Protocol of the Session on December 11, 2018

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Ja!)

Transparenz und effektive parlamentarische Kontrolle müssen von uns immer wieder erzwungen werden, zuletzt gegenüber Innenminister Pistorius, der das Parlament in dieser Geschichte um den Verfassungsschutz schlicht und dreist ignorieren wollte.

(Beifall bei der FDP)

Und jüngst die Übernahme der Marienburg: Über das Für und Wider lässt sich ja trefflich streiten. Da kann man auch zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Aber die intransparente Art und Weise, wie Minister Thümler - und offensichtlich auch der Finanzminister und der Ministerpräsident - das hier durchziehen wollten, ist nicht hinnehmbar. Das sagt vielmehr, dass die eigenen Argumente, die man ja für das Handeln vermeintlich haben will, nicht so tragfähig sind, dass sie in einer öffentlichen Debatte tatsächlich bestehen würden.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Arroganz der Macht zeigt sich auch darin, dass sich SPD und CDU den Staat Stück für Stück zur Beute machen. Ich habe den Eindruck, dass Ihnen persönlich da mittlerweile die Sensibilität völlig abhandengekommen ist.

Dieses „sich den Staat zur Beute machen“ bildet sich auch in der Haushaltspolitik ab. Sie haben zu Beginn der Legislatur erst einmal 100 neue Stellen in der Ministerialbürokratie geschaffen und sind dabei, diese mit Parteigängern zu besetzen.

Das MW soll zur zweiten Staatskanzlei ausgebaut werden. Sie haben mit dem Europaministerium ein neues Ministerium geschaffen, erklärtermaßen zur Befriedigung parteipolitischer Interessen der SPD. Die einzig wahrnehmbare Leistung, die wir vom Europaministerium bisher wahrnehmen, ist das Verkünden von Zeitungsmeldungen zum Brexit und die Einrichtung eines Twitterkontos, dessen Reichweite gleich null ist.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN - Zuruf von Johanne Mod- der [SPD])

Sie bilden zwei Sondervermögen. Frau Modder, wir wollen natürlich in die Themen investieren, die dahinter stehen. Aber mit der Vorgehensweise, ein Sondervermögen zu bilden, entziehen Sie diese Themen der jährlichen Diskussion und Debatte im Haushalt. Indem Sie diese Sondervermögen bilden, schwächen Sie das Königsrecht des Parlaments, in jährlichen Debatten zu entscheiden und entsprechend zu gestalten,

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Das stimmt doch nicht! Das ist völlig falsch!)

Die Arroganz der Macht kommt auch in Ihrer handwerklichen Gleichgültigkeit zum Ausdruck. Das Polizeigesetz: Wie Sie mit den Grundrechten umgehen, ist wirklich verantwortungslos - einfach aus parteitaktischem, machtpolitischem Kalkül heraus. Das Datenschutzgesetz, die gebührenfreien Kitas, ohne dass die Refinanzierung über das Bundesgesetz sichergestellt ist. Das können Sie und machen Sie doch alles nur, weil Sie sich Ihrer Mehrheit so sicher sind und Sie auf sachliche Argumente keine Rücksicht mehr nehmen wollen und müssen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Dass Ihnen, meine Damen und Herren, das Gespür für die tatsächlichen Umstände abhandengekommen ist, zeigt sich auch in besonderer Weise im Rahmen des Haushaltes, in dem zum Ausdruck kommenden Grundverständnis. An keiner Stelle ist erkennbar, dass Sie sich des Umstandes bewusst sind, dass es sich um das Geld der Bürgerinnen und Bürger handelt, das Sie nur treuhänderisch verwalten. Das, was Sie ausgeben wollen, wird von anderen erwirtschaftet, die mit ihren Ideen, mit ihrer Risikobereitschaft und mit ihrem Fleiß Wertschöpfung und damit Steuereinnahmen überhaupt erst ermöglichen. Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger sind für Sie aber ein Fremdwort und spielen keine Rolle.

(Beifall bei der FDP)

Von der SPD sind wir das ja nicht anders gewohnt. Für sie ist ein Euro nur ein guter Euro, wenn er mindestens einmal durch die Hände des Finanzministers gewandert ist. Wirklich enttäuscht muss man an dieser Stelle aber von der CDU sein, die sich vor nicht allzu langer Zeit noch völlig anders geäußert hat; das gilt insbesondere für Finanzmi

nister Hilbers, der in den letzten Monaten eine bestimmte Wandlung durchlebt hat.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Aber auch diese Äußerungen verblassen. Daran vermögen auch die jüngsten Äußerungen von Herrn Hilbers zur Abschaffung des Soli nichts zu ändern. Herr Hilbers, es ist ja komplett billig, etwas zu fordern, von dem Sie wissen, dass Ihr Koalitionspartner in Berlin das nicht mitmacht.

Und zum anderen: Wer soll denn bitte schön einen Minister noch ernst nehmen, der sich nach nicht mal einem Jahr im Amt selbst als Persönlichkeit von historischem Rang sieht, die in die Geschichtsbücher eingehen wird?

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, aber nicht nur Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger sind bei Ihnen kein echtes Thema. Auch der Abbau der Altschulden wird eben gerade nicht ambitioniert betrieben, anders als Frau Modder das hier gerade versucht hat, darzustellen.

Im Haushalt für 2019, den wir in dieser Woche beschließen wollen, ist nicht ein Euro zur Schuldentilgung vorgesehen.

(Widerspruch von Johanne Modder [SPD])

- Kein einziger Euro, Frau Modder! Wie kommen Sie dazu, hier zu behaupten, Sie würden Schuldenabbau betreiben? Sie tun es eben gerade nicht. Insofern ist das eine unrichtige Aussage.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Trotz der hervorragenden Einnahmesituation und prall gefüllter Steuerkassen planen Sie für 2019 nicht einen einzigen Cent ein, um den immensen Schuldenberg von 61 Milliarden Euro abzubauen. Wir sind der Auffassung: Wenn in schlechten Zeiten Schulden aufgenommen werden müssen, müssen sie in guten Zeiten wieder abgebaut werden. Wann, wenn nicht jetzt, wollen Sie denn endlich anfangen, Schulden abzubauen, um auch den künftigen Generationen überhaupt noch Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen?

Meine Damen und Herren, heute ist der Internationale Tag der Berge. Der höchste Berg ist in Niedersachsen eben nicht der Wurmberg, sondern es

ist der Schuldenberg - für den Sie die Verantwortung tragen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Ein Zinsanstieg um einen Prozentpunkt bedeutet bereits einen Anstieg der Zinsausgaben um bis zu 570 Millionen Euro. Und Sie wollen keinen einzigen Euro von den knapp 33 Milliarden Euro, die das Haushaltsvolumen ausmacht, in den Abbau von Altschulden stecken! Das ist verantwortungslose Politik gegenüber den zukünftigen Generationen. Damit, Herr Hilbers und auch Herr Weil, werden Sie in die Geschichtsbücher des Landes eingehen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wie schon im Haushaltsplanentwurf der Landesregierung lässt sich auch in den Änderungsanträgen der Fraktionen von SPD und CDU kein roter Faden erkennen - nicht einmal ein roter Faden, muss man sagen, geschweige denn ein schwarzer Faden. Es handelt sich vielmehr um ein konturloses Sammelsurium von Einzelforderungen und Projekten. Jedes Projekt mag für sich gesehen mehr oder minder vertretbar und sinnvoll sein. Aber ein politischer Gestaltungsanspruch mit konkreten Ideen und Visionen, für den diese Koalition doch irgendwie stehen will, ist in keiner Weise erkennbar. Was ist das Konzept? Was ist die Version dieser schwarz-roten Koalition für die Zukunft Niedersachsens, um Chancen zu eröffnen und die Zukunft tatsächlich zu gestalten? Das ist eben nicht erkennbar.

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die politische Liste eher eine Reparaturliste für die zahllosen Versprechungen ist, die von dem einen oder anderen Minister unterwegs gemacht wurden, insbesondere vom Wissenschaftsminister Björn Thümler; Stichwort: Digitalisierungsprofessuren und Theaterförderung.

Mit der Marienburg setzt sich dieses Thümler‘sche Solospiel munter und unbekümmert fort. Während der Finanzminister in einem Interview noch kürzlich so getan hat, als habe das Land damit nichts zu tun, erklären der Minister und der Präsident der Klosterkammer, dass das Land alle Risiken werde tragen müssen und ausschließlich zur Umgehung der Liegenschaftsverwaltung des Finanzministeriums die Übertragung auf eine Tochtergesellschaft der Klosterkammer erfolgen soll.

(Anja Piel [GRÜNE]: Was denn nun?)

Einer von Ihnen beiden, Herr Thümmler und Herr Hilbers, liegt dabei nicht richtig. Das ist klar.

Für den Fall, dass Sie, Herr Ministerpräsident, dieses unionsinterne Schauspiel mit einer gewissen Freude betrachten sollten, sollten Sie sich bewusst sein, dass es Ihre Verantwortung ist, sicherzustellen, dass innerhalb der Regierung verantwortungsbewusst zusammengearbeitet wird.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir als Freie Demokraten setzen dieser ambitionslosen und selbstbezogenen Politik mit unseren Änderungsanträgen zum Haushalt einen Dreiklang aus Investitionen, Entlastung und Schuldenabbau entgegen, mit dem wir Niedersachsen Chancen eröffnen wollen. Wir zeigen mit Investitionen in Höhe von 390 Millionen Euro in Infrastruktur, Bildung und insbesondere die Köpfe, wie wir Niedersachsen für die Herausforderungen und Chancen einer digitalisierten Gesellschaft fit machen wollen, ohne dabei den Haushaltsgesetzgeber und damit die demokratische Legitimation auszuhöhlen. Wir zeigen, dass es möglich ist, die Bürgerinnen und Bürger in Höhe von 95 Millionen Euro spürbar zu entlasten, indem wir u. a. und insbesondere die Straßenausbaubeitragssatzungen abschaffen wollen. Und wir zeigen, dass neben Investitionen und Entlastungen auch ein effektiver Schuldenabbau möglich ist, indem wir hierfür 250 Millionen Euro aus Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Enkeln einsetzen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ein Haushaltsplan ist immer auch das Abbild des politischen Gestaltungswillens einer Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen. Dieser Haushaltsentwurf ist ein gutes Abbild der Politik der Großen Koalition, nämlich einer ideen- und ambitionslosen Politik, die sich mit Mittelmaß zufriedengibt,

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

so, wie wir dies seit nunmehr sechs Jahren von Stephan Weil kennen.

Angesichts des Potenzials, das dieser Landeshaushalt aufgrund der Rahmenbedingungen, die derzeit bestehen, an sich hat, wird dieser Haushalt als Haushalt der vertanen Chancen in die Geschichte des Landes eingehen.

Die zweite Regierungszeit von Stephan Weil wird so zu weiteren fünf verlorenen Jahren für Niedersachsen werden. Stephan Weil ist damit auf dem Weg, sich zum legitimen Erben des Politikstils von Frau Merkel aufzuschwingen,

(Zurufe von der CDU: Oh!)

durch den Politikverweigerung und Politikverdrossenheit erzeugt werden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Für die Fraktion der CDU hat sich nun der Fraktionsvorsitzende Dirk Toepffer gemeldet. Bitte sehr!