Meine Damen und Herren, als ich den Antrag der Grünen zum ersten Mal las, dachte ich: Guck mal, das klingt doch alles sehr vernünftig und richtig!
Aber sogleich, Frau Hamburg, stellte sich mir angesichts dieses offensichtlichen Aktionismus, den Sie an den Tag legen, die Frage: Wo waren Sie eigentlich die letzten viereinhalb Jahre? Warum haben Sie die in Ihrem Antrag beschriebenen Punkte nicht schon vor drei oder vier Jahren massiv aufgegriffen?
Ich denke dabei im Besonderen an die Debatten, die wir hier im Hause vor dem Hintergrund der Kita-Volksinitiative geführt haben. Was haben wir hier jeden Monat für Debatten gehabt! Die Punkte, die Sie jetzt anführen, hätten Sie damals schon einbringen können. Sie haben vieles nicht hinbekommen, auch im Bereich der frühkindlichen Bildung, was den Fachkräftebedarf angeht.
Umso mehr war ich erstaunt, als ich Ihren Antrag neben das Wahlprogramm der Grünen 2017 legte und zusätzlich noch einmal das Programm von 2013 heraussuchte.
Nun haben Sie Ihren aktuellen Antrag offensichtlich aus dem Programm von 2017 entwickelt, aber genau diese Inhalte finde ich auch schon in Ihrem Programm von 2013. Da heißt es:
„endlich Verantwortung übernehmen und gemeinsam mit den Kommunen diesen Fachkräftemangel verhindern. Insbesondere bessere Arbeitsbedingungen und eine an
Meine Damen und Herren, das stand im Regierungs- bzw. Wahlprogramm der Grünen 2013. Da stellt sich doch gleich die Frage: Was haben Sie eigentlich viereinhalb Jahre lang gemacht?
Meine Damen und Herren, die neue Regierung ist seit gut drei Wochen im Amt. Sie versuchen jetzt, den Eindruck zu vermitteln, es könne nicht schnell genug gehen; es hätte am besten schon gestern gehandelt werden müssen. Aber gerade Sie haben hinsichtlich der Verbesserung des Erzieherberufs bzw. der Erzieherausbildung offenkundig die Hände in den Schoß gelegt. Wir können und werden auch mit dieser Baustelle aufräumen, meine Damen und Herren.
Aber was gilt es nun zu tun? Ich habe es eben schon beschrieben: Es gilt, den Beruf attraktiver zu machen. Das gilt auch für diejenigen, die bereits über eine Ausbildung als Erzieher oder Sozialassistent verfügen, aber zurzeit beispielsweise arbeitslos sind. Das Verrückte an dem ganzen Thema ist ja: Wir haben auf der einen Seite 1 200 vakante Stellen in diesem Bereich und auf der anderen Seite 1 400 Erzieher oder Sozialassistenten, die arbeitslos gemeldet sind. Auch hier müssen wir uns die Frage stellen: Aus welchen Gründen wird vielleicht kein Wohnorts- oder Arbeitsortswechsel vorgenommen?
Wir müssen in diesem Zusammenhang in der Tat auch weiter darüber sprechen, wie wir die Arbeitsbedingungen verbessern können, was die Zeit für Vorbereitung, aber beispielsweise auch Zeit für Leitungsaufgaben und vieles mehr angeht. Auch der Verbleib im Beruf muss ein Thema sein.
Darüber hinaus wird es natürlich darum gehen müssen, die Ausbildungskapazitäten weiter auszubauen, auch im Bereich der Teilzeit. Und nicht zuletzt müssen wir auch sehen, welche positiven Kräfte sich aus einer Verbesserung des sogenannten Quereinstiegs ergeben und zur Verbesserung der Gesamtsituation beitragen. An der Stelle ist auch über andere Ausbildungsmodelle zu sprechen - ich nenne noch einmal das Stichwort „duale Ausbildung“.
Am Ende ist es mir auch wurscht, ob das Ganze dann „Masterplan“ - so, wie Sie es bezeichnen, Frau Hamburg -, „Offensive“ oder „Aktion“ für was auch immer heißt. Entscheidend wird sein, dass wir auf dem Weg Erfolg haben. Jetzt gilt es, erst einmal kluge Schritte einzuleiten, um die Situation zu verbessern und den Beruf der Erzieherinnen und Erzieher attraktiver zu machen. Daran arbeitet die neue rot -
- schwarze Landesregierung - da muss man ein bisschen überlegen; aber auch ich gewöhne mich noch dran; daran arbeite ich noch - intensiv und mit Hochdruck. Sie sind herzlich dazu eingeladen, daran mitzuwirken. Und wenn die Grünen dabei noch das aufräumen, was sie in den letzten viereinhalb Jahren versäumt haben, freut es mich umso mehr; dann kommt dieser positive Effekt noch hinzu.
Vielen Dank, Herr Kollege Bock. - Nicht ganz unerwartet kam zwischendurch der Wunsch nach einer Kurzintervention von der Kollegin Hamburg. Das darf Sie jetzt auch vortragen. 90 Sekunden dafür!
Herr Präsident! Sehen Sie mal, Herr Bock, ich habe die Einladung schon angenommen, bevor Sie sie überhaupt ausgesprochen haben. Insbesondere in diesem Bereich möchte ich unglaublich gerne mitgestalten. Und so, wie sich das anhörte, sind Sie mit unserem Antrag ganz zufrieden, deshalb hoffe ich doch einfach auf eine breite Mehrheit in diesem Parlament für genau diese Initiative. Und ich verspreche Ihnen an dieser Stelle: Ob wir es „Masterplan“ oder „Offensive“ nennen - daran werde ich Ihre Zustimmung nicht scheitern lassen.
Was haben wir in den letzten viereinhalb Jahren getan, um den Beruf attraktiver zu machen? Ich denke, meine Kolleginnen und Kollegen von Grünen und SPD können bestätigen, dass wir sehr viel in die Qualität und in den Platzausbau investiert
haben. Gerade an dem Thema Verbesserung der Ausbildungsqualität haben Uwe Santjer und ich sehr intensiv gearbeitet. Das mag für Sie jetzt höhnisch klingen, aber da kam uns dann eine Neuwahl dazwischen.
Das ist kein Witz, sondern Realität. Genau mit diesen Fragen haben wir uns beschäftigt: Wie kann man mehr Berufspraxis in die Ausbildung bringen? Wie kann man mehr Menschen, die in der Ausbildung sind, gleichzeitig in die Einrichtungen bringen? Wie kann man eine Teilzeitausbildung, eine berufsbegleitende Ausbildung umsetzen? Kann man das Modell Hannover - das Modell fanden wir extrem attraktiv - nicht einfach auf Niedersachsen übertragen? Vor allem auch: Wie kann man eine entsprechende Vergütung auf den Weg bringen?
Aber ich sage Ihnen eines - und da ist der Antrag für Sie auch nur als Hilfe gemeint -: Lassen Sie die Finger von der Dualisierung, sonst streiten Sie sich zwei Jahre lang mit allen Experten für dieses Thema nur darüber, ob man eine Dualisierung machen sollte oder nicht, und bringen nichts voran. Sie müssen jetzt handeln und nicht erst in zwei Jahren, wenn Ihnen alle gesagt haben, dass dieser Weg der falsche ist. Diese Erfahrung können Sie sich meiner Meinung nach sparen, Herr Bock.
auf dem Weihnachtsmarkt, sozusagen beim Glühwein weiter austragen - um das hier nicht in die Länge zu ziehen.
Aber eines muss ich deutlich sagen: Ich will ja nicht gleich in die Richtung gehen, zu sagen, dass wir sozusagen einen dualen Beruf schaffen wollen. Aber man muss doch - ich sagte es eben schon - schauen, welche positiven und Erfolg versprechenden Elemente man aus dualisierten Berufen
in diesen Bereich übernehmen kann. Das müssen wir uns anschauen. Es muss doch möglich sein, darüber zu reden. Man kann doch nicht von vornherein einen Baustein von vielen, die ich aufgezeigt habe, ausschließen. Dann kommen wir am Ende auch nicht weiter als Sie. Insofern lade ich Sie ein, noch einmal darüber nachzudenken, ob Sie diesen Punkt aufrechterhalten wollen, die Dualisierung von vornherein auszuschließen.
Einen Hinweis möchte ich noch geben: Die CDUFraktion hat Mitte Oktober 2013, für das Oktoberplenum, einen Antrag vorgelegt, den Sie von RotGrün damals abgelehnt haben. Wir haben einen Stufenplan für die Gewinnung von mehr Fachkräften vorgeschlagen. Wir hätten heute weiter sein können, als wir es sind. Aber jetzt packen wir es gemeinsam - die CDU ist ja ein Motor dieser neuen Regierung - an und werden entsprechende Plätze schaffen.
Vielen Dank, Herr Kollege Bock. - Bevor es zum Weihnachtsmarkt geht, müssen wir aber noch ein bisschen was tun, liebe Kolleginnen und Kollegen. Für die FDP-Fraktion möchte jetzt Herr Abgeordneter Björn Försterling sprechen. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesen Tagen und Wochen gelten in zahlreichen Kindertagesstätten in Niedersachsen sogenannte Notfallpläne. Denn es fehlt nicht nur per se an Erziehern, sondern aufgrund der Erkältungszeit fallen auch zahlreiche Fachkräfte in den Kindertagesstätten aus, und es fehlt an Vertretungsreserven. Dann bekommen dieser Tage die Eltern die Nachricht, dass sie ihre Kinder gleich wieder aus den Kindertagesstätten abholen können, und dann müssen viele zu Hause bleiben, um ihre Kinder selbst zu betreuen.
Selbst, wenn es an diesen Tagen sogenannte Weihnachtsaufführungen gibt, gibt es Kitas, die sagen: Ihr Kind kann gerne an der Weihnachtsaufführung teilnehmen, aber nur, wenn ein Elternteil dabei ist. Und Sie müssen das Kind nach Ende der Aufführung bitte gleich wieder mit nach Hause nehmen.
Das ist die Situation in Niedersachsen, und da hilft es nicht, rückblickend zu fragen, wer in den letzten viereinhalb, zehn oder fünfzehn Jahren was falsch gemacht hat. Die Frage ist tatsächlich: Wie kann man den Erziehermangel in Niedersachsen beheben?
Und ja, da gibt es die Vorstellung im Koalitionsvertrag von SPD und CDU, die Dualisierung der Ausbildung zu prüfen. Da kann ich der Kollegin Hamburg nur zustimmen: Sie können gerne in den nächsten Jahren die Dualisierung der Erzieherausbildung prüfen; dann wird man Ihnen einhellig sagen, dass Sie damit den Standard des DQR 6 nicht erreichen werden. Man wird Ihnen sagen, dass Sie ungefähr 70 % des Theorienanteils in der vierjährigen Erzieherausbildung einkürzen müssten. Und man wird Ihnen sagen, dass dadurch die Qualität der Ausbildung leiden würde.
Natürlich gäbe es den Vorteil, dass die Betreuungsquote sehr schnell erhöht werden könnte, wenn Sie die Auszubildenden mit einrechnen würden, aber es kann doch nicht tatsächlich Ihr politisches Ziel in der frühkindlichen Bildung sein, die Betreuungsquote durch Auszubildende zu erhöhen. Das Ziel muss doch vielmehr sein, Fachkräfte zu gewinnen.
Deshalb ist es richtig, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie das Berufsbild eigentlich attraktiver gemacht werden kann. Dazu gehört auch die Ausweitung von Ganztagsplätzen in den Kitas, weil damit die Schaffung von Vollzeitstellen in den Kitas einhergeht. Dann muss man aber gleichzeitig das Kita-Gesetz anpassen und auch mal über die Definition von Freistellungsstunden, Vorbereitungsstunden etc. reden, damit die Vollzeiterzieherinnen und -erzieher nicht nach ein paar Jahren sagen: Oh mein Gott, jetzt reicht es mir; diese Arbeitsbelastung halte ich nicht mehr aus.