Protocol of the Session on May 15, 2019

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass das Land Niedersachsen als Autoland auch das Verkehrsmittel Fahrrad unterstützt, ist kein Widerspruch. Beides ist kompatibel. Das wusste schon einer der ganz großen Autoindustriellen in Deutschland. Der hat nämlich nicht nur Autos hergestellt, sondern auch Fahrräder. Die Rede ist von Adam Opel, der einst über das Fahrrad sagte, dass bei keiner anderen Erfindung das Nützliche so sehr mit dem Angenehmen verbunden wird.

Dieser Satz stimmt heute mehr denn je. Unbestreitbar ist Fahrradfahren nützlich. Statt Feinstaub in unseren Städten heißt das Frischluft für die Menschen; denn es ist eine der klimaschonendsten Arten der Fortbewegung, die wir kennen, und trägt einen erheblichen Teil dazu bei, die Nachhaltigkeitsstrategie unseres Landes umzusetzen.

(Zustimmung bei der CDU)

Ja, mit der Nützlichkeit hat Adam Opel also heute auch noch recht. Doch wie sieht es mit dem Angenehmen aus?

Ich bin sicher, wir können das Fahrradfahren für die Niedersachsen noch um einiges angenehmer und vor allen Dingen auch sicherer gestalten. An ca. 44 % unserer Landesstraßen fehlt ein Radweg. Das müssen wir ändern. Unsere Zielsetzung ist dabei, Sicherheit herauszustellen, um Unfälle zu vermeiden.

Das ist dringend erforderlich; denn die niedersächsische Unfallstatistik macht es deutlich: Die Zahl der Fahrradfahrer, die auf unseren Straßen ihr Leben verloren, ist gestiegen - von 48 in 2017 auf 60 im Jahr 2018.

Ein sicheres und nutzerfreundliches Radwegenetz braucht unser Land. Um dabei voranzukommen, brauchen wir zwei Dinge - vom einen weniger, vom anderen mehr -: Zu viel Bürokratie beim Radwegebau ist in etwa so nützlich wie Gegenwind beim Radfahren. Deshalb brauchen wir weniger davon. Ein Radwegebaubeschleunigungskonzept soll helfen, bürokratische Prozesse zu verschlanken.

Stärker in die Pedale treten müssen wir hingegen bei der finanziellen Ausstattung für den Bau weiterer Radwege. Seit Jahren gibt das Land Niedersachsen konstant 5 Millionen Euro für den Neubau von Radwegen an Landesstraßen aus - nicht viel, wenn man bedenkt, dass schon der Bau eines einzigen Radweges einen erheblichen Teil davon verschlingt.

In meinem Wahlkreis, in Melle, wurde neulich mit dem Bau eines Radwegs begonnen, mehr als 40 Jahre nach der ersten Idee. Dass es nicht noch länger gedauert hat, daran hatte die aktive und finanzielle Unterstützung durch eine Bürgerinitiative einen entscheidenden Anteil.

Bürgerinitiativen machen sich auf den Weg, in Abstimmung mit Genehmigungsbehörden Radwegeneubau selbst in die Hand zu nehmen, d. h. konkret: Finanzierung von Planung und Bau. Diese Art von bürgerschaftlichem Engagement müssen wir stärker unterstützen - als positives Signal, als Wertschätzung von Eigeninitiative und als wichtigen Baustein, um unser gemeinsames Ziel zu erreichen. Deshalb mein dringender Appell an die Landesregierung, Bürgerradwege gesondert zu fördern. Das Land Nordrhein-Westfalen praktiziert das schon seit vielen Jahren erfolgreich.

Meine Damen und Herren, Radfahren hat ganz besonders im ländlichen Raum einen hohen Stellenwert. Besonders durch den Technologiesprung E-Bike wird sich die Nutzung des Fahrrads in den nächsten Jahren noch deutlich erhöhen. Die Landesregierung ist aufgefordert, auch auf diese Entwicklung entsprechend zu reagieren.

Und es geht noch mehr: Wir können den Klimabonus, den der Umstieg vom Auto auf das Fahrrad erzeugt, noch erhöhen, indem wir der unnötigen Versiegelung von Flächen entgegenwirken. Deshalb müssen wir zeitnah in Pilotprojekten den Einsatz von innovativen Klimabaustoffen im Radwegebereich testen.

Frau Kollegin, Herr Schulz-Hendel möchte eine Zwischenfrage stellen.

Ich möchte meinen Vortrag jetzt zu Ende bringen.

Danke.

Wir wollen ebenfalls, dass die Verknüpfung von Fahrrad und anderen Verkehrsmitteln verbessert wird. Das gilt vor allem für die Bahn. Wer sein Fahrrad mitnehmen möchte, der zahlt in Niedersachsen 5 Euro pro Tag, niedersachsenweit. Wer sein Rad von der Nordsee in den Harz transportieren möchte, für den ist das wahrscheinlich ein super Angebot. Jedoch ist die Alltagsrealität der Niedersachsen eine andere. Oftmals will man nur zwei, drei Stationen mit dem Rad in der Bahn zurücklegen, um dann vom Bahnhof zu seinem Arbeitsplatz zu fahren. Wer dafür täglich 5 Euro zusätzlich aufwenden muss, der grämt sich zu Recht. Deshalb wollen wir die Landesregierung bitten, zu prüfen, inwieweit die Mitnahme von Rädern in Relation zur Fahrtstrecke bezahlt werden kann.

Es ist noch eine Menge zu tun, um Radfahren in Niedersachsen nicht nur nützlich, sondern vor allen Dingen auch angenehm und sicher zu gestalten.

Fahrradpolitik ist Klimapolitik, sie ist Gesundheitspolitik,

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Ganz neue Töne!)

sie ist Politik für froh gestimmte Bürger und schließlich - wenn auch in diesem Fall mit einem

Augenzwinkern - Wissenschaftspolitik. Denn Albert Einstein soll einst über die Relativitätstheorie gesagt haben: Mir ist es eingefallen, während ich Fahrrad fuhr.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Hövel. - In der Reihenfolge der Wortmeldungen ist jetzt Kollegin Tippelt dran. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Stärkung des immer attraktiver werdenden Radverkehrs ist und bleibt ein zentraler Punkt bei der Umsetzung der Mobilitätswende. Der vorliegende Antrag zeigt den richtigen Weg auf, den Radverkehr besser zu fördern.

Eine Erhöhung der Anteile des Radverkehrs gelingt aber nur, wenn infrastrukturelle Voraussetzungen geschaffen werden und die Sicherheit für die Radfahrer verbessert wird. Letztes Jahr verloren allein 60 Fahrradfahrer auf niedersächsischen Straßen ihr Leben. Das ist ein Anstieg der Zahl der tödlichen Fahrradunfälle im Vergleich zum Vorjahr um 25 %. Diese Negativentwicklung müssen wir stoppen! Wir wollen deshalb ein Radwegebaubeschleunigungskonzept entwickeln, das bürokratische Prozesse beim Radwegebau abbaut und Lösungen für bestehende und zukünftige Herausforderungen anbietet.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Mareike Wulf [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den Haushaltsplan 2019 haben wir mit 10 Millionen Euro bereits doppelt so viel Geld für die Sanierung von Radwegen an Landesstraßen aufgenommen als bisher. Weitere 5 Millionen Euro fließen in den Neubau von Radwegen. Das alles steht im Zeichen einer konsequenten Weiterführung der Maßnahmen zur eingeleiteten Mobilitätswende. Wir wollen aber für eine dauerhafte Erhöhung der Mittel für den Neubau und für die Sanierung von Radwegen sorgen. Nur so kommen wir beim Radwegebau voran, und nur so werden wir den Modal Split in Niedersachsen erhöhen.

Außerdem werden wir uns dafür starkmachen, bei der Mittelvergabe für den Neubau und die Sanierung von Radwegen insbesondere die Strecken zu

berücksichtigen, die der Verknüpfung mit SPNV und ÖPNV dienen. Nur durch diese Intermodalität gelingt es, Pendlern die Möglichkeit zu geben, aufs Rad umzusteigen.

Außerdem muss geprüft werden, wie die Ticketpreise im SPNV für die Mitnahme von Fahrrädern kostengünstiger und nutzerfreundlicher gestaltet werden können.

(Zustimmung bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns hier auch weiterhin für einen einheitlichen Mitnahmetarif einsetzen. Pendler und selbstverständlich auch Freizeitfahrradfahrer müssen bezahlbare und bequeme Möglichkeiten bekommen, in der Bahn ihr Rad mitzunehmen. Dafür werden wir die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen.

Neben den Ballungsräumen werden wir aber auch den ländlichen Raum stärken. Wir müssen uns hier insbesondere um den fließenden Übergang zwischen bereits existierenden Radverkehrsnetzen kümmern. Diese sogenannten Lückenschlüsse sorgen für eine größere Attraktivität des Radverkehrs auf dem Land. Deshalb werden wir in Zukunft, wie in Punkt 4 des Antrages formuliert, solchen lückenschließenden Baumaßnahmen bei der Mittelvergabe eine Priorität einräumen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Regierungsfraktionen werden wir uns dafür einsetzen, eine bessere Einbindung des Fahrradverkehrs in kommunale Verkehrskonzepte zu erreichen. Wir müssen eine bessere Verknüpfung von Fahrrad, Bus und Bahn ermöglichen, um die eigenen verkehrs- und umweltpolitischen Ziele zu realisieren.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Wie wahr!)

In den Niederlanden beispielsweise - ich komme zu Ihnen, Herr Schulz-Hendel - kann man als Radfahrer nicht nur auf ein gutes Radwegenetz, sondern auch auf sehr gute Abstellmöglichkeiten für Fahrräder vor den Bahnhöfen zurückgreifen. Die Deutsche Bahn wird nun diesbezüglich nachrüsten: Bis 2022 wird sie bundesweit 100 000 neue Bike-and-ride-Plätze errichten. Damit wäre zunächst einmal ein Anfang gemacht. So werden vonseiten der Bahn 25 % mehr Stellfläche für Radfahrer geschaffen.

Das aber reicht nicht. Wir müssen an diesem Thema dranbleiben und dürfen hier den Anschluss nicht verlieren.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Ich sage Ihnen gleich, wie!)

- Wunderbar. Wir können uns nachher dazu austauschen, Herr Schulz-Hendel.

Auch in punkto Bürgerradwege dürfen wir in Niedersachsen den Anschluss nicht verpassen. Wir wollen deshalb eine Förderung von Bürgerradwegen nach nordrhein-westfälischem Vorbild entwickeln.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Auch das ist ein Schritt in Richtung Fortführung erfolgreicher Verkehrspolitik. In Nordrhein-Westfalen wurden Bürgerradwege schon 2015 mit insgesamt 1,9 Millionen Euro gefördert. Die Bürgerradwege haben den großen Vorteil, dass relativ unbürokratisch und zügig Projekte zum Radwegeneubau durch das Engagement von Bürgern vor Ort verwirklicht werden können. Auch in Niedersachsen gibt es erste Projekte. Aber hinsichtlich der Bürgerradwege muss in Zukunft mehr passieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen aber auch prüfen, inwiefern außerorts Schutzstreifen auf einspurigen Straßen mit geringer Verkehrsbelastung in Zukunft gesetzlich ermöglicht werden können. Das wäre eine Möglichkeit, den Radverkehr auch an den Stellen zu stärken, an denen aufgrund des finanziellen Aufwands ein Neubau von Radwegen ausgeschlossen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, der Radverkehr geht uns alle an. Darum freue ich mich auf die Beratungen im Ausschuss und auf eine positive Unterstützung unseres Antrages.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Tippelt. - Ich darf jetzt aus der Fraktion der AfD den Abgeordneten Stefan Henze aufrufen. Herr Henze, bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen die erfolgte Verdoppelung der Finanzmittel für die Sanierung der Radwege entlang von Landstraßen. Das ist ein erster und aus unserer Sicht richtiger Schritt. Denn gerade in Gebieten, in denen das Radwegenetz entlang der Landstraßen fehlt oder - was viel häufiger der Fall