Protocol of the Session on June 21, 2018

Ich wiederhole: Es kann am Ende nur dann irgendeine Veränderung geben, wenn die dazu führt, dass die Verfahren - und zwar nicht nur bis zur Ausweisungsandrohung und -ankündigung, sondern vor allem danach - beschleunigt werden. Das sind die Dinge, die nach meiner Einschätzung im Wesentlichen nicht durch Ankerzentren gelöst werden können, sondern auf Bundesebene gelöst werden müssen. Also sind es zwei Ebenen, über die wir hier reden.

Wir sind ständig dabei, unsere Arbeit zu verbessern. Ich sehe im Augenblick nicht - weil es dazu auch keine konkreten Vorschläge gibt -, wie die Verfahren in den Aufnahmezentren noch mehr beschleunigt werden könnten. Man kann natürlich darüber nachdenken, in Zweifelsfällen die Altersfeststellung bei Minderjährigen dort machen zu lassen. Das ist aber keine Maßnahme, die die Verfahren insgesamt massiv beschleunigen würde, sondern bestenfalls einige Einzelfälle. Von daher wird man sich alles andere angucken.

Ich wüsste im Augenblick nicht - solange nicht klar ist, dass es einen anderen Rahmen geben soll, der von der Bundesebene vorgegeben oder vorgeschlagen wird -, wie sich die Abläufe in diesen Ankunftszentren wesentlich beschleunigen lassen sollten.

Ihnen vielen Dank. - Die zweite Zusatzfrage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Herr Belit Onay.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich frage vor dem Hintergrund, dass Innenminister Pistorius gerade die Altersfeststellung von Geflüchteten angesprochen hat, wie er denn die Widersprüchlichkeit innerhalb der Landesregierung - also auf der einen Seite die Einschätzung der Ministerin für Soziales, Reimann, dass es da keinen weiteren Verbesserungs- oder Handlungsbedarf gibt, auf der anderen Seite die Forderung, das in Zukunft in Ankerzentren einzubetten - bewertet und wo genau er da Verbesserungsbedarf sieht.

Ich danke Ihnen. - Herr Minister Pistorius antwortet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Onay, es gibt in der Tat unterschiedliche Auffassungen zur Sinnhaftigkeit, zur Zweckmäßigkeit und zur Durchführbarkeit dieser Maßnahme. Ich persönlich habe für diesen Gedanken eine gewisse Sympathie, bin aber - wie Sie wissen - für die Jugendhilfe nicht zuständig. Von daher wird es mit der zuständigen Ministerin darüber sicherlich weitere Gespräche geben, wenn es so weit ist.

Ich sage aber noch einmal: Auch an dieser Maßnahme hängt es nicht, ob die Verfahren wesentlich besser laufen. Darüber, dass die Altersfeststellung vernünftig organisiert werden muss, sind wir uns alle einig. Dass sie im Interesse der Jugendlichen auch schnell sein muss, darüber besteht ebenfalls Einigkeit. Wie wir das in den nächsten Wochen und Monaten gegebenenfalls - „gegebenenfalls“ betone ich - ändern, wird sich herausstellen.

Ihnen vielen Dank. - Wir kommen dann zur fünften und letzten Zusatzfrage aus der FDP-Fraktion. Herr Dr. Stefan Birkner, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, ich frage die Landesregierung: Was wollen Sie jetzt angehen, und welches sind Ihre konkreten Überlegungen, um die in der Dringlichen Anfrage zitierte Vereinbarung, die Sie im Koalitionsvertrag niedergeschrieben haben, tatsächlich umzusetzen? Dort heißt es ja, dass Sie zu Verbesserungen, Veränderungen und Weiterentwicklungen kommen wollen. Das

wird ja von den Kollegen der Union als Umschreibung der Ankerzentren verstanden, ohne diesen Begriff zu nennen. Was konkret wollen Sie denn jetzt tun, um das umzusetzen, oder bleiben Sie bei Ihrer Haltung, die Sie beim letzten Mal geäußert haben, dass es sich lediglich um Wahlkampfgetöse handelt?

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister, bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Birkner, zunächst zur Klarstellung, weil man das ansonsten vielleicht falsch einsortiert: Von „Wahlkampfgetöse“ habe ich keinesfalls im Zusammenhang mit der niedersächsischen CDU gesprochen - nur damit wir uns da richtig verstehen. Es hat ein Papier gegeben. Das liegt jetzt vor. Das Getöse kam aus Bayern. Ich bleibe auch dabei, dass das im Wesentlichen nicht inhaltlich ausgerichtet ist, sondern einem politischen Ziel untergeordnet wird. Dafür habe ich ein gewisses Verständnis, das hilft aber in der Sache nicht weiter.

Wir stehen heute an dem Punkt, dass wir sagen müssen: Der Bundesinnenminister hat bislang nicht gesagt, was er will, und er hat nicht vorgelegt, welche konkreten rechtlichen Änderungen er anstrebt. - Ich kann nur sagen: Ich warte jetzt das Gespräch mit Herrn Seehofer ab. Danach sehen wir weiter, wie das Verfahren aussieht.

Wie auch immer der Koalitionsvertrag hier in Niedersachsen von wem auch immer interpretiert wird: Als er beschlossen wurde, gab es die Ankerzentren noch nicht - das kann ich Ihnen versichern -, weder in der Theorie noch in der Praxis. Von daher kann ich dazu jetzt auch gar nichts weiter sagen.

Danke schön. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Belit Onay.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich frage die Landesregierung, ob es vonseiten des Bundes an Mitglieder der Landesregierung oder an untergeordnete Behörden Hinweise oder Angaben in Bezug auf eine Priorisierung von Standorten in Niedersachsen für Ankerzentren gegeben hat.

Herr Minister, bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Onay, Tatsache ist, dass es offenbar im BAMF eine dort erarbeitete Liste gegeben hat, mit der man sich damit beschäftigt hat, in welchen Bundesländern welche Standorte heutiger Ankunftszentren für ein solches Ankerzentrum infrage kommen könnten.

Das ist zunächst einmal nichts Ungewöhnliches. Das ist eine Behörde, die dem BMI unterstellt ist. Es hat nach meinem Kenntnisstand keinerlei Hinweise irgendwelcher Art in die Landesverwaltung oder in die Landesregierung hinein gegeben, welche Standorte es sein könnten. Ich war einigermaßen überrascht, als der Staatssekretär im BMI zu irgendeinem Zeitpunkt - ich weiß nicht mehr genau, wann - erklärt hat, er rechne damit, dass auch Niedersachsen Pilotland werden könne und dass die Standorte eigentlich auf der Hand lägen. - Darüber ist zu dem Zeitpunkt, als er damit an die Öffentlichkeit ging, mit niemandem hier geredet worden. Das hat er, soweit ich weiß, später auch eingeräumt und bedauert.

Wie gesagt, es gehört kein Hexenwerk dazu. Wenn man sich die Ankunftszentren in Niedersachsen anguckt, dann gibt es eigentlich nur zwei, die für mögliche Ankerzentren in Betracht kämen. Von daher ist es keine Zauberei, mit der man da zu Werke gegangen ist. Wenn es so weit käme, wären das die Standorte, in welcher Ausgestaltung auch immer.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich danke Ihnen. - Eine Zusatzfrage aus der AfDFraktion von Herrn Jens Ahrends.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Zuge der Diskussion um die Ankerzentren fällt immer wieder das Stichwort der Residenzpflicht. Ich frage die Landesregierung: Welche Erkenntnisse liegen zur Residenzpflicht vor? Wie soll sie aussehen? Wie soll sie vor allen Dingen überwacht werden?

Vielen Dank.

Das waren definitiv zwei Zusatzfragen. - Bitte, Herr Minister!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ahrends, ich habe keine Erkenntnisse darüber. Im Koalitionsvertrag in Berlin ist nichts zur Residenzpflicht in Ankerzentren ausgeführt. Von daher wüsste ich jetzt nicht, aus welcher Ecke die Residenzpflicht tatsächlich in die Papiere hineingeschrieben werden sollte. Demzufolge kann ich auch keine Antwort auf die Frage geben, wie der Bundesinnenminister sich eine Durchsetzung dieser Residenzpflicht, wenn sie denn käme - was ich erst einmal in Abrede stelle -, überwachen will. Von daher bitte ich Sie, diese Frage über Ihre Bundestagsfraktion in Berlin zu stellen.

Danke.

Danke, Herr Minister. - Die vierte Zusatzfrage stellt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Belit Onay.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich frage vor dem Hintergrund der Ausführungen zu der Ausgestaltung möglicher Ankerzentren in Niedersachsen, wie die Landesregierung die Obergrenze von knapp 1 000 Personen für solche Lager oder Zentren bewertet.

Herr Minister antwortet Ihnen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Onay, auch hier gilt: Die Obergrenze wird gelegentlich - wie soll ich sagen? - divergierend beschrieben. Mal ist von 1 000 bis 1 500 als Obergrenze die Rede, dann nur von 1 000. Auch hierzu gibt es keine Festlegung.

Auch in dem Beschluss auf der Innenministerkonferenz, mit dem wir den Bundesinnenminister beauftragt haben, einen Rahmen für dieses Konzept vorzulegen, ist ausdrücklich und absichtlich darauf verzichtet worden, irgendeinen Rahmen von Größenordnung für diese Einrichtungen zu fassen, weil wir der Auffassung sind, dass sich eine pauschale Größenordnung oder gar Obergrenze mit

den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort nicht vereinbaren lässt.

Das ist - um es sehr deutlich zu sagen - auch nicht die entscheidende Fragestellung für den Erfolg dieser Ankerzentren, wenn es denn einer wird. Vielmehr ist es wichtig, dass die Größenordnung so organisiert wird, dass es keine Probleme im Umfeld gibt. Das ist der Maßstab, um den es am Ende geht. Von daher ist die Zahl 1 000 für mich relativ irrelevant.

Ich danke Ihnen. - Herr Kollege Belit Onay stellt die fünfte Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Vor dem Hintergrund der Ausführungen des Ministers richte ich die Frage an die Landesregierung, wie die Bewertung hinsichtlich der Unterbringung von Familien in solchen Lagern und natürlich in dem Kontext auch die Frage der Beschulung von Kindern und Jugendlichen bewertet wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister, bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Onay, der Berliner Koalitionsvertrag sieht dazu, wenn ich ihn richtig in Erinnerung habe, vor, dass Familien mit Kindern maximal bis zu sechs Monate in den Einrichtungen verbleiben sollen - auch dann, wenn keine Bleibeperspektive vorliegt. Das ist übrigens schon heute eine Ausnahme bei Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten. Daran wird sich definitiv nichts ändern, auch in niedersächsischen Zentren nicht.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Und was ist mit der Beschulung?)

- Vielen Dank für den Hinweis. Wie schon in unserem Koalitionsvertrag in Niedersachsen vereinbart worden ist, legen wir größten Wert darauf, dass Kinder, sobald sie hier sind, beschult werden, damit sie vernünftig die Zeit verbringen und etwas lernen. Ich halte das für extrem wichtig, ganz egal wie lange sie bleiben und wann sie gegebenenfalls in ihr Heimatland zurückkehren.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Uns liegen aus den Fraktionen keine weiteren Zusatzfragen vor. Damit schließen wir die Besprechung der Dringlichen Anfrage der FDP-Fraktion.

Wir kommen jetzt zu dem Punkt

c) Der BAMF-Skandal und seine Folgen - befindet sich Deutschland im Zustand der inneren Unsicherheit? - Anfrage der Fraktion der AfD - Drs. 18/1121

Diese Dringliche Anfrage wird von Herrn Jens Ahrends eingebracht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit dem Sommer 2015 ist die Bundesrepublik Deutschland mit einem Ansturm an Migranten konfrontiert, infolgedessen es zu einer Reihe von Gesetzesverstößen gekommen ist. Sowohl Juristen, wie beispielweise Ulrich Vosgerau in seinem aktuellen Buch „Die Herrschaft des Unrechts“, diverse Juristen im Sammelband „Der Staat in der Flüchtlingskrise“, wie auch der amtierende Bundesinnenminister Horst Seehofer reden von einer „Herrschaft des Unrechts“ und einem fortdauernden Rechtsbruch seitens der Bundesregierung. Danach werden u. a. folgende Rechtsnormen fortdauernd verletzt: der Artikel 16 a Abs. 2 GG - das ist die Drittstaatenregelung -, die §§ 15, 57, 58 und 95 des Aufenthaltsgesetzes - dabei geht es um illegale Einreise, rechtswidrigen Aufenthalt im Bundesgebiet und Verstoß gegen Ausweispflicht -, des Weiteren Artikel 13 der EG-Verordnung Nr. 562/2006 (Schengener Grenzkodex) und § 18 des Asylgesetzes. Infolge dieser Rechtsbrüche wurde über zahlreiche Straftaten berichtet. Gerade in letzter Zeit ist es zu Mord- und Vergewaltigungsfällen gekommen. In erinnere an die Messerattacke in Großburgwedel, die Ermordung von Susanna in Wiesbaden - - -

Halt! Ich muss Sie jetzt einmal kurz unterbrechen. Bitte verlesen Sie die Dringliche Anfrage genau so, wie sie in der Drucksache vorliegt - keine Ergänzungen und keine Weglassungen!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP sowie Zustimmung bei der CDU)