Das Gewaltmonopol des Staates stellt einen zivilisatorischen Fortschritt dar. Alles andere wäre eine Rückkehr zum Faustrecht; das kann nun wirklich niemand wollen.
Eigentlich ist damit alles gesagt. Ich möchte die Redezeit aber nutzen, um auf einige Probleme hinzuweisen, die bei dieser Anfrage auch eine Rolle spielen.
Wir sollten nicht so tun - und Sie tun hier ein wenig so -, als habe es in Chemnitz ausschließlich ausländerfeindliche Ausschreitungen gegeben.
Sie tun hier ein wenig so, als habe es in Chemnitz ausschließlich ausländerfeindliche Ausschreitungen gegeben. Sie sind aber eingebettet in ein Gesamtgeschehen. Das macht die Ausschreitungen keineswegs besser. Aber wir sollten sehr genau aufpassen, was wir hier für eine Botschaft senden.
Es darf z. B. keineswegs der Eindruck entstehen, man unterstelle den Sachsen insgesamt Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus.
(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das hat doch niemand gemacht! Sie soll- ten Ihre Rede mal der Debatte anpas- sen!)
Die Sachsen sind nach meiner Kenntnis ein sehr selbstbewusstes und eigenständiges Volk, das vor allem eines nicht mag: Wenn man versucht, sie zu bevormunden, und wenn man versucht, sie als hinterwäldlerisch darzustellen, wie zuletzt in einem Spiegel-Titel vor wenigen Wochen geschehen.
Meine Damen und Herren, die CDU regiert in Sachsen seit 20 Jahren, und trotzdem ist die CDU nicht in der Lage, alle errungenen kommunalen Mandate in Sachsen mit Parteimitgliedern zu besetzen. Das sagt weniger etwas über die CDU aus, aber viel über die Sachsen. Die Altparteien werden insbesondere in Sachsen noch immer misstrauisch beäugt; sie werden als Westimporte betrachtet. Und auch, wenn es lästig erscheint: Wir sollten daher jeden Eindruck vermeiden, es gäbe ein Problem mit dem gesamten Volk in Sachsen. Und das tun Sie, wenn Sie über Chemnitz so reden, wie Sie es getan haben.
Zuletzt möchte ich einen Punkt ansprechen, der wiederum zum Nachdenken anregen sollte. Im Ältestenrat habe ich dem Vertreter der Grünen vorgeworfen, seine Fraktion verwende permanent den Begriff „rechts“, wenn sie eigentlich „rechtsextrem“ meine.
Herr Limburg, Sie wiesen das sehr empört zurück. Nun fragt die Grünen-Fraktion nach einer Beteiligung rechter Gruppen an ausländerfeindlichen Ausschreitungen, und interessanterweise fasst der Innenminister dies als Anfrage zur Beteiligung von rechtsextremen Gruppen auf.
Durch diese Anfrage ersparen Sie mir das Heraussuchen eines der zahlreichen Beispiele. Vielen Dank - auch für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Wichmann, vielen Dank. - Vor dem Hintergrund, dass Sie betonen, dass Sie jede Form von Gewalt ablehnen, frage ich Sie, wann Sie im Zuge von Chemnitz irgendwann einmal per Presse oder Facebook Aussagen getätigt haben, in denen Sie sich auch von der rechten oder rechtsextremen Gewalt distanziert haben.
Ich habe im Gegenteil eher gesehen, dass Kollegen wie Herr Ahrends gesagt haben: Schlimm, dass nicht über den Mord gesprochen wird, sondern nur über vermeintlich rechte Gewalt.
In der Tat: Das ist vielleicht etwas, was ich ab sofort tun sollte, nämlich mich jedes Mal zu äußern.
- Herr Ahrends hat sich geäußert. Dazu müssten Sie vielleicht ihn selber befragen. Das mag ich für ihn persönlich nicht beantworten.
Aber eines dürfen Sie doch wohl nicht abstreiten: dass man das Gesamtgeschehen, das in Chemnitz passiert ist, besser auch insgesamt in den Blick nimmt und dass man nicht die einzelnen Probleme unter den Teppich kehrt.
(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Und wo haben Sie sich davon distanziert? - Anja Piel [GRÜNE]: Tun Sie es doch einfach!)
Frau Piel, Sie sind vorhin gefragt worden, was für Sie ein Nazi ist. Sie antworteten sehr interessanterweise - wir werden das im Protokoll nachlesen können -: Es ist doch ganz einfach, was rechts ist. - Sie setzen „rechts“ und „Nazi“ sogar gleich. Irgendetwas stimmt bei Ihnen nicht und Sie sollte das dringend überprüfen.
(Beifall bei der AfD - Helge Limburg [GRÜNE]: Ich glaube, das fällt auf Sie zurück, Herr Kollege! - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das ist eine sehr eingeschränkte Wahrnehmung!)
Es wird einiges im Protokoll nachzulesen sein. - Für die Aussprache hat sich der Kollege der SPDFraktion, der Abgeordnete Ulrich Watermann, zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ereignisse in Chemnitz hatten Vorereignisse. Der Ausübung von Gewalt geht sehr oft erst einmal schriftliche Gewalt in den Netzwerken voraus, und diese Gewalt entwickelt sich dann auch zu praktischer Gewalt. Wer sich von Gewalt distanziert, der muss sich auch von der Gewalt distanzieren, die schriftlich formuliert ist, von Beleidigungen und Herabsetzungen von anderen Menschen in sozialen Netzwerken.
Wer in diesen sozialen Netzwerken zu Hause ist - ich bin bekanntlich jemand, der das bewusst nicht ist; aber man kriegt ja die Dinge zugespielt -, der liest, dass Menschen in der Lage sind, Gewalt vorzubereiten, indem sie andere herabsetzen. Jeder sollte einmal gucken, was er selber geschrieben hat, bevor er sich hier hinstellt und für sich und seine Fraktion sagt, dass er jede Gewalt ablehnt.
Das, meine Damen und Herren, ist nicht der Fall, sondern Sie bereiten genau dieses vor. Und dann wundern Sie sich, dass sich Menschen später in solchen Schlachten wie in Chemnitz und leider ab und an auch in anderen Städten bewegen.
Es ist niemand zu verurteilen, weil er in Sachsen lebt. Es ist jeder zu verurteilen, der Gewalt vorbereitet und aktiv an ihr beteiligt ist.
Meine Damen und Herren, wo Sie stehen, habe ich Ihnen gestern sehr deutlich gesagt. Sie haben es selbst in der Hand, ob Sie im Spielfeld unserer Verfassung stehen oder außerhalb. Herr Kollege Birkner hat Ihnen gestern sehr deutlich gemacht, wohin außerhalb dieses Spielfeldes Sie sich mit der Klage, die Sie eingereicht haben, bewegt haben. Sie haben ein gestörtes Verhältnis zum Grundgesetz, und das ist Ihr Problem.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und verehrte Kollegen! Die Antwort auf die Anfrage - auch wenn ich deutlich sagen möchte, dass ich mir gewünscht hätte, ein paar mehr Informationen zu kriegen, sehr geehrter Herr Minister -
zeigt, dass es auch in Niedersachsen eine aktive rechtsextreme Szene gibt. Diese rechtsextreme Szene ist über das Bundesland hinaus vernetzt. Deswegen möchte ich an dieser Stelle noch einmal deutlich machen, dass es aus Sicht der Freien Demokraten wichtig ist, dass wir unsere Sicherheitsbehörden - namentlich den Verfassungsschutz und auch die Staatsschutzabteilungen bei der Polizei - materiell und personell stärken und gut ausstatten, damit Extreme von allen Seiten bekämpft werden können, verehrte Kolleginnen und Kollegen.