Natürlich kann man das so machen, sozusagen die Verfassung oder die Geschäftsordnung nehmen und rein wortwörtlich ziseliert daran entlanggehen und fragen: Wo finden Sie denn da einen Anspruch des Parlaments auf Unterrichtung?
Wenn das, was Sie hier gerade vorgetragen haben, Herr Nacke, ein Ausblick darauf sein soll, wie diese Landesregierung und diese Koalition in den kommenden Monaten und Jahren mit der Opposition, dem Parlament und der Öffentlichkeit umzugehen gedenken, dann gehen wir in diesem Parlament wirklich hochproblematischen Zeiten entgegen.
Sie waren es, der in der vergangenen Legislaturperiode immer wieder Unterrichtungen hier im Hohen Hause mit Vehemenz zu allen möglichen Vorgängen eingefordert hat, der eine Unterdrückung von unangenehmen Wahrheiten und Ähnliches vorgeworfen hat, wenn nicht zu jeder Kleinigkeit unverzüglich öffentlich unterrichtet wurde. Das wissen Sie genau, Herr Nacke.
Der Herr Wirtschaftsminister hat sich geweigert, zu der Leckage in Emlichheim unverzüglich öffentlich den Ausschuss zu unterrichten. Natürlich hätte man auch in der Sommerpause eine Sitzung einberufen können. Das wissen Sie genau, Herr Nacke. Dieser Forderung sind Sie nicht nachgekommen.
Der Innenminister - Herr Dr. Birkner hat es ausgeführt - hat sich wider besseres Wissen geweigert, zu einer Maschinenpistole zu unterrichten. Er hat mutmaßlich gehofft, sie noch wiederzufinden, um so um die unangenehme Wahrheit herumzukommen.
Der Kulturminister Björn Thümler hat in der Tat - Herr Nacke hat es ja gerade noch einmal bestätigt - zunächst die CDU-Fraktion über Details des geplanten Kaufs und dann erst das Parlament und die Öffentlichkeit unterrichtet.
Die Verbraucherministerin Barbara Otte-Kinast hat - wir haben hier nur einen Fall aufgezählt - in mehreren Fällen versucht, für sie unangenehme Wahrheiten aus ihrem Haus zu unterdrücken.
Umweltminister Olaf Lies hat die Ergebnisse von Keimuntersuchungen vor der Öffentlichkeit und dem Parlament verborgen gehalten.
Meine Damen und Herren, diese Aufzählung erhebt ausdrücklich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Diejenigen Ministerinnen und Minister, die sich hier nicht wiederfinden: Seien Sie versichert, leider - leider! - würden wir auch aus Ihren Bereichen Beispiele finden. Wir wollten den Antrag nur nicht übermäßig lang machen.
Meine Damen und Herren, das Kabinett von Stephan Weil tut alles - alles! -, um in der Öffentlichkeit jeglichen Eindruck zu vermeiden, es habe irgendeine Form von Respekt vor dem Parlament und der Öffentlichkeit. Das können wir als Opposition Ihnen so natürlich nicht durchgehen lassen.
Wir diskutieren hier über Unterrichtungen. Man kann weitere Beispiele nennen. Die Frage der Anwesenheit in Debatten war heute Morgen leider schon wieder ein Thema. In dem ersten Jahr der Großen Koalition haben wir uns ja schon über jede Ministerin und jeden Minister gefreut, die bzw. der es irgendwann mal einrichten konnte, auch mal zum Plenum vorbeizuschauen. Das war hier doch monatelang die Realität!
Von einer Großen Koalition werden ja gemeinhin theoretisch große Taten erwartet. Wir erleben hier das Gegenteil. Wir erleben große Arroganz, große Respektlosigkeit und große Selbstgenügsamkeit.
Zu dem Vorschlag von Herrn Dr. Birkner. Ich bin sehr froh, Herr Nacke, dass Sie darauf zumindest abwägend eingegangen sind. Der Vorschlag, ein Parlamentsinformationsgesetz einzuführen, ist ja letztendlich nichts anderes als das Ausführen eines Verfassungsauftrages, der bereits seit 1993 in Artikel 24 Abs. 4 der Niedersächsischen Verfassung normiert ist. Darin steht keine Pflicht für ein Gesetz, aber durchaus die Anregung, so etwas in einem Gesetz zu regeln.
Ich meine, das kann ein wichtiger Fortschritt sein - übrigens nicht nur für das Parlament, sondern auch für die Regierung, weil dann auch die Ministerinnen und Minister und die Ministerien klare Kriterien bekommen können, wann und wie zu unterrichten ist. Wir finden es sehr wichtig, dass hier konstruktiv in die Beratungen gegangen wird.
Zwei Punkte noch zu der Vereinbarung, Herr Nacke, weil Sie es angesprochen haben. Ja, ich schließe mich Herrn Dr. Birkner an. Bis jetzt haben Sie sich immer an die Punkte gehalten, die wir zur Aktenvorlage vereinbart haben. In der Tat ist mir kein Fall bekannt, in dem das nicht der Fall war.
Die Gespräche sind von uns nicht fortgeführt worden, weil Sie deutlich gemacht haben, dass wir über die Frage einer Normenkontrollklage, die absolut zentral zur Kontrolle des Regierungshandelns ist, gar nicht mehr zu reden brauchen, weil Sie sich da keinen Millimeter mehr bewegen werden. - Wenn Sie wirklich die Oppositionsrechte breit sicherstellen wollen, dann ermöglichen Sie es uns doch auch, zum Staatsgerichtshof nach Bückeburg zu gehen, Herr Nacke und Herr Siebels!
Ein letzter Punkt: Ich glaube, dass zu den Entschließungsanträgen unter den Tagesordnungspunkten 18 und 19 keine vertiefte Ausschussberatung nötig ist. Daher beantrage ich in Absprache mit der FDP zu beiden Anträgen die sofortige Abstimmung heute.
des Abgeordneten Nacke vor. Bitte, Herr Nacke! Sie haben 90 Sekunden nach § 77 unserer Geschäftsordnung.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Limburg, Sie haben gerade die Frage gestellt: Wie hätte wohl der Oppositionspolitiker Jens Nacke in der letzten Wahlperiode auf diesen Antrag reagiert?
Ich will Ihnen auf jeden Fall sagen - aber Sie haben es an sich schon vorweggenommen -, wie der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion sowohl in der letzten als auch in dieser Wahlperiode auf einen solchen Antrag reagiert hätte: Niemals hätte ein Antrag, der so unpräzise mit dem Recht umgeht, der so unpräzise mit der Verfassung umgeht, der so unpräzise mit der Geschäftsordnung umgeht und der schlicht und einfach die Unwahrheit behauptet, das Licht der Welt erblickt. Solch ein Antrag wäre bei uns niemals durchgelaufen.
Sie haben gerade zu meiner Arbeit in der letzten Wahlperiode gesagt, der CDU-Politiker Jens Nacke hätte mit Vehemenz eine Unterrichtung eingefordert. Richtig, Herr Kollege Limburg! Der CDUPolitiker, der Oppositionspolitiker hätte die Unterrichtung eingefordert. Er hätte nicht darauf gewartet, dass die Landesregierung von sich aus Unterrichtungen macht. So sieht es die Geschäftsordnung vor. So sieht es die Verfassung vor. Wenn Sie Ihre Arbeit richtig machen, dann fordern Sie Unterrichtungen zum richtigen Zeitpunkt an. Dann werden Sie eine Unterrichtung bekommen.
Ich weise in diesem Kontext darauf hin: Es ist zwar kollegial, wenn Sie, Herr Limburg, für die FDPFraktion etwas mit beantragen, in diesem Fall die sofortige Abstimmung. Wir brauchen aber eine klare Ansage seitens der FDP-Fraktion.
- Sie bestätigen das. Damit haben wir das zur Kenntnis genommen. Das ist nämlich in unserer Geschäftsordnung nicht vorgesehen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Die Fraktion entscheidet, wer erwidert. So ist das ja nach der Regelung.
Der Kollege Nacke hat die letzte Wahlperiode angesprochen. Man könnte jetzt Dutzende Reden von ihm zitieren, in denen er insbesondere mich als damaligen Minister zum Thema Vogelgrippe kritisiert und gesagt hat, dass es hier relevante Punkte zum Unterrichten gibt. Deshalb wundert es mich schon, dass der Kollege Nacke meint, wir müssten Unterrichtungen über Fälle einfordern, in denen es um Verbrauchergefährdung geht und in denen es Pressemitteilungen außerhalb des Parlaments gibt. Herr Nacke hat damals eingefordert - übrigens zu Recht, wie ich finde; ich räume ja auch Fehler ein -, dass wir über solche relevanten Punkte unterrichten. Wir haben das dann ja auch gemacht.
Die Große Koalition will das jetzt anscheinend aussitzen. Der Forderung nach einem Drittel bei einer Unterrichtung mussten wir damals immer entsprechen. Wir haben aber kein Drittel, um eine Unterrichtung zu erzwingen. Im Fall Emlichheim kam nicht der Minister, sondern kamen nur ein paar Abteilungsleiter und Mitarbeiter des Ministeriums. Sie haben damals immer zu Recht gefordert, dass bei relevanten Ereignissen der Minister kommen muss. In Emlichheim gab es die größte Umweltkatastrophe in diesem Jahr. Dort ist jahrelang etwas passiert. Dass der Minister dann aber nur eine schriftliche Mitteilung macht, zu der man nicht nachfragen kann, ist ein schlechter Umgang mit dem Parlament. Wir hätten erwartet, dass man der Forderung, die wir gestellt haben, nämlich dass der Minister persönlich Rede und Antwort steht, Genüge tut.
Auch dazu gibt es übrigens die Kontrollrechte des Parlaments in Artikel 7, die nämlich genau das ansprechen, dass man auch Nachfragen stellen kann und dass man nicht nur eine schriftliche Unterrichtung bekommt, zu der man nichts sagen