Ich habe immer gesagt: Wenn wir es nicht schaffen, anzufangen und wirklich irgendwo einen Imam auszubilden, dann werden wir aus dem Hamsterrad nicht herauskommen. Das heißt, wir müssen den Mut aufbringen, tatsächlich einen Imam oder auch zwei oder drei Imame auszubilden und an Moscheegemeinden zu vermitteln, um zu schauen, wo Bedarf für eine Nachsteuerung besteht; denn sonst werden wir, wie gesagt, diesen Kreislauf nie durchbrechen. Wir können uns nicht noch die nächsten 10, 15 oder 20 Jahre damit beschäftigen, wie wir das erreichen, sondern wir müssen jetzt anfangen, etwas zu tun. Und dazu sind wir bereit, meine Damen und Herren.
Wichtig dabei ist, auf die Bedarfe der Moscheegemeinden hinzuweisen, die finanziell eben nur bedingt in der Lage sind, einen wissenschaftlich voll ausgebildeten, akademisch qualifizierten Imam zu beschäftigen. Das ist eine Herausforderung, die nicht trivial ist. Sie wissen, dass einige die Einführung einer Moscheesteuer oder Ähnliches vorgeschlagen haben, um den Gemeinden dies aus eigenen Mitteln zu ermöglichen. Mein Weg wäre, dass wir zunächst versuchen, diese qualifizierten Menschen, die diese Imam-Ausbildung absolviert haben, auch mit anderen Berufsbereichen in Verbindung zu bringen. Das kann beispielsweise die Schule sein, muss es aber nicht sein. Es kann auch der soziale Bereich sein. Auch in anderen
staatlichen Bereichen kann es Möglichkeiten geben. Vor allen Dingen kann aber der ganze große Bereich der sozialen Tätigkeiten eine Rolle spielen. Darauf sollten wir uns in den nächsten Wochen und Monaten fokussieren.
Die Landesregierung wird daher weiter im Gespräch mit den Moscheegemeinden und den Verbänden bleiben und nach gemeinsamen Lösungen suchen. Vor allen Dingen werden wir aber mit dem Bundesinnenministerium das, was wir jetzt vereinbart haben, weiter vorantreiben. Ich glaube, heute kann man so weit gehen zu sagen, dass wir ein Modellprojekt auflegen werden, um tatsächlich damit zu beginnen. Wir müssen es jetzt einfach tun; denn wenn wir es jetzt nicht tun, werden wir es, wie gesagt, in den nächsten Jahrzehnten auch nicht tun. Das wäre ein Sündenfall gegenüber den muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Diese dürfen nicht darunter leiden, dass wir keinen Weg finden, aus diesem Hamsterrad auszubrechen.
Mich interessiert, wann Sie planen, dieses Modellprojekt einzurichten, ob es schon einen Zeitplan dafür gibt.
Es gibt keinen definierten Zeitplan, dass wir sagen, wir fangen zum 1. August 2019 an. Vielmehr werden wir das weiter entwickeln. - Herr Birkner lacht. Aber das Problem besteht immer noch darin, dass auch die Verbände der Deutschen Islam Konferenz auf diese Reise mitgenommen werden müssen. Wenn ein Großteil der Verbände querschießt, dann wird es mit der Akzeptanz schon wieder schwierig. Das heißt, wir müssen Möglichkeiten und Wege finden, wie wir dies gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium angehen.
Wie gesagt, wir sind dazu bereit. Die Strukturen sind an der Universität auch entsprechend eingestellt, und entsprechende Konzepte sind entwickelt - die innerhalb der Community aber auch kritisch betrachtet werden; das darf man ebenfalls nicht ganz vergessen. Deswegen werden wir das eben nicht in wenigen Wochen übers Knie brechen können. Vielmehr brauchen wir ausreichend Zeit, um es richtig zu machen. Wir werden danach immer noch nachsteuern müssen, und ich kann Ihnen jetzt schon versprechen - wahrscheinlich tun wir das auch gegenseitig -, dass wir noch häufig darüber reden müssen, weil natürlich der eine oder andere sagt, dass das nun aber in die völlig falsche Richtung geht. Aber ich sage es noch einmal: Wenn wir nicht anfangen, werden wir nie über irgendetwas Inhaltliches reden können, sondern nur sagen: Das könnte man möglicherweise so oder so machen. Deswegen brauchen wir meiner Meinung nach diesen Dialog.
Meine Damen und Herren, zum Schluss: Der Weg des Dialogs mit den muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern ist uns allen ein gemeinsames Anliegen. Ihn sollten wir gehen, auch aus der Verantwortung heraus, die wir für die gesamte Gesellschaft haben. Wir haben es schon häufig gehört: Ausgrenzung ist der absolut falsche Weg, und die Integration ist das Entscheidende. Dazu gehört auch, dass wir den Weg hin zu einer Imam-Ausbildung gehen.
- Eine Kurzintervention ist nicht möglich, aber sehr wohl kann zusätzliche Redezeit in Anspruch genommen werden. Wenn Sie diese jetzt beanspruchen, haben Sie zwei Minuten zur Verfügung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Thümler, ich weiß, dass es Ihnen ein Anliegen ist, diese Fragen und gerade den Um
gang mit den Islamverbänden zu gestalten. Aber genau deshalb bin ich auch irritiert, dass wir immer noch darüber sprechen, dass man das endlich einmal irgendwie machen muss. Die Betonung liegt auf „irgendwie“. Sie haben bis heute keine Antwort auf die Frage des Wie. Es reicht eben nicht aus, einfach nur zu sagen, wir müssten jetzt anfangen, und gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass, würden Gespräche geführt, alles komplex, schwierig und widersprüchlich ist. Damit werden Sie aus dem Hamsterrad, wie Sie gesagt haben, eben nicht ausbrechen.
Ich erwarte von einem Minister und einer Landesregierung, dass man nicht nur sagt, wir müssen jetzt irgendwie etwas machen, sondern dass Sie uns verraten, wie und was konkret Sie zu tun gedenken. - Das war der erste Hinweis.
Der zweite Hinweis, den ich geben möchte, ist, dass ich auf meine Frage keine Antwort erhalten habe. Ich habe gefragt: Was sind die konkreten Initiativen der Landesregierung, die die Abhängigkeit niedersächsischer Moscheegemeinden von ausländischen Finanzmitteln und Förderern reduzieren, die wir hier begrüßen sollen? - Also die sind ja dann schon erfolgt. Das muss ja in der Vergangenheit liegen. Was sollen wir konkret begrüßen? Vielleicht können Sie uns dazu etwas Konkretes sagen, was über schriftlich gegebene Antworten hinausgeht, in denen es immer hieß: Wir sind mit ihnen im Gespräch. Was sind die konkreten Initiativen, um die Unabhängigkeit zu fördern? Mein Eindruck ist, es gibt keine. Aber vielleicht können Sie mir jetzt welche nennen.
Herr Minister Thümler möchte so weit wie möglich antworten. Wir befinden uns nicht in der Fragestunde, sondern in einer Aussprache. Aber ich denke, wir kriegen das gemeinsam hin. Der Minister hat ja auch sehr deutlich gemacht, dass wir reden müssen, und es scheint noch viel Redebedarf zu bestehen.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Ich bin Herrn Birkner dankbar. Mit aller gebotenen Vorsicht - das alles steht immer unter bestimmten Vorbehalten - kann ich sagen, dass wir gemeinsam mit Verbänden - ich muss das offen formulieren und von Ver
bänden sprechen - im Herbst dieses Jahres in der Lage sein werden, einen Verein zu gründen, der Träger für die zweite Phase der Imam-Ausbildung werden wird. Das ist so vorbesprochen und soll quasi den Einstieg dazu bilden, dass wir wirklich Imame auch in Deutschland ausbilden können. Wir können dies, wie ich vorhin schon einmal gesagt habe, als Staat ja nicht selbst tun.
Das wäre sozusagen der Beginn dieser Imam-Ausbildung in Deutschland. Sprich: Islamische Theologen, die in Deutschland studiert haben, erhalten in der zweiten Phase die Imam-Ausbildung nach den Grundsätzen der islamischen Religionslehre. Staatlich unabhängig, d. h. in diesem Verein werden die Verbände eine breite Mehrheit haben müssen. Anders ist es nicht möglich, weil wir sonst gegen die deutschen Rechtsgrundsätze verstoßen, die wir an der Stelle haben. - Dazu müssen wir kommen.
Das Zweite, was wir konkret machen, betrifft die Frage, wie ein ausgebildeter Imam wo untergebracht wird. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass es im Raum Osnabrück Moscheegemeinden gibt, die sich bereit erklärt haben - ich sage es in einfachen Worten -, Imame in Ausbildung aufzunehmen, diese Imame auch tatsächlich auszuprobieren, und dass wir an anderen Stellen auch darüber reden, wie wir mit weiteren Angeboten islamischen Religionstheologen Beschäftigungsmöglichkeiten geben können. Das Ganze ist eben nicht so trivial, dass man jetzt sagen kann, das ist alles schon passiert und wird dann sozusagen abgeschlossen sein. Das ist ein fortlaufender, sehr schwieriger Diskussionsprozess, bei dem jetzt aber konkret weitere Schritte erfolgen werden.
- Doch, das hat auch immer etwas mit der Unabhängigkeit zu tun; denn am Ende lautet ja der Vorwurf, den wir z. B. DITIB machen, die Imame würden von der Türkei, vom Staat, bezahlt. Wenn wir jetzt umgekehrt Imame in Deutschland ausbilden und sie zu Staatsangestellten machen, dann machen wir ja nichts anderes als das, was wir der Türkei vorwerfen.
An dieser Stelle müssen wir natürlich sauber bleiben und vorsichtig sein. Deswegen - ich sage es einmal so - eiern wir an der Stelle auch ein bisschen herum,
(Belit Onay [GRÜNE]: Das ist mir schon aufgefallen! - Christian Grascha [FDP]: Das ist schon aufgefallen!)
weil diese Unabhängigkeit für uns ein hohes Gut ist. Wir brauchen nicht um den heißen Brei herumzureden. Wir sind ja nicht zum Wattebauschwerfen hier. Das muss man sehen. Dahinter steht eben eine nicht triviale Frage. Diese müssen wir miteinander - nicht im parteipolitischen Gegeneinander - vernünftig lösen. Meiner Meinung nach ist es nur im Konsens auch dieses Hauses, zumindest der Mehrheit dieses Hauses, möglich, den richtigen Weg einzuschlagen. Sie haben in Ihrem Wortbeitrag gesagt, dass sich die FDP dem nicht entgegenstellen wird, sondern im Gegenteil daran mitarbeitet. Das wäre auch meine herzliche Bitte. Das ist nur möglich, wenn es von den demokratischen Parteien entsprechend getragen wird.
Bevor wir zur Abstimmung kommen, haben wir allerdings noch eine Wortmeldung zu einer persönlichen Bemerkung nach § 76 der Geschäftsordnung. Sie kommt vom Abgeordneten Harm Rykena von der AfD-Fraktion. Ich weise an dieser Stelle noch einmal deutlich darauf hin, dass Sie in dieser persönlichen Bemerkung nur Angriffe zurückweisen, die in der Aussprache gegen Sie gerichtet wurden, oder eigene Ausführungen berichtigen dürfen. Bitte, Herr Rykena!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Mir wurde vorhin vorgehalten, ich sei ja wohl ein Fan von Präsident Erdogan. Das bin ich selbstverständlich nicht. Aber ich muss den Namen Mustafa Erkan erwähnen. Er saß für die SPD-Fraktion bis 2017 hier im Landtag und ist heute Berater der Regierung Erdogan.
(Christian Meyer [GRÜNE]: Sie sollen Angriffe zurückweisen! - Belit Onay [GRÜNE]: Sprechen Sie jetzt für Herrn Erkan oder für sich? - Zurufe von der SPD)
Der zweite Teil, Herr Rykena, ist keine persönliche Erklärung, der erste, in dem Sie das zurückgewie
Zum Zweiten hat man mir Hassrede vorgeworfen. Ich möchte Sie bitten, sich morgen einmal das Protokoll anzuschauen. Sie werden lange suchen müssen, bevor Sie dort irgendwie einen Aufruf zu Hass finden werden. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass im Beirat des Instituts in Osnabrück Vertreter von Verbänden sitzen, die maßgeblich nicht mit unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Einklang zu bringen sind, und habe davor gewarnt. Inwiefern das ein Aufruf zu Hass sein soll, erschließt sich mir nicht.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich so angenommen worden.