Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Hintergrund unseres Antrags ist, wie jetzt schon mehrfach deutlich geworden ist, ein relativ trauriger. Fast alle von uns sind nebenbei auch in der Kommunalpolitik ehrenamtlich aktiv und kennen das Problem, dass immer schneller zu immer schärferen Mitteln gegriffen wird. Ich habe seit rund 13 Jahren ein kommunales Mandat und bin seit sechs Jahren Mitglied dieses Hauses. In dieser doch recht kurzen Zeit hat sich nach meinem Eindruck schon Wesentliches verändert: Die schrillen und recht scharfen Töne einzelner nehmen zu. Immer öfter wird es persönlich und beleidigend. Respekt für den anderen und seine Position gibt es oft gar nicht mehr.
Wenn wir über Kommunalpolitik sprechen, heben wir oft hervor, wie nahe wir in den Gemeinden und Landkreisen den Menschen und ihren Problemen sind. Aber gerade diese Nähe führt leider auch dazu, dass die Menschen, die sich kommunalpolitisch ehrenamtlich vor Ort einsetzen, für einzelne oftmals zur Angriffsfläche werden.
Auch gegenüber Polizistinnen und Polizisten und Rettungskräften ist der gebotene Respekt für die Person selbst, aber auch für ihre wichtige Arbeit zurückgegangen. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich: Sie reichen von Voyeurismus bis hin zum absurden Irrglauben an einen nicht existierenden deutschen Staat. All das hat in der jüngsten Vergangenheit vermehrt dazu geführt, dass einzelne gegenüber den nächst greifbaren Repräsentantinnen und Repräsentanten beleidigend oder gar körperlich übergriffig geworden sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich persönlich finde, dass der Grund vollkommen zweitrangig ist. Kein einziger Grund kann derartige Übergriffe rechtfertigen!
Beleidigungen, Drohungen und Angriffe sind schlicht und ergreifend völlig inakzeptabel - egal ob gegenüber Polizei, Rettungskräften oder den kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern. Angriffe gegen sie sind auch Angriffe gegen unsere Demokratie. Gerade deshalb ist es wichtig, dass sich diese Menschen auf unser aller Solidarität hier verlassen können. Ihr Schutz ist ein wichtiges Zeichen. Wir tragen die Verantwortung dafür, dass sie ihre wichtige Arbeit in der Gesellschaft ausüben können.
Wir alle kennen die schrecklichen Beispiele, die es auch hier in Niedersachsen gegeben hat. Michael Burda, bis 2018 ehrenamtlicher Bürgermeister von Beierstedt im Landkreis Helmstedt, ist nach einer Morddrohung aus Rücksicht auf seine Familie zurückgetreten. Gerade im Ehrenamt überlegt man mehrmals, ob man sich, aber vor allem auch seine Familie solchen Bedrohungen aussetzen möchte und aussetzen kann. Michael Burda hat sich aus Rücksicht auf seine Frau und seine zwei Kinder für den Rücktritt entschieden.
Alle, die Familien haben, können diesen Schritt sicherlich nur zu gut verstehen. Als Demokrat will ich mich dieser Ohnmacht aber nicht ergeben. Ich sehe uns alle in der Pflicht, nach Lösungen zu suchen, damit sich Rücktritte wie der von Michael Burda nicht wiederholen.
Traurige Berühmtheit hat Rüdiger Butte, der ehemalige Landrat des Landkreises Hameln-Pyrmont, erlangt. Rüdiger Butte wurde 2013 wehrlos in seinem Amtszimmer erschossen, und zwar von einem 74-jährigen Mann. Der Grund: Die Kreisverwaltung hatte dem 74-jährigen Rentner die Fahrerlaubnis entzogen.
Die prominenten Beispiele aus der Politik, aber natürlich auch die vermeintlich weniger spektakulären Berichte aus den Ämtern oder von den Einsatzkräften bestürzen uns und machen uns alle betroffen. Sie machen aber zugleich auch wütend und entschlossen, dem etwas entgegenzusetzen. Wir müssen deshalb gemeinsam alles dafür tun, damit diese Menschen solchen Drohungen und Anfeindungen nicht allein gegenüberstehen.
In unserem Antrag fordern wir ein Maßnahmenbündel aus Prävention, Sensibilisierung und der Stärkung unseres Rechtsstaates. Dabei muss eines klar sein: Wir werden Gewalt, Anfeindungen und Drohungen weder tolerieren noch akzeptieren.
Hierbei gilt es, die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, Taten konsequent anzuzeigen und sie dann auch zu verfolgen. - Lieber Belit Onay, ich finde nicht, dass das „Haarwasser“ ist. Nein, das sind wir den Menschen schuldig!
Ich freue mich, dass wir gemeinsam ein starkes Signal der Geschlossenheit und Entschiedenheit für die Betroffenen setzen und gleichzeitig den Täterinnen und Tätern sagen: Nehmt euch in Acht; denn wir sind gegen Gewalt, Hetze und Demokratiefeindlichkeit in diesem Land!
Vielen Dank, Herr Lynack. - Zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Ahrends gemeldet. Bitte sehr!
Herr Präsident, vielen Dank. - Herr Lynack, ich bin ganz bei Ihnen. Ich kenne das Zitat nicht, mit dem der Schulleiter angegriffen worden ist. Ich kenne die Person nicht. Ich weiß noch nicht einmal, ob sie bei der AfD war. Aber ich verurteile es, wenn so mit Schulleitern und Vertretern in öffentlichen Ämtern umgegangen wird.
Ich habe bereits im Innenausschuss gesagt, dass wir alle aufeinander zugehen müssen. Auch da hat mich Herr Lynack unterbrochen und mir irgendetwas von Herrn Björn Höcke erzählt. Ich habe Ihnen eben gesagt, dass für alle Fraktionen gilt, verbal abzurüsten, aufeinander zuzugehen und den politischen Diskurs zu suchen.
- Das sagen die Richtigen, die sich für Demokratie einsetzen. Die AfD ist eine demokratische Partei. Nehmen Sie das bitte endlich mal zur Kenntnis!
Herr Ahrends, reden Sie doch nicht lange drum herum! Distanzieren Sie sich von Björn Höcke, Herrn Gauland und denen, die menschenverachtende Parolen in diese Welt herausschreien!
Ich verweise nur darauf, wie Martin Schulz, nachdem er von Ihrer Partei im Bundestag angegriffen worden ist, in einer starken Rede, die ihresgleichen sucht, die menschenverachtende, rechtsradikale Politik verurteilt hat.
(Beifall bei der SPD - Jens Ahrends [AfD] meldet sich zu einer Kurzinter- vention - Gegenrufe: Das geht nicht!)
Jetzt hat Herr Kollege Oetjen das Wort, der sich regulär für die FDP zu Wort gemeldet hat. Bitte schön!
Ganz herzlichen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Ahrends, ich möchte Sie bitten - das sage ich ganz neutral -, einmal die Reden anzuschauen, die Sie hier im Landtag zu verschiedenen Themen z. B. in der Aktuellen Stunde gehalten haben. Und dann überlegen Sie bitte, ob Sie wirklich eine verbale Abrüstung betreiben!
Meine Damen und Herren, ich finde es erst einmal gut, dass SPD und CDU dieses Thema aufs Tapet gebracht haben. Die Anhörung im Innenausschuss hat aus meiner Sicht in beeindruckender Weise gezeigt, dass hier ein echtes Problem besteht und dass wir, wenn wir Menschen dafür gewinnen wollen, sich ehrenamtlich auf der örtlichen Ebene zu engagieren, ein Klima dafür schaffen müssen,
Ich möchte sehr klar sagen: Es ist für uns in keiner Weise akzeptabel, wenn gegenüber Mandatsträgern physisch oder verbal Gewalt angewandt wird. Das müssen wir als Demokraten gemeinsam verurteilen, und das tun wir hier auch.
Ich möchte auf das eingehen, worauf auch schon der Kollege Onay hingewiesen hat, nämlich dass in der Anhörung herausgearbeitet worden ist, dass Verfahren, die angestrengt werden, vor Gericht oftmals wieder eingestellt werden. Als Belit Onay das noch einmal thematisiert hatte, kam seitens der Union in der Tat der Zuruf, dass wir dazu etwas im Plenum hören werden. - Ich bin gespannt, was das sein wird.
aber ich möchte noch einen Gedanken einbringen, wenn mir das gestattet ist, sehr geehrter Herr Präsident.
Ich glaube, eine Ursache für das, was da passiert, ist, dass heute schon den kleinen Kindern nicht mehr beigebracht wird, wie man respektvoll miteinander umgeht. Wenn ich höre, wie in der Kita meiner Tochter kleine Kinder mit ihren Eltern reden, dann macht mich das nachdenklich. Wie sollen diese Kinder, die schon ihre Eltern nicht respektieren, später eigentlich Amtspersonen oder Amtsträger respektieren? - Diesen Gedanken wollte ich noch gerne einbringen.
Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Pistorius genmeldet. Bitte schön, Herr Minister!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Drohungen und Beleidigungen oder sogar tätliche Übergriffe gegen kommunale Amts- und Mandatsträger, Rettungskräfte und Ehrenamtliche sind schlicht inakzeptabel.