Protocol of the Session on September 11, 2019

Hier im Hause sind wir uns als Demokraten alle einig, dass solche Demokratie- und Verfassungsfeindlichkeit hier keinen Platz hat.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Ich darf Sie an den wichtigsten Satz des Grundgesetzes erinnern: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

(Dana Guth [AfD]: Ja, genau! - Dana Guth [AfD] und Klaus Wichmann [AfD]: Auch unsere!)

Wir hier fühlen uns diesem Grundsatz verpflichtet. Sie fordere ich dazu nicht mehr auf. Sie haben Ihre Meinung bekannt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Piel. - Nun hat das Wort für die FDP-Fraktion Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Birkner. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rechtsextremismus ist eine Ideologie, die sich ganz elementar gegen alle Grundwerte unserer Verfassung und gegen das richtet, was unsere freiheitliche demokratische Grundordnung ausmacht - durch Rassismus, durch Fremdenfeindlichkeit, durch Antisemitismus, durch Geschichtsrevision. Rechtsextremismus ist eine Ideologie, der wir alle als Demokraten zu jeder Zeit an jedem Ort hörbar und spürbar entgegentreten müssen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn man sich mit dem Rechtsextremismus befasst und auch mit dem, was der Innenminister und das Innenministerium im Verfassungsschutzbericht dazu ausführen, dann wird ein sehr differenziertes Bild deutlich.

Wir sehen erstens quasi klassische Formen des Rechtsextremismus. Eine ist schon genannt worden, nämlich gewalttätige Formen wie Combat 18 und ähnliche oder Neonazistrukturen, die in Niedersachsen laut Verfassungsschutzbericht glücklicherweise nicht die Ausprägung haben, wie es an anderer Stelle der Fall ist. Insofern stellen diese nicht die dramatische Bedrohung dar, wie dies an anderer Stelle - in anderen Fällen, vielleicht insbesondere auch in Teilen Ostdeutschlands - der Fall ist. Gleichwohl heißt das natürlich nicht, dass man nicht auch an diesem Punkt wachsam bleiben muss.

Es ist und bleibt unsere Aufgabe als Parlament, die Sicherheitsbehörden - insbesondere den Verfassungsschutz, aber auch die weiteren Behörden - in die Lage zu versetzen, diese Bestrebungen zu beobachten und dann auch wirksam gegen sie vorzugehen.

Was uns zweitens, glaube ich, noch mehr Sorgen machen muss als diese krass Rechtsextremen, sind diejenigen, die sich an der Kante bewegen, die sozusagen versuchen, sich einen bürgerlichen Anstrich zu geben, bei denen aber eigentlich eine rechtsextreme Geisteshaltung dahintersteht, um in die gesellschaftliche Mitte vorzudringen. Das sind vielfach Menschen, die durch gesellschaftliche Entwicklungen verunsichert sind, die nach Sicher

heit und Überschaubarkeit suchen. Die Rechtsextremen geben ihnen dann diese plötzlich mit ihren Ideologien. Das sind Menschen, die sich an der Kante bewegen, die eine Reaktion erwarten oder eine irgendwie geartete neue Zuordnung suchen, die auf die Komplexitäten der Gesellschaft, die durch verschiedenste Trends, die zu beobachten sind, immer weiter zunehmen, Geborgenheit und in irgendeiner Form Schutz suchen.

Ich denke, das sind die Punkte, bei denen wir als demokratische politische Parteien gefordert sind, Antworten zu finden, Orientierung zu geben und sie eben genau nicht denen zu überlassen, die dies mit extremistischen Parolen und extremistischen Meinungen im Hintergrund und am Ende tatsächlich mit extremistischen Zielen verfolgen.

Genau an dieser Kante kommt die Diskussion über die Rolle der AfD zum Tragen, genau an dieser Stelle; denn Sie geben sich ja zunächst eher als rechtspopulistische Kraft, versuchen, sich zumindest diesen Anschein zu geben und zu sagen, Sie bewegten sich ja noch voll im demokratischen Spektrum. Gleichwohl - das räumt Herr Wichmann selbst ein - gibt es Grenzüberschreitungen, und das ist genau das, was wir bei Ihnen in den vergangenen zwei Jahren beobachten.

(Zuruf von Klaus Wichmann [AfD])

Sie haben sich anfangs den Anschein gegeben, Sie seien eine ganz normale politische Partei, die sich mit den Themen der Zeit befasst. Aber es ist eine zunehmende Radikalisierung in Sprache und Auftritt zu vermerken.

Herr Wichmann, herzlichen Dank für Ihre Erläuterungen. Sie haben hier noch einmal sehr deutlich gemacht, dass genau das Ihre Strategie ist: Weil Sie mit Ihren bisherigen Positionierungen nicht den Widerhall gefunden haben, den Sie erwarten, gehen Sie jetzt in die Grenzüberschreitung, und zwar sehr bewusst.

(Klaus Wichmann [AfD]: Welche Grenzüberschreitung?)

Die Provokation - Herr Wichmann hat es ja selbst gesagt - ist bei Ihnen das Mittel, weil Sie nicht die Resonanz in der Presse finden, die Sie sich wünschen. Wenn wir bei jeder Gelegenheit, bei der wir uns nicht so in der Presse wiederfinden, wie wir es uns wünschen, in die Provokation gingen, wären wir nur von Provokateuren geprägt.

(Heiterkeit bei der FDP)

Es ist aber gerade Ausdruck einer demokratischen Kultur, die Grenzen nicht zu verwischen, sondern weiter zu versuchen, mit Argumenten zu überzeugen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Wenn Sie, Herr Wichmann, darauf hinweisen - das ist ja eine Erzählung, die Sie zu kultivieren versuchen -, Sie nähmen ja nur das Recht auf Meinungsfreiheit in Anspruch, dann lassen Sie einen Bestandteil stets weg, nämlich, dass die Meinungsfreiheit Grenzen hat, nämlich insbesondere bei den Rechten anderer,

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

in der Würde der anderen, in der persönlichen Ehre der anderen. Wenn Sie das nicht zu akzeptieren bereit sind, dann ist das in der Tat eine Grenzüberschreitung, die eben besagt: Uns steht die Meinungsfreiheit zu. - Anderen aber billigen Sie sie nicht zu.

Pressefreiheit kommt im Übrigen auch darin zum Ausdruck, nicht über Sie berichten zu müssen. Sie unterscheiden also sehr klar, und all das sind Hinweise darauf, dass Sie zumindest auf dem Weg - oder bereits da - sind, in eine extremistische Partei auch hier in Niedersachsen abzudriften. Für andere Teile der AfD ist das aus meiner Sicht völlig unzweifelhaft der Fall, und Sie distanzieren sich von denen nicht. Solange Sie das nicht tun, gehören Sie dazu und müssen sich das vorhalten lassen.

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner.

Wir nehmen kurz einen Wechsel vor.

(Vizepräsident Bernd Busemann über- nimmt den Vorsitz)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aktuelle Stunde ist damit für heute beendet.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 15 und 16 auf, die vereinbarungsgemäß zusammen beraten werden.

Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2020 (Haushaltsgesetz 2020 - HG 2020 -) - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 18/4285 neu

Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung: Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2020 - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/4486

(Unruhe)

- Sobald die notwendige Ruhe eingekehrt ist - Herr Kollege Siebels, das wird jetzt ganz wichtig -, kann die Landesregierung ihren Gesetzentwurf einbringen.

Ich erteile Herrn Finanzminister Hilbers das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit großer Freude bringe ich heute den Haushaltsplanentwurf für das Haushaltsjahr 2020 in die parlamentarische Beratung ein. Wir legen Ihnen einen Etat von 34,7 Milliarden Euro - in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen - vor, ein Werk, das die Zukunft Niedersachsens in den Blick nimmt und die großen Herausforderungen annimmt.

Wir stehen in dieser Zeit vor großen Herausforderungen und sind in Niedersachsen bestens dafür gerüstet. 2020 ist für die Finanzpolitiker und die Föderalisten in unserem Land eine wichtige Wegmarke; denn durch die Veränderungen aus der Neuordnung des Bund-Länder-Finanzausgleichs werden Veränderungen in der Finanzwirtschaft auf uns zukommen, die wir entsprechend abbilden. Ebenso haben wir 2020 zum ersten Mal auch die volle Wirkung der Schuldenbremse zu beachten und zu bearbeiten.

Niedersachsen ist auf beide Veränderungen gut vorbereitet, meine Damen und Herren. Die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land ist nach wie vor gut. Sie ist geprägt von geringer Arbeitslo

sigkeit, einer hohen Beschäftigungsrate, von wirtschaftlicher Auslastung der Kapazitäten, insbesondere im Bausektor. Aber sie ist auch gekennzeichnet durch internationale Verunsicherung und dadurch, dass die Wachstumsraten etwas unter Druck geraten und sich nach unten entwickeln.

Wir haben unsere Möglichkeiten in der Vergangenheit konsequent genutzt. Wir haben unseren Haushalt engagiert angepackt und Zukunftsaufgaben bewältigt. Wir nutzen konsequent die Möglichkeiten, machen weiterhin Haushaltspolitik mit Mut, aber ohne Übermut. Wir verbinden Vorsicht, Vorsorge und Weitblick miteinander. Wir orientieren uns an den Grundsätzen solider Haushaltspolitik. Unser Haushalt ist, wenn Sie so wollen, wetterfest.

Wir sorgen weiterhin für Stabilität und Wachstum. Wir blicken optimistisch nach vorn und gehen auch mit diesem Haushalt die Herausforderungen und Themen an, die die Menschen in unserem Land bewegen. Das wollen wir weiterhin kraftvoll tun. Deswegen haben wir auch unser Motto in die Überschrift unserer mittelfristige Finanzplanung geschrieben: Investitionen und Nachhaltigkeit - Niedersachsens Zukunft fest im Blick.

Wir berücksichtigen die Auswirkungen der Neuordnung des Bund-Länder-Finanzausgleichs ebenso wie die Schuldenbremse. Wir bilden die Veränderungen vollständig im Haushalt ab und stellen uns den Anforderungen zweifelsfrei so, dass wir sie dauerhaft erfüllen können. Zugleich finanzieren wir aber wichtige Schwerpunkte und weiten die Investitionen aus. Wir kümmern uns um die Eckpfeiler unserer Wirtschaft. Das sind der Fahrzeugbau, die Land- und Ernährungswirtschaft sowie die Energiewirtschaft, um nur einige Beispiele zu nennen.

Wir stellen uns aber auch den Herausforderungen des Klimaschutzes und des Klimawandels. Wir setzen dabei auf die Kräfte des Marktes. Wir geben Anreize für Investitionen, wir fördern neue Entwicklungen, beispielsweise in der Digitalisierung. Damit haben wir Niedersachsens Zukunft fest im Blick und bringen unser Land nach vorn.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Finanzpolitik ist niemals eindimensional, sondern immer aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten; es sind immer mehrere Bälle im Spiel. Ich möchte Ihnen einige wesentliche Aspekte nennen, die Einflussgrößen unseres Haushalts und unserer Mipla beleuchten. Ich sagte