Protocol of the Session on December 13, 2017

(Beifall bei der FDP und bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Herr Henning antwortet Ihnen, trotz angeschlagener Stimme. Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Grascha, Sie haben wieder einmal deutlich gemacht, wo die SPD finanzpolitisch hin will.

(Christian Grascha [FDP]: Die SPD?)

- Die FDP! Das liegt an meiner Stimme.

Sie wollen Ihre Geisterfahrt fortsetzen. Sie haben dargestellt, dass 1 Milliarde Euro getilgt werden müssen. Ich frage Sie noch einmal - das habe ich eben schon getan -: Wo wollen Sie in diesem Land denn dann nicht investieren?

(Christian Grascha [FDP]: Steuer- mehreinnahmen!)

In Ihrem Papier stehen gerade einmal 10 Millionen Euro für die Digitalisierung in der Landwirtschaft.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: In der Landwirtschaft? Sie erzählen Unsinn!)

Wir hingegen investieren 1 Milliarde Euro - das ist schon ein kleiner Unterschied, meine Damen und Herren - in einem Sondervermögen für die Digitalisierungsprojekte in diesem Land. Sie wollen gerade einmal 10 Millionen Euro in der Landwirtschaft investieren.

(Zustimmung bei der SPD)

Gucken Sie sich doch mal Ihr Papier an! Da sieht man doch den Unterschied.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Und das ist auch kein Selbstzweck. Selbstverständlich - Herr Birkner, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie zuhören würden - kann man Altschulden tilgen - wenn die Zeit dafür gekommen ist und man das Geld dafür übrig hat! Wir haben das Geld aber nicht übrig, sondern wir wollen in die Zukunft die

ses Landes investieren. Sehen Sie sich den Nachtragshaushalt an, den der Kollege Hilbers demnächst auflegen wird! Darin sind wichtige Infrastrukturprojekte enthalten. Ich nenne nur die Beitragsfreiheit in den Kindergärten,

(Christian Grascha [FDP]: Das ist eine Infrastrukturmaßnahme?)

die Infrastruktur und die Digitalisierung. Das sind für uns sehr wichtige Punkte. Wir werden dann in die Altschuldentilgung einsteigen, wenn das Geld dafür übrig ist. Aber das sehe ich im Augenblick nicht.

Was Sie vorhaben, zeigt doch nur, wo Sie hin wollen. Sie haben die Altschuldentilgung zum Selbstzweck erklärt, haben aber überhaupt keine Ideen und zukünftige Gestaltungsmöglichkeiten für dieses Land mehr.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Wir fahren in der Beratung fort. Für die AfD-Fraktion hat Herr Kollege Lilienthal das Wort. Bitte!

(Beifall bei der AfD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Besucher! - Ich freue mich, dass sich die Besuchertribüne füllt. - Die Zeiten für Haushälter sind im Moment ausgesprochen gut. Während auf der Einnahmeseite die Steuereinnahmen sprudeln - das ist übrigens der konjunkturellen Entwicklung geschuldet und nicht in erster Linie Staatshandeln -, führen niedrige Zinsen auf der Ausgabenseite dazu, dass der Zinsaufwand, auch der öffentlichen Hand, niedrig ist.

Mehr Einnahmen, weniger Ausgaben, mehr Gewinn bzw. auf Staatsebene mehr verfügbare Mittel - alles gut also? - Vielleicht nicht ganz! Die Frage nach der Mittelverwendung beantwortet jedenfalls der Koalitionsvertrag laut mit „Ausgaben jetzt an jeder Stelle“ und ganz leise und vage mit „Schuldtilgung“.

Wann aber, meine Damen und Herren, wenn nicht bei einer derart günstigen Haushaltslage wollen Sie spürbar und nicht nur deklaratorisch mit der Schuldtilgung beginnen? - Aus Sicht der AfD-Frak

tion ist die Zeit, Schulden zu tilgen, jetzt gekommen.

Die Fälligkeit der Kredite des Landes Niedersachsen ist teilweise recht kurzfristig. Damit unterliegt der Haushalt einem hohen Zinsänderungsrisiko. Eine möglicherweise sprunghaft ansteigende Zinssteigerung würde sich fatal auf den Haushalt des Landes auswirken. Käme eine Schwächung der Konjunktur hinzu, also einnahmeseitig weniger Steuereinnahmen, so wäre aus unserer Sicht Niedersachsen diesen Herausforderungen nicht gewachsen. Gehen Sie nicht davon aus, dass eine Zinserhöhung genauso schleichend kommt, wie die Zinssenkung gekommen ist! Das kann in sehr dynamischen Zeiten - und in denen leben wir - relativ schnell passieren.

Schuldtilgung ist aus Sicht der AfD das beste Mittel gegen Zinsänderungsrisiken. Sie wissen, dass es auch anders möglich ist. Große Konzerne begegnen ihren Zinsänderungsrisiken anders, aber wir als Staat sollten vorbildlich handeln und Schuld tilgen. Im Übrigen ist Schuldtilgung auch ein Gebot der Fairness für zukünftige Generationen.

(Beifall bei der AfD - Dr. Stefan Birk- ner [FDP]: So ist das!)

Gelegentlich argumentieren Sie damit, es gebe auch Schulden, die nicht bilanziert seien, also sich nicht im Haushalt niederschlügen. Sie haben gerade den Begriff „implizite Schulden“ - was eigentlich etwas völlig anderes ist - dafür verwendet. Sie meinen marode Brücken, lückenhaften Breitbandausbau und nicht zeitgemäße Ausstattung von Schulen.

Ja, ich gebe Ihnen recht: Die letzte Landesregierung ist viele Baustellen überhaupt nicht angegangen. Mit diesem Argument allerdings zu begründen, dass ein Sanierungsstau beseitigt werden muss, ist nichts anderes als ein finanzpolitischer Offenbarungseid,

(Beifall bei der AfD)

sagen Sie damit doch nichts anderes, als dass Geld, welches nicht eingeplant war, für Projekte ausgegeben werden muss, die schon längst hätten angegangen werden müssen.

Neben den günstigen haushalterischen Rahmenbedingungen der Schuldtilgung sind die politischen Rahmenbedingungen ebenfalls gut. Warum? - Sie können als Große Koalition jetzt diesen mutigen Schritt gehen. Der ist unpopulär - das ist auch uns klar -, aber Sie haben dafür jetzt die Möglichkeit,

zumal am Anfang der Legislatur der Blick nicht unbedingt auf die nächsten Wahlen gerichtet ist. Es erfordert Mut, aber Sie sollten diesen Mut aufbringen.

Gehen Sie diesen Schritt jetzt! Erliegen Sie nicht der Versuchung, die Tilgung von Landeskrediten auf die lange Regierungsbank zu schieben! Das holt Sie irgendwann ein.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort für die CDUFraktion hat nun Herr Abgeordneter Thiele. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der FDP für einen Nachtragshaushalt 2018 war erwartbar.

(Christian Grascha [FDP]: Hatten wir angekündigt!)

Stefan Birkner hat ja schon auf das 100-TageProgramm, das vor Kurzem veröffentlicht wurde, hingewiesen. Insofern sind wir nicht überrascht, dass ein solcher Gesetzentwurf kommt.

Die Zielsetzung ist offenkundig. Der Gesetzentwurf ist nicht der ernsthafte Versuch, die Grundlage für eine Nachtragshaushaltsdebatte zu legen. Dafür ist er zu rudimentär und fehlerhaft; darauf komme ich gleich noch. Eher schon geht es dabei um eine Aufzählung politischer Maximalforderungen. Für die kann man in Teilen Sympathien haben, und wir werden über das eine oder andere in den Nachtragshaushaltsberatungen 2018 auch intensiv reden müssen. In anderen Teilen sind die Forderungen und Positionen allerdings durchaus verwunderlich.

Das Vorgehen der FDP ist legitim. Sie sollte jedoch wenigstens den Versuch unternehmen, halbwegs seriöse Haushaltsdaten abzubilden. Aber wir haben es hier wieder einmal mit dem typischen FDPDreiklang zu tun: In Berlin maximale Steuersenkungsforderungen - die sich im Haushaltsantrag hier im Land dann nicht widerspiegeln -,

(Christian Grascha [FDP]: Der Solida- ritätszuschlag gilt nur auf der Bundes- ebene!)

gleichzeitig maximale Ausgaben für Investitionen und konsumtive Ausgaben - und das Ganze bei

maximaler Schuldentilgung. Das aber ist eher Politik aus dem Kochbuch des Zauberlehrlings und nur begrenzt realitätsbezogen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen müssen jederzeit den Lackmustest der finanzpolitischen Realität bestehen. Wir sind in der Pflicht, Wunsch und Wirklichkeit in Einklang zu bringen. Jeder Haushaltsplan dieser neuen Koalition muss und wird zukunftsorientiert und ambitioniert in den politischen Zielsetzungen, aber gleichzeitig seriös im Haushaltsgesetzgeberischen in einem Haushaltsgesetz abgebildet werden, das keine neuen Schulden beinhaltet und - das will ich ausdrücklich sagen; so wie der Koalitionsvertrag es betont, auch wenn hier gerade der Anflug von Dissens bestand - auch den Versuch unternimmt, in den Schuldenabbau einzusteigen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das war kein Anflug von Dissens, das war ein offener Dissens, Herr Kollege!)