Klimawandel - das gehört zur Wahrheit dazu - gibt und gab es schon immer. Nur das Tempo hat sich beschleunigt. Der Beitrag von Industrie, Landwirtschaft und der verschiedenen anderen Sektoren macht etwa 50 bis 75 % des erlebten Klimawandels aus. - Das ist nicht ein Zitat von mir, sondern ein Zitat des renommierten Meteorologen Sven Plöger.
Der letzte Sommer lag im Übrigen 5 °C über dem Mittelwert. Das erste Mal wurden am Polarkreis in Finnland 29 °C gemessen. Seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen gab es die heißesten Sommer im Jahr 2018, im Jahr 2003 und im Jahr 2019. Das heißt, die Peaks liegen immer dichter beieinander.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Planet hält das aus. Ich möchte aber an dieser Stelle die Frage stellen, ob wir das auf Dauer aushalten. Beide Sommer machen darauf aufmerksam, welcher Trend uns erwartet. Statistisch wird es immer wärmer. Das Tempo wird sich beschleunigen, wenn wir nichts tun.
Und: Menschen flüchten vor dem Klima. Dass sich die Sahara ausbreitet, ist keine neue Erkenntnis. Aber ich will gar nicht über Afrika reden. Ich will über ein Land reden, das nur wenige Zentimeter über dem Meeresspiegel liegt, das 150 Millionen Einwohner hat, das so groß ist wie Niedersachsen und Bayern zusammen. Ich meine Bangladesch. Dort leben 150 Millionen Menschen. Wenn der Meeresspiegel nur etwas ansteigt, werden diese Menschen - wir sprechen gar nicht von den vielen Menschen auf den vielen Inseln im Pazifischen Ozean und im Indischen Ozean - dort weggehen müssen. Es droht also auch eine Flucht. Sie werden in andere, in höhere Gegenden ziehen.
Wie bringen wir uns dazu, den Klimawandel zu begreifen, die Zusammenhänge zu verstehen und entsprechend zu handeln? Mit dem Wetter werden auch viele Emotionen verbunden. Scheint die Sonne so wie heute, dann lächelt man. Wenn es regnet, zieht man die Mundwinkel nach unten.
Donald Trump, der ja auch zu der Kategorie der Klimaleugner gehört, hat mal gesagt: Na ja, das ist eben das Wetter! - Die USA sind aus dem Klimaschutzabkommen ausgestiegen. Aber bemerkenswert ist doch, dass keines der fast 200 Länder den USA gefolgt ist. Alle sind weiterhin Mitglied des Abkommens, nur die USA nicht.
Darum ist es Zeit für ein Klimaschutzgesetz, und es ist auch Zeit dafür, den Klimaschutz in die Verfassung aufzunehmen. Es geht um internationale, nationale, aber natürlich auch um landespolitische Regelungen, die hier zu befolgen sind. Auch Niedersachsen wird und muss sich daran beteiligen.
Unser Gesetzentwurf gibt den Rahmen vor. Er gibt Vorgaben, er steckt klare Ziele ab, vor allen Dingen steckt er realistische Ziele ab. Wir wollen und werden die Menschen mitnehmen, weil wir sie mitnehmen müssen. Wir werden sie - das sage ich ganz deutlich in Richtung der Grünen - nicht bevormunden wie Sie mit Ihrem Gesetzentwurf. Wir werden die Menschen mitnehmen. Niemand darf dabei auf der Strecke bleiben.
Über Jahre waren Sie sich über ihren alten Entwurf einig. Und jetzt, als unser Entwurf herauskam, haben Sie noch einmal kräftig nachgelegt.
(Anja Piel [GRÜNE]: Nicht aus Ihrem Gesetzentwurf! Das ist ja wohl klar, Herr Bosse! Da können wir ja lange warten!)
Das ist doch mit der heißen Nadel gestrickt. Wir müssen die Menschen mitnehmen! Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Wenn wir Ihren Gesetzentwurf so umsetzen würden, dann würden wir Niedersachsen in die Vorindustrialisierung zurückkatapultieren. Das ist doch die Wahrheit!
(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Dann erreichten wir die Klimaziele von Paris, Herr Bosse! Das wäre ja schrecklich!)
Klar ist: Wir brauchen dringend den Ausbau der erneuerbaren Energien. Dazu gucke ich sehr wohl nach Berlin. Dort muss mehr passieren! Wir brauchen mehr Speichertechnologien. Der Netzausbau muss schneller gehen. Außerdem muss Mobilität umgebaut werden. Und natürlich muss auch klimafreundlich gebaut werden.
Schließlich müssen wir den Jüngsten ganz früh sagen, warum wir das tun. Das heißt, wir müssen die Klimakompetenz ausbauen.
Nach dem Gesetzentwurf, den wir im OktoberPlenum beraten, wird es ein Maßnahmenprogramm geben, an dem alle Ressorts des Landes beteiligt sind.
Aber eines gehört letzten Endes auch zur Wahrheit: 1992 hat man sich in Rio de Janeiro das erste Mal getroffen, um die Klimaschutzziele zu besprechen. Das wurde damals als Aufbruch bemessen, als ein Aufbruch der Welt.
Wir müssen also nicht nur von Klimaschutz sprechen, wir müssen allmählich auch wirklich handeln, und zwar nicht nur auf die Bundesrepublik und Europa bezogen, sondern durchaus auf die ganze Welt. Das ist ein internationales Thema.
Ich sage an dieser Stelle auch ganz deutlich: Mit der Natur kann man nicht verhandeln. Wir müssen nicht nur die Frage stellen: „Was kostet es?“, sondern wir müssen auch die Frage stellen: „Was kostet es, wenn wir nichts tun?“
Wir stehen also alle zusammen vor riesigen Herausforderungen und damit - das sage ich auch ganz deutlich - vor einer Menschheitsaufgabe, die gemeinsam gelöst werden muss. Darum muss das in die Verfassung. Niedersachsen wird dementsprechend seinen angemessenen Beitrag dazu leisten.
Vielen Dank, Herr Kollege Bosse. - Es gibt den Wunsch nach einer Kurzintervention von Herrn Dr. Birkner. Bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort für 90 Sekunden.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bosse, Sie haben viel Allgemeines gesagt, aber Sie haben uns verschwiegen, welches eigentlich Ihre konkreten Antworten sind.
Sie sprachen von einem Entwurf, den es jetzt angeblich gibt bzw. von dem man lesen kann, dass es ihn jetzt gibt. Aber welches genau Ihre Vorstellungen sind, haben Sie offen gelassen. Vielleicht können Sie uns dort noch ein wenig weiterhelfen.
Worauf ich eigentlich eingehen wollte, ist, dass Sie so beiläufig und lapidar gesagt haben, auch der FDP falle der Klimaschutz jetzt ein. Ich möchte nur daran erinnern, dass es ein FDP-geführtes Umweltministerium unter der Leitung von Hans-Heinrich Sander war, das damals die Regierungskommission Klimaschutz eingerichtet hat. Das war eine sehr erfolgreiche Institution, ein sehr erfolgreiches Gremium, das die Grundlagen für die Klimapolitik in Niedersachsen gelegt hat. Es hat nämlich einerseits etwas zur Klimafolgenbewältigung gesagt und andererseits auch konkret etwas zu den Klimaschutzmaßnahmen.
Schauen wir uns einmal an, was in diesem Bereich passiert ist, seitdem Stefan Wenzel bzw. Olaf Lies Umweltminister sind! - Das ist beinahe nichts.
(Johanne Modder [SPD]: Was hat Herr Sander denn auf den Weg ge- bracht? - Imke Byl [GRÜNE]: Was ist denn bei der Kommission der FDP herausgekommen?)
Sie haben ausschließlich auf der Basis dessen, was unter CDU/FDP-Führung erarbeitet wurde, ein wenig weitergemacht. Sie haben Kreise eingeladen und besprochen, aber seitdem ist nichts mehr passiert.
Mit anderen Worten, Herr Ministerpräsident Weil: Ihre Regierungszeit entspricht nun mittlerweile sieben verlorenen Jahren für den Klimaschutz. Das ist das eigentliche Armutszeugnis in dieser klimapolitischen Debatte.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Birkner. - Herr Bosse möchte antworten. Bitte sehr! Sie haben ebenfalls 90 Sekunden. - Und ich darf um Ruhe bitten!