Protocol of the Session on December 14, 2017

Was ist passiert? - Es haben nur „Bürgerenergiegesellschaften“ gewonnen. Das sind aber gar keine Bürgerenergiegesellschaften. Die Projekte sind in den Regionen gar nicht bekannt. Hinter den Projekten stehen gar keine Bürger. Vielmehr haben ganz wenige Planer, ganz wenige Projektfirmen die Ausschreibung gewonnen. Der Preis, den sie geboten haben, ist so niedrig, dass man ehrlicherweise sagen muss: Für diesen Preis wird man gar nicht in der Lage sein zu bauen.

Die eigentliche sinnvolle Ausschreibung im Windenergiebereich, die wir auf den Weg gebracht haben und an der wir sinnvollerweise Bürgergesellschaften beteiligen wollten, ist zum Spekulationsobjekt geworden. Die Spekulanten haben sich jetzt die Rechte gesichert, bauen aber nicht.

Deswegen ist es ganz wichtig, neben den ersten Ausschreibungen 2018 dafür zu sorgen, dass das verändert wird, damit sich aus den von mir gerade genannten Zahlen in den nächsten Jahren tatsächlich umsetzbare Projekte in Niedersachsen ergeben. Es wird durch den Netzausbau etwas reduziert, aber pro Jahr könnten Anlagen mit einer Leistung von ungefähr 1 GW hinzukommen. Es reicht nicht aus, nur auf dem Papier Förderungen zu vergeben - die Anlagen müssen auch wirklich gebaut werden. Daran werden wir in den nächsten Monaten gerade auch in Berlin noch hart arbeiten müssen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Jörg Hillmer [CDU])

Danke schön. - Frau Thordies Hanisch, bitte!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe eine Frage zur Einordnung: Wie bewertet die Landesregierung die Rolle der Windenergie für das Land Niedersachsen?

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Windenergie spielt beim Ausbau der erneuerbaren Energie in Niedersachsen eine elementare Rolle. Ich gehe noch einen Schritt wei

ter: Sie ist auch ein Eckpfeiler für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland insgesamt. Denn neben den Elementen Photovoltaik und Biogas hat vor allen Dingen die Windenergie gezeigt, dass sie in der Lage ist, ohne zusätzliche Vergütung auszukommen.

Durch die Windenergie werden Arbeitsplätze geschaffen. Vor allem die Onshorebranche hat das in den letzten 20 oder 25 Jahren in erheblichem Maße gezeigt. Wir kennen nicht nur den großen Hersteller Enercon in Aurich, sondern auch viele andere, z. B. GE bei Osnabrück. Da werden in erheblichem Maße Arbeitsplätze geschaffen. Das ist aber nur ein wichtiger Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass dafür gesorgt wird, dass die erneuerbaren Energien in den Regionen zur Verfügung stehen, dass sie in den Regionen genutzt werden können. Das ist der entscheidende Punkt, den wir in den nächsten Jahren angehen müssen.

Wenn wir wollen, dass der Ausbau nicht nur der Offshore-, sondern auch der Onshorewindenergie auf breite Akzeptanz in der Gesellschaft stößt, dann werden wir dafür sorgen müssen, dass in der Gesellschaft erkannt wird, dass der Ausbau der Windenergie erstens den messbaren, spürbaren Vorteil hat, dass die Stromkosten stabil bleiben oder in Zukunft vielleicht sogar fallen können. Zweitens können wir damit werben, dass durch die erneuerbaren Energien in der Region Arbeitsplätze entstehen.

Ich bin fest davon überzeugt: Wenn man den Menschen in der Region erklären kann, dass das, was da gebaut wird, nicht dem Zweck dient, dass wenige daran verdienen, sondern dass die Gesellschaft großen Nutzen davon hat, wenn man den Menschen erklären kann, dass dadurch auch Arbeitsplätze für ihre Kinder in der Region entstehen, dann schaffen wir noch mehr Akzeptanz der Windenergie, gerade an Land. Dafür sollten wir weiterhin gemeinsam werben.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Nächster Fragesteller ist Herr Volker Senftleben.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister Lies, meine Frage zielt auf das Repowering von Altanlagen. Ich würde gerne wis

sen, wie die Landesregierung das Repowering zu gestalten oder wesentlich mitzugestalten gedenkt.

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank für die Frage. Das Repowering ist wirklich ein sehr wichtiges Element.

Wir werden in den nächsten Jahren erleben, dass eine ganze Reihe bestehender Anlagen aus der Vergütung herausfällt. Das eröffnet zwei verschiedene Potenziale: Das eine Potenzial ist, dass Flächen frei werden und für Repowering genutzt werden können. Das andere Potenzial ist, dass Anlagen, die aus der Vergütung gefallen sind, einfach weiterlaufen und so relativ günstig erneuerbare Energien zur Verfügung stellen. Beides ist denkbar.

Beim Repowering stehen wir vor zwei großen Herausforderungen: Die Flächen sind oft begrenzt und die Höhen oft beschränkt. - Eine neue Windenergieanlage ist deutlich höher. Das muss zunächst einmal akzeptiert werden. Ich kann das in meinem direkten Umfeld betrachten. Es gibt oft Probleme mit dem Radar, mit dem Wetterradar. Es ist die Frage, ob es unter den bestehenden Voraussetzungen - bei der geltenden Höhenbeschränkung - überhaupt sinnvoll und möglich ist, am heutigen Standort ein Repowering durchzuführen. Bei ungefähr 25 % der heutigen Anlagen ist ein Repowering aus heutiger Sicht wahrscheinlich nicht möglich. Bei vielen anderen macht es aber sicherlich Sinn.

In der Vergangenheit hat das Repowering eine große Rolle gespielt, weil es zusätzlich vergütet worden ist. Wenn alte Anlagen aus der Vergütung herausgenommen wurden, wurden RepoweringAnlagen besser vergütet. Es war also deutlich interessanter, alte Anlagenstandorte aufzugeben und damit neue Windenergieanlagen zu ermöglichen und zu finanzieren. Dieses Instrument, das auf Bundesebene zur Verfügung stand, war ein wirklicher Anreiz für die Projektierer, sich an Betreiber alter Anlagen, die man beseitigen könnte, zu wenden. Das war im Prinzip ein gutes Instrument, auch weil es dafür gesorgt hat, dass gerade in Ostfriesland sehr viele kleine Anlagen aus der Frühzeit der Windenergienutzung aufgehoben und durch leistungsfähigere Anlagen an neuen Standorten ersetzt werden konnten. Das ist leider heute

nicht mehr möglich. Diese finanzielle Unterstützung gibt es heute nicht mehr.

Trotzdem sollten wir versuchen, in bestehenden Windparks die Zahl der Anlagen zu reduzieren. Wenn die neuen Anlagen zwar größer sind, aber ihre Zahl geringer ist und ihre Flügel sich langsamer drehen, können wir mehr Akzeptanz schaffen. Deswegen ist trotz der Reduzierung der Vergütungsanreize das Repowering immer noch ein gutes Instrument, um den Windenergieausbau in Niedersachsen weiter voranzutreiben.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Jan-Christoph Oetjen für die FDP-Fraktion!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei der unregelmäßigen Produktion von Strom durch Windenergieanlagen - die ist ja nicht planbar - ist die Frage der Speicherung sehr wichtig. Vor diesem Hintergrund hätte ich gerne von der Landesregierung gewusst, wie ihr konkretes Konzept bezüglich der Speicherung von Energie aussieht.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Oetjen, damit sprechen Sie einen elementaren Punkt an. Bisher haben wir uns darauf konzentriert, erneuerbare Energie zu erzeugen. Aber das greift eigentlich zu kurz; ich habe gerade versucht, das zu verdeutlichen. Wir müssen uns vielmehr überlegen, wie wir die Energie übertragen, wie Energie puffern und wie wir Energie sinnvoll verbrauchen. Deswegen gibt es auch verschiedene Lösungen.

Wir haben in Niedersachsen ein deutschlandweit herausragendes Projekt zum Thema Energiewende 2.0: das Projekt enera im Nordwesten unseres Landes, auf das wir wirklich stolz sein können. Dieses Projekt zeigt nämlich genau auf, wie diese Komponenten ineinandergreifen.

Das Ganze macht nur dann Sinn, wenn wir in der nächsten Stufe die Idee von Energiewende 2.0, die Digitalisierung der Energiewende voranbringen. Dazu gehört - ich habe es vorhin schon gesagt - eine bessere Vernetzung der Erzeugung,

auch länderübergreifend. Wir haben das Kabel Richtung Norwegen. Es gibt auch Projekte, die in andere Länder gehen, sodass wir Energie nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch darüber hinaus austauschen können. Auch in Deutschland finden Übertragungen über längere Strecken statt.

Wir werden die Energie intelligenter nutzen müssen, d. h. wir müssen sie dann verwenden, wenn sie zur Verfügung steht. Das Projekt enera ist ein Beispiel, an dem man das sehr gut zeigen kann. Es funktioniert aber auch schon längere Zeit in Cuxhaven: Wenn erneuerbare Energien da sind, werden sie verbraucht. Dann kühlt man z. B. ein Kühlhaus stärker herunter, als es eigentlich nötig wäre, um dann, wenn man nicht so viel Energie zur Verfügung hat, diese als Kühlenergie gespeicherte Energie nutzen zu können.

Ein anderes Beispiel ist die Glasindustrie. Die Glasindustrie fragt nach der Möglichkeit einer elektrischen Beheizung - neben der Beheizung mit Gas -, um diese dann, wenn es entsprechende Anreize für erneuerbare Energien gibt, zu nutzen.

Es gibt auch noch weitere Projekte, die interessant sind. Dazu gehören die großen Batteriespeicherprojekte, die dazu dienen, in den kurzen Phasen, wenn das Netz stabilisiert werden muss, einzugreifen und Energie zur Verfügung zu stellen. Oder die Langzeitspeicher, wo ich vor allen Dingen „power to gas“ als Riesenchance sehe. Dabei geht es darum, vorhandene erneuerbare Energien über Elektrolyse in Wasserstoff zu wandeln und dem Kreislaufprozess über Mobilität wieder zuzuführen. Der Brennstoffzellenzug, das niedersächsische Projekt mit Alstom, ist ein Beispiel dafür, und ich denke, dass das auch für den Bus- oder Lkw-Bereich spannend sein kann. Aber es ist auch interessant, solchen Wasserstoff der Industrie zuzuführen, die in starkem Maße auf Wasserstoff angewiesen ist. Und genauso lässt sich der gespeicherte Wasserstoff am Ende auch wieder rückverstromen.

So etwas klingt im ersten Moment wirtschaftlich noch nicht interessant, aber das waren die ersten Windenergieanlagen bekanntlich auch nicht.

Unsere Aufgabe wird sein - so verstehe ich es -, vor allen Dingen auf der Bundesebene, aber auch mit eigenen Förderprojekten dafür zu werben, gerade das Thema Speicherausbau bzw. Großspeicherausbau voranzubringen. Wenn wir über Wasserstoffspeicherung reden, reden wir nicht nur über Tanks, sondern auch über Kavernen, in denen

größere Mengen Wasserstoff für einen längeren Zeitraum gespeichert werden können.

Wenn wir die Erzeugung, den Verbrauch, die Speicherung und den Netzausbau miteinander verbinden - da bekommen auch die Verteilnetze Bedeutung; enera ist ein Verteilnetzprojekt -, dann sind wir auch in der Lage, die Volatilität der erneuerbaren Energien besser auszugleichen.

Ich will einen letzten Punkt nennen. Wir reden zwar viel über erneuerbare Energien, sind tatsächlich aber noch viele Jahre auf fossile Energieträger angewiesen. Wir werden in die Lage kommen müssen, die Grundlast nicht mehr allein mit fossilen Energieträgern zu leisten, wie wir es heute zum Teil mit Kohle tun - was ein Riesenproblem ist, weil wir in der Folge mehr Strom aus erneuerbaren Energien haben, als wir verbrauchen. Über Investitionen in vorhandene fossile Kraftwerke - seien es Kohle- oder aber auch moderne Gaskraftwerke - müssen wir erreichen, dass wir viel stärker zu einer Grundlastversorgung mit erneuerbaren Energien kommen, deren Volatilität dann über intelligente Lösungen mit fossilen Kraftwerken ausgeglichen wird.

Wir drehen das Ganze also um und machen aus der Grundlastfähigkeit der fossilen Kraftwerke eine Flexibilität. In Wilhelmshaven ist das gerade geschehen. Die sind in der Lage, innerhalb von 30 Sekunden 90 MW in das Netz zu geben, als das mit einem Kohlekraftwerk ginge - nicht über lange Zeit, aber als Zwischenpufferung.

Daran zeigt sich, dass wir alle mitnehmen müssen. Die Energiewende der nächsten Jahre bedeutet nicht nur, dass wir erneuerbare Energien ausbauen müssen. Vielmehr müssen wir uns auch fragen, wie es uns gelingen kann, die fossile Energie als Partner zu nutzen, um tatsächlich eine 100prozentige Versorgung mit erneuerbaren Energien sicherzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Nächster Fragesteller ist Herr Detlev Schulz-Hendel.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Lies, Sie haben zwar kurz angesprochen, dass die Windenergie auch für die Arbeitsplätze wichtig ist, aber Sie haben keine konkreten Zahlen genannt. Ich frage Sie deshalb: Wie viele Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Ener

gien gibt es konkret, und wie bewerten Sie das aus wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer Sicht?

Herr Minister Lies antwortet für die Landesregierung.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das müsste eigentlich der Wirtschaftsmi- nister beantworten!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will die Frage, wie sich die Windenergiebranche entwickelt hat, gerne beantworten. Man kann das an den beiden Bereichen Onshore und Offshore festmachen. Ich habe die Beschäftigtenzahlen seit 2012 hier. Ehrlicherweise müsste man den Blick aber noch deutlich weiter zurück richten; denn irgendwann haben wir bei Null angefangen.

2012 hatten wir im Onshore-Bereich 22 980 Beschäftigte. Das hat sich bis 2015 - das sind die letzten Zahlen, die mir vorliegen - auf 27 160 Beschäftigte gesteigert. Im Offshorebereich - und da sehen wir genau das Problem - hatten wir 2012 5 310 Beschäftigte. Zwischendurch hatten wir eine ganz ordentliche Delle. Heute liegen wir bei 5 140 Beschäftigten.