Protocol of the Session on October 24, 2018

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Damit auch die Menschen, die es angeht, meine Rede mitverfolgen können, werde ich versuchen, sie in so einfacher Sprache zu halten, wie es an dieser Stelle möglich ist.

Erst einmal vielen Dank an die Ausschussmitglieder, dass wir gemeinsam an diesem Thema arbeiten können und dass wir heute einen ersten Schritt nach vorne gehen.

Wir alle nutzen bereits jeden Tag das Internet. Wir kaufen im Internet ein. Manche von uns buchen Reisen da. Wir informieren uns. Wir lassen uns Wege anzeigen. Manche von uns bezahlen sogar ihre Rechnungen im Internet, und die meisten von uns halten über das Internet Kontakt zu ihren Freunden und Familien. Für uns alle macht das den Alltag deutlich leichter. Denn wir können zu jeder Zeit viele Dinge an einem Ort erledigen. Für Menschen mit Behinderungen ist das nicht selbstverständlich. Manches können wir ihnen aber leichter machen. Viele Internetangebote sind leider nicht barrierefrei.

Meine Damen und Herren, Menschen mit Behinderungen sind auf Hilfe angewiesen. Darum ist es wichtig, die Dinge im Internet so anzubieten, dass sie möglichst selbstständig damit arbeiten können, weil das Internet Möglichkeiten bietet, die auch Menschen mit Behinderungen das Leben leichter machen, z. B. für einen Rollstuhlfahrer schwierige Wege, die nicht barrierefrei sind, zu umgehen. Wenn man nämlich seine Rechnung mit dem Computer von zu Hause aus bezahlen kann, dann macht eine Treppe vor einer Bank oder ein Fahrstuhl, der nicht richtig funktioniert, nicht so viel Ärger.

Wir finden, dass die Menschen mit Behinderungen genauso von den Möglichkeiten des Internets profitieren sollen wie alle anderen auch. Erst einmal müssen öffentliche Einrichtungen ihre Internetangebote barrierefrei machen, z. B. Bürgerämter, Behörden, Sparkassen oder Schulen. Das ist ein wichtiger erster Schritt. Denn auch für Menschen mit Behinderungen ist es viel einfacher, von zu Hause aus einen neuen Personalausweis zu beantragen oder die Adresse zu ändern. Auch für Menschen mit Behinderungen, die in öffentlichen Einrichtungen arbeiten, ist das übrigens ein Fortschritt.

Viele andere Internetangebote werden aber auch weiterhin nicht für alle zugänglich sein, z. B. Ge

schäfte, Kinos oder Restaurants. Sich einfach mal eine Pizza nach Hause zu bestellen oder eine Kinokarte vorzubestellen, ist dann für Menschen mit Behinderungen noch nicht möglich.

Wir wollen deshalb, dass alle ihre Internetangebote barrierefrei machen müssen. Weil das nicht so einfach ist, wollen wir als Land dabei helfen. Wir wollen einmal Zeit geben. Und wir wollen Beratung geben. Diese Beratung, zu der dann diejenigen kommen können, die sich helfen lassen wollen, nennen wir „Kompetenzzentrum Barrierefreiheit“. Für manche Vereine oder kleine Firmen wird es zu teuer sein, alle ihre Internetseiten barrierefrei zu machen. Deshalb wollen wir, dass das Land Niedersachsen ihnen Geld dafür gibt.

Meine Damen und Herren, das alles sieht dieser Gesetzentwurf von SPD und CDU nicht vor. Es ist aber dennoch wichtig. Deshalb soll die Landesregierung einen weiteren Gesetzentwurf vorlegen, der Barrierefreiheit für alle vorschreibt. Denn nur so können auch alle daran teilhaben. Deshalb wollen wir weiter über das Thema diskutieren, weil das Thema Barrierefreiheit weiter besprochen werden muss und heute nicht damit aufgehört werden darf.

Dem ersten Schritt dieses Gesetzentwurfs stimmen wir dennoch zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Piel. - Es ist jetzt noch die Fraktion der SPD dran. Kollege Schwarz, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben ja schon zur Kenntnis genommen, dass es trotz dieser sehr komplizierten Überschrift schlichtweg um eine Änderung des Niedersächsischen Behindertengleichstellungsgesetzes geht.

Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode eine entsprechende Vorlage gemacht. Es ist dann im Rahmen der Verbandsanhörung festgestellt worden, dass genau diese EU-Richtlinie in diesem Referentenentwurf bzw. Gesetzentwurf gefehlt hat. Ich kann mich da nur ausdrücklich bei den Behindertenverbänden bedanken. Es wäre nämlich sonst unter Umständen ohne eine solche Barrierefreiheit im Gesetz verabschiedet worden. Es ist schon gut, wie intensiv und kooperativ sie mit uns zusammenarbeiten.

Wir haben dann aufgrund der verkürzten Wahlperiode die Diskontinuität bei diesem Thema gehabt, sodass der Gesetzentwurf mit der Barrierefreiheit erst jetzt zur Verabschiedung vorliegt. Wenn wir das tun, dann sind wir nach Bayern und Brandenburg erst das dritte Bundesland, das die EURichtlinie in Landesrecht umsetzt.

Wir stellen klar, dass alle öffentlichen Einrichtungen zur Umsetzung verpflichtet werden, übrigens einschließlich privater Pflegedienste, Krankenhäuser und Verkehrsunternehmen, die zu mehr als 50 % aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Wir stellen klar, dass es keine Verschlechterung zum geltenden Recht geben darf, insbesondere in den Schulen und Kitas. Das war befürchtet worden. Wir haben auch Kontrollmechanismen eingeführt, die dies überwachen und auch gegebenenfalls durchsetzen, nicht zuletzt die schon angesprochene Schlichtungsstelle mit erheblichen Kompetenzen des Betretungsrechtes, des Akteneinsichtsrechtes und des Einbindens der Aufsichtsbehörde. Insofern ist das, glaube ich, ein wichtiger Schritt.

Ergänzend gibt es den Entschließungsantrag der Grünen. Darin gibt es Positionen, die auch in der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU enthalten sind. Das ist überhaupt gar keine Frage. Ich glaube, es ist auch wenig strittig, dass es ein Kompetenzzentrum in Niedersachsen geben muss. Aber dies muss wirklich einer Gesamtnovelle vorbehalten bleiben. Es macht wirklich keinen Sinn, solche Einzelelemente jetzt da anzudocken. Das wird der Gesamtproblematik dessen, was hier zu bearbeiten ist, nicht gerecht.

Ich stimme ausdrücklich mit der Nr. 3 des Entschließungsantrags der Grünen nicht überein. Darin sagen Sie, dass öffentliche Stellen bei unverhältnismäßiger Belastung finanziell entlastet werden sollen. Ich glaube, dass es eines der Grundprobleme ist, dass immer noch nicht alle öffentlichen Stellen begriffen haben - insbesondere auch kommunale Ebenen -, dass die UN-BRK geltendes Recht für alle Ebenen ist. Dann kann es nicht sein, dass man jedes Mal nach dem Landes- oder Bundesgesetzgeber ruft und vermeintlich Konnexität fordert; denn die ist an der Stelle gar nicht gegeben. Wir wären eine ganze Ecke weiter, wenn jeder endlich seine Hausaufgaben machen würde, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Dann will ich ausdrücklich sagen, dass wir uns auch in der jetzigen Koalition fest vorgenommen haben, eine komplette zeitgemäße Überarbeitung des Niedersächsischen Behindertengleichstellungsgesetzes durchzuführen. Das ist seit 2010 überfällig. Das heißt, in Wahrheit haben sich alle Fraktionen dieses Hauses an dieser Stelle nicht mit Ruhm bekleckert. Seit 2009 gibt es die UNBRK. Das hätte längst in diesem Bereich angepasst werden müssen.

Was macht das deutlich? - Das macht deutlich, dass die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen leider immer noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, sondern dass sie immer noch um Rechte kämpfen müssen, die für nichtbehinderte Menschen absolut selbstverständlich sind. Wir erzählen denen dann auch noch, dass wir das nicht umsetzen können, weil das leider in ihrem Fall ausgesprochen viel Geld kostet.

Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass wir das Thema Inklusion ernster nehmen, als wir das bisher in Deutschland machen. Europäische Nachbarländer sind uns dort meilenweit voraus. Wir haben es ja sogar fertiggebracht, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema Inklusion - übrigens auch parteiübergreifend - weitgehend auf das Thema Bildung zu fokussieren. Das haben wir dann auch noch negativ hinbekommen. Es ist eine richtig schlimme und schwierige Debatte, wenn Menschen kommen und einen inklusiven Arbeitsmarkt haben wollen, wenn sie gleichberechtigte Teilhabe im öffentlichen Personennahverkehr und in allen gesellschaftlichen Bereichen wollen.

Ich finde, wir alle müssen miteinander - ich schließe hier keine Fraktion des Hauses aus - die UNBRK endlich als das begreifen, was sie ist. Sie ist nämlich geltendes Recht. Sie ist ein Menschenrecht. Sie hat etwas mit Menschenwürde und Achtung zu tun. Wir sollten uns nun wirklich schleunigst auf den Weg machen, die Generalnovelle des Niedersächsischen Behindertengleichstellungsgesetzes in Niedersachsen ins Parlament und durch das Parlament zu bringen. Das sind wir 1,3 Millionen Menschen mit Behinderungen in diesem Land schon lange schuldig.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schwarz. - Jetzt fehlt noch der Redebeitrag der Landesregierung. Frau Ministerin Dr. Reimann, Sie haben das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die EU-Richtlinie vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen in Niedersachsen umgesetzt werden. Dazu sind wir durch die EU verpflichtet. Außerdem sind wir davon überzeugt, dass die neuen Regelungen wirksame Verbesserungen für die betroffenen Menschen darstellen.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich will mich zunächst einmal ganz herzlich für die wirklich sachliche und engagierte Debatte im Sozialausschuss bedanken. Das ist schon erwähnt worden. Dabei sind ja auch noch Verbesserungen erarbeitet worden. Ein besonderer Dank geht außerdem an den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Niedersächsischen Landtags, der es ermöglicht hat, dass wir hier heute einen guten, rechtlich runden Gesetzentwurf beraten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Anerkennung der genannten EU-Richtlinie soll durch eine weitreichende Änderung des Niedersächsischen Behindertengleichstellungsgesetzes erfolgen. Das Gesetz verpflichtet öffentliche Stellen grundsätzlich schon jetzt, Internetangebote barrierefrei zu gestalten. Die Umsetzung der Richtlinie macht es erforderlich, unsere bestehenden gesetzlichen Festlegungen an die europäischen Vorgaben anzupassen.

Auf folgende Bestimmungen will ich noch einmal besonders hinweisen: Die Definition der öffentlichen Stellen wird erweitert. Es besteht die Pflicht zur barrierefreien Gestaltung. Nur bei einer unverhältnismäßigen Belastung kann davon ausnahmsweise abgesehen werden. Wir richten eine Überwachungsstelle ein. Sie kontrolliert die Einhaltung des Gesetzes und erstellt darüber einen Bericht. - Das ist schon gesagt worden. Auch hier wird also der Bericht vorliegen. - Für das in der Richtlinie vorgegebene Durchsetzungsverfahren wird eine Schlichtungsstelle bei der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen eingerichtet.

Sehr geehrte Damen und Herren, die beschriebenen Regelungen werden die Situation für Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen erheblich verbessern. Sie haben künftig die Möglichkeit, eine fehlende Barrierefreiheit zu melden. Durch

solche Rückmeldungen können Internetseiten und mobile Anwendungen passgenau und nutzerorientiert gestaltet werden. Das ist ja die Absicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, gestatten Sie mir noch einige Anmerkungen zu dem Entschließungsantrag der Grünen. Im Ergebnis wird in diesem Antrag kritisiert, dass der Gesetzentwurf einige Ausnahmeregelungen für den öffentlichen Bereich und keine Regelungen für den nicht öffentlichen Sektor enthält. Mit diesem Gesetzentwurf soll zunächst vorrangig die genannte EU-Richtlinie umgesetzt werden. Denn wir müssen hier die vorgegebene und sehr knappe Frist - das ist angedeutet worden - der EU beachten. Die nun anstehende Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes ist aus meiner Sicht auch der richtige Rahmen, um diese weitergehenden Fragen beantworten zu können.

Ausgehend vom Partizipationsgedanken der UNBehindertenrechtskonvention sind die von einer Novellierung betroffenen Verbände schon im Juni dieses Jahres gebeten worden, ihre Ideen und Anregungen für eine Überarbeitung des Gesetzes mitzuteilen. Erfreulicherweise hat es sehr viele Rückmeldungen gegeben. Es ist nun beabsichtigt, Ende des Monates mit hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern der Verbände darüber diskutieren. Die sozialpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen sind natürlich ebenfalls zu diesem Gespräch eingeladen. Wir wollen hier weitere Verbesserungen mit und für die Menschen mit Behinderungen erreichen.

Danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir treten in die Abstimmung ein.

Ich rufe auf:

Artikel 1. - Wie eingangs schon angemerkt, gibt es hierzu einen partiellen - so möchte ich einmal sagen - Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU in der Drucksache 18/1930. Wer diesem Änderungsantrag seine Stimme geben möchte, den darf ich um ein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Für müssen dann zu Artikel 1 über eine Änderungsempfehlung des Ausschusses im Übrigen abstimmen. Wer sich dem so anschließen möchte, den darf ich um das Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch das ist einstimmig beschlossen.

Artikel 2. - Hierzu gibt es eine Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wer sich dem anschließen möchte, möge die Hand heben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Gesetzesüberschrift. - Dazu liegt ebenfalls eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer sich dafür entscheiden möchte, den darf ich um ein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf in toto seine Stimme geben möchte, den darf ich bitten, sich zu erheben. - Wer dagegen ist, möge sich erheben! - Wer sich enthalten möchte, der möge sich jetzt erheben! - Das war einstimmig. Damit ist das Gesetz so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir müssen noch über den Tagesordnungspunkt 5 befinden. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - so habe ich es verstanden, Herr Kollege Limburg - hat beantragt, die zweite Beratung sofort anzuschließen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Nein! Es geht um die Ausschussüberweisung!)

- Dann geht es selbstverständlich um die Frage der Ausschussüberweisung.

Also, wer zu Tagesordnungspunkt 5 - das war eine erste Beratung - die Ausschussüberweisung wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das waren mehr als 20 Abgeordnete. Es kommt also zur Ausschussüberweisung.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung zur federführenden Beratung und an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zur Mitberatung zu überweisen. Wer dieser Empfehlung folgen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist mehrheitlich so beschlossen. Damit ist der Antrag an die genannten Ausschüsse überwiesen.