Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass gerade ich hier zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk sprechen - ich hätte fast „darf“ gesagt - muss, ist Karma. Ich glaube, ich hatte wie kein Zweiter Ziehereien mit der GEZ, also dem Vorläufer des Gebührenmanagements. Die haben mich im Studium verfolgt wie nur was. Liebe GEZ - vielleicht schaut ja jemand von Ihnen zu -, ich hatte tatsächlich kein Fernsehgerät, und ich hatte auch kein Radio. Das nur am Rande.
Herr Dr. Saipa, man kann tatsächlich auch ohne Fernsehen groß werden. Mir ist das in meinem Elternhaus gelungen. Wir sind alle ohne Fernsehen groß geworden, und auch meine Tochter wird ohne Fernsehen groß. Das klappt irgendwie.
Jetzt können Sie natürlich sagen: Aus Ihnen ist ja nichts weiter als ein Rechtspopulist geworden. - Aber ich habe auch noch Geschwister, und nicht alle von denen sitzen jetzt rechts von Ihnen. Von daher geht das alles auch ohne Fernsehen.
Aber Sie haben schon recht: Die Kritik der AfD am öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist eine ziemlich grundsätzliche.
Sie ist aber gar nicht so sehr aus dem aus unserer Sicht sehr schwierigen Bildungsauftrag abgeleitet.
Im Moment ist es so: Wir bezahlen das alles schon. Es ist ja nicht so, dass wir nicht bezahlen würden für das, was wir bekommen oder nicht bekommen. Aber - ein Professor von mir hat das mit einem Obstkorb verglichen - im Moment ist es so, als stelle Ihnen jemand einen Obstkorb mit Bananen, Äpfel, Birnen und dergleichen vor die Tür und klingele, und Sie müssen ihn dann bezahlen, ganz egal, was Sie davon essen wollen und ob Sie überhaupt etwas davon essen wollen. Sie werden im Prinzip dazu gezwungen. Ich will den Zwang hier nicht zu hoch hängen, aber im Prinzip ist es ja so.
Das wollen wir tatsächlich differenzierter sehen. Das ist richtig. Deshalb haben wir auch an dem vorliegenden Gesetzentwurf Kritik zu äußern.
Insbesondere die Ausweitung des sogenannten Telemedienauftrags stößt auf Kritik. Wir sehen es so, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Bildungsauftrag natürlich vor allem durch Radio- und Fernsehprogramme wahrzunehmen hat. Das war ja auch die Gründungsidee.
Wir nehmen zur Kenntnis, dass das Bundesverfassungsgericht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Entwicklungsgarantie zubilligt. Aus unserer Sicht muss diese jedoch aus Gründen des fairen Wettbewerbs - ich komme gleich dazu, was ich damit meine - restriktiv ausgelegt werden.
Denn das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat ja einen Konkurrenten, das sogenannte Privatfernsehen. Das wird im Unterschied zum öffentlichrechtlichen Rundfunk nicht mit 9 Milliarden Euro pro Jahr subventioniert.
Je gleicher Sie die beiden Systeme werden lassen, je stärker der öffentlich-rechtliche Bereich also auch in dem Gebiet des Privatfernsehens wildert, desto ungleicher sind im Grunde genommen die Wettbewerbsbedingungen. Mittelfristig könnten nicht subventionierte Anbieter - also all die, die im Moment noch Privatsender sind - verdrängt werden. Das halten wir für ungerecht.
Wir kritisieren auch, dass die neuen Regelungen vorsehen, dass die Nutzer über Angebote im Bereich Social Media zu den jeweiligen Portalen der Rundfunksender gelenkt werden. Auch das halten wir für eine Ungleichbehandlung.
Auch der zu unscharfe Begriff der „internetspezifischen Gestaltungsmittel“ missfällt uns. Die dynamische Anpassung an die Entwicklung des Internets geht uns zu weit.
Schließlich üben wir auch Kritik an dem Verfahren. Wir haben im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sowie im Unterausschuss „Medien“ darum gebeten, dass Vertreter der Verlage und der Privatsender gehört werden. Das ist ohne Begründung abgelehnt worden. Ich finde, es gibt eigentlich gar keinen Sachgrund dafür. Das hätte man durchaus machen können.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für unsere Koalition hat Herr Dr. Saipa schon zutreffend und umfassend begründet, warum diese Änderungen des Rundfunkstaatsvertrages sinnvoll sind.
Ich möchte drei wesentliche Punkte noch einmal ansprechen und sie vertiefen. Wir als CDU sind der Meinung, dass diese drei Dinge in diesem Änderungsstaatsvertrag unseren Vorstellungen entsprechend berücksichtigt sind.
Erstens. Der Streit zwischen den Zeitungsverlegern und den Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist beigelegt. Das ist eine wichtige Botschaft. Es geht nicht mehr um die Fragen: Wer darf was? Wer tummelt sich im Spielfeld des anderen? - Mit dieser Änderung wurde ein gerechter Ausgleich gefunden zwischen den Öffentlich-Rechtlichen, die sich natürlich auch im Internet bewegen möchten, und den Verlegern, die Probleme haben, bezahlte Information zu vertreiben, wenn es diese - vermeintlich gratis - bei ARD und ZDF gibt. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten produzieren Videos und Audios. Nur mit Bezug auf eine konkrete Sendung entsteht dort zukünftig auch Text. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich die
Zweitens. Wir haben es eben schon gehört: Mediatheken werden moderner. Sie werden richtige Archive. Selbst produzierte Beiträge werden ab Mai länger als sieben Tage in den Mediatheken zu finden sein. Dieser Effekt dient auch der Dokumentation. So bildet sich nach und nach ein bemerkenswertes Archiv. Außerdem können zukünftig z. B. mehrere Folgen einer Serie direkt hintereinander abgerufen werden. Dies ist bei jüngeren Nutzern sehr beliebt.
Drittens. Der CDU ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig, dass durch die Neuregelung in diesem Staatsvertrag die Autoren, die Kreativen, die Schauspieler, die Produzenten - kurz: alle Urheber - nicht benachteiligt werden. Es gibt zu dem Punkt der angemessenen Beteiligung aller Kreativen und Medienschaffenden eine Protokollerklärung der Länder, der wir uns ausdrücklich anschließen.
Diese Änderungen sind sehr positiv und sichern die Zukunftsfähigkeit der Medien. Deswegen stimmen wir zu.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Ergebnis können wir uns den Ausführungen der Vorredner - nicht aller, aber insbesondere doch des Kollegen Lammerskitten - anschließen.
Natürlich sehen wir die Punkte, die im Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag geregelt sind, durchaus mit einer gewissen Skepsis, mit einer gewissen Kritik, insbesondere dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Bereich der Telemedien immer mehr ausdehnen darf.
Aber wir sehen auch, dass es jetzt einen Kompromiss zwischen den Zeitungsverlegern auf der einen Seite und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf der anderen Seite gibt. Diesen Kompromiss wollen wir nicht infrage stellen. Wir tragen ihn mit.
Auch auf die Bedenken der Filmschaffenden - der Kreativen, die Filme produzieren - ist eingegangen worden. Wir nehmen zur Kenntnis, dass auf sie Rücksicht genommen wird. Man wird aber sicherlich sehr genau beobachten müssen, ob in der Realität alles zu deren Zufriedenheit funktioniert, sodass sie es am Ende akzeptieren können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ins Zentrum stellen wir als FDP-Fraktion einen Punkt, der über den Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag hinausgeht: Wir werden über eine Neudefinition des Auftrags des öffentlichrechtlichen Rundfunks zu sprechen haben. Das ist nicht hier zu diskutieren, wird aber der entscheidende Punkt in der anstehenden medienpolitischen Debatte sein: Welchen Auftrag soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk haben? Und welche Auswirkungen hat das auf die Beitragshöhe, die sich davon ableitet? - Das wird aus meiner Sicht das Thema der entscheidenden medienpolitischen Debatte sein, die demnächst zu führen ist. Darauf werden wir uns zu konzentrieren haben.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung freut sich, dass sich eine breite Zustimmung zur Änderung des Staatsvertrages abzeichnet. Das ist der Schlusspunkt einer wirklich sehr schwierigen und sehr langwierigen, aber wirklich sehr wichtigen Diskussion, die allein in der Ministerpräsidentenkonferenz bestimmt zehnmal geführt worden ist.
Dabei ist der Begriff „Telemedienauftrag“ im Grunde genommen ein bisschen irreführend. Im Kern geht es doch um die Frage: Haben öffentlichrechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalten angesichts der digitalen Revolution der Medienlandschaft noch eine Zukunft?
Mit dieser Revolution hat sich vor allen Dingen das Nutzerverhalten massiv verändert. Es ist eben nicht mehr so - ich dachte, das sei gewissermaßen naturgesetzlich vorgegeben -, dass die „Sportschau“ am Samstag läuft. Vielmehr kann jetzt jeder jederzeit „Sportschau“ gucken. Und es ist auch
Auch das ist zu allen denkbaren Tages- und Nachtzeiten möglich. Insofern haben sich die Verhältnisse in relativ kurzer Zeit grundlegend verändert. Ob und wie die Anstalten darauf eingehen können, ist für die Zukunft des öffentlichrechtlichen Systems insgesamt - das darf man schon sagen - überlebenswichtig.
Dass es dabei Einschränkungen geben muss, das liegt auf der Hand. Denn es ist nicht Sinn der Sache, dass die Nutzung öffentlich-rechtlicher Rundfunk- und Fernsehangebote die tägliche Lektüre einer Tageszeitung ersetzen soll. Auch die privaten Rundfunk- und Fernsehanbieter müssen ihre Chance in diesem völlig neu strukturierten Markt haben.
Ich freue mich sehr, dass es jetzt nach langwierigen Gesprächen doch gelungen ist, zu einem vernünftigen Interessenausgleich zu kommen, mit dem - so glaube ich - alle Beteiligten leben können. Es ist ein gelungener Kompromiss. Es ist kein fauler Kompromiss. Es ist insbesondere ein Kompromiss, der nach meiner Einschätzung dafür sorgt - das ist die entscheidende Botschaft -, dass die öffentlich-rechtlichen Angebote im Bereich Rundfunk, Fernsehen und Netz wettbewerbsfähig sind.
Wenn Sie zum Schluss dann eine ganz private Bitte gestatten: Möge unter diesen Bedingungen am Ende die Qualität der Beiträge darüber entscheiden, was gehört und geschaut, was gehört und gesehen wird, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist dann die Autonomie aller, die sich im Netz im Bereich der Medien tummeln.