Vielen Dank, Herr Kollege Pancescu. - Nun hat für die AfD-Fraktion der Kollege Wirtz das Wort. Bitte sehr!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, auch ich habe sie vor gut zwei Wochen auf einem spanischen Flughafen gesehen: die Jugendgruppen mit dem T-Shirt „Erasmus+“ und einem Herzen dazu, eine Reisegruppe, gar nicht zu übersehen.
Ihr Antrag, den Sie hier einbringen, endet in der Titelzeile mit den Worten „Niedersachsen in Europa weiter stärken“. Wenn meine Zeit reicht, werde ich diesen Teilsatz noch einmal aufgreifen.
Ihre Einleitung ist eigentlich nicht so bemerkenswert gewesen. Frau Liebetruth hat sie auch in ihrer Einbringung vorgelesen:
„Europäischer Jugendaustausch kann ein Anreiz sein, die Zukunft der Europäischen Union (EU) aktiv zu gestalten.“
Den Unterschied machen Sie. Die EU hat eine Zukunft, Europa hoffentlich auch. Und es ist immer noch nicht dasselbe und nicht das Gleiche.
In Ihrem Antrag führen Sie, wie Herr Pancescu auch schon ausgeführt hat, wie üblich den Status quo auf, eine Liste, die der Landtag an sich begrüßen soll, aus alten Vorleistungen, aus gehabten Erfolgen, aus anderen Aktivitäten, die schon stattgefunden haben, aus vorhandenen Projekten, die alle mehr oder weniger gut laufen, alle mehr oder weniger gut miteinander verbunden sind.
Dann schließen Sie auch ausgiebige Forderungen an. Die Initiative „Europa - Chancen für alle!“ soll jedem Jugendlichen in Niedersachsen unter 25 in dieser Altersphase mindestens einmal zwei Wochen eine Reise ins EU-Ausland ermöglichen. Das klingt wie das Reisebüro Landtag. Das ist sehr großzügig, das ist nett formuliert.
Und es geht noch netter weiter: Sie bringen in dem Antrag viele Schlüsselworte unter, ich würde es auch Reizworte nennen. Sie wollen das bestehende Erasmus+-Programm und andere besser ausschöpfen. - Das ist eine wunderbare Formulierung. - Sie machen das Ganze natürlich von zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln abhängig. Sie
wollen finanziell Benachteiligte besonders berücksichtigen. Dabei geht es um Kinder, Jugendliche, Azubis und Studenten, die nicht so gut gestellt sind. Sie wollen die Anträge vereinfachen, Parallelstrukturen abbauen oder vermeiden, Teile der Ausbildung auswärts absolvieren lassen und auch anerkennen. - Das ist ein dickes Brett, das Sie sich vornehmen.
Sie haben gerade Erasmus+ genannt und in Ihrem Anschlusssatz gesagt, dass wir im Grunde genommen Reisen finanzieren wollen. Kennen Sie eigentlich das Programm Erasmus+? - Das ist nämlich ein ganz differenziertes Programm. Sie müssen sich mal in den Schulen oder in den Berufsschulen erkundigen! Ich will Ihnen nur ein Beispiel sagen.
Entschuldigung, ich kann auch gleich beide Mikros abschalten. Jetzt bin ich erst einmal an der Reihe. - Frau Kollegin, Sie hatten eine Frage. Die ist gestellt. Damit muss es erst mal gut sein. Danke schön.
All dies ist in Ihrem Antrag enthalten. So klingt Ihr Antrag. Aber was steht wirklich darin? - Die bisherigen Programme sind nicht ausgelastet. Sie sind ineffizient, sie sind teuer, sie sind ungerecht, sie verursachen Zusatzkosten, sie sind unübersichtlich und verursachen zusätzlichen Behördenaufwand. Das wollen Sie nicht etwa beenden, sondern das wollen Sie steigern. Sie spielen da doppelt oder nichts. Sie legen eine Schüppe drauf. Allein Erasmus+ kostet zurzeit - es klingt wie harmlose Reisen; es ist wesentlich mehr - schon 14,7 Milliarden Euro und wird nach EU-Plänen über 30 Milliarden Euro verschlingen. Dieses Geld kommt nicht aus Europa.
Das war jetzt sehr konkretes EU-Bashing und nicht allgemeines EU-Bashing. Ich hoffe, Sie erkennen das an, Frau Staudte.
Ich wundere mich doch arg, dass die Regierungsfraktionen bzw. die die Regierung tragenden Fraktionen - das kann ja auch eine Bürde sein - da offensichtlich ein wenig den Überblick verloren haben.
Aber was steht eigentlich in dem Antrag, und zwar so deutlich, dass Sie es in der Begründung und in der Einleitung verwenden? Da steht eine Überbotschaft, die ich sehr beunruhigend finde: Wichtig ist Ihnen die Persönlichkeitsentwicklung und die Beschäftigungsfähigkeit. Bei der Persönlichkeitsentwicklung stimme ich Ihnen völlig zu. Aber ist die Beschäftigungsfähigkeit alles, was für Sie die EU ausmacht? - Das ist ein sehr eindimensionales Menschenbild, sehr mager und vielleicht auch nicht das, was die EU ausmacht.
Das wahre Europa kommt vielleicht auch ohne Programme aus. Die Jugendlichen dieses Kontinents haben ein sehr gutes Verständnis dafür, dass sie aus einer gemeinsamen Sprachfamilie, aus einer gemeinsamen Kultur kommen. Das Geld, das Sie hier aufs Spiel setzen werden und wollen, wird Niedersachsen in Europa nicht stärken, sondern schwächen. Und ob es das bringt? Wir werden sehen.
Herr Kollege, gestatten Sie ein Zwischenfrage des Kollegen Siemer? - Das war just in time, gerade noch so. Gestatten Sie die Frage? - Herr Kollege Siemer, bitte!
Herr Kollege, habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass Sie dafür plädieren, Erasmus abzuschaffen? Dann wäre dies der Zeitpunkt, das hier vor dem Plenum deutlich für die AfD zu erklären.
Sie haben hoffentlich deutlich verstanden, dass ich aus Ihrem Antrag vorgetragen habe, dass solche Programme wie Erasmus+ noch gar nicht effizient funktionieren. Frau Pieper hat sogar vorgetragen, dass da sogar noch Luft nach oben wäre.
Natürlich, wenn das nicht zu optimieren ist, sollte man sich überlegen, ob man dieses Programm wenigstens einschränkt.
Danke schön, Herr Kollege. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Sie können gleich noch fortfahren. Zu einer Kurzintervention hat sich nämlich jetzt die Kollegin Pieper gemeldet. - Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Sie gefragt, ob Sie das Erasmus-Programm kennen. Sie haben daraufhin Ja gesagt. Ich glaube aber, Sie haben es nicht verstanden. Das ist das Problem.
Ich will Ihnen nur ein kurzes Beispiel nennen: eine Auszubildende im Verwaltungshandwerk, die hier in der Kommune im Landkreis ihre Ausbildung gemacht hat und die einmalige Chance bekam, über Erasmus+ im Ausland die unterschiedlichen Bearbeitungswege im verwaltungstechnischen Bereich kennenzulernen, um z. B. unsere Wirtschaft zu unterstützen.
Wollen Sie mit Ihrer Streichung dieser Kollegin oder den zukünftigen Kollegen diese Chance nehmen? - Ich glaube, da versündigen Sie sich an unserer Jugend.
(Ulf Thiele [CDU]: Dann sagen Sie, dass Sie die Abschaffung der EU und des Erasmus-Programms wollen! Dann haben wir es wenigstens im Protokoll!)
Herr Thiele, wenn Sie schon anfangen, die Antwort für mich zu geben, dass ich die EU abschaffen will, dann wiederhole ich das natürlich gerne für das Protokoll.
Frau Pieper, Sie sind ja mit den ganz großen Begriffen aus der Glaubenswelt, mit dem Versündigen, mit dem Streichen schnell dabei. Von dem Streichen war noch nicht die Rede. Aber das, was Sie vorhaben, ist kein Streichen, sondern ein maßloses Ausbauen, so wie wir die EU kennen und nicht lieben. Ob dieses Programm dann in der Funktion und Art und Weise noch funktionieren kann und wird, wie Sie das heute an einzelnen Beispielen erklären und für sich erhoffen, halte ich für sehr gewagt.