Protocol of the Session on June 21, 2018

Bis heute bilden die vor knapp 20 Jahren zwischen den EU-Staaten getroffenen Vereinbarungen in Europa die Basis für den Schutz von Flüchtlingen. Sie sind Grundlage für die Solidarität zwischen den EU-Staaten sowie für die Zusammenarbeit zwischen der EU und Drittstaaten.

Wir brauchen gemeinsame europäische Regelungen für die Sicherung der Außengrenzen und die legale Migration. Wir sind in vielen Berufsgruppen dringend darauf angewiesen, dass gut ausgebildete und qualifizierte Fachkräfte zu uns kommen. Wir brauchen eine legale Arbeitsmarktzuwanderung. Dies sollte für uns alle - das gilt insbesondere für den wirtschaftlichen Bereich - im Fokus stehen.

Wir in Niedersachsen sollten uns deswegen in keiner Weise von Wahlkampfaktivitäten in Bayern von der einen oder anderen Richtung beeinflussen und schon gar nicht vor irgendeinen Karren spannen lassen. Für mich steht außer Frage, dass die bundespolitischen Spielchen genau dort, nämlich im Bund, ausgetragen werden müssen. In Niedersachsen, in dieser Koalition, ist dafür kein Platz.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Innenminister. - Wir haben nunmehr den Punkt 28 b abgearbeitet.

Wir kommen damit zum

c) Zunehmenden Wetterextremen begegnen - Hochwasservorsorge, Küsten- und Klimaschutz verstärken - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 18/1115

Dieser Punkt wird vom Kollegen Marcus Bosse vorgetragen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist Sommeranfang. Genau um 12.07 Uhr ist Sonnenwende, und darauf können wir ganz gespannt sein. Die Felder und Wiesen in Niedersachsen jedoch machen einen ganz anderen Eindruck. Sie sehen mittlerweile nämlich so aus, als ob wir den Hochsommer schon hinter uns hätten: braun und verbrannt, wie Stroh. Dieser Vorsommer hat es tatsächlich in sich gehabt. Tagelang herrschten Temperaturen um die 30 °C. In vielen Regionen Niedersachsens fiel seit Wochen kein Regen.

All die Zahlen, die ich hier nenne, habe ich mir nicht ausgedacht. Sie stammen aus dem Klimareport Niedersachsen, und sie senden durchaus dramatische Signale aus. Eines steht fest: Die Winter in Niedersachsen werden nasser und milder werden, und die Sommer werden trockener werden.

Seit Beginn der Messungen in Niedersachsen im Jahr 1881 ist die Durchschnittstemperatur hier um 1,5 °C angestiegen. Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. So regnet es im Wendland und vor

allem im Ostbraunschweigischen Hügelland, wo sich auch mein Wahlkreis befindet - ich nenne ihn immer ganz zärtlich die „Toscana des Nordens“; die Temperaturen passen auch dazu -, am wenigsten.

Bei einem Schützenfrühstück sagte mir ein Landwirt, der wirklich nicht im Verdacht steht, SPDMitglied oder Mitglied bei den Grünen zu sein, dass es in unserer Region, also der Toscana des Nordens, das letzte Mal am 24. April dieses Jahres ausgiebig geregnet habe. Er sagte auch, die ungewöhnlich starke Trockenheit, gepaart mit extremer Hitze und starkem Wind, setze allen Kulturen auf dem Feld sehr stark zu.

Und er sagte noch etwas: Ihr müsst mehr tun. Ihr müsst auch etwas tun für den Klimaschutz. Ihr müsst etwas tun, damit wir keine Ernteausfälle haben. Ihr müsst etwas tun für unsere Kinder und Enkelkinder, für unsere Gesundheit. Ihr müsst etwas tun in Verantwortung für die nachfolgende Generation. Außerdem müsst ihr etwas tun für den Hochwasserschutz.

Damit komme ich auf den Bereich der Küste zu sprechen. Die Deichlinie an der niedersächsischen Nordseeküste ist 610 km lang. Die Experten gehen davon aus, dass sich der Meeresspiegelanstieg in den kommenden Jahren bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf 1 m belaufen kann. Alle 100 Jahre wird sich der Meeresspiegel um 1 m erhöhen. Durch die Verschiebung der Niederschläge in das Winterhalbjahr sind den Experten zufolge mehr Hochwasser zu erwarten, vor allen Dingen im Harzvorland und in den Mittelgebirgen.

Warum sage ich das?

Die Koalition hat den Hochwasserschutz in diesem Bereich zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit gemacht. Der Hochwasserschutz im Binnenland - ich sage es ganz deutlich - wurde viel zu lange vernachlässigt und stiefmütterlich behandelt. Wir wollen die Kommunen im Hochwasserschutz weiter unterstützen. Wir wollen ein starker, guter und verlässlicher Partner sein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium leisten hier wirklich gute Arbeit.

Ich sage aber auch: Mittlerweile sind es zu wenig Mitarbeiter. - Wir wollen nicht, wie im letzten Jahr, im Nachhinein die Schäden beseitigen und beheben. Vielmehr müssen wir vorsorgen. Wir brauchen einen effektiven Hochwasserschutz. Die Starkregenereignisse im letzten Jahr im Vorharz und jetzt in Bad Gandersheim oder - ich schaue

den Kollegen Domeier an - in Schöningen zeigen doch, wie groß der Handlungsbedarf ist und in Zukunft sein wird.

Wir haben deutlich zu wenig Mittel im Haushalt des Ministeriums. Der Haushalt für Maßnahmen im Binnenland ist für die Zukunft nicht gut genug aufgestellt; er ist in diesem Bereich deutlich unterzeichnet. 157 förderfähige Anträge für Projekte mit einem Gesamtvolumen von 50 Millionen Euro liegen vor. Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Wir müssen zusätzlich zu den Bundesmitteln mehr Landesmittel zur Verfügung stellen.

Einen kleinen Moment, Herr Bosse! Würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Pancescu erlauben?

Herzlichen Dank, lieber Kollege, für die Gelegenheit, Ihnen eine Frage zu stellen.

Ich freue mich, dass Sie sich jetzt für den Küstenschutz einsetzen. Was halten Sie von der unnatürlichen Flussvertiefung? Ist das eine gute Maßnahme, um die Küsten zu schützen oder nicht?

Vielen Dank.

Wir setzen uns für den Hochwasserschutz in allen Bereichen ein, und zwar sowohl beim Küstenschutz als auch insbesondere beim Hochwasserschutz im Binnenland, sehr geehrter Herr Kollege.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das heißt, gegen den Küstenschutz?)

Der Hochwasserschutz ist über viele Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, vernachlässigt worden. Das gilt insbesondere für den Hochwasserschutz im Binnenland. Zu den Bundesmitteln, die hierfür zur Verfügung stehen, müssen mehr Landesmittel hinzukommen. Die durch das Hochwasser entstandenen Schäden belaufen sich für das letzte Jahr auf über 50 Millionen Euro.

Wir alle erinnern uns noch an das Sommerhochwasser. Da haben wir einen Nachtragshaushalt in Höhe von 50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das kann es aber letztlich nicht sein. Wir müssen Vorsorge betreiben - beim Küstenschutz und beim

Hochwasserschutz im Binnenland! Das ist ein wirklich dringender Appell: Die Investitionen beim Hochwasserschutz sind Zukunftsinvestitionen. Hiermit begegnen wir dem Klimawandel, und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt.

Wir werden dieses Vorhaben - das haben wir in der Vergangenheit immer so getan - gemeinsam angehen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Schönen Dank, Herr Kollege Bosse. - Zum selben Tagesordnungspunkt hat sich für Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Imke Byl gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD! Ich habe mich natürlich sehr gefreut, dass Sie für diese Aktuelle Stunde den Klimawandel oder, wenn man ehrlich sein möchte, die Klimakrise zum Thema gemacht haben. Denn es handelt sich um eine Klimakrise; das zeigt der aktuelle Klimareport ganz deutlich, und das hat mein Kollege Bosse schon sehr gut dargestellt.

Umweltminister Lies hat den Klimareport mit folgender Aussage vorgestellt: Notwendigkeit einer ehrgeizigen Klimaschutzpolitik. - Ja, ich finde, das wäre eigentlich einen Applaus wert, gerade von uns Grünen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist nämlich total richtig und begrüßenswert.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

- Jetzt auch von der SPD.

Da kann man ihm wirklich nur recht geben. Ich vermisse jedoch diese ehrgeizige Klimaschutzpolitik der GroKo in Niedersachsen. Die Menschen warten darauf. Aber wann kommt sie denn?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig! Das ist der Punkt!)

Im Umweltausschuss haben Sie, Herr Lies, den Klimaschutz als Ihren Schwerpunkt ausgerufen. Ich saß da und habe mich gefreut. Aber dann kam nichts mehr. Das war es schon.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Heiße Luft!)

Konkreter wurde es nicht. Da habe ich mich dann weniger gefreut.

Im Koalitionsvertrag steht, dass ein Klimagesetz kommen soll. Über den genauen Inhalt oder mögliche Klimaziele - die wären bei diesem Thema nicht ganz irrelevant - findet sich darin nichts.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Oder der Zeitpunkt!)

- Auch der Zeitpunkt.

Ein Entwurf zum Klimagesetz liegt bereits vor, nämlich von uns. Dieser Entwurf würde den Klimavertrag von Paris für Niedersachsen umsetzen. Dieses Klimaschutzgesetz gäbe es bereits, hätten wir die vorgezogenen Neuwahlen nicht gehabt.

(Lachen bei der CDU - Jens Nacke [CDU]: Das ist ein bisschen Legen- denbildung!)

Diesem Gesetzentwurf ging ein großer Beteiligungsprozess in der letzten Legislaturperiode voraus.