Protocol of the Session on August 23, 2018

Das Erste war die Mehrheit. Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses angenommen worden.

Weitere streitige Eingaben habe ich für Sie nicht zur Abstimmung bereit. Insofern betrachte ich diesen Tagesordnungspunkt 15 als erledigt.

Meine Damen und Herren, wir haben heute Morgen beschlossen bzw. sind übereingekommen, dass wir uns nach dem Tagesordnungspunkt 15, also nach den eben behandelten Eingaben, mit dem Thema „Erneute Insolvenz der Nordseewerke“ befassen wollen. Es war heute Morgen erbeten worden, dass der Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung über die erneute Insolvenz der Nordseewerke in Emden unterrichten soll.

Außerhalb der Tagesordnung: Unterrichtung durch den Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung über die erneute Insolvenz der Nordseewerke

Ich erteile Herrn Minister Dr. Althusmann für diese Unterrichtung das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es ist ein schwerer neuer Schlag für die Region Emden. Gestern Abend hat das Wirtschaftsministerium die bedauerliche Nachricht erreicht, dass die Nordseewerke Emden Shipyard GmbH in Emden Insolvenz anmelden musste. Die ca. 85 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden am gestrigen Tage in einer außerordentlichen Betriebsversammlung über diese Insolvenz informiert. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde bereits die Zahlung von Insolvenzgeld bewilligt, das für Juli 2018 rückwirkend gezahlt wird.

Was haben wir in den letzten Wochen und Monaten getan? - Wir haben seit Anfang Juni, vertreten durch meinen Staatssekretär und die gesamte Fachabteilung, in einem engen Austausch mit dem Sachwalter der Stadt Emden und allen weiteren Beteiligten gestanden. Persönlich habe ich mit allen beteiligten Firmen vor Ort - auch mit der betroffenen Firma selbst - einschließlich der Stadt Emden am 11. Juli und am 30. Juli in Emden Gespräche geführt. Am 30. August werde ich erneut persönlich in Emden vor Ort sein und diese Gespräche fortsetzen. Die örtlichen Abgeordneten

sind von Beginn an von uns über die Fragestellungen informiert worden, die derzeit im Raum stehen. Insofern haben wir von Anfang an versucht, um den gesamten Raum einen politischen Flankenschutz zu ziehen. Die Vermittlungen waren nämlich nicht immer sehr einfach. Dennoch bin ich aufgrund der Verhandlungen vorsichtig optimistisch, dass es auch jetzt, nach Anmeldung der Insolvenz, Entwicklungsmöglichkeiten, Zukunftsperspektiven für das betroffene Gelände im Emden geben wird.

Gestatten Sie mir einen kurzen Rückblick, der erklärt, wie es zu der Insolvenz kommen konnte.

Im September 2016 hatte sich mit der Ems Schiffbau GmbH ein Joint Venture zweier Emder Unternehmen entwickelt: der Nordseewerke Emden Shipyard (NES) und der Dirks-Gruppe. Diesen Prozess hatte Wirtschaftsminister Lies damals begleitet.

Die Meyer Werft GmbH & Co. KG hat im Jahr 2016 einen Vertrag mit der Ems Schiffbau GmbH zum Bau sogenannter Sektionen geschlossen. Das Unternehmen Ems Schiffbau GmbH ist auf dem Gelände der Emder Nordseewerke angesiedelt.

Ende 2017 hat sich die Dirks-Gruppe aus dem Joint Venture Ems Schiffbau zurückgezogen, um sich im Wesentlichen auf Schiffbauzulieferaktivitäten am Standort Papenburg zu konzentrieren. Seitdem wickelt die Ems Schiffbau mit einem Gesellschafter, nämlich der NES, den Auftrag alleine ab.

Seit Anfang 2018 gab es bei den sogenannten Blocklieferungen für die Meyer-Werft massive Terminverzögerungen von bis zu zwölf Wochen, mit dem dahinter stehenden Auslieferungsrisiko für anstehende Aufträge. Aufgrund dieser Verspätungen waren massive Beschleunigungsmaßnahmen vonseiten der Meyer-Werft notwendig.

Die Liquidität der Ems Schiffbau war offenbar permanent sehr angespannt. Viele Zahlungen wurden von der Werft vorzeitig geleistet. In den letzten Wochen war dies aber nicht mehr darstellbar. Inwieweit dies unmittelbar zur Insolvenz der Nordseewerke geführt hat, entzieht sich unserer Kenntnis.

Dennoch kann sich die Meyer-Werft weiterhin vorstellen - ich habe bei dem letzten Gespräch mit der Meyer-Werft persönlich vor Ort diesen Eindruck gewonnen -, dass die Blöcke weiterhin am Standort Emden gebaut werden. Hierzu muss aber jetzt ein verlässlicher, strategischer Partner gefunden werden, der Zugriff auf den Standort erhält, zu

akzeptablen Bedingungen. Ich gehe davon aus, dass die Chancen hierfür gut stehen. Die Wirtschaftlichkeit muss aber natürlich überprüft werden, da Investitionen am Standort Emden dann zwingend notwendig sind.

Zum finanziellen Engagement des Landes, das der Kollege Grascha vorhin - in der Geschäftsordnungsdebatte zur Beantragung dieser Unterrichtung - kurz erwähnt hat, kann ich lediglich wie folgt Stellung nehmen: Ihre Frage bezieht sich explizit auf Bereiche, für die vonseiten des Landes umfassende Vertraulichkeit zugesichert wurde. Diese Frage kann daher nicht im Rahmen der Plenarsitzung beantwortet werden. Die Landesregierung ist aber selbstverständlich - wie in der Vergangenheit - jederzeit bereit, im Haushaltsausschuss in vertraulicher Sitzung über die dahinter stehenden Fragen zu berichten.

Persönlich hoffe ich und hoffen wir als Land Niedersachsen insgesamt, dass wir eine Weiterbeschäftigung der 83 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreichen können. Die Gespräche dazu sind bereits terminiert, am 30. August ist die Fortsetzung der bisherigen drei von mir persönlich geführten Gespräche. Der Staatssekretär steht in ständigem Telefonkontakt. Wir haben vorhin noch einmal einen telefonischen Kontakt mit der Stadt Emden mit Blick auf den Termin am 30. August gehabt.

Die Abgeordneten der Region - auch Herr Arends, auch Herr Thiele, auch Frau Modder - haben wir kontinuierlich über das, was wir tun, informiert. Die Kommunalpolitik ist informiert. Wir sind rechtzeitig informiert worden.

Die Insolvenz war offensichtlich nicht mehr abwendbar. Aber wir haben bisher alles Erdenkliche unternommen, was seitens des Landes machbar und möglich war, um die Nordseewerke auch in Zukunft zu sichern.

Ich hoffe, dass diese Unterrichtung Ihr Informationsbedürfnis vollumfänglich befriedigen konnte.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Althusmann, für die Unterrichtung.

Nach unserer Geschäftsordnung, meine Damen und Herren, ist über die Ausführungen die Besprechung zu eröffnen, wenn dies zehn Mitglieder des Landtages verlangen. Ich schaue einmal in die Runde. Da mir schon Wortmeldungen aus der CDU-Fraktion und aus der FDP-Fraktion vorliegen, gehe ich davon aus, dass das notwendige Quorum deutlich erreicht ist und man also eine Beratung wünscht. - Das halte ich einmal so fest.

Ich stelle fest, dass die Unterrichtung 6:40 Minuten gedauert hat. Ich schlage vor, dass in Anlehnung an das übliche Verfahren für die Verteilung von Redezeit die beiden - wie man so sagt - großen Fraktionen ebenso viel Redezeit erhalten, wie die Landesregierung verbraucht hat, also je 6:40 Minuten. Die drei Oppositionsfraktionen erhalten in der Summe so viel Redezeit wie die beiden Regierungsfraktionen zusammen. Das sind

(Helge Limburg [GRÜNE]: 13:20 Mi- nuten!)

13:20 Minuten. Geteilt durch drei - Herr Kollege, helfen Sie mir!

(Helge Limburg [GRÜNE]: 4:40 Minu- ten!)

- 4:40 Minuten.

Das ist sozusagen das neue Prinzip von Waffengleichheit und Augenhöhe. So wollen wir verfahren.

Mir liegen die ersten Wortmeldungen vor. Herr Kollege Thiele für die CDU-Fraktion, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal, verehrter Herr Wirtschaftsminister Althusmann, vielen Dank für die zeitnahe und umfassende Unterrichtung.

Das ist für den Werftstandort Emden/Ostfriesland erneut eine bittere Nachricht. Die ehemals stolzen Nordseewerke Emden mit einst Hunderten Mitarbeitern - ich kann mich an diverse Schiffstaufen an diesem Standort erinnern, an viele Aufträge, die in besten Zeiten auch von der Marine vergeben wurden - stehen jetzt im dritten Insolvenzverfahren innerhalb kürzester Zeit. Insbesondere für die verbliebenen 83 Mitarbeiter - zwischendurch waren es mal knapp 60 - und ihre Familien nehmen die Kette schlechter Nachrichten und die Ungewissheit kein Ende, trotz aller Anstrengungen, die sie selber unternehmen, um diesen Standort zu stabilisieren.

Wir haben hier - so ist es kommuniziert - ein Insolvenzverfahren in eigener Verantwortung, d. h. mit der Zielsetzung, das Unternehmen aus der Insolvenz heraus wieder in eine positive Geschäftslage zu bringen. Ob das mit dem jetzt eingesetzten vorläufigen Insolvenzverwalter gelingen kann, werden sicherlich die nächsten Tage und Wochen zeigen.

Festzustellen ist, dass wir es mit einer Dauerkrise der Nordseewerke zu tun haben, seit 2010 mindestens. Ich habe mit dem Kollegen Bernd-Carsten Hiebing, der das gemeinsam mit mir schon seit vielen Jahren begleitet, vorhin darüber gesprochen, wie man zu einer Stabilisierung der NES kommen kann. Aber de facto reden wir über drei Themen:

Wir reden über die Frage der Zukunftsfähigkeit des Werftstandortes Emden. Das ist für die Stadt Emden letztlich auch eine psychologische Frage; denn Emden hat sich immer als Stadt des Schiffbaus definiert.

Wir reden über die Zukunft der dort verbliebenen Mitarbeiter und ihrer Familien.

Wir reden in diesem konkreten Fall aber auch über die Lage der Meyer-Werft. Bernd Althusmann, der Wirtschaftsminister, hat gerade die Verabredung dargestellt, die seinerzeit zwischen den Nordseewerken - dem jetzigen Gesellschafter -, der DirksGruppe und der Meyer-Werft getroffen wurde. Es geht hier natürlich auch um die Frage, ob für den Standort Papenburg zuverlässig Sektionen abgerufen werden können, damit dort der Schiffbau nicht durch die problematische Situation in Emden möglicherweise auch noch gefährdet wird bzw. man in eine Verlustsituation kommt. Auch das muss man mit im Blick haben.

Darum sage ich hier ausdrücklich im Namen der CDU-Fraktion: Wir sind Wirtschaftsminister Bernd Althusmann und Staatssekretär Berend Lindner sehr dankbar dafür, dass sie - ich weiß das aus nächster Erfahrung, aus vielen Gesprächen sowohl mit Vertretern der Meyer-Werft als auch mit anderen am Standort Emden - in den letzten Wochen und Monaten die Situation sehr eng und intensiv begleitet haben und schon seit vielen Wochen mit daran arbeiten, dass es zu einer Lösung kommt, die sowohl den Interessen der Meyer-Werft als auch den Interessen des Werftstandortes Emden und der dortigen Mitarbeiter gerecht wird.

Das Land muss jetzt sicherlich zunächst mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter in engen Gesprächen das weitere Vorgehen abstimmen und zugleich mit der Meyer-Werft über potenzielle zukünftige Optionen am Standort Emden sprechen. Ich weiß nicht, wie die offizielle Stellungnahme lautet bzw. ob es überhaupt eine gibt. Ich habe aus der Meyer-Werft das Signal bekommen, dass sie sich unter anderen Vorzeichen, mit anderen Akteuren ein weiteres Engagement in Emden vorstellen kann. Wenn das gelänge, wäre das sicherlich eine sehr positive Grundvoraussetzung. Aber man muss nun einmal zur Kenntnis nehmen, dass die jetzige Situation bei den Emder Nordseewerken aus einem erkennbar wirtschaftlich begründeten schwierigen Verhältnis zwischen der Meyer-Werft und dem jetzigen Gesellschafter der Nordseewerke entstanden ist.

Wir sollten jetzt alle gemeinsam - politisch begleitend, den Wirtschaftsminister flankierend, mit Unterstützung der Stadt Emden und der Akteure vor Ort - unseren Beitrag leisten. Die CDU-Fraktion ist bereit, alles zu unternehmen, um den Standort aus dieser schwierigen Situation heraus in eine stabilere Lage zu führen und die Arbeitsplätze dort abzusichern. Eine erste positive Nachricht ist, dass - so habe ich es zumindest vernommen - rückwirkend ab dem 1. Juli für drei Monate Insolvenzausfallgeld an die Mitarbeiter gezahlt wird. Das heißt, es ist zumindest die Phase vorbei, in der sie kein Gehalt bekommen - mit der Situation leben sie seit einem Monat -, sodass sie jetzt wenigstens temporär eine wirtschaftliche Sicherheit haben. Diese Zeit sollten wir gemeinsam nutzen und den Wirtschaftsminister und die anderen Akteure positiv begleiten, um für diesen Standort eine Lösung zu finden. Das Ziel muss jetzt sein, den Werftstandort Emden aus dieser sehr schwierigen Lage in eine Situation zu bringen, die dauerhaft stabil ist und die den Mitarbeitern dort eine dauerhafte Perspektive gibt.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Ich mag mich nicht in die Situation eines Werftarbeiters versetzen, der inzwischen seit neun Jahren in ständiger Unsicherheit um seinen Arbeitsplatz ist, der drei Insolvenzverfahren durchleiden musste und der jetzt erneut in die Situation kommt - möglicherweise über Ausleihungen, über neue Gesellschafter und anderes -, nicht zu wissen, welche Zukunftsperspektive er hat.

Lieber Bernd Althusmann, lieber Berend Lindner, vielen Dank für das bisherige Engagement. Die CDU-Fraktion wird die jetzt notwendigen Gespräche positiv begleiten in der Hoffnung, dass es gelingt, eine gute Lösung für den Werftstandort Emden zu erarbeiten.

Danke sehr.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Thiele. - Ich rufe jetzt für die FDP die Kollegin Hillgriet Eilers auf. Zur Präzisierung, damit Sie auch wissen, dass wir Kopfrechnen können, möchte ich Ihnen sagen, dass die Redezeit 4:27 Minuten beträgt. - Bitte!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke dem Minister ausdrücklich für die Bereitschaft, uns heute zu informieren. Ich akzeptiere auch die Vertraulichkeit, auf die er gerade hingewiesen hat. Es ist selbstverständlich, dass einige Dinge nicht an dieser Stelle besprochen werden können.

Was ich aber nicht akzeptiere, ist Ihre Bemerkung, dass Sie die örtlichen Abgeordneten informiert haben. Sie sprechen davon, dass Sie Herrn Arends, Frau Modder und Herrn Thiele unterrichtet haben. Aber was ist denn mit den Abgeordneten der Oppositionsfraktionen?

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)