Protocol of the Session on December 13, 2017

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

das allen seinen Bürgerinnen und Bürgern Innovation, Sicherheit und Zusammenhalt bietet. - Sie sollten vielleicht einmal zuhören, Herr Bode. Das wäre besser.

Wir wollen erstens technologische Innovation fördern und daraus sozialen Fortschritt gestalten, an dem alle Menschen teilhaben. Vor allem aber wollen wir in die öffentliche Infrastruktur dieses Landes investieren. Im Gegensatz zu Ihnen wollen SPD und CDU einen handlungsfähigen Staat, der die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger gewährleisten kann, sowie gute Bildung, exzellente Wissenschaft und Forschung, eine vielfältige Kultur, eine gute Infrastruktur und die Daseinsvorsorge sicherstellt. Und, lieber Herr Dr. Birkner, genau dafür braucht man Geld. Man braucht Geld!

Bereits heute vor einer Woche - also am vergangenen Mittwoch - hat die FDP-Fraktion den Entwurf eines Gesetzes zur Tilgung von Landeskrediten für das Haushaltsjahr 2017 in den Haushaltsausschuss eingebracht, der eine Tilgung von Altverbindlichkeiten in einer Größenordnung von etwa 871 Millionen Euro vorsieht.

(Zustimmung bei der FDP - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wann, wenn nicht jetzt?)

Heute legt die FDP-Fraktion noch einen drauf und bringt einen Gesetzentwurf für einen Nachtragshaushalt ein, der eine weitere Altschuldentilgung in einer Größenordnung von 316 Millionen Euro vorsieht.

(Zustimmung von Jörg Bode [FDP])

Die Liberalen in diesem Hause wollen also - beide Initiativen zusammengerechnet -, Herr Bode, 1 Milliarde Euro Altschulden tilgen.

(Beifall bei der FDP - Frauke Heili- genstadt [SPD]: Märchenstunde!)

- Es ist schön, dass Sie da klatschen, meine Damen und Herren. Aber wissen Sie, als was ich das bezeichne? - Aus meiner Sicht ist das finanzpolitischer Irrsinn, um nicht zu sagen: eine finanzpolitische Geisterfahrt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Nehmen Sie doch endlich einmal zur Kenntnis, dass wir uns in einer akuten Niedrigzinsphase befinden!

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Nehmen Sie mal zur Kenntnis, dass wir Re- kordsteuereinnahmen haben!)

Bei dem letzten Kredit, den das Finanzministerium in den vergangenen Wochen aufgenommen hat, lagen die Zinskonditionen bei sage und schreibe 0,092 %, Herr Birkner, aufgerundet also bei 0,1 %.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser früherer Finanzminister Peter-Jürgen Schneider hat Ihnen mehrfach vorgerechnet, dass die Tilgung von 1 Milliarde Euro Altschulden beim gegenwärtigen Zinsniveau Zinsentlastungen in Höhe von etwa 7 Millionen Euro pro Haushaltsjahr bringt.

Herr Kollege Henning, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Grascha zu?

Nein, ich würde gerne weiter ausführen. Sonst leidet meine Stimme, weil ich leider erkältet bin.

Sie müssen das nicht begründen. Fahren Sie fort!

Das ist also, betriebswirtschaftlich betrachtet, völlig neben der Spur. Denn Sie entziehen dem Land eine mögliche Investitionssumme von 1 Milliarde

Euro und damit auch Gestaltungsspielraum, um gerade einmal 7 Millionen Euro Zinszahlungen einzusparen, meine Damen und Herren. Bei einem Gesamthaushaltsvolumen von etwa 30 Milliarden Euro macht das, was Sie hier vorschlagen, überhaupt keinen Sinn. Das ist blanker Populismus, der sich nur gut anhört.

(Beifall bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: Meinen Sie nicht, dass die Zinsen irgendwann wieder ansteigen könnten?)

SPD und CDU dagegen haben sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, die erwarteten Steuermehreinnahmen des Jahres 2017 in einem neuen Sondervermögen für die Digitalisierung in einer Größenordnung von genau 1 Milliarde Euro zu nutzen. Sie wollen diese Summe lieber tilgen - wir wollen diese 1 Milliarde Euro in die Digitalisierung stecken und damit in die Zukunft dieses Landes investieren. Auf diesem Wege sollen also dringend erforderliche Investitionen endlich getätigt und abgesichert werden.

Die Landesregierung wird dazu ein Nachtragshaushaltsgesetz vorlegen - das ist für den Januar angekündigt worden -, das zum einen ab August 2018 die Beitragsfreiheit auch für das erste und zweite Kindergartenjahr beinhaltet. Damit wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessert und im Übrigen ein Wahlversprechen von CDU und SPD zügig eingelöst. Zum anderen sollen 750 Stellen im Polizeibereich geschaffen werden, um die innere Sicherheit weiter zu stärken. Außerdem sollen zur Stabilisierung der Unterrichtsversorgung rund 1 000 Lehrerstellen weiterhin bereitgestellt, also entfristet werden. Hinzu kommt: Die Investitionsförderung für den Krippenausbau soll weiter erhöht werden; das haben auch die Kommunen immer wieder gefordert. So können 2 500 Krippenplätze in diesem Land zusätzlich finanziert werden.

In diesem Zusammenhang muss ich allerdings auch sagen: Dazu passt nicht unbedingt, dass der Finanzminister gegenüber der Neuen Presse erklärt hat, dass er in die Altschuldentilgung einsteigen möchte.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Gute Idee!)

Sehr geehrter Kollege Hilbers, diese Position haben wir so noch nicht miteinander besprochen; das sieht der Koalitionsvertrag so auch nicht vor.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Also keine Schuldentilgung mit Ihnen?)

Die SPD-Fraktion steht jedenfalls für Investitionen in dieses Land statt Altschuldentilgung.

(Beifall bei der SPD - Jörg Bode [FDP]: Was gilt denn jetzt?)

Lieber Herr Birkner, in unserem Koalitionsvertrag stehen zahlreiche Infrastrukturprojekte, die wir finanzieren und für die wir die gemäß der November-Steuerschätzung zu erwartenden Mehreinnahmen sinnvoll verwenden wollen. Auf das Sondervermögen für die Digitalisierung habe ich bereits hingewiesen. Ich erinnere aber auch an die Notwendigkeit, marode Landesstraßen zu sanieren und die energetische Sanierung von Landesliegenschaften, also öffentlichen Gebäuden, voranzubringen und dort zu investieren.

Es gibt im Übrigen auch so etwas wie eine implizite Verschuldung. In dem Augenblick, in dem ich den Sanierungsstau bei Landesstraßen und öffentlichen Gebäuden nicht beseitige - wie Sie das früher gemacht haben -, erhöhe ich die implizite Verschuldung dieses Landes, meine Damen und Herren.

Nachhaltige Finanzen erfordern aus Sicht der SPD-Fraktion erstens strukturell ausgeglichene Haushalte und zweitens die Beachtung der Schuldenbremse im Grundgesetz. Der Abbau von Verschuldung findet nach unserer festen Überzeugung aber auch durch den Erhalt des Landesvermögens oder durch Vorsorge für Zukunftslasten statt. So bewirken Investitionen in die Substanz des Landesvermögens nach Auffassung der SPDFraktion einen Abbau der durch unterbliebene Bauunterhaltung und Sanierung aufgelaufenen impliziten Verschuldung.

Lassen Sie mich zum Schluss den Koalitionsvertrag von CDU und SPD zitieren, Herr Minister Hilbers, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP:

„In der kommenden Legislaturperiode werden SPD und CDU keine neuen Schulden machen. Die Vorgaben der Schuldenbremse des Grundgesetzes sind für uns verbindlich. … Neben dem Abbau des Investitionsstaus streben wir den Einstieg in die Tilgung von Altschulden in dieser Legislaturperiode an.“

Für die SPD-Fraktion füge ich hinzu: Genau daran werden wir als SPD-Fraktion den Nachtragshaushalt im Januar messen. Wer, wie die FDP-Fraktion, vollmundig vor der Presse verkündet, dass Altschulden in einer Größenordnung von 1 Milliarde Euro getilgt werden sollen, der muss eben auch erklären, welche Infrastrukturprojekte in der nächs

ten Zeit nicht finanziert werden können. Da müssen Sie dann Farbe bekennen, meine Damen und Herren.

Ich freue mich auf die Beratungen im Haushaltsausschuss, wo wir den Gesetzentwurf der FDP mit dem Nachtragshaushalt unserer Landesregierung vergleichen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Henning. - Auf Ihren Redebeitrag gibt es eine Kurzintervention des Kollegen Grascha. Bitte, Herr Grascha!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Henning, es war schon interessant, was Sie zum Thema Schuldenabbau ausgeführt haben. Sie haben zwar den Koalitionsvertrag zitiert, aber der deckt sich im Prinzip ja nicht mit dem, was Sie gesagt haben.

Sie haben für Ihre Fraktion erklärt, dass Sie grundsätzlich gegen Schuldenabbau sind.

(Wiard Siebels [SPD]: Nö!)

Der Finanzminister hingegen erklärt: Im Jahr 2018 spielt das überhaupt keine Rolle, und am Ende von 2017 müssen wir mal gucken, ob noch ein paar Euro übrigbleiben. Wenn ja, dann können wir gegebenenfalls, wenn uns gar nichts anderes mehr einfällt, überlegen, tatsächlich in den Schuldenabbau zu investieren.

(Wiard Siebels [SPD]: Aber uns fällt ja immer was ein!)

Das zeigt doch, das Thema Schuldenabbau hat bei Ihnen null Priorität. Aber das hat doch nichts mit vorsorgender Finanzpolitik zu tun, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP - Wiard Siebels [SPD]: Das steht im Koalitionsvertrag! Das sollten Sie mal lesen!)

Herr Kollege Henning, die Rechnung, die Sie hier zum Zinsniveau aufgemacht haben, ist eine Milchmädchenrechnung. Die amerikanische Zentralbank hat das Zinsniveau nämlich schon wieder angehoben. Das Gleiche werden wir irgendwann auch wieder in Europa erleben, und dabei muss man sich dann vergegenwärtigen, dass eine Erhö

hung der Zinsen um einen Prozentpunkt für den Landeshaushalt eine zusätzliche Belastung von 600 Millionen Euro bedeutet.

Deswegen ist es sinnvoll, in dieser Phase, in der die Zinsen historisch niedrig sind und das Einnahmeniveau historisch hoch ist, endlich in den Schuldenabbau einzusteigen. Wenn nicht jetzt, wann dann?