Vielen Dank, Herr Kollege Henze. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich nun der Kollege Schulz-Hendel zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag ist ja nicht neu und schon mehrfach in diesem Landtag gestellt worden, soweit ich informiert bin. Und auch auf Bundesebene stellt die FDP immer wieder diesen Antrag.
Die Betriebe, liebe Kolleginnen und Kollegen - wie man feststellt, wenn man einmal mit den Inhabern kleiner Betriebe bzw. Handwerksbetriebe spricht -, haben sich längst mit den 2016 vorgenommenen Änderungen arrangiert und sehen keinen Veränderungsbedarf. Auch wir sehen bei der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge - übrigens genau wie der Nationale Normenkontrollrat - keinen Bedarf für eine Neuregelung. Die 2016 im Rahmen des Bürokratieentlastungsgesetzes gefundene Regelung, die allen Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, ein vereinfachtes Beitragsberechnungsverfahren anzuwenden, hat bereits zu Einsparungen bei den Bürokratiekosten und zur Entlastung auch kleiner und mittelständischer Betriebe geführt. Eine erneute Änderung würde zu einem erneuten Umstellungsaufwand führen, und das lehnen viele Betriebe schlicht ab.
Alte Bürokratie soll durch neue Bürokratie ersetzt werden. Zu mehr führen dieser Antrag und die Änderungsvorschläge im Ergebnis nicht. Auch wir sind für Bürokratieabbau, wo immer er sinnvoll erscheint. Er muss im Ergebnis aber auch praxis
tauglich sein. Jedes neue Gesetz, jede neue Verordnung sollte im Grunde genommen dahin gehend geprüft werden. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, dafür bedarf es keiner dieser drei oder jetzt vier verschiedenen Änderungsanträge und Anträge; denn die Bundesebene beschäftigt sich längst mit einem dritten Bürokratieentlastungsgesetz.
Viel wichtiger wäre es, hier in Niedersachsen darauf zu achten, Herr Minister Althusmann, dass Sie im Rahmen der Digitalisierung durch neue Beratungsstellen für die kleinen und mittelständischen Betriebe nicht zu mehr Bürokratie kommen, anstatt für Bürokratieabbau zu sorgen. Wir sollten die Probleme hier in Niedersachsen ösen und nicht beantragen, dass die Bundesregierung das weitermacht, was sie mit allen im Bundestag vertretenen Parteien längst begonnen hat.
Herzlichen Dank, Herr Kollege. - Für die SPDFraktion hat sich nun der Kollege Domeier gemeldet. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es gehört. 2005 und 2006, das war für die Sozialversicherung sicherlich eine ganz besonders herausfordernde Zeit, wie es dann immer heißt. Harte Reformen, tiefe Einschnitte wurden vorgenommen, und es wurde einmalig die Vorverlagerung der Sozialversicherung um die 13. Monatsabrechnung durchgeführt. Es wurde versprochen, es anders zu machen, wenn es wieder besser läuft. Die Regierung wurde abgewählt und hatte dann dazu nicht mehr die Chance. Danach gab es ein paar andere Regierungen. Keine Regierung, auch nicht SchwarzGelb, konnte dieses Versprechen einlösen.
Dafür habe ich auch größtes Verständnis; denn - wir haben es ja gehört - bei der Rücknahme geht es um die Summe von 28 Milliarden Euro für die Sozialversicherungskassen. Im Ausschuss hatten wir dazu gehört, dass eine unvorbereitete Rücknahme nicht mehr und nicht weniger als die pünktliche Rentenzahlung für Millionen von Rentnern gefährden könnte. Sie werden verstehen: Das ist ein unheimlich wichtiger Punkt. Das ist nicht etwas, was man auch nur im Ansatz nachvollziehen möchte.
Die nächste Möglichkeit wäre, die Beiträge zu erhöhen. Aber Beiträge zu den Sozialversicherungskassen entziehen Kaufkraft und schwächen unseren Wettbewerbsvorteil. Auch das ist sicherlich nichts, was wir wirklich wollen. Darüber sind wir uns in diesem Haus sicherlich einig.
Es ist sozialdemokratische DNA, dass wir einen starken Staat und starke Sozialkassen haben wollen, weil wir der festen Überzeugung sind, dass sich nur reiche Personen und - ich fügte hinzu - nur reiche Unternehmen einen schwachen Staat leisten können. Also müssen wir am Bürokratieaufwand arbeiten, der - zugegeben - wirklich hoch war.
Das Zweite Bürokratieentlastungsgesetz war wirklich ein Erfolg. Es hat bereits viel von den Kosten, die es damals gegeben hat, abgewickelt und zurückgenommen. Lassen Sie uns jetzt bitte mit einem niedersächsischen Signal Schwung in das dritte Bürokratieentlastungsgesetz bringen, aber ohne unsere Sozialversicherungssysteme ins
Wanken zu bringen. Sicherheit und Stabilität sind Werte, die wir nicht hoch genug einschätzen können, gerade in den Zeiten von Trump und Brexit.
Ich möchte genauso harmonisch enden, wie wir angefangen haben: Herzlichen Dank an - ich darf nicht „Genosse Bley“ sagen - an den Kollegen Bley für die Beharrlichkeit, mit der wir gemeinsam an dem Antrag gearbeitet haben. Das ist ein guter Schritt für Wirtschaft und Sozialsysteme und damit auch für die Menschen im Land.
Danke, Herr Kollege Domeier. - Es gibt eine Kurzintervention. Der Kollege Bode hat das Wort. Bitte sehr!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Domeier, Sie haben gerade gesagt, nachdem die Regierung in Berlin abgewählt worden sei, hätten auch nachfolgende Regierungen die Vorverlagerung nicht geändert. Stimmen Sie mir hinsichtlich der Entwicklung der Rücklage der Deutschen Rentenversicherung zu, dass der Sprung der Rücklage und der Liquiditätsreserve der Rentenversicherung nach oben erst ab dem Jahr 2013 entstanden ist, nämlich zu dem Zeitpunkt, zu dem die damalige Regierung in Berlin
abgewählt und eine neue Regierung tätig war, und erst ab diesem Zeitraum die Möglichkeit bestanden hat?
Wie kommen Sie überhaupt auf diesen Betrag von 28 Milliarden Euro für einen Monatskostenblock bei der Deutschen Rentenversicherung, wenn nach den aktuellen Zahlen die Deutsche Rentenversicherung mit knapp 40 Milliarden Euro Liquidität davon spricht, dass es sich dabei um ungefähr zwei Monatskostenblöcke handelt? Das heißt, die Beträge zu den Monatskosten, die Ihnen das Sozialministerium gegeben hat, über die wir hier reden, sind deutlich zu hoch, und die Rücklagen, die die Rentenversicherung hat, sind deutlich höher. Es wäre endlich einmal an der Zeit, ein gegebenes politisches Versprechen zur Entlastung umzusetzen.
Wirklich neu war das, was Sie eben gesagt haben, nicht. Ich gehe von den Ausführungen aus, die wir im Ausschuss gehört haben. Im Ausschuss hatten wir genau das gehört, was ich Ihnen gerade gesagt hatte. Es wird nicht richtiger, wenn wir das Falsche wiederholen. Vielleicht ist der Unterschied: Sie haben gesagt, wir seien ganz dicht bzw. nahe dran. Das heißt, es gibt eben doch einen Unterschied. Wir sind - darin sind wir uns einig - für starke Sozialversicherungssysteme. Wir brauchen sie.
Deswegen können wir die Rückverlagerung nicht so beschließen. Deswegen konnte das auch keine andere Bundesregierung tun, auch nicht SchwarzGelb,
Vielen Dank, Herr Kollege Domeier. - Nun hat sich zu Wort gemeldet für die Landesregierung Herr Minister Dr. Althusmann. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bearbeitung von Sozialversicherungsbeiträgen ist unzweifelhaft ein sehr, sehr aufwendiges Verfahren. Insofern ist die Zielrichtung, die u. a. der Abgeordnete Bley hier mit auf den Weg gebracht hat, ausgesprochen richtig und wichtig. Ein Signal für eine Senkung der Bürokratiekosten in Deutschland zu setzen, ist auch vor dem Hintergrund richtig und wichtig, dass wir jährlich etwa 45 Milliarden Euro Bürokratiekosten für den deutschen Mittelstand haben. Dafür stehen u. a. Sozialversicherungsbeiträge, Dokumentationspflichten, statistische Erhebungen und vieles andere mehr.
Mit Blick auf das, was zu Sozialversicherungsbeiträgen gesagt wurde, hat es im Jahre 2015 eine empirische Untersuchung des Normenkontrollrats gegeben. Er hat einen jährlichen Erfüllungsaufwand von etwa 1,5 Milliarden Euro für die Gesamtwirtschaft und, auf einzelne Unternehmen heruntergerechnet, von etwa 750 Euro pro Jahr errechnet.
Allerdings - das ist hier mehrfach gesagt worden; deswegen will ich mich auch kurzfassen -: Ein Zurück zur Rechtslage von 2006 wird einem merklichen Bürokratieabbau auch wiederum nicht gerecht. Wir haben schon heute die Situation, dass im Zuge der Digitalisierung in den meisten Fällen eine Korrektur der Sozialversicherungsbeiträge stattfindet, auch bei den kleinen und Kleinstbetrieben inzwischen schon vollautomatisiert im Bereich der Lohnbuchhaltung.
Was wir aber anerkennen müssen, ist die Zahl von 28 Milliarden Euro, wenn wir zurückkehren wollten - und das insbesondere vor der immer wieder genannten Einschätzung der Liquiditätslage bei der Deutschen Rentenversicherung von 38 Milliarden Euro. Die Einschätzung ist aber nur halb richtig; denn wir wissen nach den Berechnungen der Bundesregierung jetzt schon, dass, wie bekanntlich im Rentenversicherungsbericht 2018 steht, die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage bis zum Jahresende 2022 - dann kommen Ausgaben aus der Mütterrente I und II, Verlängerung der Zurechnungszeiten, Haltelinien, Beitragssatz, Rentenniveau
Kurzum: Wirkliche Problemlösung ist nicht ein Zurück, sondern sind die kritische Prüfung des Verfahrens, der damit verbundenen Statistik und der Dokumentationspflichten, das Bürokratieentlastungsgesetz des Bundes, das im Sinne von Mittelstand und Handwerk auch von uns kritisch begleitet werden wird.
Ich sehe, dass wir bis auf ein kleines Detail im Großen und Ganzen eine große Einigkeit im Parlament haben. Dennoch wird es bei der Abstimmung über den Antrag der FDP nicht zu einer Zustimmung kommen, sondern es wird am Ende die Beschlussempfehlung des Ausschusses zur
Meine Damen und Herren, die auf Annahme in einer geänderten Fassung lautende Beschlussempfehlung entfernt sich inhaltlich weiter vom ursprünglichen Antrag als der Änderungsantrag. Nach § 39 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 31 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 unserer Geschäftsordnung stimmen wir daher zunächst über die Beschlussempfehlung ab. Nur falls die Beschlussempfehlung abgelehnt wird, stimmen wir anschließend noch über den Änderungsantrag ab.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der FDP in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Herzlichen Dank. Der Beschlussempfehlung ist mit großer Mehrheit - nach anfänglichem Zögern - gefolgt worden.
Meine Damen und Herren, damit ist zugleich der Änderungsantrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 18/2643 nach § 39 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 unserer Geschäftsordnung abgelehnt.
Tagesordnungspunkt 27: Abschließende Beratung: Verfassungsrechtliches Verfahren - Organstreitverfahren nach Artikel 54 Nr. 1 der Niedersächsischen Verfassung und § 8 Nr. 6 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof wegen Verletzung der Auskunftspflicht nach Artikel 24 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung - StGH 2/18 - 1. Der Fraktion der AfD im Niedersächsischen Landtag, vertreten durch ihre Vorsitzende Dana Guth, MdL, Hannah-Arendt-Platz 1, 30159 Hannover - Antragstellerin zu 1.) - 2. Der Abgeordneten Dana Guth, Hannah-Arendt-Platz 1, 30159 Hannover - Antragstellerin zu 2.) - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin Kathrin Baake, Syker Str. 95, 27321 Thedinghausen - gegen die Niedersächsische Landesregierung, vertreten durch die Niedersächsische Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Barbara Otte-Kinast, Calenberger Str. 2, 30169 Hannover - Antragsgegnerin - Schreiben des Niedersächsischen Staatsgerichtshof vom 27.12.2018 - StGH 2(17 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 18/2587
Im Ältestenrat waren sich die Fraktionen einig, dass über diesen Punkt ohne Besprechung abgestimmt wird. - Ich höre keinen Widerspruch und lasse daher gleich abstimmen.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 18/2587 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Beschlussempfehlung ist einstimmig gefolgt worden.