Protocol of the Session on March 28, 2019

Meine sehr geehrten Damen und Herren, VW geht nun diesen Weg und sagt: „Wir wollen schon jetzt komplett auf E-Mobilität umstellen“ verbunden mit der Forderung, dass sich das Regelwerk der Politik dieser Strategie anpassen soll. Es soll sowohl eine langfristige Verkaufsförderung durch die Politik durch die Subventionierung von kleinen Automobilen mit E-Batterien betrieben werden als auch das gesamte Regelwerk der Förderung allein auf diese einzelne Technologie ausgerichtet werden.

Damit ist VW auf dem Automobilsektor noch alleine. Beispielsweise die Franzosen haben sich dazu entschieden, lieber den höheren Preis zu zahlen, ihn auf die Autokäufer umzulegen und weiter Verbrennungsmotoren herzustellen; denn sie setzen auf die Revisionsklausel der EU zur CO2-Regulierung im Jahr 2023 und hoffen, dass sie bei einer anderen Gestaltung der Regulierung besser aufgestellt sein werden.

Wenn VW allerdings gerade seine Werke in Niedersachsen komplett umgestellt hat, wird man sie nicht wieder zurückrüsten und die Anzahl der Arbeitsplätze, die dann noch verblieben ist - denn die Umstellung auf E-Mobilität ist durchaus ein signifikanter Arbeitsplatzreduzierer -, wieder erhöhen.

Völlig unbeantwortet ist auch das, was der Aufsichtsratsvorsitzende von Volkswagen, Herr Pötsch, angesprochen hat, nämlich die soziale

Frage. Die Hersteller gehen davon aus, dass der Preis für E-Autos um bis zu 50 % - das betrifft gerade Kleinwagen - höher sein wird als der für jetzige Autos, und kommen zu dem Ergebnis, dass sich viele Bevölkerungsgruppen dann kein eigenes Auto mehr werden leisten können. Auch hier stellt sich die Frage: Will die Politik diesen Weg tatsächlich gehen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, alle diese Fragen müssen wir als Politik beantworten. Bisher haben wir uns tatsächlich um die Beantwortung dieser Fragen gedrückt. Ich kann Ihnen sagen: Es geht nicht darum, E-Mobilität zu verteufeln - auf gar keinen Fall! E-Mobilität wird und muss ein Baustein einer vernünftigen neuen Verkehrspolitik sein.

Ich weiß aber nicht, welche anderen Bausteine noch dazukommen - ob es wirklich E-Fuels sind, die mit erneuerbarem Strom hergestellt werden, ob es die Brennstoffzelle oder eine ganz andere Antriebsart ist. Ich weiß nur, dass diese Fragen nicht die Politik beantworten kann. Diese Fragen müssen von der Wissenschaft und der Wirtschaft beantwortet werden. Die Regelwerke, die wir geben, müssen anders ausgerichtet sein.

Als großer Gesellschafter der Volkswagen AG müssen wir als Land aufpassen, dass dort weiter diese Offenheit vorherrscht. Denn was wir jetzt bei Volkswagen erleben - das ist eine Frage der Verwaltung des Landesvermögens und des Umgangs mit Arbeitsplätzen in Niedersachsen -, bedeutet, dass man sozusagen 600 000 Arbeitsplätze mit ins Spielcasino nimmt und alles auf eine einzige Zahl setzt in der Hoffnung, dass sie kommen wird. Das ist die Strategie eines Hasardeurs; das sollte nicht unsere sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bode. - Jetzt ist die Kollegin Thordies Hanisch, SPD-Fraktion, dran. Frau Kollegin, ich erteile Ihnen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion! Wie Sie in Ihrem Antrag feststellen, ist unsere Mobilität Ausdruck von individueller Freiheit und Wohlstand. Sie sprechen von Errungenschaften, und das ist auch richtig. Aber

wir sollten nicht aus den Augen verlieren, dass diese Errungenschaften eben auch auf Kosten von Klima und Ressourcen erreicht wurden.

Genau deshalb gibt es ein übergeordnetes politisches Interesse bei der Mobilität, nämlich die Reduktion der Treibhausgasemissionen. Die Klimaschutzziele sehen eine Reduktion von mindestens 80 % der Treibhausgasemissionen bis 2050 im Vergleich zum Jahr 1990 vor. Nächstes Jahr ist also sozusagen Halbzeit.

Bei der Betrachtung dieser Ziele sind einige Branchen auf einem guten Weg. Bei der Energiewirtschaft, beim Gewerbe, bei Industrieprozessen, auch bei der Landwirtschaft haben wir in Deutschland eine Reduktion von jeweils mindestens 17 % erreicht. Das reicht lange nicht, aber wenigstens sind wir in der richtigen Richtung unterwegs.

Nur beim Verkehr hat sich so gut wie nichts getan. Es gab sogar eine Steigerung der Treibhausgasemissionen um 1,5 %. Deswegen gibt es die Abgasanforderungen und - wie Sie in Ihrem Antrag selbst feststellen - die Effizienzsteigerung als Herausforderungen unserer Automobilbranche.

In Ihrem Antrag fordern Sie, sämtliche alternativen Antriebsformen gleichrangig zu betrachten. Gleichzeitig fordern Sie, im Bereich des Güterverkehrs aufgrund der Gewichte und Distanzen die Brennstoffzellentechnik zu fördern und zu unterstützen. Da hört es also - aus gutem Grund - mit der technologieoffenen Betrachtung schon auf.

Ich möchte Ihnen für Ihren Antrag danken, in dem Sie die Worte eines VW-Managers zitieren: „Die Automobilindustrie befindet sich mitten in einem Religionskrieg.“ Genauso geht es mir immer wieder, wenn ich mit unterschiedlichen Menschen über unterschiedliche Antriebssysteme spreche. Viele Argumente sind eher in einem Bauchgefühl als in rationaler Erwägung begründet. Genau diese Erwägungen braucht es aber. Bei der Recherche zu Antriebsformen komme ich immer wieder an die Grenzen von verfügbarem Wissen. Aber es gibt einige Fragen, die rational geklärt werden müssen.

Sie weisen in Ihrem Antrag auf alternative Antriebssysteme hin, die in der Gesamtbetrachtung ökologischer, ökonomischer und klimafreundlicher sein können als E-Autos. Da nennen Sie auch Erdgas oder E-Fuels. Genau da stellen sich die Fragen, die wir dann hoffentlich im Ausschuss klären können.

Alle Zahlen, die ich gefunden habe, zeigen auf, dass diese Antriebe auf absehbare Zeit im motori

sierten Individualverkehr nicht zwingend ökologischer, ökonomischer und klimafreundlicher als Elektromobilität sein werden. Bei Erdgas oder Autogas, genauso wie bei Benzin und Diesel haben wir im Vergleich zur E-Mobilität eine höhere CO2Belastung - und das unter Berücksichtigung der Energie für die Herstellung von Batterien, des Recyclings der Batterien und auch des heutigen Strommix. - Das habe ich mir nicht ausgedacht; diese Erkenntnisse stammen aus Veröffentlichungen vom ADAC und vom Umweltbundesamt.

Die E-Fuels brauchen die fünffache Menge an Energie im Vergleich zum E-Auto - wie gesagt, Herstellung und Recycling inbegriffen. Ich drehe das jetzt mal um: Das heißt, wenn wir uns mit E-Fuels bewegen, brauchen wir die fünffache Menge an Windrädern, Photovoltaikanlagen oder Wasserkraftwerken, um die gleiche Kilometerzahl zu erreichen wie mit E-Mobilität. Ich bezweifle ernsthaft, dass wir dafür den Rückhalt in der Bevölkerung oder auch nur die verfügbare Fläche haben.

Also müssen wir die Fragen klären: Wie viel Energie brauchen wir in Deutschland für unsere Mobilität? Wie viel Energie können wir aus regenerativen Energien gewinnen? Können wir es uns überhaupt leisten, technologieoffen zu denken? - Bei allem, was ich in Fachblättern dazu recherchieren konnte, komme ich zu dem gleichen Schluss wie Sie bei der Bewegung von Gütern: Da gibt es Antriebe, die machen mehr Sinn, und Antriebe, die machen weniger Sinn.

Daran, dass die Elektromobilität - das haben Sie selbst gesagt - ein wesentlicher Teil der Mobilität der Zukunft sein wird, besteht auch für mich kein Zweifel. Genau wie unser Ministerpräsident Stephan Weil festgestellt hat, ist die Batteriezellfertigung eine Schlüsseltechnologie für den Wandel hin zur Elektromobilität, vor allem weil in der Batteriezellfertigung ein riesiges Wertschöpfungspotenzial liegt. Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns in Niedersachsen zukunftsorientiert aufstellen.

Ich begrüße es, dass die Automobilhersteller den Weg Richtung E-Mobilität gehen. Ich bin mir sicher, dass wir unsere Errungenschaften, unsere Freiheit und unseren Wohlstand mit alternativen Antrieben erhalten können, wenn wir es schlau angehen und die Chancen der intelligenten Energieerzeugung und -speicherung nutzen.

(Zustimmung von Detlev Schulz- Hendel [GRÜNE])

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss, in denen wir hoffentlich einige dieser Fragen klären können und einen Schritt näher in Richtung der Möglichkeiten unserer zukünftigen Mobilität kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hanisch. - Jetzt kommt für die Fraktion der AfD der Kollege Stefan Henze. Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Die Mobilitätspolitik in Niedersachsen sollte unter der Prämisse der Ideologiefreiheit, der Nutzerorientierung und der Technologieoffenheit stehen. Wille und Handeln der Regierung und der regierungstragenden Fraktionen widersprechen aber der Ideologiefreiheit und der Technologieoffenheit; denn die Entscheidungen von Unternehmen, Kommunen und Privatpersonen werden beispielsweise mit dem Landesprogramm zur E-Mobilität massiv beeinflusst. Technologieoffenheit sieht wahrlich anders aus!

Durch die Subventionierung einer bestimmten Technik werden effiziente Produkte durch ineffiziente Produkte ersetzt.

(Zuruf von der SPD: Welche denn?)

Diese Subventionierung wird auch noch unter dem Deckmantel angeblicher Klimafreundlichkeit verpackt. Die Fördermaßnahmen werden nicht nur direkt aus Fördergeldern des Landes finanziert, sondern erfolgen zum großen Teil über EU-Programme. Diese EU-Programme werden maßgeblich durch deutsche Steuerzahler finanziert. Zudem versickern dabei Gelder in der EU-Bürokratie. Nur ein kleiner Teil der von den deutschen Bürgern aufgebrachten Steuermittel fließt wieder in das eigene Land zurück.

Die einseitige Förderung der E-Mobilität schadet jedoch den Menschen und der Umwelt und bringt die Arbeitsplätze in der Automobilbranche in Gefahr, weil andere Antriebskonzepte - wie beispielsweise die Brennstoffzellenfertigung und Brennstofftechnologie, bei denen Deutschland noch zu den führenden Entwicklern im weltweiten Wettkampf zählt - ebenso ausgebremst werden wie die Weiterentwicklung der Dieseltechnologie.

Jedes Elektrofahrzeug benötigt eine Hochvoltbatterie, für die Rohstoffe wie Lithium und Kobalt vorausgesetzt werden. Der Abbau von Lithium geschieht beispielsweise in Chiles Atacama-Wüste. Den einheimischen Bauern und Viehbesitzern sowie der Natur wird das Wasser entzogen. Die Wasserrechte werden von der Regierung an Minengesellschaften übergeben.

Der Grundwasserspiegel im sogenannten LithiumDreieck sinkt, die Vegetation vertrocknet, Böden versalzen. Bedrohte Tierarten wie beispielsweise die Andenflamingos, die in den Salzseen dieser Wüste leben, verlieren ihren Lebensraum. Das sogenannte Lithium-Dreieck zählt zu den trockensten Regionen der Welt. Rund 2 Millionen Liter Wasser werden gebraucht, um eine einzige Tonne Lithium herzustellen. Es ist wenig gewonnen, wenn in Südamerika der Lebensraum indigener Gemeinschaften zerstört wird, damit hier einige wenige mit grünem Gewissen angeblich saubere Autos fahren können.

Der Abbau von Kobalt geschieht überwiegend unter unerträglichen Bedingungen im Kongo. Kinderarbeit ist dabei allgegenwärtig. Eigentlich müssten beim Starten eines E-Autos die Schreie der im Kongo unter unmenschlichen Bedingungen arbeitenden Kinder erklingen, damit den Fahrern, die sich in ihrem angeblichen Umweltbewusstsein sonnen, ihre Mitverantwortung dafür deutlich gemacht wird - und das bei jedem Start!

An saubere Rohstoffe zu gelangen, ist nahezu unmöglich. Denn alle relevanten Abbauländer sind bekanntlich für willkürliche, repressive und politische Systeme und einen inakzeptablen Umgang mit Mensch und Natur bekannt. Gleichzeitig ist die Energiebilanz der Batterien verheerend. Deren Produktion verbraucht nicht nur seltene, unter unsäglichen Bedingungen gewonnene Rohstoffe, sondern ist zudem extrem energieintensiv. Und das wissen Sie!

Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes NiedersachsenMetall erklärte dazu, dass bei der Produktion einer entsprechenden Batterie so viel Energie benötigt wird, dass ein Pkw mit Verbrennungsmotor mit dieser Energie bis zu 200 000 km fahren könnte.

Auch das E-Auto braucht während der Fahrt Energie und muss regelmäßig mit Strom getankt werden. Beim aktuellen deutschen Strommix mit etwa 55 % Strom aus fossilen Energieträgern bedeutet dies, dass die CO2-Bilanz der E-Autos erst ab ei

ner Fahrleistung von 500 000 km besser wäre als beim Einsatz von Verbrennungsmotoren.

Die Automobilindustrie hat kühl und geschäftsmäßig reagiert. Sie hat erkannt, dass sich die regierenden Parteien in Deutschland vom Verbrennungsmotor und damit auch von der in der Industrie arbeitenden Bevölkerung abgewendet haben. So waren die aktuellen und die vorangegangen deutschen Bundesregierungen maßgeblich an der Verschärfung der CO2-Werte für Pkw auf EUEbene beteiligt.

Das kann man nicht oft genug sagen, um dem Bürger klarzumachen, wie wenig seine Zukunft im Blick der Regierenden steht.

Herr Abgeordneter Henze, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Hanisch zu?

Ich führe komplett aus, danke.

Der weltweit umsatzstärkste Autohersteller VW hat bereits angekündigt, seine Werke in Hannover und Emden ab 2022 zu E-Auto-Fabriken umzubauen und ab 2026 nur noch in die Entwicklung von E-Autos zu investieren. VW hat mit dieser Meldung indirekt angekündigt, Zehntausende von Arbeitsplätzen zu streichen; denn die Produktion von E-Autos ist weniger aufwendig. Dementsprechend wird nur ein Bruchteil an Personal gebraucht.

Der Vorsitzende der IG Metall Jörg Hofmann befürchtet unter Berücksichtigung der Zulieferindustrie sogar einen Nettoverlust von 160 000 Arbeitsplätzen, wenn in Deutschland der Umstieg vom Verbrennungsmotor auf den Elektromotor käme. Hierbei sind die verbleibenden Arbeitsplätze in der Produktion von E-Autos bereits berücksichtigt.

Gerade die mittelständischen Zulieferbetriebe werden die ideologischen Entscheidungen gegen den Verbrennungsmotor massiv treffen. Noch produzieren Zulieferer gerade auch in Niedersachsen Millionen Teile für Verbrennungsmotoren mit einer immensen Wertschöpfung und einer großen Anzahl von Beschäftigten in Niedersachsen. Doch wie lange wird es solche Unternehmen noch in Niedersachsen geben? Massenentlassungen sind bei Beibehaltung der derzeitigen fehlgeleiteten, ideologisch motivierten Förderung der Elektromobilität nur noch eine Frage der Zeit.

Wenn Niedersachsen -und auch Deutschland - seinen Wohlstand erhalten will, dann braucht es jetzt ein Umdenken. Leider ist der Klimaschutz inzwischen in den Rang einer Ersatzreligion erhoben worden. Abweichenden Meinungen droht die gesellschaftliche Ächtung.

Die Diskussion um die E-Mobilität gleicht immer mehr dem Tanz der Grünen um das goldene Kalb.