Protocol of the Session on June 21, 2018

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sie wollen nicht ernst genommen werden! Das merkt man!)

Ein Land, in dem man als Frau abends oder im Wald nicht mehr ohne Angst joggen gehen kann. Ein Land, dem meine möglicherweise vorhandenen Traumatisierungen wichtiger als die Sicherheit des eigenen Volkes sind. Ein Land, das Anschläge in Kauf nimmt, nur damit es mir gutgeht. Ein Land, dem es egal ist, ob es seine Zukunft gefährdet, Hauptsache mir geht es gut.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Was ist jetzt mit dem Rüstungsexport?)

Ein Land, in dem die Medien seit Jahren nicht mehr über die Realität berichten, sondern versuchen, sie in eine ganz bestimmte Richtung zu lenken. Ein Land, das schlussendlich jede Kritik an diesen Zuständen als Nazipropaganda verunglimpft, liebe Freunde von den Grünen.

Herr Kollege Wichmann, einen Augenblick, bitte! - Es ist recht unruhig im Saal. Ich kann die Unruhe verstehen, weil es den einen oder anderen Hinweis gibt, dass Sie möglicherweise nicht zum Thema reden.

(Zurufe: Genau!)

Wenn ich das Thema großzügig auslege, dann ist hier von Fluchtursachenbekämpfung die Rede. Es gibt natürlich auch andere Fluchtursachen. Von daher weise ich Sie nur freundlich darauf hin, dass das Hauptthema dieses Antrages ein anderes ist.

Ich bitte jetzt um Ihre Aufmerksamkeit, um dem Redner weiter folgen zu können.

Herr Präsident, ich danke für den Hinweis. Wenn Sie meine Rede zu Ende hören, werden Sie den Zusammenhang ganz sicher begreifen.

(Zurufe von der CDU: Oh! - Wiard Siebels [SPD]: Das ist Kritik am Prä- sidium!)

Ein Land, in dem das Benennen von Problemen als Hetze - - -

Herr Kollege Wichmann

(Klaus Wichmann [AfD]: Pointen kommen manchmal am Ende! - Wiard Siebels [SPD]: Nee!)

- Pointen kommen manchmal am Ende; wir werden sehen, ob hier jemand darüber lacht oder nicht -, ich möchte Sie darauf hinweisen - so schön es für Sie vielleicht auch ist -: Kritik am Präsidium oder etwas Ähnliches, wie Sie es vorhin geäußert haben, steht Ihnen als Redner am Redepult nicht zu. Das können Sie an anderer Stelle machen. Jetzt bitte ich Sie, im Rahmen der Geschäftsordnung hier fortzufahren. Danke.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Danke, Herr Präsident.

Ein Land, meine Damen und Herren, in dem das Benennen von Problemen als „Hetze“ und „Rassismus“ diffamiert wird.

Meine Damen und Herren, wenn ich solche Nachrichten erhalte, gehe vielleicht auch ich in das Land. Das ist tatsächlich eine der Fluchtursachen Nummer eins: das Bild, das mittlerweile von Deutschland - auch in den Flüchtlingscamps - vermittelt wird.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das Bild besteht nur bei Ihnen!)

Sie haben diese Fluchtursache mit zu verantworten, Sie alle von den Grünen bis zur CDU. Im Ergebnis bedeutet das: Wenn man diese Fluchtursache bekämpfen will, muss man rot-grüne Politik bekämpfen, dann muss man letztendlich AfD wählen.

(Beifall bei der AfD - Detlev Schulz- Hendel [GRÜNE]: Ist das eine Wahl- kampfveranstaltung?)

Zu Ihrem Antrag: Der Landtag begrüßt, der Landtag fordert die Landesregierung dazu auf, sich dafür einzusetzen usw. Das ist erneut ein unverbindlicher Antrag, den man inhaltlich teilweise unterstützen könnte, aber nicht mit dieser unsauberen und unscharfen Begründung. Daher werden wir uns hier enthalten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der AfD - Dr. Stefan Birk- ner [FDP]: Eine kraftvolle Meinung: Enthaltung!)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Wichmann. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Kollege Bode. Bitte schön!

(Jens Nacke [CDU]: Herr Präsident, ich warte noch auf die Pointe! - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Die Enthal- tung war die Pointe! - Ulrich Water- mann [SPD]: Das war der Redner! - Johanne Modder [SPD]: Das war zum Schluss die Enthaltung!)

Ich möchte die Abstimmung darüber, was die Pointe war, nicht stören.

(Heiterkeit)

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zum Antrag zurückkommen, weil er ein sehr wichtiges und ernstes Thema beschreibt.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Alles andere ist dem Ganzen nicht angemessen. Ich bin aber sehr sicher, dass alle Niedersachsen aufgrund unseres Bildungssystems sehr gut lesen können. Sie werden verstehen, worum es uns im Kern der Debatte eigentlich geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin froh, dass wir als Landtag heute ein starkes fraktionsübergreifendes Signal zu diesem wichtigen Thema geben werden. Die FDP wird mit voller Überzeugung und aus vollem Herzen diesem Antrag zustimmen, weil er für uns in der Tat in der Tradition der Politik von Hans-Dietrich Genscher und einer Fortsetzung dieser Politik steht.

Es geht darum, dass man auch im Bereich der Kriegswaffenexporte eine klare europäische Vereinbarung mit allen Partnern in einem klaren Wertesystem trifft. Es geht aber auch darum, dass man als Parlament - und nicht nur als Regierung in irgendwelchen Ausschüssen unter nicht nachvollziehbaren Kriterien - festlegt, unter welchen restriktiven Möglichkeiten wir Waffenexporte an andere Länder zulassen und durchführen wollen und unter welchen Bedingungen nicht.

Es ist sehr traurig, aber leider Realität: Wir müssen uns heute sehr stark damit auseinandersetzen, dass es in der gesamten Welt Krisenregionen gibt, in denen diese Krisen manchmal auch durch Waffenexporte, die vielleicht vor etlichen Jahren gutgläubig und guten Willens gemacht wurden, ausgelöst worden sind. Dieser Problemlage und Verantwortung müssen wir uns bewusst werden.

Deshalb ist es richtig, dass wir eine europäische Lösung in diesem Bereich, eine europäische Übereinkunft auf diese restriktive Haltung wünschen, die dann in allen Partnerländern umgesetzt wird. Da bin ich den Grünen dankbar, weil wir einen etwas anderen Ansatz verfolgt haben, als in dem ersten Antrag vorgesehen war. Wir wollen kein Unternehmen - sei es ein niedersächsisches oder kein niedersächsisches - dafür kritisieren, dass europäisches Recht angewandt wurde.

Wenn die politischen Regularien hier Lücken aufweisen und einige europäische Partner Waffenexporte unter anderen Wertmaßstäben und Rechtsrahmen erlauben als die Bundesrepublik Deutschland, ist es aus meiner Sicht nicht die Aufgabe von Politik, zu kritisieren, dass sich dortige Tochtergesellschaften an diesen Rechtsrahmen halten. Die Aufgabe der Politik ist es - so wie es der Antrag jetzt vorsieht -, diese Lücken im System zu schließen und ein durchgängig kohärentes System aufzusetzen, das gleichermaßen für alle europäischen Partner gilt.

Genauso wichtig war es mir - ich bin froh, dass es gelungen ist -, ein klares Signal an unsere NATOPartner zu senden und die Bundesregierung aufzufordern, dies auch zu tun: Wir sind eine Wertegemeinschaft. Völkerrechts- und Menschenrechtsverstöße können von keinem Partner toleriert werden. Sie müssen offen und laut angeprangert werden.

Dies gilt insbesondere für das Beispiel der Türkei. Das haben wir in den letzten Debatten bei diesem Antrag ja auch immer wieder diskutiert. Es gilt allerdings natürlich auch für andere denkbare

Konstellationen, die in der Zukunft auftreten könnten oder hoffentlich nicht auftreten werden. Diese Botschaft, dass wir eine klare Wertegemeinschaft sind und man nur ein Partner bleiben kann, wenn man sich an diese Werte hält, ist ein ganz wichtiger Punkt in diesem Antrag.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Ehrlichkeit gehört aber auch, dass wir selbstkritisch mit uns allen umgehen und reflektieren, wie die Entstehungsgeschichte dieses Antrags bis zum heutigen Tag verlaufen ist.

Im letzten Plenum wäre dieser Antrag eigentlich abgelehnt worden. Wir haben uns dann zusammengerissen und gesagt, dass wir ihn an den Ausschuss zurücküberweisen.

Es war aber so, dass wir alle uns untereinander so verhakt haben, dass zwischen den Abgeordneten und den Fraktionen eine Abstimmung über diesen Antrag nicht möglich gewesen ist - aus unterschiedlichsten Gründen. Ich will niemandem die Schuld dafür geben. Wir alle sind dabei gewesen. Die Abgeordneten haben es tatsächlich nicht hinbekommen. Deshalb meinen herzlichen Dank an die Referenten der vier Landtagsfraktionen, die es nämlich geschafft haben, diese Einigung hinzubekommen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Wir haben diese Einigung dann übernommen. Weil die wissenschaftlichen Mitarbeiter hier eigentlich nie gelobt und erwähnt werden: Deshalb von meiner Seite ein herzliches Dankeschön! Das war eure Arbeit. Das habt ihr toll gemacht.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Nun hat sich Herr Minister Dr. Althusmann zu Wort gemeldet. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Wichmann, ich finde, Sie haben ein sehr eingeschränktes Weltbild. Unzweifelhaft sind Menschen nach Deutschland und nach Europa aus anderen Beweggründen gekommen, als Sie sie versucht haben, hier pauschal darzustellen. Un

zweifelhaft gibt es aber auch Millionen von Menschen, die in den weltweiten Krisenregionen tagtäglich von Terror, Not, Vergewaltigung betroffen sind. Ich finde, in Ihrer pauschalierenden Art und Weise die Gesamtsituation zusammenzufassen, ist völlig unpassend. Das geht an der Sache vorbei.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Die Bekämpfung von Fluchtursachen dürfte unzweifelhaft eine der größten Herausforderungen für Deutschland und für Europa sein, für die gesamte Welt. Krieg, Terror, Klimawandel, Wasserknappheit, Ernährungssicherheit und Energiefragen sind die eigentlichen Ursachen. An dem Problem des Klimawandels haben wir als Industrienationen einen maßgeblichen Anteil. Millionen von Menschen werden heute und in den nächsten Jahren in Regionen leben, in denen sich das Klima massiv verändert. Sie werden natürlich Ausschau halten, in anderen Ländern - entweder in Afrika oder in Europa - Zuflucht zu finden. An den Ursachen anzupacken, ist eine gemeinsame, gemeinschaftliche Aufgabe der Welt.

Die entsetzlichen aktuellen Bilder aus Konfliktregionen, z. B. dem Südsudan, müssen uns alle natürlich immer und immer wieder wachrütteln. Wir sind alle sehr wohlstandsgenährt und gesättigt, und diese Bilder rauschen auf den Bildschirmen relativ schnell an uns vorbei.