden diese Probleme dann immer mit mehr Geld zugeschüttet. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie es in diesem Lande sein wird, wenn wir dazu - wegen der Konjunktur und der daraus folgenden Steuermindereinnahmen - nicht mehr in der Lage sein werden. Ich möchte mir nicht vorstellen, zu welchem Hauen und Stechen bei SPD und CDU das führen wird. Dann gilt es, mutig Prioritäten zu setzen. Im Moment tun Sie das nicht - darum kommen Sie aufgrund der guten Steuereinnahmesituation herum -, aber das ist die Erwartung, die zumindest wir an eine gute Regierungsarbeit haben.

Ich möchte noch einmal zu dem kommen, was laut dem Finanzminister aus konjunktureller Sicht erforderlich ist.

Herr Finanzminister, Sie haben von Entlastung und von Vereinfachung gesprochen. Das können wir auch alles unterschreiben. Aber tun Sie es doch

einfach mal! Wo ist denn Ihre Bundesratsinitiative zu einer Unternehmenssteuerreform? Wo ist denn Ihr Reformvorschlag für eine NBauO, für eine Vereinfachung, wie wir sie jetzt vorgeschlagen haben? Wo ist denn Ihr Reformvorschlag für ein schlankes Vergabegesetz?

Und wo ist denn das zusätzliche Personal bei der Gewerbeaufsicht? Stattdessen haben Sie zu Beginn der Legislaturperiode 100 Stellen in Ihren Ministerien geschaffen, und jetzt kommen noch 45 Stellen dazu. Diese Stellen wären bei der Gewerbeaufsicht gut aufgehoben - aber nicht in den Ministerien, bei Ihrer parteipolitischen Selbstbedienung.

(Beifall bei der FDP - Wiard Siebels [SPD]: Unerhörter Vorwurf!)

Zum Schluss möchte ich noch zu der Behauptung kommen, dass es keine Neuverschuldung mehr gibt. Dazu stelle ich fest: Wenn die EU-Kommission in Sachen NORD/LB ihr Go gibt, haben wir 1,5 Milliarden Euro zusätzliche Schulden plus 4 Milliarden Euro zusätzliche Risiken, die Sie neben dem Haushalt in einer Beteiligungsgesellschaft führen. Das müssen Sie sich auch zurechnen lassen; denn Sie würden jetzt ja nicht 100 Millionen Euro Schuldenabbau bei der HanBG vorsehen, wenn das alles nicht zum Landeshaushalt gehören würde. Also, diese 1,5 Milliarden Euro gehören dazu, und deswegen ist die schwarze Null für den Haushalt 2019 genauso wie für den Haushalt 2020 eine glatte Täuschung.

(Beifall bei der FDP)

12,02

Vielen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Abgeordnete Stefan Wenzel. 2:20 Minuten!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Thiele, es ist schon interessant, was Sie in meiner Rede alles erkannt haben wollen.

Ich kann nur sagen: Wir haben einen Gesetzentwurf zur Schuldenbremse vorgelegt. Der ist nach wie vor in der Beratung. Auch Ihr Gesetzentwurf ist nach wie vor in der Beratung, und wir sind gespannt, wie die Diskussion ausgeht. Wir bewegen uns mit unserem Gesetzentwurf jedenfalls voll und ganz in dem Rahmen, der durch die Grundgesetzänderung vor einigen Jahren gesetzt worden ist.

Ich nehme aber auch mit Interesse zur Kenntnis, was Ihre Kanzlerin in dem Zusammenhang sagt.

(Zuruf von der CDU: Sie ist auch Ihre Kanzlerin!)

Heute findet im Bundestag ja die Generaldebatte zum Haushalt statt, und da hat sie gesagt: „Ich begreife das als Menschheitsherausforderung.“ Da sprach sie über den Klimaschutz. Es sind also durchaus andere Töne, die man jetzt aus der Bundesregierung hört, sicherlich auch unter dem Eindruck der Aktivitäten der jungen Menschen von „Fridays for Future!“, die in den letzten Monaten demonstriert haben.

Vom Kollegen Peter Altmaier hört man, dass er über eine „Bürgerstiftung Klimaschutz“ nachdenkt, die 50 Milliarden Euro mobilisieren soll. Das ist schon eine sehr kreative Art und Weise, mit der Schuldenbremse umzugehen. Das sind auch durchaus interessante Vorschläge, die man auch ernsthaft diskutieren muss. Aber Peter Altmaier hat natürlich im Hinterkopf, dass er aus dem Bundeshaushalt nur die Zinsen für diese Einlagen finanzieren muss, was natürlich ein deutlich geringerer Betrag ist.

Ob man am Ende dazu kommt, dass Klimainvestitionen 2 % kosten - obwohl es das Geld bei der Bank noch deutlich günstiger gibt -, muss man auch sehr gründlich diskutieren. Aber das Ganze zeigt zumindest, dass auch in Ihrer Partei, Herr Thiele, über solche Fragen nachgedacht wird. Wir tun das auch und sind gespannt, was hier noch auf den Tisch kommt.

Auf jeden Fall brauchen wir in diesem Bereich Innovationen und erhebliche Investitionen. Wir sind ein Exportland - da hat Herr Toepffer recht -, aber dieses Exportland werden wir nur bleiben, wenn wir auch in Zukunft bei allen wichtigen Technologien der Energiewende die Technologieführerschaft innehaben - und nicht, wenn wir Windkraft abbauen, wenn wir die Solarenergie den Chinesen überlassen und wenn wir unsere Kohlekraftwerke noch bis 2038 in alter Herrlichkeit betreiben. Das ist für uns als Industrie- und Exportnation nicht der richtige Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Wenzel. - Zu Wort gemeldet hat sich Minister Reinhold Hilbers. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Wenzel, Ihr vorheriger Wortbeitrag hat mich animiert, mich noch einmal in die Debatte einzuschalten.

Ich will Ihnen in aller Kürze drei Dinge dazu sagen:

Das Erste ist die Frage der schwarzen Null, also des ausgeglichenen Haushalts ohne Nettokreditaufnahme. - Sie gewinnen in der Bilanzierung überhaupt nichts, wenn Sie notwendige Investitionen oder Erhaltungsaufwendungen aus Verschuldung finanzieren, weil dann Ihr Reinvermögen so abnimmt, wie es die Abschreibung in der doppischen Haushaltsführung eben bedingt. Sie müssen die Abschreibungsbeträge reinvestieren, ohne neue Schulden zu machen - nur dann haben Sie einen Werterhalt oder gar einen Wertgewinn.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen muss es gelingen, die notwendigen Investitionen aus dem Haushalt heraus zu schultern. Was ist das denn für ein Gedankenspiel, dass Investitionen bei Ihnen immer nur dann gehen, wenn dafür Schulden gemacht werden? - Nein, Ziel muss sein, die Investitionen aus dem laufenden Haushalt zu finanzieren.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Daran sollte man festhalten, und das ist dann auch nachhaltig. Ansonsten werden Sie am Ende beides haben: Vermögensverzehr und Schulden. Das hat sich in all den Jahren gezeigt. Deswegen halte ich auch wenig von Fonds und Ähnlichem.