Auch Tonschichten haben ihre Probleme. Denn Ton funktioniert prima als wasserdichte Lagerungsschicht, aber bei einer Erwärmung sehr schlecht. Dadurch, dass hoch radioaktives Material auch Wärme abgibt, wird Ton an den Stellen rissig, wo er auf keinen Fall rissig sein sollte, und ist ein Wasserzutritt zu befürchten.
Also bleibt eigentlich nur eines: Granitgesteinsschichten, die wir in Niedersachsen nicht haben. Auch wenn wir uns stillschweigend über die Salzstöcke einig waren - so still waren wir doch nicht -, hören die Bayern schon die Nachtigall trapsen, und sie mauern schon. Denn Granit oder halbwegs ähnliche Gesteinsschichten gibt es nur in Bayern und in Sachsen. Das ist aber ein „weißer Elefant“ im Raum, worüber man noch nicht spricht, weil das Aufregung bringen könnte, und von Aufregung sind wir ja nicht verschont geblieben.
Ich mag ja die Finnen. Die haben das sehr nüchtern erörtert und in ihrem Land geklärt. Schon vor 20 Jahren waren die Debatten abgeschlossen: Sie müssen es machen. Sie machen das auf der Halbinsel. Sie haben den Grünen auf Nachfrage sogar erklärt: In 4 000 Jahren ist das, was sie dort einlagern, so weit abgestrahlt, dass Sie das auch unter Ihren Küchentisch stellen könnten, Frau Staudte. - Gut, dann sind Sie nicht mehr da, und Sie haben wahrscheinlich auch keinen Küchentisch mehr.
Wir planen für 1 Million Jahre. Die Finnen planen mit dem technischen Stand von heute. Deshalb ist die zwischendurch aufgekommene Frage nach dem vielleicht mal verfügbaren Dual Fluid Reaktor, der den Atommüll, den wir einlagern müssen, vielleicht wieder als Brennstoff verwenden könnte, bis zu diesem Moment noch nicht wirklich wichtig für die Planungen; denn das ist noch Zukunftstechnologie.
Wir sollten uns deshalb - deshalb habe ich vorhin den Minister auch gefragt - aber nicht von der Forschung verabschieden.
Wir müssen heute schon weit fahren, um uns das einmal anzusehen, was aktuell der technische Stand ist. Die Finnen sind allen anderen voraus. Die haben uns gesagt: Wir dachten, die großen Länder klären die Frage; wir dachten, Russland,
Schweden, Deutschland kriegen das mit dem Endlager viel schneller hin. - Jetzt sind die Finnen diejenigen, die vorn sind. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.
Warum machen die Finnen ein Endlagerkonzept? - Weil Sie mindestens bis 2080 ihre Reaktoren laufen lassen, und sie bauen neue, übrigens auch - das ist interessant - für den Klimaschutz. Das ist ihr Beitrag zum Klimaschutz. Ihre Ziele werden sie einhalten, sie bauen Kernkraftwerke. Vielleicht ist das ein Vorbild, das eventuell für andere Länder sogar interessanter wird als das, was wir in Deutschland vorhaben. Darüber sollten Sie vielleicht einmal nachdenken, Herr Minister.
Aber was haben die Finnen vor allen Dingen gehabt? - Sie haben eine ideologiefreie Debatte gehabt. Auch wenn Frau Staudte zweimal nachgefragt hat: Es gibt keine Bürgerproteste. Es gibt nur eine Onlinepetition mit ein paar Hundert Unterschriften, die sich heute noch gegen ein Endlager dort auf der Halbinsel wenden. Das ist selbst in Finnland eine kleine Zahl. Dort ist alles nüchtern abgeklärt, und die machen das.
Hier hatten wir - na ja - 30 Jahre lang bürgerkriegsähnliche Zustände. Das bis zuletzt bei jedem Castor-Transport. Sie kennen alle die Fernsehbilder. Nicht ein Zug kann ohne eine riesige Polizeieskorte, ohne Ausschreitungen, ohne Angriffe auf die Bahnstrecke, teilweise auf Bahner selbst, unbehelligt fahren.
Was haben die Finnen? - Sie haben das 30 Jahre lang gemacht und sind 2025 fertig, sechs Monate hinter einem Zeitplan zurück, der 40 Jahre lang lief.
Vielleicht liegt es auch daran, dass in vielen anderen Ländern die Transparenz, die hier ständig beschworen wird, ganz anders betrieben wird. Ich denke z. B. an die Schweiz, um einmal ein anderes Land zu nennen. Dort wird vor jedem großen Bauprojekt auf der grünen Wiese erst einmal ein halbes Jahr lang visualisiert - wirklich mit großen Rohrkonstruktionen -, wie das Gebäude letztlich aussehen wird.
Wen es angeht, wer da vorbeikommt, guckt sich das vorher an und kann sich dann darum kümmern, was da in Zukunft stattfindet, was da geplant ist und was da gebaut wird.
Ich wage die Prognose: Das schöne Geodatengesetz werden sich, wenn die Ergebnisse da sind, 99 % der sogar selbst Betroffenen gar nicht anschauen und nicht durchblicken. Nur 1 % derjenigen, die sowieso immer interessiert sind, die auch Experten vor Ort sind, werden da die Haare in der Suppe suchen und finden. Unsere Transparenz ist meistens leider ein direkter Weg in die Kontroverse. Es ist nämlich keine Mitwirkung, sondern es ist meist nur eine Beteiligung, wie es bei uns ja üblich ist.
Jemand heckt einen Expertenplan aus, dann wird das ausgelegt. Die Bürger haben dann vier Wochen Zeit, erfahren zum ersten Mal davon, sind aufgeschreckt, und dann werden 20 Jahre lang Klageprozesse geführt. Das ist bisher unsere Transparenz. Das müssen wir ändern - spätestens bei diesem wichtigen Thema.
Dann noch einmal der „Weiße Elefant“. Ich zitiere jetzt ausnahmsweise wieder einmal einen Grünen, Herrn Kretschmann aus Baden-Württemberg, der gesagt hat: „Irgendwo muss das Zeug ja hin.“
Wenn ich die Reise, die wir gemacht haben, richtig verstanden habe: Ja, aber nicht nach Niedersachsen. - Ich denke, da sind wir uns hier alle einig - ganz stillschweigend. Die Bayern reagieren ja nun auch schon.
Und dann auch das noch, Herr Bosse: Von Vertrauen spricht man erst, wenn man es schon eingebüßt hat. Sie haben viel von Vertrauen gesprochen. Das ist in der ganzen Materie leider sehr weit verbreitet. Wir werden mehr als eine Generation brauchen, um das Vertrauen wiederzugewinnen.
Vielen Dank. - Aus der Fraktion der Grünen liegt die Wortmeldung der Abgeordneten Miriam Staudte vor. Bitte, noch anderthalb Minuten!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich möchte auch nur ganz kurz auf meine beiden Vorredner eingehen. Erst einmal zu Ihnen von der AfD. Es scheint ja bezeichnend zu sein, dass Sie von der AfD aus
der Vergangenheit nichts lernen. Es kann doch nicht sein, dass Sie jetzt ankommen und sagen, der Klimawandel müsse sozusagen mit der Atomkraft irgendwie abgebremst werden.
Wir haben mit dem Abfall die Problematik, die ungelöst ist, wie wir sehen. Sie ist weltweit ungelöst.
Die Finnen jetzt sozusagen als hehres Beispiel darzustellen, obwohl es auch bei denen Problematiken gibt, ist wirklich nicht in Ordnung.
Wir haben immer die Gefahren eines GAU, wir haben immer Atomkraftwerke als potenzielle Angriffsziele von Terroristen. Insofern ist das völlig zu kurz gedacht. Man kann eben den Teufel nicht mit dem Beelzebub austreiben.
Zu Ihnen, Herr Bäumer: Wir haben uns eben so aufgeregt, weil Sie aus unserer Wahrnehmung quasi die Zivilbevölkerung, die sich seit Jahrzehnten in der Thematik engagiert, beschimpft haben. Ich finde, das steht gerade Ihnen als Vertreter der CDU nicht zu. Bei Ihnen hat Tschernobyl nicht gereicht, es musste Fukushima passieren, bis Sie sozusagen zur Kehrtwende bereit waren und die Laufzeitverlängerung wieder zurückgenommen haben. Jetzt Leute, die da in ihrer Freizeit sitzen, die im Gegensatz zu Ihnen Wochenendseminare und Workshops und alle möglichen Diskussionsveranstaltungen zu diesem Thema besuchen, hier so in Misskredit zu bringen, ist nicht in Ordnung.
Vielen Dank, Frau Staudte. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Marcus Bosse. Auch für Sie beträgt die Restredezeit anderthalb Minuten.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich glaube, das eine oder andere kann nicht unwidersprochen bleiben. Dass die AfD Klimaleugnerin ist, ist bekannt, und dass der Klimawandel für die AfD aus Frühling, Sommer, Herbst und Winter besteht, ist auch hinlänglich bekannt.
Es ist auch einer ausgestiegen, nämlich Ihr bester Freund. Donald Trump ist ausgestiegen. Aber bemerkenswert ist doch, dass niemand den USA gefolgt ist. Niemand ist den USA in diesem Prozess gefolgt und ist ebenfalls beim IPCC ausgestiegen.
Ich sage an der Stelle noch einmal ganz deutlich: Niedersachsen muss in dieser Angelegenheit doch Treiber sein. Wir alle müssen doch Treiber dieser Angelegenheit sein. Niedersachsen muss doch ein riesiges Interesse daran haben, dass der Prozess an dieser Stelle vorangeht. Wir als Niedersachsen tragen die Hauptlast. Wir tragen zurzeit die Hauptlast der atomaren Entsorgung in unserem Land.
Darum sage ich an der Stelle auch ganz deutlich: Wir müssen es doch vorantreiben, und - bitte schön - wir müssen es gemeinsam vorantreiben, dürfen nicht mehr so viel in die Vergangenheit gucken und müssen sowohl Baden-Württemberg als auch Bayern mit einbinden. Darum ist diese Diskussion hier auch enorm wichtig. Die sollte man nicht noch mit irgendwelchen politischen Spielchen an der Stelle befeuern.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bosse. - Es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt, zu dieser Fragestunde in diesem Tagungsabschnitt, vor. Damit beenden wir die Fragestunde, meine Damen und Herren.
Tagesordnungspunkt 43: Erste Beratung: Hochschulen im Sinne der „Third Mission“ weiterentwickeln: Wissenstransfer zwischen Hochschulen und Gesellschaft/Wirtschaft fördern - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/3939
Zur Einbringung hat sich aus der SPD-Fraktion die Abgeordnete Annette Schütze zu Wort gemeldet. Bitte, Frau Schütze!